7.

,,Stopp" schreie ich plötzlich ganz laut  und sämtliche Aufmerksamkeit liegt wieder bei mir. Der große glatzköpfige Typ ist ebenfalls stehen geblieben, auch er starrt mich mit seinem Italienischen Touch an.

Für einen Augenblick passiert nichts und darauf alles in Zeitlupe. Ein weiterer der hier das sagen zu haben scheint, brüllt den glatzköpfigen an, mich in Gewahrsam zu nehmen.

,,Das ist alles ein großes Missverständnis" erkläre ich und mache ein Schritt nach hinten. Mein letzter Rest Überlebensinstinkt sucht einen Ausweg.

Der Typ am Handy zieht seine Augen zu Schlitzen. Er hat mich durchschaut.

,,Ich sollte gar nicht hier sein" rufe ich, schon während ich dabei bin die Treppe runter zu rennen. Natürlich kommt der Glatzköpfige mir laut brüllend hinterher, doch er kann mich nicht so schnell erreichen.

Unten an der Treppe schaue ich nach links und nach rechts und schaffe es grade noch ein Regal neben der Treppe so umzuschmeißen, dass der Typ drüber fällt. Am lauten und aggressiven brüllen der anderen erkenne ich, dass Sie es mitbekommen haben.

Nun sind 5 gut gebaute und wahrscheinlich super starke italienische Männer auf dem Weg zu mir und mich höchstwahrscheinlich, ebenfalls um die Ecke zu bringen.

Also spurte ich weiter und ziehe den Schlüssel dabei aus der Tür. Meine Haut brennt unter dem Metall. Ich spüre den ganzen Schmerz durch meinen Körper ziehen, spüre den Schmerz in meinem Herzen und meinem Kopf.

Ich ziehe schnell den Schlüssel aus dem Innenschloss. Damit ich diese nach mir zu schließen kann. Ich atme aus und schaue nach vorn.

Das Adrenalin macht sich in meinem Blut schwer. Ich spüre es durch den ganzen Körper zischen.

Vor dem Haus hält ein schwarzer Geländewagen, wo eine Tür direkt aufspringt. Völlig überrascht sehe ich zum Fahrer. Er ist es, wie auch immer sein verdammter Name ist.

,,Steig schnell ein" ruft er vom Steuer aus und winkt mir zu. 

Ich jedoch bleibe völlig angewurzelt auf der Stelle stehen. Ich starre ihn viel länger an, als ich vermutlich sollte. Meine Träumerei wird jedoch gestört, als irgendwas durch das Fenster neben mir geschleudert wird.

Sie kommen. Ich habe nicht nachgedacht. Es ist das dümmste was ich tun kann, doch ohne auf die ganzen Signale zu hören, renne ich aufs Auto zu und steige zu ihm ein.

Die Reifen quietschen auf dem feuchten Boden der Straße. Im Spiegel sehe ich den großen glatzköpfigen Mann noch auf die Straße rennen, doch er kommt nicht nach.

Auf dem großen Sitz mache ich mich ganz klein, rutsche hin und her. Ich starre ihn durch den Spiegel an.

Langsam schwindet das Adrenalin und lässt mich träge werden.

Wir gewinnen Distanz.

,,Mein Name ist Matteo" sagt er ein wenig später und schließt die Ruhe. Er stellt sich mir vor, als hätten wir uns unter normalen Umständen getroffen. Nicht so, als hätte sein Bruder meinen Vater getötet und seine Familie, die mich wahrscheinlich töten wollte.

,,Bullshit" zische ich leise, verschränken meine Arme und schaue raus ins dunkle.

Eine Landstraße. Der perfekte Ort um zu sterben, um getötet zu werden.

Ich drehe mich etwas zu ihm. 

Kann seine angespannten Züge erkennen.

Sein angestrengtes Gesicht. 

Seine zusammengezogene Brauen.

