°Kapitel 13°

Leise stöhnend reibe ich mir über's Gesicht und öffne für kaum eine Sekunde die Augen, um sie aber kurz darauf wieder zu schließen. Zu hell. Eindeutig viel zu hell. Mein Kopf pocht und ich ziehe meine Decke höher, wobei ich bemerke, dass Kostas halb auf mir liegt. Einen Arm hat er fest um mich geschlungen und lächelnd mustere ich ihn, während er noch friedlich schläft. Verschwommen erinnere ich mich an gestern Abend und seufze, als mir Kostas Aussage wieder in den Sinn kommt. Gegen seinen Willen. Oh Gott. Und ich hab ihn dafür angeschrien und verurteilt, obwohl er überhaupt nichts dafür kann.
Ich fühle mich absolut mies und würde am liebsten die Zeit zurückdrehen und nie mit Kostas in dieses behinderten Club gehen, um das alles zu verhindern.
Einige Zeit hänge ich noch meinen Gedanken nach und genieße Kostas Nähe, ehe ich aufstehe. Zwar würde ich am liebsten für immer bei ihm bleiben, immerhin weiß ich nicht, ob er im Moment von irgendjemand berührt werden will, aber meine Blase ist da scheinbar anderer Meinung. Ich decke Kostas wieder richtig zu und hole mir frische Klamotten, um zu duschen und mich anzuziehen, ehe ich kurz mit Ivy raus gehe und ihr etwas zu Essen gebe.
Danach mache ich mich an Kostas und mein Frühstück, wobei ich Tomaten, Gurken und Karotten klein schneide, Tofu als Rühreiersatz anbrate und alles zusammen mit frischem Brot und Aufstrichen auf den Tisch stelle, ehe ich noch eine Kerze hole und eben jenen Tisch dekoriere.
"Morgen..", nuschelt plötzlich Kostas und schwach lächle ich, als ich mich zu ihm umdrehe, "Du hast gekocht?"
Ich nicke unsicher und schalte den Wasserkocher für Tee ein, ehe ich zu ihm gehe. Er trägt eines meiner Shirts und seine Haare sind noch komplett zerzaust, was mich schmunzeln lässt. Wie kann jemand so süß aussehen, obwohl er eindeutig verkatert Ist?
"Kannst du dich an gestern Abend erinnern?" flüstert er und ich nicke, wodurch er seufzt.
"Was du gestern gesagt hast, also dass es gegen deinen Willen war, heißt das, dass..?" setzte ich an, stope dann aber als ihm Tränen in die Augen treten. Schwach nickte er und wischt sich einige Tränen weg, wobei ich im ersten Moment nicht weiß, wie ich reagieren soll. Erst als Kostas seine Arme nach mir ausstreckt, wird mir bewusst, dass er meine Nähe immernoch möchte und ich ihn in den Arm nehmen kann.
"Alles wird gut, okay? Ich bleib bei dir." versuche ich ihn aufzumuntern, während er sein Gesicht an meinem Hals versteckt und leise weint. Lange Zeit stehen wir eng umschlungen da, ehe wir uns wieder lösen und Kostas schwach lächelt.
"Versprochen?" meint er unsicher, während ich ihm sanft die Tränen wegwische.
"Großes Indianer-Ehrenwort."
Ich hebe die Hand zum Schwur, weshalb er sich lachend an mich kuschelt.
"Oh Gott, du bist so doof."
"Ich weiß, aber genau dafür liebst du mich doch, oder nicht?"
"Für das und noch so vieles mehr. Aber wollen wir erstmal was essen, bevor es kalt wird und dann in Ruhe reden?" schlägt er vor und sofort stimme ich zu. Ich mache noch den Tee fertig und zünde die kleine Kerze an, ehe ich mich zu Kostas setzte und wir zu essen beginnen.

**

"Vergiss es. Du bleibst sitzen." Befehle ich Kostas schon fast und räume weiter den Tisch ab, weshalb er die Augen verdreht, sich aber ein Lächeln nicht verkneifen kann.
