Chapter 13 ~ Ich bin nicht aus Zucker
Vorsichtig greife ich zum Bund des Hoodies und atme noch einmal tief ein und wieder aus, bevor ich ihn langsam hoch hebe. Mein Blick ist starr auf die gegenüberliegende gelbe Wand gerichtet. In meinem Kopf versuche ich einfach auszublenden, was hier gerade passiert und verdränge jeglichen Gedanken. Ich spüre kurz den neugierigen Blick von Dylan auf mir aber als er merkt, dass er keine Antwort auf seine umgestellte Frage bekommt, widmet er sich meinem Oberkörper und fängt an diesen zu untersuchen. Währenddessen schreibt Matthew in seiner unordentlichen Schrift alles auf, was Dylan ihn sagt. Meine Konzentration liegt dabei vollkommen darauf nicht in Panik zu verfallen.
Ich weiß nicht wie viel Zeit vergangen ist aber als es plötzlich an der Tür klopft, lasse ich schnell meinen Hoodie fallen, zu groß die Angst, dass jemand meine ganzen Narben sieht. Die Tür öffnet sich und meine Schwester steckt ihren Kopf durch den Spalt. Ihr unruhiger Blick streift durch den Raum und stoppt als sie mich sieht. „Ach man kleiner, was macht du nur immer?", ihre Besorgnis ist deutlich in ihre Stimme zu hören. Ohne um Erlaubnis zu bitten, öffnet sie die Tür ganz und kommt in den Raum, den Protest von Dylan und Matthew ignorierend.
„Gemma was machst du hier? Du musst doch Arbeiten!" wenn ich ganz ehrlich bin, will ich nicht, dass sie hier ist. Sie soll sich nicht noch mehr sorgen um mich machen als sie es eh schon tut und von Dad brauche ich erst gar nicht anfangen. Ich hoffe einfach darauf, dass er es noch nicht weiß und Gem ihn es nicht erzählen wird. Eigentlich wollte ich nach der Schule einfach nach Hause gehen und nichts sagen, denn ich weiß jetzt schon wie das endet! Sie werden mich beide wieder betüddeln und in Watte packen als wäre ich aus Glas aber das bin ich nun mal nicht! Ich kann sehr wohl auch für mich selber sorgen und eigene Entscheidungen treffen!
„Dad hat mich angerufen, weil die Schule ihn kontaktiert hatte. Sie sagten, dass du die Treppe runtergestürzt bist und es dir nicht gut geht! Er konnte nicht weg, weil er gerade einen Klienten hatte und hat mich gefragt, ob ich dich abholen kann." Und so mit, meine Damen und Herren, ist genau das passiert, was ich unbedingt vermeiden wollte. Mein Dad weiß es also auch schon und ich darf mir somit wieder zum Tausendsten mal Zuhause anhören, dass ich doch bitte besser aufpassen solle und dass sie mich am liebsten in Folie einwickeln und ans Bett ketten sollten, damit ich mir nicht auch noch aus Versehen irgendwo Daheim etwas breche oder mich vielleicht an einer Kante stoße. Ganz ehrlich, ich bin keine vier Jahre mehr und kann auf mich alleine aufpassen, ob sie es glauben wollen oder nicht!
"Gem, stell dir vor, ich hätte es auch allein nach Hause geschafft! Unfassbar, nicht? Ich hab nämlich noch zwei gesunde Beine, die ich mich, wer hätte es gedacht, von A nach B tragen können. Also auch von der Schule nach Hause.", fahre ich sie genervt an. Irgendjemand muss ihr und auch eigentlich mein Dad mal die Meinung sagen. Ich werde schließlich in 5 Monaten achtzehn und kann auch jetzt schon eigene Entscheidungen treffen. Nur weil ich Minderjährig bin, bedeutet das nicht gleich, dass ich erst richtig denken kann, wenn ich Erwachsen bin. Aber anscheinend wollen sie beide das ja nicht verstehen!
