Kapitel 1: Neues Zuhause
Ich saß nun mittlerweil seit 2 Stunden im Zug. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor. Und der Gedanke daran, dass ich bald bei einer fremden Frau leben würde, machte die Fahrt nicht gerade erträglicher. Naja wenigstens habe ich mein eigenes Abteil.
Ich stand auf und lief etwas herum. Ich sah auf meine Handy-Uhr und ließ mich genervt wieder auf den Sitz fallen. Mir war so langweilig. Ich würde noch mindestens 3 Stunden in diesem Zug festsitzen.
Naja, dann versuche ich mir jetzt eben irgendwie die Zeit zu vertreiben. Ich kramte meine Kopfhörer aus meiner Tasche und stöpselte sie in meinen Laptop ein. Ich rief meine Playlist auf und begann im Internet zu surfen. Ich versuchte irgendetwas über Beacon Hills herraus zu finden, was mich nicht gleich einschlafen ließ. Doch besonders erfolgreich war ich damit nicht. Ich schnaubte und wollte gerade die Suche aufgeben, als ich auf eine Website mit allerhand Clubnamen stieß.
"Na also. Wird aber auch mal Zeit." flüsterte ich leise vor mich hin.
Ich sah mir die Liste in Ruhe an und ging im Kopf schon meine Route für die erste Kneipentour durch, als plötzlich die Tür zu meinem Abteil aufging, und ein Mädchen seinen Kopf hineinsteckte. Ich sah kurz zu ihr auf und nahm dann meine Kopfhörer ab.
"Kann ich dir helfen?" fragte ich etwas scheinheilig, aber vorallem genervt.
Das Mädchen öffnete die Tür etwas weiter und sah sich im Abteil um.Sie wirkte eher schüchtern und brachte auch nicht wirklich einen Satz heraus.
"Ja, also, ich... ich wollte nur..." stotterte die Blondine.
Ich sah an ihr vorbei und entdeckte den Koffer hinter ihr. Ich sah sie noch einmal an und erlöste sie dann.
"Willst du dich vielleicht setzen?" fragte ich.
Ich war zwar eigentlich froh gewesen, dass ich ein eigenes Abteil hatte, aber sie schien mir nicht so, als ob sie mir tausende Geschichten von sich erzählen würde. Kurz nachdem ich sie das gefragt hatte, zog sich ein breites Grinsen über ihr hübsches Gesicht. Sie nickte so häfftig, dass ihre blonden Locken regelrecht hüpften. Sie zog ihren Koffer in das Abteil und setzte sich neben die Tür. Kurz darauf nahm auch sie sich ihren Laptop und begann schätzungsweise ebenfalls im Internet zu surfen. Ich setzte meine Kopfhörer wieder auf und lauschte meiner Musik, bis ich irgendwann, mit dem Kopf gegen die kühle Fensterscheibe gelehnt, eingeschlafen war.
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Durch ein ruckeln des Zuges, wodurch mein Kopf gegen die Scheibe knallte wurde ich wieder geweckt. Ich nahm die Kopfhörer ab und sh zu dem Mädchen. Auch sie war eingeschlafen. Doch als die Tür auf ging wurde auch sie wieder wach.
Diesemal kam eine Frau mit einem Servierwagen vorbei. Als sie sah, wie sich das blonde Mädchen verträumt die Augen rieb, sah sie uns entschuldigend an.
"Oh, Verzeihung. Ich wusste nicht, dass hier jemand schläft." sagte sie mit einer beschwichtigenden Handbewegung.
Doch das Mädchen nahm das eher gelassen. Sie sah die Frau mit einem breiten Lächeln an und sagte mit noch etwas verschlafener Stimme: "Schon gut. Können wir was für sie tun?"
Auch die Frau lächelte und sie war sichtlich froh, dass sie keine Beschwerde zu erwarten hatte.
"Ich wollte euch nur fragen, ob ihr etwas essen möchtet."
Das Mädchen nickte sofort und kaufte sich einige Süßigkeiten und noch andere Leckereien.Ich kaufte mir lediglich ein Sandwich und eine Dose Cola. Danach verabschiedete sich die Frau und schloss die Tür zum Abteil wieder. Während ich in mein Sandwich biss, begann ich meine Emails zu lesen. Als erstes stach mir der News Letter meiner alten Schule ins Auge. Ich dachte eigentlich ich hätte gesagt, dass ich den in Zukunft nicht mehr zugeschickt bekommen möchte. Aber ich öffnete ihn trotzdem, wofür ich mir im nachinein am liebsten in den Hintern getreten hätte. Den auf der Titelseite war niemand anderes als Emma Jones. Sie war Capitän der Cheerleader und hielt sich für etwas ganz besonderes. Sie ging mir tierisch auf die Nerven. Am liebsten hätte ich in den Bildschirm von meinem Laptop geschlagen. Doch ich hatte ihn gerade erst abbezahlt, also ließ ich es lieber. Anscheinend bekam auch das blonde Mädchen meine plötzliche Wut mit.
