°Kapitel 9°

Unsicher mustere ich die nur allzu bekannten weiß-schwarzen Steine. Während Anja und ich noch im Park waren, hatte es plötzlich angefangen zu gewittern und dämlich wie ich war musste ich natürlich einen auf Gentleman machen und anbieten, dass ich Ivy kurz zu Kostas bringe, weil unser Wohnung genau in der entgegen gesetzten Richtung wie ihre liegt und ich weiß, dass sowohl sie als auch Schnapsi panische Angst vor Gewittern habwn. Heißt ich darf gleich mit Kostas reden. Zwar nur kurz, aber wahrscheinlich werde ich hiernach schon im Hotelzimmer heulen.
Zitternd drücke ich auf die Klingel und streiche Ivy sanft über das nasse, aber trotzdem weiche Fell, während ich warte. Die Tür ist wahrscheinlich wie immer zwar geschlossen, aber nicht verschlossen, sodass ich sie theoretisch einfach aufmachen könnte, aber ich will lieber so schnell wie möglich wieder hier weg. Am liebsten würde ich gar nicht hier sein. Kostas erscheint im Türrahmen und sieht mich überrascht an.
"Mik." haucht er leise, weshalb ich kurz lächeln muss, ehe ich erkenne, wie schlecht er aussieht. Seine Haut ist blass und etwas eingefallen, seine Haare zwar gewaschen, aber nicht frisiert. Tiefe Augenringe und ein leichter Bartansatz zieren sein Gesicht und er sieht aus als hätte er gerade geweint, was sogar stimmen könnte. Er trägt eine einfache graue Jogginhose und anscheinend eines meiner Shirts, weshalb ich schlucke. Ich hab ihn wohl echt verletzt. Unsicher erkläre ich ihm warum ich hier bin und er nickt kurz, ehe er die Leine nimmt und erst mich und dann kurz den Himmel mustert, der immer wieder von kleinen Blitzen und kurz darauf folgendem Donner erleuchtet wird. Ivy drückt sich etwas an sein Bein, was mich lächeln lässt. Sie hat eigentlich nicht wirklich Angst vor Gewittern, aber im Moment ist es wirklich echt stark und meine Begeisterung jetzt durch den Regen zu laufen hält sich um ehrlich zu sein in Grenzen.
"Willst du rein kommen, bis das Gewitter vorbei ist?" bietet Kostas an und zögernd mustere ich ihn. Will ich? An sich schon, da ich eh schon bis auf die Unterhose nass bin, aber irgendwie auch nicht. Immerhin ist er jetzt mein Ex-Freund und ich kann doch nicht einfach eine Woche nach der Trennung so tun als wäre nichts gewesen. Oder?
Kostas scheint mein Zögern zu bemerken und will gerade etwas sagen, als ein riesiger Blitz den sonst eher dunklen Himmel erleuchtet und ein lauter Donner die Stille durchbricht, weshalb er mich einfach ins Haus zieht und die Tür schließt.
"Wenn du willst, geh ich ins Schlafzimmer und du kannst dich ins Wohnzimmer setzten, aber tu mir den Gefallen und bleib hier, bis das Gewitter vorbei ist. Ich will nicht, dass dir was passiert."
Leise seufze ich, nicke dann aber schwach lächelnd und gehe mit Ivy und Kostas hoch. Oben angekommen werfe ich erstmal den Block und das Notizbuch weg, da es eh komplett nass ist und hole mir dann frische Klamotten aus dem Schrank und gehe ins Bad um mich abzutrocknen und umzuziehen, ehe ich die nassen Sachen aufhänge, mich auf die Couch setze und Kostas im Bad verschwindet. Es fühlt sich ungewohnt an wieder hier zu sein. Anstatt dem Gefühl von Heimat und Sicherheit ist da nur ein komisches Gefühl der Leere und am liebsten würde ich so schnell weg rennen wie ich kann.
