Kapitel 15

Borkum 2013 - Sonntag

An der Strandsauna - Teil 5 - Tagesende

An die kommende Sitzung bei "Miss Elli" erinnere ich mich heute genauso gut, wie an jedes andere kleine Detail, von der Zeit an der Strandsauna. Ich erzählte ihr vom restlichen Verlauf des Tages. Davon, dass ich mir nicht erklären konnte, woran es lag, dass ich an diesem Nachmittag so ganz anders reagierte, als es meinem Naturell entsprach.

Dieser Tag förderte Gefühle bei jedem einzelnen von uns zutage, von denen wir selber überrascht waren, dass wir sie so bereden konnten, wie wir es schlussendlich taten.

"Miss Elli" glaubt, dass Frieda und Egon damals schon in meinem Unterbewusstsein vorhanden waren. Dass mein Bauchgefühl und mein gesunder Menschenverstand unterbewusst für mich wahrgenommen haben, dass hier etwas Gutes für mich geschah. Sie glaubt, dass es manchmal kleine Begebenheiten sind, die dazu führen können, dass Versagensangst und Selbstzweifel in den Hintergrund treten.

*****

Je gefasster Orla im Laufe ihrer Erzählung wurde, umso unruhiger wurde ich. In ihrer Rage hatte sie etwas gesagt, von dem ich nicht verstand, wie sie es meinte. Als sie zu Reden begann, hielt ich eines der unbeschriebenen Blätter zwischen meinen Fingern und als ich jetzt auf meine Hände hinuntersah, bemerkte ich, dass ich es zu einem Fächer gefaltet hatte.

Unwillig schüttelte ich leicht den Kopf und legte den Fächer mit einer für mich ungewohnt energischen Bewegung vor mir auf den Tisch, bevor ich mich Orla zuwandte. Meine Stimme folgte dieser energischen Bewegung nicht. Als ob ich für diese kleine Handlung den Rest meiner Energie hergegeben hätte, fragte ich fast so leise nach, dass es kaum einer verstehen konnte , was Orla vorhin gemeint hätte.

Während Orla mich noch verständnislos ansah und ich nicht erkennen konnte, ob es daran lag, dass sie meine Frage nicht verstand oder ich zu leise gesprochen hatte, fuhr Inge fröhlich dazwischen: „Orla hat gerade eine ganze Menge Themen angesprochen. Was meinst du genau, Rebecca?"

Mit fragendem Blick schaute Orla in meine Richtung und tat kund, dass sie gerade wirklich etwas auf dem Schlauch stehen würde, was mir ein flüchtiges Lächeln über das Gesicht huschen ließ, bevor ich wieder ernst wurde.

Etwas lauter, dass es auch zu verstehen war, aber nicht so laut, als dass meine Worte über den Tisch hinaus zu hören gewesen wären, setzte ich nach: „Vorhin, als du gefragt hattest, ob wir wirklich glauben würden, dass Menschen wie ich weniger leiden als Menschen wie Olivias Bruder. Menschen wie ich", wiederholte ich und setzte mit mehr Nachdruck in der Stimme hinzu, als ich tatsächlich empfinden konnte, „Orla, was verbindest du mit Menschen wie mir? Was genau meintest du damit?"

Orla betrachtete mich nachdenklich, bevor sie zu sprechen begann: „Rebecca, ich entschuldige mich, falls ich dir damit vorhin zu nahe getreten sein sollte und auch für den Fall, dass meine Schlussfolgerungen falsch sein sollten, denn es steht mir wirklich nicht zu deine Beziehung zu ihm zu bewerten. Ich schätze, es handelt sich um eine Art Berufskrankheit, dass mir das immer wieder passiert. Also, entschuldige bitte."

Unwillig schüttelte ich mit Tränen in den Augen den Kopf: „Nein Orla, ich möchte das bitte wissen, bin ich die Einzige, die das vorhin nicht verstanden hat?"

