old and new feelings
Mein Beitrag zum ,,New Year, New You" Contest in der Kategorie Jugendliteratur von WattpadYoungAdultDE
Ich habe den Schreibvorschlag ,,Silvester der Versöhnung" gewählt.
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,,Meine Güte Noemi, was machst du denn da oben?",ertönte die drängelnde Stimme meiner Mutter aus dem Untergeschoss, in welchem sie und mein Vater nun schon seit geraumer Zeit auf mich warteten. Mein Zeitgefühl war mir spätestens dann abhanden gekommen, als sich meine Schminkutensillien auf dem ganzen Badezimmerboden verteilt hatten und ich einen weiteren Nervenzusammenbruch erlitten hatte. ,,Ich komme gleich",rief ich zurück, nur um dann einen frustierten Laut auszustoßen, als mein Lippenstift durch die Bewegung meines Mundes einen Zentimeter zu weit unten landete. ,,Das sagst du schon seit fünfzehn Minuten",ertönte nun auch die Stimme meines Vaters, welcher bis zum jetzigen Zeitpunkt eigentlich eine Einmischung in das Hin und Hergerufe von meiner Mutter und mir vermieden hatte.
,,Jaha",gab ich genervt zurück während ich mir ein Wattepad griff und den roten Strich an meinem Kinn wegrubelte. Zugegeben hatte ich womöglich etwas zu spät angefangen mich fertig zu machen, da ich es eigentlich nicht für nötig gehalten hatte mich aufzuhübschen. Nicht nachdem mir meine Eltern freundlicherweise zwei Stunden vorher mitgeteilt hatten, dass sie unsere Silvester Pläne über den Haufen geworfen hatten und wir nun einer spontanen Einladung nachgingen. Doch als sie mir mitgeteilt hatten, dass die Gastgeber unsere Nachbarn waren, war meine Laune bis in den Keller gesunken...wenn nicht noch tiefer. Sie hatten den Namen nicht mal nennen müssen, denn sonderlich viele Nachbarn die uns einladen würden hatten wir nicht. Höchstens von Mrs.Margie, die einsame alte Dame am Ende der Straße, hätte ich erwartet, dass sie eventuell an etwas Gesellschaft interessiert war. Ihre dreizehn Katzen schienen ihr jedoch zu genügen, denn die Einladung stammte nicht von ihr. Sie stammte von Marisa und Thomas, einem netten Ehepaar zwei Häuser weiter, mit denen meine Eltern allem Anschein nach in letzter Zeit häufig etwas unternommen hatten. Und die beiden waren auch nicht das Problem. Mein Problem war der Arsch, der bei ihnen lebte. Ihr Sohn Florian.
In diesem Jahr hatte ich die Schule teilweise mit der Hölle gleichstellen können, nur dank ihm. Und ich konnte es nicht abwarten, dass dieses Jahr endlich ein Ende nahm. Doch gerade mit dem Jungen, wegen welchem ich so dachte, sollte ich nun den Beginn des neuen Jahres feiern. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann diese Feindschaft zwischen uns entstanden war, doch es war als hätte sich von einem Tag zum nächsten ein unerklärbarer Hass zwischen uns entwickelt. Florian braucht nur zu atmen und alles was ich mir wünschte war ihn von einem Hochhaus zu stoßen. Ich war weder ein aggresiver noch ungerechter Mensch, doch er brachte eine Seite von mir zum Vorschein, die ich mir nicht mal hätte vorstellen können. Florian und ich waren noch nie besonders enge Freunde gewesen und doch hatte ich früher nie einen Grund gesehen ihn zu hassen. Es begann alles in der sechsten Klasse, als ich mich gerade für die Fußballmannschaft gemeldet hatte und er mir mitteilte, dass ich als Mädchen niemals das Zeug dazu hätte auch nur einen Ball zu berühren. Anfangs war ich von seiner Unfreundlichkeit verwirrt, ehe sich diese Verwirrtheit in Wut umwandelte. Immer wenn er mich beleidigt hatte, hatte ich ebenso zurückgeschossen. Meine Konter hatten ihn teilweise sogar sprachlos gemacht, doch im nächsten Schuljahr hatte sich etwas geändert. Ganz plötzlich hatte ich auf einmal angefangen solche Sachen wie das kleine unscheinbare Grübchen an seinem Kinn süß zu finden, dass sich bildete wenn er wütend war oder die Art wie er sich die Haare raufte, wenn er im Sport mal daneben schoss. Mein Herz schien zu meinen in seiner Nähe plötzlich doppelt so schnell schlagen zu müssen und meine Hände wurden ganz schwitzig, wenn er mich ansah. Jeden einzelnen dieser nervtötenden Schmetterlinge hätte ich am liebsten eigenhändig vernichtet, doch dieses Verliebtheits Gefühl blieb für eine ganze Weile. Schließlich entschloss ich mich ihm die Stirn zu bieten und trat dem Fußballteam bei, doch mein Einstieg war wohl für die anderen Mädchen eine Art Ermutigung ebenfalls mit dem Ballsport zu beginnen und so wurde eine eigene Mannschaft für Mädchen gegründet. So kam es, dass Florian und ich zu Rivalen wurden, wir taten alles erdenkliche um das andere Team zu schlagen, griffen sogar Mal zum Juckpulver. Ich erinnere mich noch daran wie er und seine Jungs herumhüpften als wären sie auf einen Igel getreten. Weniger lustig war es, als meiner Mannschaft das selbe wiederfuhr und wir 0:2 verloren.