"Ist alles ok?" fragte sie mit ihrer hellen Stimme.
"Ja, alles bestens." sagte ich etwas genervt.
Ich sah sie zwar nicht an, aber ich konnte ihrer kritischen Blick geradezu spüren.
"Bist du sicher? Warum zerdrückst du denn dann dein Sandwich?" fragte sie mit einem lachen in der Stimme.
Als ich dann doch zu ihr auf sah, betrachtete ich als nächstes meine Hand, in der ich tatsächlich gerade mein Sandwich zerdrückt hatte. Ich wusste nicht genau wieso, aber jetzt musste ich auch lachen. Das Mädchen stellte seinen Laptop auf den Sitz gegenüber und kramte kurz in ihrer Handtasche. Dann reichte sie mir ein Taschentuch. Sie kniete sich auf den Boden und beseitigte dort die Reste vom Salat und der Soße.
"Danke." sagte ich lachend.
Sie nahm mir das Taschentuch mit dem restlichen Sandwich ab und warf beides neben der Tür in den Abfalleimer.
"Kein Problem." sagte sie, ebenfalls lachend.
Ich wollte mich gerade wieder meinen Emails widmen, als sie mich wieder ansprach.
"Ich bin übrigens Mia."
"Taylor." stellte ich mich kurz vor.
Ich hatte eigentlich keine besonders große Lust auf Smalltalk, aber dann fiel mir ihr Koffer ins Auge. Um genau zu sein, ihr Geigenkoffer. Wie konnte ich den übersehen. Er hatte die ganze Zeit auf dem Sitz ihr gegenüber gestanden.
"Du spielst Geige?" fragte ich, obwohl diese Frage mehr als nur bescheuert war, da die Antwort so offensichtlich gewesen ist.Doch sie störte sich nicht weiter daran.
"Ja. Du etwa auch?" fragte sie grinsend.
"Nein. Naja das heißt, ich habe mal gespielt. Aber naja. Ist schon ne Weile her."
Und so kamen wir dann doch ins Gespräch. Sie erzählte mir, dass sie die Geige von ihrer verstorbenen Großmutter geschenkt bekommen habe, und dass sie auch eine Gravur hatte. Wir redeten eine ganze Weile und fanden so auch heraus, dass wir das gleiche Ziel hatten. Jedoch lebte sie bereits ihr ganzes Leben dort. Sie kam gerade von ihrem Vater, denn ihre Eltern waren geschieden.Als plötzlich die Durchsage zu hören war, dass wir Beacon Hills erreicht hätten, zuckte ich zusammen. Am liebsten wäre ich einfach sitzen geblieben. Ich wollte nicht aussteigen. Ich wollte einfach wieder zurück nach L.A.
"Taylor? Kommst du?" fragte Mia. Sie sah mich skeptisch an, als ob sie schon wissen würde, dass ich eigentlich nicht wollte.Ich sah sie kurz an, stopfte dann meinen Laptop zurück in die Tasche, hing mir diese über die Schulter und zog meinen Koffer hinter mir her aus dem Zug. Draußen war es bereits dunkel und etwas abgekühlt. Hier in Beacon Hills war es generell nicht so warm, wie in L.A. Als der kühle Nachtwind mir um die nackten Beine zog bekam ich eine Gänsehaut. Vielleicht war es doch keine so gute idee gewesen Hotpants anzuziehen. Als ich auf dem Bahngleis stand fühlte ich mich irgendwie etwas verloren. Kaum jemand war noch hier. Ich zog mein Handy aus der Hosentasche und während ich auf eine Bank zulief suchte ich mir die Nummer eines Taxi-Unternehmens heraus. Das war hier in Beacon Hills jedoch scheinbar schwieriger als gedacht. Ich setzte mich auf die Bank und als ich das kalte Metall an den Beinen spürte, wäre ich am liebsten gleich wider aufgesprungen. Doch ich blieb sitzen und suchte weiter nach einer Nummer. Bevor ich jedoch wählen konnte, hörte ich, wie jemand mit schnellen Schritten auf mich zukam. Der Koffer ratterte hinter der Person her und als Ich aufsah, stand Mia vor mir.
"Hey, wo ist denn deine Großmutter?" fragte sie.
