Chapter 12 ~ Klartext

Ein kleines und sehr leises Wimmern, das ich mit Ach und Krach versucht habe zu unterdrücken, entweicht meiner Kehle und zieht abermals die Aufmerksamkeit der beiden Männer auf mich. Luke geht ohne mit der Wimpern zu zucken neben mir in die Hocke und schaut mich besorgt an. Louis hinter ihm gibt einen missbilligenden Ton von sich und mich würde es nicht wundern, wenn er dem Australier nicht gleich wirklich mit einem Messer qualvoll erdolchen würde.

Mr Hemmings!", kommt es jetzt nur noch in meinem knurrenden Ton warnend. Ich reiße mein Blick von Luke los und schaue auf in Louis Gesicht, der einzig und allein Luke anstarrt und eine so sehr angespannte Körperhaltung hat, dass man denke könnte, dass gleich einer seiner angespannten Muskeln reißen könnte. Was ist denn bitte sein Problem?

„Luke, du kannst gehen. Es ist alles gut!", richte ich meine Aufmerksamkeit wieder auf den Blondhaarigen und lüge ihm damit dreist ins Gesicht. Denn es ist nichts gut! Rein gar nichts ist gut! Ich will nicht mit Louis alleine sein! So wie er gerade aussieht, würde er nicht davor scheuen jemanden den Hals umzudrehen!

„Wirklich?", Besorgnis spiegelt sich in seinen Augen wieder. Ich quittiere es nur mit einem zaghaften Nicken, da ich meinen eigenen Worten nicht traue und wahrscheinlich genau das Gegenteil gesagt hätte.

„Würden Sie dann vielleicht auch mal wieder ihren Klassenraum aufsuchen, Mr Hemmings? Wie Sie sehen ist alles in Ordnung und ich bekomme das hier jetzt alleine hin!", ohne ihn auch nur etwas erwidern zu lassen, greift er in an beiden Schulten, um ihn hochzuziehen und danach grob aus den Raum zu schieben.

Louis geht erstaunlicherweise mit ihm raus und die Tür fehlt mit einem lauten Krachen ins Schloss, schreckhaft zucke ich zusammen und jammere wegen dem Schmerz, der durch mein Körper zieht. Durch die Tür hindurch höre ich nun die aufgebrachten Stimmen der beiden Männer, die sich lautstark streiten.

Ich versuche mich auf den Inhalt des Streits zu konzentrieren aber außer ein paar Wortfetzen, die dem jeweils anderen Laut gegen den Kopf geknallt werden, verstehe ich nichts. Mein Blick wandert Richtung Wand, welche in einem blassen Gelb gestrichen wurde. Die Liege unter mir hingegen ist in einem satten Rot gehalten und der Stühle am kleinen Tisch in Ecke ist dunkel Blau. Im Allgemeinen kann man sagen, dass wer auch immer diesen Raum eingerichtet hat, farbenblind gewesen sein muss!

„Harry", die Stimme des Wuschelkopf dringt abermals in mein Ohr und erschreckt mich so sehr, dass ich heftig zusammenzucke und gleich einmal zur Seite rücke, weshalb ich mit den Rücken gegen die Wand stoße. Meinen Mund entkommt ein rauer, schmerzerfüllter Ton und -wie soll es auch anderes sein- bilden sich Tränen in meinen Augen. Der Sturz von der Treppe hat mich doch mehr mitgenommen als ich dachte!

Louis zieht sich stumm den Stuhl an die Liege, setzt sich rittlings drauf und betrachtet mein verzogenes Gesicht genau. Er fährt sich einmal selber über das Gesicht und lässt dabei einen verzweifelten Seufzer den Raum erhellen. Sein Hand wandert zu seinen Haaren und er rauft sie einmal, bevor er sie wieder richtet und in mein verwirrtes Gesicht schaut.