Genervt zupfte ich an meinem Kleid herum, welches mir meine Mutter vorhin aufs Bett geschmissen- und mich gewzwungen hatte es gegen den Jogginganzug auszutauschen, welchen ich eigentlich hatte tragen wollen. Eilig packte ich den Lippenstift und die anderen Utensiellien weg, ehe ich nochmals meine Haare richtete. Wenn ich der Hölle schon einen Besuch abstattete, würde ich dabei wenigstens gut aussehen. Nicht dass Florians Haus nicht schön war, es lag jediglich daran, dass er der teufel persönlich war. Manchmal wunderte ich mich, wieso ihm noch keine roten Hörnchen gewachsen waren. Doch auch ich war wohl kein reiner Unschuldsengel. Heute Abend musste ich allerdings vorgeben genau dieser zu sein. Und nach einem kurzen Telefonat mit meiner besten Freundin Pauline, in welchem ich ihr in panischen abgehackten Sätzen die brenzlige Lage geschildert hatte, hatte ich mich noch dazu durchgerungen etwas Make Up aufzutragen. Das ließ mich nicht gänzlich wie eine verzweifelte 16 Jährige aussehen, deren Silvester soeben schon ruiniert wurde, bevor es überhaupt richtig begonnen hatte. Diese Blöße würde ich Florian nicht geben, auch wenn ich mir vorstellen konnte, dass seine Laune nach dieser Nachricht auch nicht gerade sonderlich gut gewesen war.
Meine schwarzen Schuhe mit dem kleinen Absatz klackerten auf der Treppe, als ich diese hinunterlief und dann direkt vor meinen Eltern zum stehen kam. Ich glaubte diesen entnervten Gesichtsausdruck zum letzten Mal auf der Hochzeit meines Onkels gesehen zu haben, als dieser schon zum dritten Mal die Braut vor dem Altar hatte stehen lassen und das musste was heißen.
,,Ich bin fertig",meinte ich mit einem zufriedenen Lächeln, als sie keine Anstalten machten etwas zu sagen.
Meine Mutter stieß einen genervten Seufzer aus, bevor sie mir meine schwarze Jacke in di Hand drückte und dann selbst aus der Türe trat, gefolgt von meinem Vater welchem nur ein halbherziges Lächeln zu entlocken war.
Als wir gemeinsam die Straße entlang liefen, hörte ich dabei bereits aus der Ferne die Feuerwerkskörper die irgendwo im Umkreis in di Luft geschossen wurden. Ich zuckte leicht zusammen bei diesen Lauten, denn schon als kleines Kind hatte ich das geräuschvolle Lichterspiel nicht vollends genießen können. Die lauten Geräusche schreckten mich auf unerklärliche Weise einfach ab. Mir war bewusst, dass Florians Familie nachher auch plante Raketen hochgehen zu lassen, doch ich plante mich dann aufs Klos zu verziehen und meine Kopfhörer reinzumachen, welche in meiner Jackentasche steckten.