"Na, zuhause. Wo sonst?" fragte ich etwas iritiert.
Ihr Lächeln verschwand und sie sah mich irgendwie enttäuscht an.
"Naja, ich dachte sie würde dich abholen. Du kennst dich doch schließlich hier nicht aus."
"Nein, ich wollte mir gerade ein Taxi rufen." sagte ich beschwichtigend.
Als ich das sagte, brach sie in heiteres Gelächter aus. Ich sah sie verwirrt an.
"Ein Taxi? Um 22 Uhr? In Beacon Hills?" fragte sie spöttisch.
Jetzt konnte ich mir schon denken, dass ich vermutlich niemanden erreichen würde. Na toll. Und nun? Was soll ich denn jetzt bitte machen? Alleine in diesem Kaff, wo Nachts nicht einmal mehr Taxis zu finden sind.
Und als könnte Mia Gedanken lesen, griff sie nach meinem Koffer und setzte sich in Bewegung.
"Na komm. Meine Mum und ich nehmen dich mit." sagte sie fröhlich, während sie einfach weiter lief.
Eigentlich hatte ich keine große Lust von irgendwelchen fremden mitgenommen zu werden, aber andererseits würde ich auch gleich bei einer fremden wohnen, und da ich ansonsten nicht von diesem Bahnhof weg kam, blieb mir wohl nichts anderes übrig. Also folgte ich Mia, die gerade schon dabei war meinen Koffer in den Kofferraum von einem Audi zu legen. Als ich am Auto ankam, stieg eine nett aussehende Frau aus, die sich als Miss Gerad vorstellte. Während der Fahrt redete nicht wirklich jemand. Miss gerad stellte mir nur ein paar Fragen, so wie z.B. von wo ich kam, was mich nach Beacon Hills trieb und so weiter. Ich beantwortete die Fragen jedoch nur sehr wage, weil ich nicht wirklich darüber sprechen wollte. Als Miss Gerad vor einem Haus hielt, dass der Adresse entsprach, die ich ihr genannt hatte, stand ich vor einem schlichten Einfamilienhaus.
Ich holte meinen Koffer aus dem Kofferraum und bedankte mich, dass sie mich mitgenommen hatten. Bevor ich den geplasterten Weg betrat, atmete ich einmal tief durch und hing mir wieder die Tasche über die Schulter.
"Na dann." flüsterte ich vor mich hin.
Als ich vor der Haustür stand klingelte ich und nur wenige Sekunden später hörte ich, wie drinnen eine Stimme rief: "Ich komme. Einen Moment bitte."
Kurz darauf öffnete eine ältere Dame die Tür. Sie sah mich mit großen Augen an.
"Du musst ja dann wohl Taylor sein. Du siehst deiner Mutter wirklich sehr ähnlich."
Ich setzte ein Lächeln auf und sie bat mich hinein. Ich fand eigentlich nicht, dass ich meiner Mum sonderlich ähnlich sah. Meinen Koffer ließ ich erst einmal im Flur stehen. Sie bat mich in die Küche und ich setzte mich an einen gedeckten Tisch. Kurz darauf stellte sie mehrere Schüsseln auf den Tisch. Es roch wirklich gut. Wir begannen mit dem Essen und unterhielten uns über meine Eltern aber hauptsächlich über mein Leben in L.A., denn sie hatte bemerkt, dass ich auf das Thema "Eltern" noch nicht so gut zu sprchen war. Nach dem Essen half ich Evelyn noch beim Abwasch und dann zeigte sie mir kurz das Haus. Mein Zimmer lag im zweiten Stock und ich hatte ein eigenes Badezimmer. Nach der kurzen Führung nahm ich meinen Koffer und brachte ihn in mein Zimmer. Evelyn hatte bereits frischeBezüge auf das Bett gemacht. Sie sagte mir, dass sie mir Morgen etwas Geld geben würde, damit ich mein Zimmer so gestalten konnte, wie ich es wollte. Ich bedankte mich und ging dann erst einmal ins Bad. Ich ging unter die heiße Dusche, putze meine Zähne und ging dann zurück in mein Zimmer. Schnell schlüpfte ich in eine Joggin-Hose und eine bequemes Shirt und begann dann meine langen braunen Haare mit dem Handtuch trocken zu reiben. Ich setzte mich auf mein Bett mit der dunkelroten Bettwäsche und kramte meinen Laptop hervor. Ich ging nocheinmal meine Emails durch, aber weil ich nichts interessantes mehr fand, wickelte ich meine Haare wieder in das Handtuch ein und legte mich unter die Decke. Nur kurze Zeit darauf war ich auch schon eingeschlafen, womit ein langer Tag endete.
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