°Kapitel 1°

Kennt ihr diese Tage an denen alles was man macht sich komisch anfühlt? Also so wirklich alles. Man steht morgens auf und anstatt halbwegs zufrieden mit sich und seinem Körper zu sein, würde man den Spiegel am liebsten sofort verdecken. An normalen Tagen gefällt dir vielleicht dein Bauch nicht, du findest deine Beine zu dick oder sonst was, dann gibt es Tage an denen scheint alles ganz okay zu sein. Nicht perfekt, aber auch nicht schlecht. Okay eben. Und dann gibt es solche Tage wie heute an denen nichts passt. Absolut gar nichts.
Du machst dich im Bad fertig und ziehst dich an. Mit der Schicht Klamotten sieht alles schon gleich besser aus. Immer noch nicht im Ansatz gut, aber besser. Du checkst Social Media, freust dich über ein paar antworten auf deine Tweets oder likes auf Instagram oder einfach eine nette Nachricht auf Whatsapp und trotzdem bleibt dieses nervige ungute Gefühl im Hintergrund. Und das die ganze Zeit. Egal was du machst es ist alles irgendwie komisch. Du fühlst dich komisch, die Sachen die du machst sind komisch, alles fühlt sich komisch an. Sachen auf die du sonst so stolz bist sind jetzt einfach komisch.
Genau das hatte ich mal wieder seit mehreren Tagen. Nur in ganz schlimm.
Lächelnd setzt sich Kostas neben mich auf die Couch, drückt mir einen der Teller in die Hand und einen Kuss auf die Wange. Er weiß, dass es mir mal wieder nicht gut ging, auch wenn er nicht weiß, was genau los war. Aber er war trotzdem da. Immer.
“Du weißt, dass ich dich liebe, oder? Auch mit den ganzen dummen Selbstzweifeln.“ flüstert er und streicht mir währenddessen sanft über die Wange, weshalb ich sofort schwach lächele.
“Ich weiß, Babyboii. Ich liebe dich doch auch und ich bin extrem froh jemanden zu haben, der mich liebt und mich unterstützt.“
Lächelnd nickt er und küsst mich nochmal kurz, ehe er nach der Fernbedienung greift und Netflix startete. Manchmal ist es irgendwie schade, dass wir während dem Abendessen fast nie viel redeten, aber es ist okay so. Meistens reden wir während dem kochen, erzählen gegenseitig von unserem Tag und meistens komme ich mir dabei vor, wie ein altes Ehepaar, aber auch das ist okay so. Vieles ist einfach okay. Nicht perfekt, aber auch nicht miserabel. Nicht gut und auch nicht schlecht. Einfach okay.
“Was willst du schauen?“ unterbricht Kostas meine Gedanken. Er hat unser Konto ausgewählt und mustert mich fragend. Empire haben wir gestern erst beendet und brauchen somit eine neue Serie, die wir schauen können.
“Mara meinte 'Elementory' soll gut sein. Wir können ja einfach mal die erste Folge anschauen.“ meine ich und beginne zu Essen, während er zustimmt, die Serie sucht, sie startet und dann auch zu essen anfängt. Eine Zeit lang schweigen wir, um genau zu sein die ganzen 45 Minuten und 52 Sekunden, die die erste Folge dauerte. Kostas hat unsere Teller ungefähr bei der Hälfte der Folge auf den Tisch gestellt und stattdessen eine Decke geholt, unter die wir uns zusammen gekuschelt haben. Der Fernseher ist verstummt und das einzige Geräusch sind somit Kostas gleichmäßige Atemzüge, weil er etwas erkältet ist und Ivy's leises Schnarchen, die schon den ganzen Abend neben der Couch liegt und sich von nichts stören lässt, aber das ist okay so.
“Hast du eigentlich jemals 'The fault in our stars' gelesen?“ meine ich in die Stille hinein, worauf Kostas, der bis jetzt sanft immer wieder durch meine Haare strich, in der Bewegung stoppt und mich fragend ansieht.
“Was für ein Ding.?“ meint er etwas überfordert und leise lacht ich.
“'Das Schicksaal ist ein meiser Verräter.' Diese Krebsgeschichte von John Green mit Hazel Graze und August Waters. Wo sie nach Amsterdam fliegen und er am Ende stirbt.“ erkläre ich weiter.
“Ach das. Meine Schwester hat das glaube ich mal gelesen. Wieso?“
“Hazel und Gus sagen sich da immer wieder 'Okay'. Das ist sozusagen ihr für immer. Ich glaube Okay ist für mich wie ein perfekt, ohne das etwas wirklich perfekt ist. Verstehst du was ich meine?“
Ich sehe zu Kostas hoch, der mich verwirrt und trotzdem lächelnd mustert.
“Nicht wirklich, aber red weiter. Ich liebe deine Gedanken manchmal.“
Leise seufze ich und kuschele mich näher an Kostas. Naja, nicht wirklich näher, sondern einfach nur anders. Ich spüre seine Nähe genauso wie davor nur an leicht anderen Stellen und auch das ist okay.
“Naja okay ist.. Ich weiß nicht wirklich was es ist. Zumindest ist es nichts schlechtes. Zwar auch nichts 100 Prozent gutes, aber das auch nur, weil nichts zu 100 Prozent gut ist, denn dann wäre es perfekt und perfekt ist nichts. Aber es ist eindeutig mehr gut, als schlecht. Sagen wir 97 zu 3. Und das ist perfekt so, aber wiederum auch nicht perfekt, weil nichts perfekt ist. Es ist einfach okay. Nicht gut, nicht schlecht, nicht perfekt und auch nicht miserabel. Einfach okay. Das alles hier ist okay. Ich weiß, okay hört sich immer so abwertend an, aber ich finde okay ist ein perfekt ohne wirklich perfekt zu sein. Gut klingt für mich immer so negativ. Das hier ist kein stinknormales gut, es ist perfekt und gleichzeitig nicht perfekt. Einfach okay.“
Kurz mustert mich Kostas immer noch verwirrt, lacht dann aber.
“Hast du mich gerade theoretisch als eine 9,7 auf einer Skala von 1 bis 10 eingestuft? Immerhin ist das hier laut dir nur zu 97 von 100% gut.“ meint er gespielt beleidigt.
Lachend schüttelt ich den Kopf und greife nach seiner Hand.
“Nein, so stimmt das nicht. Du drückst das so negativ aus! Für mich bist du eine zehn und perfekt so wie du bist, auch wenn niemand perfekt ist, weil jeder seine Ecken und Kanten hat, aber genau das macht dich doch perfekt. Also kein perfekt im Sinne von keine Fehler sondern perfekt im Sinne von keine Ahnung einfach perfekt. Und das ist okay so.“
Seufzend löse ich mich etwas, als er mich immer noch verwirrt ansieht
“Also bin ich nicht perfekt und gleichzeitig perfekt und das alles ist okay? Mik, hin und wieder sind deine Gedanken echt dämlich.“
“Nein, du.. Ach weißt du was? Du bist doof. Dann halt wenigstens einfach die Klappe und küss mich, du Idiot.“
“Ach jetzt bin ich plötzlich do-“
Sanft drückt ich meine Lippen mitten im Satz auf seine und hindere ihn somit am weiter sprechen. Dann versteht er halt nicht meine Gedanken. Ist auch okay.^^

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