36. Kapitel
Oliver trat einen Schritt zurück. Nico hatte sie, wie besprochen, in einen kleinen Park mitten in Atlanta gebracht.
Doch hier zwischen all den Bäumen und Wegen war es nicht wie gehofft Menschenleer, denn etwa drei Dutzend Mädchen in silbrigen Klamotten umzingelten sie.
Alle trugen Pfeil und Bogen und richteten besagte Waffen auf sie. Nico schwankte und wäre gestürtzt, wenn Percy ihn nicht rechtzeitig gepackt hätte.
Eines der Mädchen trat vor.
Sie hatte kurze schwarze Haare und leuchtend blaue Augen. Zudem ruhte ein Diadem auf ihrer Stirn, welches überhaupt nicht zu ihren Punker Klamotten passte.
"Percy!"
Sie hob den Arm und die anderen Mädchen ließen ihre Waffen sinken.
Im nächsten Moment verdüsterte sich ihr Gesicht und Gwen glaubte kleine Funken auf ihrer Haut tanzen zu sehen.
"Wo bist du gewesen?
Annabeth ist völlig fertig! Du.."
Percy unterbrach sie.
"Thalia! Das können wir wann anders besprechen. Der Zeitpunkt ist gerade nicht Ideal."
Thalia ballte die Hände zu Fäusten und jetzt war sich Oliver sicher, dass Funken über ihre Haut knisterten.
Außerdem wurden ihre Augen heller und es schien als würden sich die Wolken am Himmel verdüstern.
"Das können wir nicht wann anders besprechen! Du hast Anni zurückgelassen! Schon wieder! Ohne ein Wort! Und so wahr mir die Götter helfen, wenn du..." Erneut besaß Percy die Frechheit, oder den Mut, wie man es nam, Thalia ins Wort zu fallen.
Er bewunderte den Halbgott dafür, denn dieses Mädchen machte einen ziemlich beängstigenden Eindruck.
Nicht zu vergessen, dass ihr T-Shirt mit der Aufschrift 'Punk ist nicht tot, sondern du', bedruckt war.
Aber Percy schien das gewohnt zu sein, denn er half Nico sich zu setzten und trat auf sie zu.
"Ich wollte Annabeth nicht verlassen. Nicht das letztmal und erst recht nicht diesesmal! Aber ich hatte keine andere Wahl. Wäre ich geblieben, wäre sie gestorben. Ich habe keine Zeit es dir jetzt zu erklären, denn um so länger wir hier sind, desto schneller finden sie uns.
Vertrau mir bitte, ich habe einen Plan. Und wenn der funktioniert, dann werde ich Annabeth nie wieder von der Seite weichen. Aber dafür brauche ich deine Hilfe." Thalia musterte ihn einen Moment, bevor sie nickte.
Offenbar hatte etwas in Percys Gesicht sie überzeugt.
"Was kann ich tun?"
"Halte uns solange du kannst den Rücken frei, bis wir zurück bei unserem Van sind. Die Monster werden uns schnell finden."
Erneut nickte Thalia und drehte sich dann zu den anderen Mädchen um.
Die Jüngste war vielleicht 11, die Älteste 17.
Sie sagte etwas auf Altgriechisch, woraufhin sich alle in Bewegung setzten.
Sie wirbelte Thalia wieder zu ihnen herum.
"Wir teilen uns auf. Das verfälscht die Fährte und sie können uns schlechter Orten. Ihr drei."
Sie zeigte auf Alexei, Gwen und Logen.
"Kommt mit mir. Die anderen Folgen Nora."
Sie deutete auf ein dunkelhaariges Mädchen hinter sich.
Percy nickte und zog Nico wieder auf die Füße.
"In spätestens einer halben Stunde am Van."
Die Mädchen verschwanden in vierer Gruppen zwischen den Bäumen und auch Thalia und die anderen machten sich auf den Weg.
Nora drehte sich derweil zu ihnen um. Nachdem Oliver ihr genau beschrieben hatte wohin sie mussten, dachte sie einen Moment nach.
"Also schön. Wir werden uns durch einige Seitenstraßen von Osten her nähern. Die anderen Jägerinnen lenken die Monster ab. Thalia und die anderen stoßen zu uns. Wir müssen unauffällig bleiben, das ist das wichtigste." Oliver musterte sie.
Sie hatte schulterlanges fast schwarzes Haar, braune Augen und ein hübsches Gesicht.
Was ihr Alter anging war Oliver sich nicht sicher, aber definitiv jünger als er.
Zielstrebig lief sie nun in Richtung Innenstadt, einen Pfeil an der Sehne.
Die andern folgten der Jägerin schweigend, während sie die Umgebung im Auge behielten. Oliver konnte keines der Monster sehen, die sie vor dem Aquarium angegriffen hatten.
Trotzdem blieb er wachsam, denn Percy und Gwen waren sich einig, dass sie noch in der Nähe waren. Er erinnerte sich noch gut daran, als Gwen einmal bei ihrem Training seine Sachen berührt hatte.
Er erinnerte sich an die Angst, dass sie sein Geheimnis herausfand.
Die Angst die er verspürt hatte, dass sie es jemandem erzählte. Inzwischen kannte er Gwendolyn gut genug, um ihr bedenkenlos zu Vertrauen.
Doch Percy hatte sich ihr vollkommen geöffnet, ohne sie wirklich zu kennen.
Oliver musterte den Halbgott, der vor ihm über den Gehsteig lief.
Die dunklen Haare, der aufrechte, wachsame Gang und das nervöse zucken seiner Hände.
Entweder war er der Mutigste, oder der Einfältigste Mensch, dem Oliver je begegnet war.
Aber ohne jeden Zweifel, der Loyalste.
Bei jeder Entscheidung schien der Sohn des Poseidon zuerst an seine Freunde zu denken.
Was er wohl tun würde, wenn er um hunderte zu retten, einen Freund opfern müsste?
Ein Geräusch riss den blonden Spartaner aus seinen Gedanken. Nora hatte ihren Bogen erneut gespannt und auch Percy hatte Anaklysmos gezückt.
Als Oliver um die beiden herum spähte, sah er auch warum.
Auf der gegenüberliegenden Seite der Kreuzung, die direkt vor ihnen lag, humpelte eine seltsame Gestallt herum.
Er konnte sie nicht richtig erkennen, bevor er von Percy in den Schutz einer Seitenstraße zurückgedrängt wurde.
"Verdammt."
Der Grieche fluchte.
"Empusen haben uns gerade noch gefehlt."
Nico verschränkte die Arme vor der Brust. "Und jetzt?"
Nora drehte sich zu ihnen um.
"Wir laufen weiter in Richtung Osten und queren diese Straße an einer anderen Stelle."
Sie lief los, ohne auf ihre Reaktionen zu warten.
Zwar waren auch weiter östlich Monster zu sehen, doch glücklicherweise kamen gerade ein paar andere Jägerinnen und lenkten sie ab.
Unbehelligt erreichten sie den Van und verstauten ihre Taschen.
Dann warteten sie.
Eine viertel Stunde nach der vereinbarten Uhrzeit wurde Oliver unruhig.
Er lief vor dem Auto auf und ab und suchte die Straße nach seinen Freunden ab.
Doch von Thalia, Gwen, Logen und Alexei war weiterhin nichts zu sehen.
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