Bei meinem Blick in die Runde schaute einer nach dem anderen betreten in eine andere Richtung. Olivia räusperte sich schließlich bevor sie leise zu mir sprach: „Rebecca, was wird das hier gerade?" Du hast uns doch all seine Nachrichten gestern und heute nicht gezeigt, weil du glücklich damit warst. Orla hat doch vorhin deutlich klar gemacht, dass sie einen Vergleich gezogen hat zwischen Menschen, die rohe körperliche Gewalt erfahren und Menschen, die einer kontinuierlichen Fremdbestimmung unterliegen und kaum merklich damit ihrer Lebensenergie und Selbstbestimmung beraubt werden."

Aber das bin ich nicht!" Erwiderte ich aufgebracht und mit tränenerstickter Stimme. Ich bin nicht fremdbestimmt, ich entscheide selber, was ich kann und was ich will. Ich habe entschieden, dass ich zur Reha fahre, ich habe entschieden, wann ich wann was wie mache und..."

An dieser Stelle versagte mir die Stimme. Wem wollte ich eigentlich was vormachen? Sie hatten ja
Recht. Auch, wenn ich diese Entscheidungen der vergangenen paar Wochen getroffen hatte, so waren sie doch intuitiv aus reinem Selbstschutz entstanden und nicht wegen eines ausgeprägten Selbstbewusstseins. Im Grunde meines Herzens wusste ich es. Hatte ich dieses "Für Menschen wie mich" doch selber schon mit der Klinik in Verbindung gebracht. "Menschen wie ich" - Asthmatiker und Menschen mit psychischen Erkrankungen. Stumm rannen mir die Tränen aus den Augen, die sich vorher angesammelt hatten.

*****

"Miss Elli" unterbrach an dieser Stelle kurz meine Erzählung, weil sie wissen wollte, wie ich mich damals mit dieser Erkenntnis gefühlt hatte.

Rückblickend betrachtet wurde an diesem Tag im Laufe der Gespräche vieles ausgesprochen, was ich selber nie in Worte hätte fassen können. Bis zu diesem Tag kannte ich nur das Gefühl der Hilflosigkeit. Ich war Gefangene meiner Emotionen, immer nur am Reagieren auf Situationen und fühlte mich alleine. Ich war hin- und hergerissen zwischen dem Impuls wegzulaufen, alles aus mir herauszuschreien oder in eine Sinflut von Tränen auszubrechen. Mit einem wissenden Lächeln auf den Lippen nickte "Miss Elli": „Und wie haben Sie tatsächlich reagiert?" Während ich zurückdachte, spürte ich, wie ein Lächeln über mein Gesicht huschte. Damals blieb ich einfach sitzen. Warum wusste ich selber nicht. Heute vergleiche ich diese Situation damit, dass immer wenn einer eine Wunde aufdeckte, einer der anderen schon mit der Wundpresse danebenstand um die Blutung zu stillen. Bei diesem Bild stimmte "Miss Elli" wieder ihr wunderschönes Lachen an. Leise fiel ich mit ein in dieses Lachen, bevor ich weiter erzählte.

*****

„Rebecca, es tut mir so leid", fuhr Olivia fort, „aber solche ķleinen, weniger gefährlich wirkenden Unterdrückungsszenen wie in den Nachrichten, die du erhalten hast, kenne ich nur zu gut von einer Person, die mir mal sehr nahe stand. Wir waren mal ziemlich gute Freundinnen. Sie behauptete immer, dass das von ihrem Freund als Spaß gemeint war. Ihr Freund bestimmt jedes kleine Detail in ihrem Leben. Das hatte sich zu einem Abhängigkeitsgefüge entwickelt, das an Hörigkeit grenzte."

„Ich bin Ihm nicht hörig", rief ich empört und ertappte mich dabei, wie ich fast mit der Faust auf den Tisch schlagen wollte. Olivia blieb ruhig und schaute mir fest in die Augen: „Ich spreche auch von meiner Freundin."