"Ich will doch nur helfen." jammert er, setzt sich aber wieder hin und beginnt die ganzen Sachen am Tisch zu ordnen, damit ich es einfacher aufräumen kann.
"Mir egal. Ich will und werde dich heute auf Händen tragen, damit du dich ausruhen kannst" gebe ich zurück und nehme Kostas die gestapelten Teller aus der Hand, um alles in die Spülmaschine zu räumen.
"Und weswegen genau hab ich das verdient?" fragt er und kurz schweige ich, ehe ich mich gegen die Theke lehne und ihn ansehe.
"Wegen dem was du gestern gesagt hast. Ich will mich entschuldigen." meine ich unsicher, weshalb er mich total verwirrt ansieht.
"Wieso entschuldigen?"
"Weil ich gegangen bin. Ich hab dir immer versprochen bei dir zu bleiben und für dich da zu sein und dann ist sowas und ich gehe einfach."
Ungläubig sieht mich Kostas an und öffnet den Mund um etwas zu sagen, ehe er leicht den Kopf schüttelt und aufsteht. Er kommt zu mir und greift sanft nach meinen Händen, um unsere Finger zu verschränken. Ich lächle etwas und bin froh über jede einzelne Berührung, die mir Kostas schenkt.
"Bitte mach dir keine Vorwürfe. Ich habe dir immerhin nie erklärt was wirklich passiert ist, sondern dich einfach in dem Glauben gelassen, dass ich dich freiwillig betrogen hätte. Du hattest jedes Recht einfach zu gehen" widerspricht er mir und unsicher zucke ich mit den Schultern.
"Trotzdem fühle ich mich scheiße deswegen.", gebe ich zu und seufze leise, ehe ich Kostas mustere,"Warum hast du eigentlich nichts gesagt?" Diesmal ist es Kostas, der nur mit den Schultern zuckt. Er lässt meine Hände los, um sich an mich zu lehnen und mich umarmen zu können. Ich schlucke und erwidere sanft die Umarmung, während er seinen Kopf auf meiner Schulter ablegt.
"Ich glaube ich hatte einfach Angst und hab mich dafür geschämt. Man hört ja oft genug, dass sowas passiert, aber ich dachte nie, dass es mich irgendwann betreffen könnten. Und wenn doch, dass ich stark genug bin mich zu wehren oder zumindest um Hilfe zu rufen, aber ich hab einfach nichts gemacht, außer zu heulen und ich wollte im Nachhinein weder darüber nachdenken noch darüber reden. Ich hatte die ganze Zeit die Angst, dass ich zu schwach war und es hätte verhindern können, wenn ich irgendwas gemacht hätte." erklärt er leise, wobei er zum Ende hin immer leiser wird. Er zittert leicht und ich beginne ihm leicht über dem Rücken zu streichen, auch um erstmal verarbeiten zu können, was er gerade gesagt hat. Kurz schließe ich die Augen und erlaube mir einen Moment Schwäche, weil Kostas mein Gesicht gerade eh nicht sehen kann und ich somit nicht für ihn stark sein muss. Das alles fühlt sich so verdammt schmerzhaft an, aber ich weiß, dass es wichtig ist darüber zu reden. Trotzdem schweigen wir beide einige Zeit und ich versuche die richtigen Worte zu finden, aber mir fällt nicht wirklich etwas aufmunterndes ein, das ich sagen könnte.
"Red dir nicht ein, dass du zu schwach warst, okay? Du kannst überhaupt nichts dafür." bitte ich ihn stattdessen irgendwann und ich spüre, dass er nickt, ehe er sich von mir löst und sich Taschentücher holt, um sich die Tränen wegzuwischen und sich die Nase zu putzen.
"Ich weiß es eigentlich, aber trotzdem fühlt es sich an, als würde ich genauso viel Schuld daran haben, wie die anderen Männer" gibt er leise zu und ich bereue es noch mehr jemals vorgeschlagen zu haben in diesen behinderten Club zu gehen. Wir hätten einfach weiter die Serien schauen und kuscheln sollen.
"Aber dich trifft keine Schuld" widerspreche ich und seufzend zuckt Kostas mit den Schultern, ehe er einfach nickt und das Thema wechselt.