Es dauerte keine zehn Sekunden bis sich die Türe von Florians Haus öffnete und eine strahlende Marisa uns die Tür öffnete. Sie schloss meine Mutter in eine Umarmung, ehe ihr Mann hinter ihr erschien und meinem Vater freundschaftlich die Hand schüttelte. Ich trottete nach ihnen ins Haus und wurde auch gleich ebenso herzlich von den beiden empfangen. ,,Schön dass du da bist, Noemi",sagte die Mitte Vierzig Jährige Frau zu mir und gab ihrem Mann ein Handzeichen, dass er mir die Jacke abnehmen sollte, was dieser aber nicht sah, da er schon in einem intensiven Gespräch über Automotore mit meinem Vater steckte. Marisa verdrehte die Augen und nahm mir die Jacke selbst ab, bevor sie mir zuflüsterte. ,,Männer",meinte sie nur und auf meinen Lippen zeichnete sich ebenso ein Schmunzeln ab, wie auf ihren.
Sie hing meine Jacke schnell zu den anderen, bevor sie uns aus dem Flur ins Wohnzimmer führte.
,,Das Esszimmer befindet sich dort drüben",erklärte sie uns und zeigte uns auf eine Tür an der Seite, neber der auch eine Treppe hinaufführte, zu welcher ihr Mann gerade hinlief.
,,Florian!",rief er hinauf, doch es kaum auch eine Minute später noch keine Antwort, was mir nur Recht war. Wenn ich das Glück heute auf meiner Seite hatte, dann war er vielleicht angeschlafen und würde erst in ein paar Stunden wieder aufwachen, wenn ich schon längst wieder weg war.
Florians Vater verdrehte die Augen, als sein Sohn es auch zwei Minuten später nicht für nötig hielt ihm eine Antwort zu geben, geschweige denn einen Fuß zu rühren und herunterzukommen.
,,Noemi, du kannst doch hochgehen und ihn holen. Solange kann Marisa mir noch das Gulasch Rezept geben",schlug meine Mutter vor und blickte zu unserern Gastgebern, welche lächelnd nickten.
,,Er wird sich bestimmt freuen dich zu sehen",strahlte Marisa mich an, dabei schluckte ich meinen Ärger herunter. Weder meine, noch seine Eltern wussten von unserer Rivalität bescheid. Ich setzte ein gezwungenes Lächeln auf und nickte dann. ,,Klar, mach ich"
,,Danke, Liebes. Du siehst übrigens bezaubernd aus",Marisa grinste mich an, bevor sie meine Mutter in die Küche führte. Wohin mein Vater und Florians verschwanden wusste ich nicht, ich tippte jedoch auf die Terasse, denn Dad schwärmte schon seit geraumer Zeit von diesem neuen Grill, den sich unsere Nachbarn zugelegt hatten.
Ich nahm noch einen tiefen Atemzug, bevor ich mich schließlich dazu aufraffte die Treppe hinaufzusteigen. Dabei ließ ich mir für jede einzelne Stufe so viel Zeit wie möglich. Leider befand ich mich jedoch relativ schnell auf der obersten Stufe und fand mich in einem grauen Flur wieder. An den weißen Türen waren lediglich mal ein Bild oder eine Postkarte gehängt, sonst war es absolut ordentlich und schlicht gehalten. Bis auf die Tür am Ende des Ganges, an welcher ein schwarzes Schild mit einem ganz bestimmten Namen hing. Ich biss die Zähne zusammen ehe ich auf Florians Zimmertüre zuging und kurz davor zum Halt kam. Vor seiner Tür lagen ein paar Papiere verstreut, die ich als die Physik Klassenarbeit erkannte, welche wir vor einigen Wochen geschrieben hatten. Eine dicke Fünf war mit rotem Marker auf der Vorderseite geschrieben, welche jemand versucht hatte mit Bleistiftstrichen zu übermalen.
Ich wusste, dass Florian nicht der Beste in der Klasse war, doch dass es um seine Note in Physik so schlecht stand, hatte ich nicht geahnt. Ich überlegte ob ich die Blätter wegkicken sollte oder mich hinunterbeugen und sie aufheben. Letztendlich entschied ich mich für letzteres und stand schließlich mit seiner Arbeit an der Tür, gegen welche ich kurz klopfte. Wie vorhin sein Vater, bekam auch ich keine Antwort, weshalb ich wütend aufschnaubte und die Türe achtlos aufstieß. Doch bei dem Anblick, der sich mir nun bot, hätte ich wohl doch lieber noch einen Moment gewartet.
Florian stand in der Mitte seines Zimmers. Oberkörperfrei und mir zugewandt. Mein Körper schien festgefroren und für einen Moment war ich völlig bewegungsunfähig.
Ein paar Sekunden verstrichen, bevor sich mein Verstand wieder einschaltete und ich schlagartig die Tür wieder zuknallte während ich mir erstmal in Erinnerung rufen musste, wie Atmen funktionierte.