"Ach Harold, so wie ich dich kenne, wäre dir doch sicher wieder was unterwegs passiert. Vielleicht wärst du umgeknickt und hättest dir den Knöchel verstaucht oder was weiß ich.", sie lächelt mich mitleidig an, wuschelt mir durch die Haare, als wäre ich ein fünfjähriges Kleinkind und bringt damit vollends die Glut in mir zum überkochen. "Verdammt nochmal Gem, ich-" - "Mensch Harry du bist ja ganz nass, was hast du denn gemacht, ich dachte du bist nur die Treppe runtergefallen. Du musst dir schnell was anderes anziehen bevor du dich unterkühlst und krank wirst." Sie unterbricht mich einfach und schaut mich fragend an als hätte sie nicht mal mitbekommen, dass ich gerade was sagen wollte. Das ist doch nicht ihr ernst, oder?
Mit ungläubigen Blick schaue ich sie an. Ich kann einfach nicht glauben, dass sie und Dad sich so verändert haben. Kopfschüttelnd und kommentarlos, stehe ich auf und will zu meiner Tasche greifen, da ich auf das alles hier echt kein Bock mehr habe und außerdem unfassbare Kopfschmerzen habe. Doch zu meinen Glück, steht mein Rucksack hier nirgendswo und liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit noch im Flur. Dann eben dahin! Ohne einen der Drei anderen eines Blickes zu würdigen, gehe ich zur Tür und will sie gerade öffnen doch werde abermals von der Stimme meiner Schwester aufgehalten. "Harry, wo willst du denn jetzt bitte hin? Bleibst du bitte hier!" Es ist mehr eine Befehl als eine Bitte.
Scharf die Luft einziehend, schließe ich die Augen und presse meine Lippen zusammen, bevor ich ein süffisantest Lächeln auflege und mich schwungvoll umdrehe, was sich aber als großer Fehler raus stehlt, den plötzlich wird mir leicht schwarz vor den Augen und ich fühle mich als würde ich plötzlich in einem Karussell sitzen. Halt suchend lehne ich mich gegen die Tür hinter mir und probiere es so normal wie möglich aussehn zu lassen, damit mir keiner meinen leichten Schwindelanfall anmerkt. Es ist schließlich nicht der erste und da es niemand vorher bemerkt hat, sollte es dieses Mal auch klappen. Ich schließe noch Mals meine Augen und starre dann genervt in die meiner Schwester. Eigentlich will ich hier jetzt wirklich keine Szene reißen aber was muss, das muss!
"Ok Gemma, jetzt hör mir mal zu. Erstens, bin ich kein kleines Kind mehr, das nicht auf sich alleine aufpassen kann, verstanden! Zweitens, bin ich nur diese scheiß Treppe runtergefallen und war vielleicht leicht geschockt, weshalb ich meine Wasserflasche nicht halten konnte. Außerdem sind es keine -10°C draußen also werde mich mir nicht den Tot holen, nur weil ich ein paar nasse Flecken auf dem Hoodie habe. Und zu aller letzt, könnt ihr endlich mal alle aufhören mich zu bemuttern, als wäre ich selber nicht mal mehr im Stande selber zu atmen, denn verdammt das kann ich noch, auch wenn du und Dad das nicht glauben wollte! Ich bin wegen diesem scheiß Unfall nicht plötzlich Lebensunfähig, verstanden! Ich bin verdammt nochmal nicht aus Zucker, als könnt ihr mich bitte einmal was alleine machen lassen!", fahre ich sie harsch an und bin selber über meinen schroffen Ton erstaunt. Aber nicht nur ich, denn auch meine Schwester schaut mich mit weit aufgerissen Augen an. Dylan und Matthew sieht man deutlich an, dass sie sich ehr fehl am Platz fühlen in dieser Diskussion.
"Harry, ich-" sie bricht mitten im Satz und schluckt. Meine Augenbrauen schießen in die höher, die Arme vor der Brust verschränkt. Ich würde schon schon gerne wissen, was sie zu ihrer Verteidigung zu sagen hat. Doch sie bleibt still, weicht meinen Blick aus und sucht nach Worten. Erst ganze 2 Minuten später wird die unangenehme Stille zerrissen, doch nicht aber von meiner Schwester. Nein es ist Matthew, der sich räuspert und somit die Aufmerksamkeit aller auf sich zieht. Sein Gesicht ziert ein mitleidiger Ausdruck als er mich ansieht.