"Ich muss morgen nochmal zur Polizei. Können wir danach zusammen kochen oder irgendwas bestellen und einen Film schauen, damit ich mich mit irgendwas ablenken kann? Also halt als Freunde" fragt er und sofort stimme ich zu, ehe mir seine Formulierung auffällt.
"Als Freunde?" wiederhole ich unsicher und fahre mir durch die Haare, als Kostas nickt. Panik macht sich in mir breit und und ich fühle mich, als würde ich erdrückt werden und hoffe einfach, dass meine Stimme nicht sofort versagt.
"Heißt das, dass du erstmal keine Beziehung mehr willst?" frage ich ängstlich und gefühlt zerbricht mein Herz an einem einzigen Nicken. Ich beiße mir auf die Unterlippe und kneife kurz die Augen zusammen, um den Schmerz zu unterdrücken, ehe ich Kostas wieder ansehe und ein leises 'okay' von mir gebe. Er sieht genauso verletzt aus und schlingt seine Arme um seinen Bauch und ich schwanke innerlich zwischen weglaufen und ihn in den Arm nehmen.
"Du weißt was für eine große Rolle Sex in unserer Beziehung gespielt hat und.. ich will nicht, dass du auf irgendetwas verzichten müsstest nur wegen mir" versucht Kostas mir seine Gedanken zu erklären, weshalb mir um ehrlich zu sein ein Stein vom Herzen fällt und ich nicht anders kann als zu lachen, als mir seine Worte bewusst werden: "Ist das der einzige Grund?"
Entgeistert sieht mich Kostas an und nickt langsam, während ich einen Schritt auf ihn zugehe und, wie er zuvor bei mir, liebevoll nach seinen Händen greife.
"Du bist tausendmal wichtiger als Sex, verstanden?", stelle ich klar, "Von mir aus verzichte ich für immer darauf, solange ich dich dafür wieder meinen Freund nennen darf!"
Unsicher mustert mich Kostas, ehe er meinem Blick ausweicht und meine Finger plötzlich überaus interessant zu sein scheinen. Er beginnt zuerst meine Nägel nachzufahren und betrachtet dann so ausführlich wie möglich jede einzelne Ader, was ich einige Zeit zulasse, aber irgendwann doch eine Hand löse, um sie an seine Wange zu legen. Er hebt den Blick wieder und ich bemerke die Unsicherheit in seinen Augen.
"Was ist los?" frage ich leise, während Kostas kurz die Augen schließt und seinen Kopf leicht an meine Hand lehnt. Ich lächle und gebe ihm einige Momente Zeit sich zu sammeln, ehe er mich wieder ansieht und endlich seine Ängste ausspricht: "Wie kannst du dir so sicher sein, dass du einfach so auf Sex verzichten kannst und willst? Warum solltest du überhaupt? Es gibt so viele andere Leute, die dir in der Hinsicht so viel mehr bieten können, als ich."
Er weint stumm und sanft wische ich ihm eben jene Tränen weg, auch wenn ich mich selbst stark zusammenreißen muss nicht zu weinen. Wie kann er nur so stark an sich selbst und an unserer Beziehung zweifeln?
"Weil ich dich liebe. Seit über sieben Jahren und ich werde nicht wegen so einer Kleinigkeit wie Sex damit aufhören. Ich will niemanden, der mir das bieten kann. Ich will einzig und allein dich. Bitte gib uns eine Chance, okay?" flehe ich und als Kostas nickt ist meine Welt für einen Moment wieder perfekt zu sein. Er beugt sich vor und drückt mir einen viel zu kurzen Kuss auf die Lippen, um sich dann näher an mich zu lehnen.
"Versprichst du mir, dass du es niemals bereust bei mir geblieben zu sein?" bittet er leise, was ich ihm sofort verspreche und gleichzeitig klar stelle, dass das eh niemals passieren würde, weil ich ihn dafür viel zu sehr liebe. Gefühlt ist Liebe meine Begründung für alles im Moment, aber wenn das nicht reicht, wüsste ich nicht, was ich dann noch machen sollte.