,,Was hast du jetzt vor? Willst du mich hier irgendwo töten und vergraben?" frage ich viel zu laut als ich wollte. Ich presse mir meine Hand auf die Lippen. Möglicherweise sollte ich nicht so vorlaut sein. Immerhin hat er mich eben auf irgendeine schräge Art gerettet.

Kurz nur schaut er mich an, bis er sein Blick wieder angestrengt auf die Straße richtet. Es kümmert ihn nicht wie es mir geht, ich kümmere ihn überhaupt nicht.

Seine Züge werden weicher. Schmunzelt dieser verfluchte Vollidiot da etwa?

Er schmunzelt ein wenig, sieht mich dabei aber nicht an. ,,Findest du das lustig?" frage ich also noch wütender und lauter.

In mir beginnt die Wut erneut zu kochen. Mein Adrenalin geht auf Hochtouren.

,,Ich finde lediglich dein Verhalten lustig" sagte er, wieder ohne mich dabei anzusehen.

,,Also" fang ich wieder an und verlange antworten von ihm.

Ich bereue es zu ihm ins Auto gestiegen zu sein. Ich meine, es war klar das es sich grade um seine Familie gehandelt hatte. Das selbe Blut. Er muss doch genauso sein wie sie.

Vielleicht ist dies alles seine Masche. Ein Draht zum zukünftigen Opfer aufbauen.

,,Du glaubst ich rette dich vor meiner Familie und töte dich danach einfach?" fragt er mich mit Blick auf der Straße. Matteo zuckt nicht einmal mit der Wimper. Seine Mimik bleibt unverändert.

Was muss dieser Junge Mann erlebt haben, um so gleichgültig über den Tod und spezifischer über das töten zu reden?

Etwas eingeschüchtert von seiner kalten Art zucke ich mit der Schulter.

,,Antworte Mariell" drängt er mit Nachdruck und all das weiche und angenehme schwindet aus seiner Stimme.

Ich zucke zusammen und hoffe, dass er es nicht gesehen hat. Immerhin muss ich ein gewisses Bild von mir aufrecht halten. Stark und mutig.

Meinen Namen? Sie kennen also nicht nur meinen Vater sondern auch mich ganz gut.

,,Nein" rücke ich schüchtern hervor, ,,Ich weiß es nicht" sage ich schnell noch dahinter.

,,Ich habe keine Ahnung mehr was los ist" sage ich und aus mir spricht der Frust.

Ich denke wieder an mein Verlust. ,,Es tut mir wirklich leid" sagt er schließlich, schaut mich für einen Augenblick an, ,,Das mit deinem Vater..." fügt er hinzu, als ich nicht antwortete.

,,Es ändert nichts" schieße ich schnell zurück und lasse die Trauer erneut sprechen.

,,Wie wahr" kommt es nur leise von ihm zurück.

Plötzlich hält der Wagen und wir stehen unmittelbar vor dem Haus von Soph.

,,Woher?" frage ich und weiß nicht was ich sagen soll. Woher wusste er von Soph und das ich dort war und wo sie wohnte?

,,Steig einfach aus" sagt er und öffnet mir die Tür. Dabei lehnt er sich über meine Beine und streift mich.

Seine Berührungen lassen mich leider nicht kalt. Sie sind prickelnd und nehmen mir für einen Moment die Luft zum atmen. 

Er richtet sich wieder auf und sieht zwischen mir und der offenen Tür hin und her. Er scheint nur  schwer den Blick von mir nehmen zu können und schüttelt sachte mit seinem Kopf.

,,Wir stecken beide genug in Schwierigkeiten" flüstert er. Ich weiß nicht was er damit meint, wage auch nicht ihn zu fragen. Also steige ich wirklich einfach aus und hoffe das ich ihn zum letzten Mal in meinem Leben gesehen habe.

,,Ciao bella" höre ich ihn leise hinter mir flüstern, doch ich sehe nicht zurück. Ich komme einfach wieder zurück in die Realität.

In der Realität in der mein Vater Tod ist und seine Familie die Schuld daran trägt.

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