Orla ergriff jetzt wieder mit einem Nicken das Wort: „Ich weiß genau, was du meinst Olivia. Das Erschreckende ist, dass ich neben der rohen Gewalt in den einen Familien in anderen Partnerschaften solche kleinen Unterdrückungsszenen, wie du treffend bemerkt hast, immer wieder beobachten konnte. Die Grenze zwischen Spaß und Erniedrigung ist in vielen Beziehungen ein unglaublich schmaler Grad. Je nachdem, wie stark die einzelnen Persönlichkeiten sind. Ich wage zu behaupten, dass es solche Nachrichten oder Wortgeplänkel tatsächlich auch als "Spaßbehauptung" geben kann. Allerdings bin ich fest davon überzeugt, dass das nur für Paare gelten kann, die sich auf Augenhöhe begegnen, die den Ton dieser Botschaften interpretieren können und eine gemeinsame Sprache für sich gefunden haben. Das mag für Außenstehende dann durchaus anders wirken, aber für das Paar ist alles im Grünen Bereich und das Wichtigste dabei ist, es geht beiden gleichermaßen gut damit. "

Ein heftiges Nicken von Olivia begleitete Orlas Worte. „Genau Orla! Genauso sehe ich das auch. Ich weiß nicht, wie es dir in deinem Beruf damit ging, ich war zuweilen schier verzweifelt, dass meine Freundin das Übel ihrer Lage erst nicht erkennen, dann nicht wahrhaben wollte und als sie es endlich tat sich nicht aus eigener Kraft daraus befreien konnte."

Während ich versuchte meine Fassung wiederzugewinnen, benahm Inge sich inzwischen wie ein Schnellkochtopf. Hektisch nudelte sie an ihren Korkenzieherlöckchen herum, während ihre Beine wieder unter dem Tisch trabten.

„Arschlöcher, alle miteinander die so sind", grummelte sie halblaut vor sich hin, während Harald zeitgleich fragte: „Aber schlussendlich hat sie sich mit Hilfe daraus befreien können?"
„Ja", nickte Olivia und mit Melancholie in der Stimme fuhr sie fort „aber der Preis war zu hoch. Innerhalb der zwölf Jahre, die sie bei ihm blieb, veränderte er sich immer mehr. Er begann zu trinken und fing an sie zu schlagen. Immer hat sie die Schuld dafür bei sich gesucht, hat es auch noch gerechtfertigt, wenn sie wieder alle blauen Flecken vor mir verstecken wollte, aber ihren krummen Gang nicht verhindern konnte. Eines Tages hat er sie auf einer Feier halb tot geschlagen und getreten. Immer wieder in den Unterleib, dass sie Wochenlang um ihr Leben kämpfen musste . Es gab genug Zeugen, die die Tat beobachtet hatten und versuchten einzugreifen. Vier Männer waren nötig um ihn endlich von ihr fortzuziehen"

„Olivia, das ist unglaublich traurig", kam es von Orla. Olivia nickte und erwiederte: „Besonders, weil es in den Jahren zuvor Hilfsangebote gegeben hatte. Sie hatte Freunde, die ihr mit Rat und Tat zur Seite standen - irgendwann aber, gaben sie nach und nach auf und zogen sich zurück."

„Tolle Freunde", trompetete Ingrid dazwischen. „Wenn es schwierig wird, laufen sie weg. Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr. Pfui, einfach Pfui!" Dabei verzog sie ihr Gesicht zu einer derart verachtungsvollen Grimasse, dass sie schon fast wieder komisch wirkte.

Olivia reagierte mit einem flüchtigen Lächeln auf diesen kleinen Ausbruch und schüttelte gleichzeitig den Kopf, als sie erwiderte: „Nein Ingrid, so war es nicht. Es ist ja nicht so, dass sie nicht alles versucht hätten. Sie haben alle Register gezogen, die im Bereich ihrer Möglichkeiten lagen. Immer wieder haben sie ihr zugeredet ihn anzuzeigen, ein Frauenhaus aufzusuchen, haben ihr Unterschlupf bei sich zuhause angeboten, haben versucht sie dafür zu sensibilisieren, dass das ein fataler Kreislauf war in dem sie feststeckte, haben psychologische Unterstützung für sie vermittelt, die sie nicht annahm, sind diverse Male mit ihr ins Krankenhaus gefahren und ... und ... und, die Liste ist lang. Die Wahrheit ist, dass man einem Menschen nur helfen kann, wenn er diese Hilfe auch will. Wenn er erkennt, dass er Hilfe braucht und die angebotene Unterstützung nicht immer wieder mit Füßen tritt, sie annimmt. Dass die Freunde sich nach Jahren in denen sie letzendlich machtlos der Zerstörungswut dieses Paares gegenüberstanden zurückzogen, hatte schlussendlich etwas mit Eigenschutz zu tun. Du kannst nicht Jahrelang jemandem zugetan sein und einer solchen Abwärtsspirale machtlos gegenüberstehen, ohne irgendwann selber in den Strudel zu geraten. Bevor das passiert, ist es meiner Meinung nach eine gerechtfertigte Schutzmaßnahme, sich aus dem Sog solcher Strudel zu entfernen. Ich kann mich davon nicht ausnehmen und es war nach wie vor die richtige Entscheidung. Man darf sich selber schützen, bevor das Leid eines anderen einen selber ins Verderben zieht. Du magst mich dafür verachten, aber das ist wie mit der Zivilcourage. Selbstschutz gilt vor Fremdenschutz."