Einige Zeit bleiben wir einfach so eng umschlungen stehen, ehe wir uns darauf einigen uns auf die Couch zu setzten und in Ruhe über alles andere zu reden, was wir auch tun. Zumal hat Ivy bis eben vor der Couch geschlafen, ist aber natürlich sofort wach, als wir zu ihr gehen und lässt sich von Kostas streicheln. Ivy hatte schon immer eine eher beruhigende Wirkung auf ihn, aber im Moment bin ich dem kleinen Fellknäul so dankbar dafür wie noch nie. Kostas strahlt schon fast und scheint so gut wie alle Sorgen für einen kurzen Moment vergessen zu haben, weshalb auch ich lächle. Erst nach fast fünf Minuten fällt ihm scheinbar wieder ein, dass wir über etwas reden wollten und unsicher hebt er den Blick.
"Was wolltest du eigentlich noch fragen?" durchbricht er irgendwann die Stille und als ich das Zittern in seiner Stimme höre, bereue ich es dieses Gespräch vorgeschlagen zu haben.
"Eigentlich nur, warum du morgen nochmal zur Polizei musst. Aber wir müssen da auch nicht drüber reden, wenn du nicht willst."
Er schüttelt lächelnd den Kopf und lässt Ivy los, um näher zu mir zu rutschen und mich als Kissen in Beschlag zu nehmen. Auch ich lächle, als ich Kostas Wärme auf meiner Haut spüre und sich dieses allzu bekannte Gefühl von Vertrauen und Sicherheit in mir breit macht. Sofort drücke ich ihn sanft näher an mich und lehne mich langsam zurück, bis wir eng aneinander gekuschelt auf der Couch liegen und Kostas zu erklären beginnt: "Ich saß an dem Abend ziemlich lange weinend hinter dem Club, bis die Besitzerin mich irgendwann bemerkt hat und mir geholfen hat. Sie hat mich bei sich übernachten lassen, weil ich mich kaum bewegen konnte und nicht aufgehört habe zu zittern und hat am Morgen, nachdem ich ihr grob erklärt hatte, was passiert war, darauf bestanden mich ins Krankenhaus zu fahren. Ich wurde auf alles mögliche getestet, weil es keiner von denen für nötig gehalten hat ein Kondom zu verweden, aber zum Glück haben sie nichts ansteckendes gefunden, aber haben die DNA von allen. Zwei davon waren eh schon vorbestraft, wodurch es relativ leicht war sie zu finden, und scheinbar haben die beiden ihre Mittäter verraten, sodass jetzt alle vier in Untersuchungshaft sitzen, auch wenn es eigentlich eh schon klar ist, dass sie schuldig sind, weil die DNA übereinstimmt. Ich soll das morgen nur nochmal bestätigen."
Ich schlucke und realisiere im ersten Moment nicht mal was Kostas mir da wirklich erzählt, auch weil sich seine Stimme die ganze Zeit über so erschreckend gleichgültig anhört. Es waren vier Männer, die ihn vergewaltigt haben, ihm hat eine fremde Frau am nächsten Tag geholfen, während ich ihn angeschrien habe und er hört sich an als würde er übers Wetter reden?
Vielleicht ist er auch einfach nur total überfordert mit den ganzen Gefühlen im Moment, denn noch bevor ich etwas antworten kann, höre ich wie Kostas leise schluchzt. Er krallt sich an meinem Shirt fest und ich fühle mich so verdammt schuldig, als mir bewusst wird, dass es ihm an dem Abend wahrscheinlich noch schlechter ging als jetzt und ich nicht für ihn da war. Sanft streiche ich ihm immer wieder über den Rücken und lasse ihn einfach weinen, bis seine Tränen endlich versiegt sind. Langsam löst er seinen Griff etwas, bleibt aber genauso nah bei mir und scheint sich zumindest etwas zu entspannen.
"Können wir bitte den ganzen Tag die Couch nicht verlassen und kuscheln?" schlägt er irgendwann vor und sofort stimme ich zu, denn warum sollte ich Kostas loslassen, wenn ich ihn gerade erst wieder bekomme habe und meine Welt erst jetzt wieder okay ist?^^

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