Als Kostas wieder aus dem Bad kommt, ist er rasiert, seine Haare sind etwas frisiert, er hat die Augenringe mit etwas Schminke abgedeckt, wie er es normalerweise nur tut, wenn er ein Video dreht, statt der Jogginghose trägt er eine engere dunkel blaue Hose und- Mein Atem stockt kurz, als ich bemerke, dass der Ring an seinem Finger fehlt und fest beiße ich mir auf die Innenseite meiner Wange, um die Tränen zu unterdrücken. Immerhin heule ich zurzeit schon oft genug, da muss ich jetzt nicht noch vor Kostas in Tränen ausbrechen. Ich setzte ein Lächeln auf, das wahrscheinlich täuschend echt aussieht, auch wenn es sich so falsch anfühlt wie noch nie zuvor. Meine linke Hand landet auf meinem Bauch, eine typische Haltung, die ich sonst nur auf Bühnen oder vor Kameras einnehme um mir selbst ein Gefühl von Sicherheit zu geben, was Kostas ziemlich sicher bemerkt, aber unkommentiert lässt und sich stattdessen ans andere Ende der Couch setzt. Lächelnd mustere ich ihn und fühle mich so klein, zerbrechlich und vor allem hässlich und unsicher, wie schon lange nicht mehr neben ihm.
"Du siehst eindeutig besser aus ohne Bart." meine ich lächelnd und ziehe die Beine etwas an meinen Körper. Auch er lächelt, ehrlich und aufrichtig, anders als ich, und wird scheinbar etwas rot, ehe er kurz den Blick senkt, mich dann aber wieder ansieht.
"Das sagst du immer, wenn ich frisch rasiert bin." lacht er und kurz muss ich auch ehrlich lachen, aber dann wird mir mal wieder schmerzlich bewusst, dass es nie mehr wie früher sein wird. Unsicher spiele ich mit dem Ring an meinem Finger herum und weiche seinem Blick aus. Es tut alles einfach noch so verdammt weh und die Tatsache dass er jetzt schon seinen Ring nicht mehr trägt macht es nicht gerade besser.
"Bitte sag mir, dass du ihn nicht einfach weg geworfen hast." flüstere ich und wische mir genervt und verletzt die Tränen weg. Kurz scheint er nicht richtig zu verstehen was ich meine, aber als ich zu seiner Hand schaue, schluckt er kurz und schüttelt dann Kopf.
"Nein, hab ich nicht. Er liegt in einer kleinen Schatulle im Schlafzimmer. Oberste Schublade in meinem Nachtschränkchen ganz links."
Erleichterung machte sich in mir breit. Keine Ahnung, warum es mich so verletzt hätte, dass er ihn weggeworfen hat, immerhin hätte er jedes Recht dazu, aber ich bin froh, dass er es nicht getan hat.
"Tut mir leid, was ich getan habe." flüsterte Kostas und schwach nicke ich, während er anscheinend die Tränen versucht zu unterdrücken. Kurz will ich ihn in den Arm nehmen, halte mich aber selbst davon ab und setzte ein möglichst gleichgültiges Gesicht auf, auch wenn ich mich gerade am liebsten einfach in Luft auflösen würde. Oder für immer schlafen. Irgendwas bei dem ich nicht über all das hier nachdenken müsste.
"Kostas.. Es ist in Ordnung. Du hattest deinen Spaß mit irgendeinem Typen und ich hab Schluss gemacht. Schön, wenn es dir leid tut, aber ich will und werde nichts mehr daran ändern, wobei ich nicht mal weiß, ob ich es könnte. Lass uns.. lass uns einfach versuchen uns nicht zu streiten oder sowas, wenn wir beide zum Beispiel auf einem Geburtstag eingeladen sind, okay? Anja feiert doch nächste Woche in dem einen Club und ich will nicht, dass wir streiten oder am Ende einer von uns oder wir beide weinend da stehen."
Kurz mustert mich Kostas, ehe er nickt.
"Ist okay." flüstert er und
"Ist in Ordnung." verbessere ich ihn wie schon ein paar Tage zuvor und mustere ihn kurz, ehe ich den Regen beobachte der gegen das Fenster prallt, bis ich höre, wie Kostas leise zu weinen beginnt. Unsicher schaue ich ihn an und jegliche Wut, Trauer, Angst und sonst was für schlechte Gefühle lösen sich binnen Sekunden in Luft auf. Er hat mich betrogen. Ich werde ihn jetzt sicher nicht in den Arm nehmen.