„Ich weiß das klingt jetzt scheiße aber das geht nicht! Es tut mir wirklich leid wie es gelaufen ist aber ich darf das nicht, so sehr ich es wollen würde. Ich wäre dir deshalb sehr verbunden, wenn du das, was am Samstag passiert ist, vergessen würdest und meine Nummer löscht! Es ist besser für alle Beteiligten!

Mir bedeutet dieser Job hier nämlich wirklich was und ich kann das nicht einfach für einen dahergelaufene Jungen, der wahrscheinlich sogar noch minderjährig ist, aufgeben, verstehst du das! Ich bin um Längen älter als du und muss alles alleine stemmen in meinem Leben, während du noch Zuhause bei denen Eltern auf dem Sofa sitzt und wartest, dass deine Mutter das Abendbrot fertig hat.

Ich habe einfach keine Zeit mich um einen pubertierenden Teenager zu kümmern, der neben bei sogar noch mein Schüler ist! Ich bin dein verdammter Lehrer, dein beschissener Klassenlehrer! Ich kann nichts mit dir anfangen, auch wenn ich es wollen würde! Die Realität ist jetzt nun mal so, okay! Wir dürfen das nicht und damit basta!", zum Ende hin wird seine Stimme immer aufgebrachter aber auch leicht verzweifelt. Trotzdem ist im jegliche Emotion aus dem Gesicht gewichen. Man könnte glatt meinen, dass seine Gesichtszüge eingefroren sind. In seinen Augen liegt keinerlei emotionaler Regung, als wäre er innerlich tot.

Mir hingegen laufen tausende von Tränen das Gesicht hinunter und eine kleine Pfütze hat sich schon auf den Kopf der Liege gebildet. Er hat doch keine Ahnung von was er da spricht!

‚Während ich noch Zuhause auf dem Sofa sitze und warte, dass meine Mutter das Essen fertig hat'

Wie kann er nur solche Worte in dem Wund nehmen ohne einen blassen Schimmer von meinen Leben zu haben. Und außerdem warum hat er jetzt plötzlich keine Zeit mehr sich um einen ‚pubertierenden Teenager' zu kümmern? War er nicht der gewesen, der mich geküsst hat und mir seine Nummer geben hat!

„Komm schon Harry! Hör auf zu weinen und mach es mir nicht noch schw-" und in diesem Moment platzt endgültig mein Geduldspfaden. „ICH soll es dir nicht schwerer machen? Ist das dein Ernst? Du hast keine Ahnung was in meinem Leben abgeht! Du hast keine Ahnung davon, dass ich mir sogar wünschen würde, ‚auf dem Sofa zu sitzen und zu warten bis meine Mutter mit dem Essen fertig ist' , denn sie ist tot, okay! Ich würde alles dafür geben, dass sie noch da wäre!", ein Schluchzer entweicht abermals mein Hals „Ja und du maulst mich nur an, dass ja alles so perfekt in meinem Leben ist aber Überraschung das ist es nicht!

Außerdem warst du der, der mich in dieser blöden Toilette im Club geküsst hat und mir danach einfach seine Nummer zugesteckt hat, obwohl es war ja nicht mal deine, da du anscheinend zu feige warst gleich deine zugeben! Jedenfalls warst DU das! Nicht ich! Also sag mir jetzt nicht, dass du keine Zeit für einen ‚pubertierenden Teenager' hast. Denn du und nur du warst derjenige von dem das am Wochenende ausging. Also sag mir verdammt nochmal nicht, dass es meine Schuld ist!", immer aufgebrachter, fauche ich ihn traurig und wütend zugleich an. Keine Rücksicht darauf nehmend, wie laut meine Stimme zwischendurch wird.

Doch anstatt irgendwas dazu zusagen, schaut er mich zum wiederholten Male emotionslos, wie ein Stein, an. Er hebt lediglich seinen Arm und schaut auf seine teure Armbanduhr, ein kleines Nicken folgt und ohne was zu sagen, erhebt er sich aus dem Stuhl, steuert die Tür an.