Peinlich berührt sah ich auf den Boden, welcher mir auf einmal so spannend wie noch nie vorkam und zwang mich meinen Kopf vor Scham nicht gegen die Wand zu hauen.
Ich überlegte einfach nach unten zu gehen, ganz plötzlich aus dem Haus zu verschwinden und später zu sagen, mich hatte auf einmal eine Übelkeit überkommen, weshalb ich nachhause gegangen war. Wobei Übelkeit gerade das letzte war, was ich verspürte.
Bevor ich jedoch zu einer Entscheidung kam begzüglich meines Handlens, öfnnete sich die Tür vor meiner Nase mit Schwung. Mehr oder weniger glücklicherweise blickte ich nun auf einen vollständig bekleideten Florian, doch dass er nach dem gerade jetzt praktisch direkt vor mir stand, machte es nicht besser.
Ich schluckte einmal kurz ehe ich mich zu räuspern begann und ihm seine Blätter hinstreckte.
Er sagte nichts und zog nur eine Augenbraue hoch, bevor er mir die Papiere wegnahm und sie achtlos hinter sich ins Zimmer warf. Einen Augenblick lang sahen wir einander nur an, bevor ich es zustande brachte einen normalen Satz zu formulieren. ,,Deine Eltern wollten, dass ich dich hole"
Ich war mir nur selten so bescheuert vorgekommen, wie in dem Moment, in welchem ich erneut keine Antwort erhielt und er mir die Tür vor der Nase zuhaute.
,,Arschloch",fluchte ich und trat gegen die Tür. Ich lief den Flur entlang zurück, als ich hinter mir ein Geräusch vernahm und Florian aus seinem Zimmer trat. Er lief an mir vorbei, würdigte mich keines Blickes, doch drehte sich an der Treppe nochmal kurz zu mir. ,,Dir sind auch schonmal kreativere Beleidigungen eingefallen",meinte er mit einem provozierenden Grinsen, dass ich ihm am liebsten aus dem Gesicht gewischt hatte. Keine Sekunde später verschwand er die Treppe hinunter und ließ mich alleine in dem tristen Flur stehen.
Zehn Minuten später befanden wir uns allesamt im Esszimmer, welches mit einem köstlichen Duft erfüllt war. Marisas Kochkünste waren unübertrefflich. Das hatte ich vor ein paar Monaten bei einem kleinen Fest bei ihnen im Garten erfahren können.
Wir nahmen Platz und ich vermied es dabei die gesamte Zeit Blickkontakt mit Florian herzustellen, geschweige denn überhaupt in seine Richtung zu sehen.
Ich stocherte anfangs etwas in meinem Essen herum, bis meine Mutter mir leicht in die Seite stieß und ich dies somit unterließ. Das einzige Gesprächsthema war in den ersten Minuten die Deckenbeleuchtung, bis die Erwachsenen es irgendwann von IKEA Stühlen hatten. Florian hatte kein einziges Wort von sich gegeben, ebenso wie ich. Thomas kam aber auf einmal auf die Idee uns von Florians Beziehungsstatus zu berichten, was mich jedoch grinsen ließ, da seinem Sohn dies sichtlich unangenehm war und es mir gewissermaßen Schadenfreude bereitete ihn so zu sehen.
,,Florian hat sich übrigens von seiner Freundin getrennt",erwähnte Thomas, versuchte es wohl nebenbei in einen Satz einfließen zu lassen, was ihm jedoch nicht so ganz gelang. Stille kehrte ein, wobei die Augen von Florians Eltern, die jetzt auf mir lagen, die Situation nicht sonderlich verbesserten.
Mein Vater startete einen Versuch die Stimmung aufzulockern, doch auch er scheiterte, machte es schier unerträglich noch länger hier am Tisch zu sitzen. Denn seine Anspielung war mehr als nur offensichtlich und nun war ich diejenige war, der es unangenehm war,
,,Noemi ist auch Single",der Satz kam noch trockener als gedacht aus seinem Mund und ich wusste nicht ob es einfach an seiner fehlenden Fähigkeit lag, die Lage einzuschätzen und den Raum zu lesen oder dem Essen, dass er noch im Mund hatte. Man konnte es nicht anders sagen, manchmal war mein Vater ein richtiges Trampeltier. Doch wenigstens in diesem Moment schien er seinen Fehler wohl ansatzweise zur Kenntnis zu nehmen, doch verbessern tat er damir nichts. ,,Nicht, dass das etwas schlimmes ist. Wir sind froh, dass sie nicht den erst besten nimmt"
Ich umklammerte meine Gabel fester um sie nicht im nächsten Moment irgendwo reinzurammen. ,,Und außerdem-",fuhr Dad fort, doch diesmal hielt meine Mutter ihn davon ab noch etwas zu sagen.