Inge war noch nicht überzeugt und murmelte in einer Tonart, die verriet, dass sie angefressen war:
„Ich verachte dich doch deswegen nicht Olivia, ich finde nur..." Was sie fand erfuhren wir nicht mehr. Überraschend fuhr Harald freundlich aber bestimmt dazwischen: „Nein Ingrid, das stimmt schon, was Olivia da sagt mit dem Eigenschutz. Das war bei uns in der Zeche ganz genauso. Wir durften bei Unfällen im Tagebau nur so lange helfen, wie das eigene Leben nicht in unmittelbarerer Gefahr war. Dort, wo das Risiko zu groß wurde, dass noch mehr Menschenleben in Gefahr gerieten, wurden Bergungsarbeiten auf ein solches Minimum reduziert, dass so wenig zusätzlicher Schaden entstehen konnte, wie möglich. Bisweilen sogar ganz unterbrochen. Das sind Entscheidungen, die niemanden leichtfallen, in keiner Situation."

„Das ist doch gar nicht vergleichbar", schnaubte Ingrid beleidigt zurück. „Wieso dass denn nicht?", ereiferte sich jetzt Orla wieder. Aber das war keine richtige Frage, im Brustton der Überzeugung fuhr sie gleich darauf fort: „Das würde ja bedeuten, dass du es in Kauf nehmen würdest selber vor die Hunde zu gehen für jemanden, den du vielleicht nicht einmal kennst. Oder wie im Falle von Olivias Freundin bereit wärst aufgrund der negativen Emotionen, die solche Situationen immer, ich betone, immer begleiten, selber zu erkranken. Ne, ne Inge tut mir leid, da bin ich ganz bei den Anderen. Selbstfürsorge muss immer Vorrang haben. Ich sage nicht, dass der Grad ein schmaler ist. Erfahrungsgemäß dauert es bei "Echten Freundschaften" lange, ehe diese Menschen den Absprung aus diesem Strudel schaffen und diejenigen, denen es nicht gelingt, haben nicht selten das Nachsehen."

Während ich spürte, wie ich mich immer mehr in meinen Schultern verkroch während der Auseinandersetzung; sich mein Körper immer mehr anspannte aus Angst der Disput würde eskalieren, reagierte Ingrid völlig anders als erwartet. „Verstehe ich das richtig?" Fragte sie in freundlichem Tonfall.  „Ihr meint also, das wäre ähnlich, wie wenn ich fliege, bei der Einweisung für die Notfallmaßnahmen mit den Sauerstoffmasken?"

Als Orla und Olivia gleichermaßen nickten, wusste ich nicht, wovon die Rede war. Ich war noch nie geflogen und  Harald auch nicht, wie sich herausstellte. „Keine Ahnung, erwiderte er, ich bin noch nie geflogen, was wird denn dort erklärt?" Inge legte den Kopf schief und schaute ungläubig, während ihre Beine wieder gleichmäßiger trabten als zuvor. „Ich glaub' es nicht. Ich dachte immer, heute wäre jedes Kind schon mal geflogen." Mit einem Grinsen im Gesicht erwiderte Harald gelassen: „Es sollte dir nicht entgangen sein, dass ich kein Kind mehr bin. Also, was wird dort erklärt?"