"Ich ... ehmm ... also ich weiß, dass ich nicht das Recht habe mich in Ihre Familienangelegenheiten, wenn ich das richtig verstanden hab, einzumischen aber ich denke, dass hier nicht der richtige Ort und Zeitpunkt für so etwas ist. Außerdem müssen mein Kollege und ich auch weiter unsere Arbeit machen und da Sie, Mr. Styles, ein paar Hämatome am Oberkörper aufweisen und über Kopfschmerzen klagen, sollten Sie im Krankenhaus noch mal auf Prellungen, Brüche oder eine innerliche Verletzung am Kopf, wie ein Schädel-Hirn-Trauma, untersucht werden."
Hört mir denn eigentlich überhaupt jemand zu oder spreche ich vielleicht eine andere Sprache?
"Meine Güte, habe ich nicht gerade eben gesagt, dass es mir gut geht? Wollen Sie es schriftlich haben, oder was? Ich geh in kein beschissenes Krankenhaus und lass mich dort untersuchen, obwohl ich weiß, dass es mir gut geht! Also könnte ich jetzt einfach bitte gehen, denn meine Tasche steht da draußen immer noch irgendwo auf den Flur und ich hab eher weniger Bock schon nach dem ersten Tag keine Rucksack mehr zu besitzen!" - "Da sieh Mr. Styles noch nicht volljährig sind haben Sie das nicht zu entscheiden, lediglich einer Ihrer Erziehungsberechtigten darf darüber urteilen.", grätscht Dylan jetzt nun auch dazwischen. Ich wusste von Anfang an schon, dass er der unfreundlichere von beiden ist.
"Oh Super, rufen wir doch gleich meinen Vater an, der lässt dann auch gleich eine Polizeistaffel anordern, damit der RTW nicht noch unterwegs einen Unfall baut oder lässt nicht locker bis man mich auf die Intensivstation verlegt, da ich ja vielleicht beim nächsten Atmenzug ohnmächtig werden könnte. Verdammt noch mal mir geht es gut!", schon bei nah außer Atem presse ich die Worte hervor, da mein Brustkorb unaufhörlich schmerzt und ich immer mehr Kopfschmerzen von meinen plötzlich so aufbrausenden Temperament bekomme. "Also ich denke es wäre wirklich das beste wenn du dich einmal richtig durchchecken lassen würdest, Harry." die schüchterne Stimme von meiner Schwester dringt kaum zu mir durch, so laut ist das dröhnen mittlerweile geworden. Ich will einfach nach Hause und meine Schmerzmittel nehmen, ist wirklich so schwer zu verstehen.
Mit zusammen gekniffenden Augen lehne ich nun auch meinen Kopf gegen den Tür und versuche anzufangen alles zu verarbeiten, was heute passiert ist, es nützt ja eh nichts hier länger rum zudiskutieren. Aber kann ein Tag eigentlich noch schlimmer werden? Ich meine ich habe an meinen ersten Schultag verschlafen, danach hatte mein Fahrrad einen Platten und ich musste zur Schule laufe, dann waren da meine Mitschüler, die mich begafft haben wie ein Tier im Zoo. Der Typ mit dem ich in einem Club mehr oder weniger rum gemacht habe, ist plötzlich mein-
Das Klopfen hinter mir lässt mich aus meinen Gedanken hochschrecken und eh ich mich gerade hinstellen, kann wird sie auch schon geöffnet und ich sehe mich jetzt schon fallen, werde aber überraschenderweise von zwei starken Armen daran gehindert.
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Harry scheint ja nicht so begeistert davon zu sein, dass Gemma ihn abholt, was denkt ihr wird es Zuhause nochmal krachen oder ist das Thema für das Erste geklärt.
All the love, F xx
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