Doch die Blicke waren immernoch nicht alle von mir abgewandt, auch wenn wenigstens Marisa nun auf ihren Teller sah. ,,Schöne Tapete",brachte mein Vater mit einem leichten Hüsteln hervor. Er bekam dabei Zustimmung von meiner Mutter, auch wenn ich mir sicher war, dass sie der Tapete gar keine Beachtung geschenkt hatte.
Der Rest des Abendessens zog sich schleppend hin und erst eine halbe Stunde später waren die Teller leer und ich konnte somit aufstehen, was ich auch schleunigst tat und dann den Raum verließ.
Ich stellte mich vor das Terassenfenster und blickte hinaus auf die hellen Lichterspiele, die sich immer Mal wieder in regelmäßigen Abständen am Himmel ereigneten.
Eigentlich war wohl noch geplant worden, dass wir ein paar Spiele zusammen spielten, doch nach dem Ereignis am Esstisch, war dieser Punkt wohl von der Liste gestrichen worden. Ich sah meinen Vater aus dem Augenwinkel auf mich zukommen, weshalb ich die Schultern straffte und dann mit einem vorwurfsvollen Blick in seine Richtung sah.
Doch bevor ich dazu kam etwas zu erwidern begann er schon zu sprechen.
,,Das war wohl nicht besonders klug von mir",hörte ich ihn sagen, wobei er etwas in seinen Bart nuschelte.
,,Mhm",war alles, was ich von mir gab, ehe ich wieder hinaus sah.
Mein Vater stieß ein Seufzen aus, bevor er mir eine Packung in die Hand gab. ,,Wir fangen gleich mit den Wunderkerzen an. Bisschen was für die Stimmung",er klopfte mir auf die Schulter, bevor er mich wieder allein ließ. Ich betrachtete die Wunderkerzen kurz, bevor ich sie auf den Wohnzimmertisch schmiss und mich auf das Sofa fallen ließ. Mit verschränkten Armen sah ich in den Himmel, wobei ich leicht zusammenzuckte, als ein besonders lauter Böller ertönte.
Ich zog meine Knie an mich heran und legte meinen Kopf darauf ehe ich meine Augen schloss. Ich wünschte mir nichts sehnlicher als einfach in mein Bett fallen zu können und den heutigen Tag aus meinem Gedächtnis zu streichen.
Ich vernahm wie meine Eltern mich von draußen herbeiriefen, scheinbar hatten sie schon mit den Wunderkerzen und auch kleineren Böllern angefangen, doch ich antwortete nicht. Seitdem ich erfahren hatte wo ich das heutige Silvester verbringen musste, war der Tag dazu verdammt gewesen ein schlechter zu werden.
Eine Weile saß ich so da, versuchte die Geräusche um mich herum auszublenden, was mir zunehmend schwerer fiel, doch das letzte was ich jetzt bekommen wollte, war eine Panikattacke.
Ich bekam am Rande mit wie sich das Polster neben mir leicht senkte, doch ich war schon zu müde als dass ich meinen Kopf sofort hätte anheben können. Ich vermutete sowieso Mum oder Dad, die einen Versuch zur Überredung starten wollten, mich doch noch nach draußen zu bekommen.
,,Geh weg",brummte ich nur, doch die Person machte keinerlei Anstalten dem zu folgen. Genervt schaffte ich es nun doch meinen Kopf zu heben. Ich erstarrte als ich denjenigen erkannte, der sich neben mich gesetzt hatte.
,,Florian?",brachte ich heraus, war kurz davor meinen Kopf wieder zu senken und einfach zu warten, bis ich einschlief. Doch ich tat es nicht, am Ende würde er mich noch im Schlaf vergiften.
,,So überrascht, mich in meinem eigenen Haus zu sehen?",erwiderte er mit einer amüsierten Miene, die mich noch verwirrter machte. Er erweckte ausnahmsweise Mal nicht den Anschein, als wäre er auf Streit aus.