„Ist das dein Ernst? Du gehst einfach!", Unglauben schwingt in meiner Stimme mit. Das kann er doch nicht ernst meinen, oder? Mich erst anschreien und wenn ich ihn dann meine Meinung sagen, ihn in eine unbehagene Situation bringe, geht er einfach. Er zieht sich einfach ohne ein Sterbenswörtchen zu sagen zurück, nur weil er sich ein der Situation vielleicht nicht wohl fühlt!

„Nein Harry! Ich fange lediglich den Krankenwagen ab, denn ich gerufen hatte, weil du nach deinem Sturz von der Treppe nicht gerade im besten Zustand bist. Tut mir auch echt leid, dass ich mir Sorgen gemacht habe! Ich kann ihn auch wieder weg schicken!", sein bissiger Unterton ist unverkennbar herauszuhören. Er schenkt mir ein mehr oder weniges freundliches Lächeln und eilt nach draußen. Betroffen davon, dass ich ihn einfach angeschuldigt habe, dass er sich aus den Staub machen wollte, ziehe ich meine Beine an die Brust und versuche meinen Atem und Gefühle unter Kontrolle zu bekommen.

Keine fünf Minuten später steht er mit zwei Leuten in Sanitäterklidung im Raum und schildert noch mal was passiert ist, obwohl es ziemlich überflüssig ist, da er ja eh nicht dabei war. Generell versteh ich in einfach nicht! Von ein auf den anderen Moment verschließt er sich total und wird sogar aggressiv! Man könnte glatt meinen, dass er es gar nicht will und aus Reflex handelt, so wie er vorhin reagiert hat, als ich ihn gesagt habe, dass er mir Angst macht.

Nachdem er fertig ist, verlässt er, ohne mir auch nur einen Blick zu schenken, den Raum. Doch ich kann nicht lange darüber nachdenken, da die Sanitäter meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Der eine von beiden, hat sich als Dylan vorgestellt und hilft mir mich aufzusetzen und fragt mich nochmal nach dem Geschehen. Währenddessen notiert Matthew alles auf einem Blatt. Als Dylan mich doch dann auffordert den Pullover, der neben bei immer noch nass ist, auszuziehen, erstarre ich ganz automatisch.

„Was ist los? Soll ich dir helfen? Tut dir was weh?", auch der besorgte Blick von Matthew ist nun auf mich gerichtet. Ich schüttle lediglich den Kopf und kaue verlegen auf meiner Lippe umher. „Also ich ... naja ... muss ich ihn ausziehen? Geht das nicht auch irgendwie, wenn ich ihn anlasse?", schüchtern schaue ich in das verwirrte Gesicht der beiden Sanitäter. „Also ich weiß nicht wie du dir das Vorstellst aber ich denke nicht, dass das geht, Harry. Wie sollen wir uns denn sonst deinen Oberkörper ansehen und schauen ob du dir nicht doch etwas schlimmeres getan hast?"

„Bitte!" - „Harry, ich weiß nicht warum du ihn nicht ausziehen willst aber ich denke, dass ein Unglücklicher Rippenbruch, der eine innere Blutung hervorruft oder etwas anderes das passiert sein könnte, nicht so schlimm ist, wie jetzt einfach nur deinen Pullover ausziehen. Schau mal, wir können auch versuchen ihn einfach nur hochzuschieben und nicht auszuziehen. Ist das okay für dich?", schaltet sich jetzt auch Matthew ein. Ich überlege kurz und nicke dann zaghaft, da ich im Grunde genommen nicht will, dass jemand meinen demoliert Körper mit all den Narben vom Unfall sieht.

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Uff das sieht ja nicht so rosig zwischen den beiden aus!

Versteht ihr Harry's Ansicht mit dem Hoodie?

All the Love, F xx

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