Erfolglos versuche ich meinen zitternden Atmen unter Kontrolle zu bringen und wische schnell eine Träne weg. Ich will nicht weinen. Nicht jetzt und auch nicht hier. Nicht schon wieder. Dafür tut das alles viel zu sehr weh. Außerdem fühlt es sich eh schon komisch an auch nur hier zu sein, da muss ich nicht noch weinen. Immer wieder rede ich mir das alles ein, aber als Kostas leise schluchzt, halte ich es nicht mehr aus und ziehe ihn einfach nah an mich, lege beschützend meine Arme um ihn. Auch wenn er jetzt mein Ex ist, werde ich ihn immer beschützen. Er soll nicht traurig sein, nicht weinen. Sein Lachen ist viel schöner, als die ganzen Tränen und es tut mir so unglaublich leid, für diese Tränen verantwortlich zu sein. Sanft wische ich eben jene weg und drücke ihm einen Kuss auf die Stirn.
"Es wird alles gut, Babyboii. Ich verspreche es dir." flüsterte ich und schwach lächelt er, während ich selbst mit den Tränen kämpfe.
"Bleibst du bei mir?" fragt er hoffnungsvoll und kurz zögere ich, schüttle dann aber den Kopf.
"Nein. Ich kann das hier nicht mehr. Ich weiß nicht, ob ich dir je wieder vertrauen kann. Tut mir leid."
Unsicher nickt er und löst sich etwas von mir.
"Ist okay." flüstert er wieder, weshalb ich mal wieder zu weinen beginne.
"Gott, Dennis. Es ist nicht okay, klar? Nichts ist mehr okay, absolut gar nichts. Okay ist für mich mein eigenes kleines perfekt und das hier ist alles andere als perfekt." meine ich wohl etwas zu laut, da Kostas zusammen zuckt. Sofort macht sich ein schlechtes Gewissen in mir breit, weshalb ich aufstehe.
"Tut mir leid. Ich.. sollte gehen..", flüstere ich unsicher. Ich hab ihn verletzt. Ich hab die Person verletzt, die ich am meisten liebe. Leise schluchzt er bei meinen Worten, nickt dann aber und steht auch auf.
"Wir sollten sowieso nicht hier sitzen. Zumindest nicht so nah zusammen." flüstert er und lächelt gezwungen, was mich schlucken lässt. Ich betrachte eine Zeit lang immer wieder seine Lippen, ehe ich über meinen Schatten springe, eine Hand an seine Wange lege und sanft mit dem Daumen kurz darüber streiche. Sie sind nicht mehr ganz so weich, da sie etwas aufgerissen sind, aber trotzdem zieht er mich irgendwie in seinen Bann.
"Darf ich.?" flüstere ich unsicher und drücke meine Lippen auf seine, als er nickt. Erleichtert seufze ich, spüre wieder das aufregende Gefühl, dass ich so sehr vermisst habe, verdränge das schlechte Gewissen einfach. Langsam lösen wir uns wieder voneinander und schwach lächelt er, was auch mich lächeln lässt.
"Egal, was passiert. Du wirst immer einen Platz in meinem Herzen haben, ja?" flüstere ich und streiche ihm abermals die Tränen weg. Er nickte und kurz umarme ich ihn, bevor ich aufstehe und meine Schuhe anziehe. Ich hole mein Death Note, meinen Teddy und meinen kleinen Regenschirm und ehe ich die Tür öffnen kann, werde ich von Kostas noch mal umarmt.
"Pass auf dich auf." flüstert er und lächelnd verspreche ich es. Ich löse mich von ihm und bevor ich wieder anfange zu weinen, flüchte ich schon fast vor ihm. Zwar fühlt es sich richtig an, dass wir nicht im totalen Streit auseinander gehen, aber trotzdem tut es immer noch unglaublich weh.^^

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top