,,Nein, ich- nur-",ich seufzte genervt und lehnte mich auf dem Sofa zurück. Ich war wohl nicht mehr in der Lage zur Formulierung von etwas Anständigem, also unterließ ich es lieber. Kurz darauf ertönte ein ohrenbetäubender Knall und mein Zusammenzucken entging Florian offensichtlich nicht. Er sah mich für einen Moment mit gerunzelter Stirn an, ehe er etwas zu realisieren schien. ,,Hast du Angst vor großem Lärm?",fragte er mich, doch überraschenderweise vernahm ich keinerlei Spott in seiner Stimme, wie ich es gedacht hatte.
,,Etwas",gab ich zu und schloss meine Arme um meine Beine, um mir so zudem noch etwas Wärme zu spenden, denn die Temperatur war um ein paar Grad gesunken.
Ich konnte mir ein Gähnen nicht unterdrücken, doch versuchte es hinter meiner Hand zu verbergen. Es war mir nicht wohl dabei, wenn Florian mich so sah. Denn wenn er mich jetzt nicht auslachte, würde er es später tun.
Ein Zittern durchfuhr mich, woraufhin sich eine Decke über mich legte. Ich blickte zu Florian und das erste was ich festellte, war dass das wenige Licht von draußen das Braun seiner Augen noch mysteriöser als sonst erscheinen ließ.
,,Danke",murmelte ich wegen der Decke und schenkte ihm ein kleines Lächeln, das automatisch größer wurde, als ich bemerkte wie er mich anstarrte.
,,Solltest du nicht draußen sein und die Luft mit Feuerwerkszeug verpessten?",fragte ich ihn, doch es schwang keinerlei Vorwurfsvolles in meiner Stimme mit. ,,Ich schau dir lieber beim Zittern zu",gab er mit einem Grinsen zu, das mein jüngeres Ich dahinschmelzen lassen hätte. Ich war mir dessen nicht klar, was aus meinen Gefühlen von damals geworden war, doch ich bezweifelte, dass sie gänzlich verschwunden waren. Doch wer konnte es mir schon verübeln? Florian sah nun mal unverschämt gut aus, was es manchmal schwer machte ihn aus vollem Herzen zu hassen.
,,Wie charmant",meinte ich und sah zu ihm auf, da er ein Stück größer als ich war und ich auch etwas im Sofa heruntergerutscht war.
Doch Florians Lächeln verschwand für einen Moment, wurde durch etwas ersetzte, dass ich zuerst nicht deuten konnte. Dann jedoch erkannte ich etwas. Konnte das Reue sein?
,,Wegen den letzten Jahren",begann er und räusperte sich kurz. Es erweckte für einen Moment den Anschein, als wolle er aufhören zu reden, doch dann sprach er weiter. ,,Es tut mir leid wie ich manchmal mit dir umgegangen bin",platzte es aus ihm heraus und auf einmal war jegliche Müdigkeit aus mir gewichen. Ich setzte mich gerade hin und sah ihn erstaunt an. ,,Hast du dich gerade entschuldigt?",fragte ich nochmal nach, um sicher zu stellen, mich nicht verhört zu haben.
Florian gab ein schwaches Nicken von sich und sah dann ein Stück an mir vorbei, um nicht mehr direkt in meine Augen blicken zu müssen.
,,Mir tut es auch leid",gab ich dann zu, was ihn jetzt zu überraschen schien.
,,Es war eigentlich das Meiste nicht so gemeint"
Ich konnte für einen Moment keinen eindeutigen Ausdruck auf seinem Gesicht ausmachen, ehe sich seine Lippen jedoch zu einem ehrlcihen Lächeln verzogen. Keines dieser Lächeln, das immer so hämisch gewesen war. Sondern ein wirklich Aufrichtiges, wie ich es noch nie so deutlich bei ihm gesehen hatte.
Und als dieses Mal Stille herrschte, war es eine Angenehme.
Ich sah wieder zum Fenster hinaus, das Lächeln war nun nicht mehr von meinen Lippen zu bekommen.
Vorsichtig lehnte ich meinen Kopf auf seine Schulter. Ich dachte kurz, er würde sich zurückziehen, doch dies geschah nicht. Er legte seinen Arm um meine Schultern und zog mich ein Stück weiter zu sich. Keiner von uns sagte auch nur ein Wort, doch alles was hätte gesagt werden müssen war fürs Erste ausgesprochen worden. Im Hintergrund hörte ich unsere Eltern einen Countdown runterzählen und als sie bei Nulla ankamen hätte ich nicht glücklicher sein können. Das letzte Jahr war vorbei und ich begann in diesem Moment das Neue.
Und ich begann es in den Armen des Jungen, welchen ich geglaubt hatte zu hassen.
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