„Wenn man fliegt, bekommt man eine Einweisung darin, wie man Schwimmwesten anzulegen hat, wenn der Flug über Gewässer geht und wie man die Sauerstoffmasken anlegt, wenn es zu einem plötzlichen Druckabfall in der Kabine käme. In beiden Fällen heißt es immer: Wenn sie sich vergewissert haben, dass alles richtig ist, wenden Sie sich ihrem Nachbarn zu um zu helfen, flötete Ingrid in übertriebener Manier.

„Ja" bestätigte Harald die Erklärung, „das ist gar kein schlechter Vergleich. Aber, wie dem auch sei. Mich persönlich erschüttern solche Berichte, wie Olivia sie uns gerade von ihrer Freundin erzählt hat. Das Leben kann so kurz sein."

„Recht hast du Harald!", erwiderte Olivia. „Das Schlimme ist, das es oftmals ein so schleichender Prozess ist, der da vonstatten geht. Fast unmerklich finden diese Veränderungen statt und wenn man ihre Auswirkungen in voller Härte zu spüren bekommt, ist man oft schon so verbrannt, dass man nicht mehr dagegen an kann." Erneut nickte Orla bestätigend und ergänzte: „Das ist so unglaublich schrecklich und leider kommt es viel zu oft vor."
Olivia hatte die vergangene Zeit eher bequem auf ihrem Stuhl gesessen. Jetzt machte sie sich gerade, streckte den Rücken durch und bemerkte abschließend mit einem milden Ausdruck auf dem Gesicht:
„Orla, ich bin ganz bei dir. Doch für jeden trage ich die Hoffnung in mir, dass er oder sie den Augenblick erleben darf, in dem Bewusstsein dafür geschaffen wird, dass die Vergangenheit nicht änderbar ist, die Zukunft hingegen in den eigenen Händen liegt. Nicht für jeden ist das zu realisieren, das ist mir bewusst. Aber das Pflänzchen zu setzen für die, deren Sonne nur noch nicht weiß, dass sie scheinen kann, damit aus dem Pflänzchen einmal ein Baum werden kann ... diese Hoffnung lebt in mir."

Von Harald erfuhren wir an diesem Tage nichts mehr über das hinaus, was wir ohnehin schon von ihm wussten. Er war seit zehn Jahren glücklich geschieden, nicht mehr erwerbsfähig und kinderlos. Über seine Erkrankung wollte er nicht wirklich sprechen und wir respektierten das. Mit munterer Geste, die seinem erschöpften Gesichtsausdruck widersprach, klatschte er in die Hände und trommelte zum Aufbruch. „Wenn wir noch etwas zum Abendessen haben wollen, müssen wir uns langsam mal wieder mit den Rädern auf den Rückweg machen."

An diesem Abend saßen wir nicht mehr zusammen. Wie auf ein unsichtbares Zeichen verabschiedeten wir uns nach dem Abendessen voneinander, wünschten uns eine gute Nacht und gingen jeder unsere eigenen Wege. Das war ungewohnt für mich, waren wir bis dato doch jeden Abend zusammen. Fast machte es mich ein wenig traurig. Erst als ich auf meinem Zimmer ankam, merkte ich wie erschöpft ich von diesem Tag war.

Immer wieder purzelten mir in der Abgeschiedenheit meiner vier Wände Gesprächsfetzten der geführten Unterhaltungen durcheinander, beschäftigte ich mich mit der Zettelsammlung, fokussierte mich dadurch wieder. Als ich Benjamin schrieb, dass wir morgen miteinander telefonieren, geschah das aus einem Impuls heraus. Ob wir es wirklich tun würden? Ich wusste es nicht.

*****

In den Sitzungen mit "Miss Elli" sickerte langsam aber sicher das Bewusstsein in mich, dass neben dem Asthma dieser Tag an der Strandsauna mit all den Gesprächen und Emotionen wesentlich dazu beigetragen hatte, dass sich etwas in mir veränderte. Trotz meiner Erschöpfung schlief ich erst spät in der Nacht ein. Der Samen für das Pflänzchen das Veränderung hieß, war gesät. Von mir noch nicht bemerkt, hatte er sich tief in mir drinnen eingebettet.

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