Ende gut, alles gut?
Nach weiteren Wochen, in denen ich weitere Fortschritte zu verzeichnen hatte, stellte sich heraus, dass ich endlich wieder diese Klinik verlassen konnte. Und ich hatte ja allen versprochen, dass sie von mir bald ein Andenken bekommen würden.
Natürlich zermarterte jeder einzelne sich sein Hirn, wollte nun herausbekommen, was ich im Schilde führte. Doch ich blieb verschlossen wie eine Auster, was viele wunderte. Aber so war der Überraschungseffekt dann doch wohl auf meiner Seite.
Und auch mein Bruder Phil durfte nichts von dem erzählen, was die anderen bald ereilen würde. Insgeheim freute er sich, dass ich mich endlich wieder von allem so gut erholt hatte. Auch wollte er mich begleiten, um zu sehen, wie alle Beteiligten dumm aus der Wäsche gucken würden, wenn ich ihnen meine Überraschung präsentieren würde.
Er freute sich wie eine diebische Elster, hatte ja mit dem einen oder anderen hier auch so manches Tänzchen wegen mir durchgekämpft. Schließlich ging es ja um seine kleine Schwester, die er immer beschützen wollte. Damit musste auch die Weißkittelfraktion leben lernen.
Große Unterstützung bekam ich auch von meinem Freund, mit dem ich übrigens noch immer zusammen bin, bald in eine gemeinsame Wohnung ziehen werde. Ja, er war und ist mir eine große Stütze. Er begleitete mich zu jedem neuen Kontrolltermin hier auf Station und hielt meine Hand, egal was bei den Untersuchungen wohl herauskommt. Es war ihm egal, half mir allein damit, dass er da war.
Nicht mehr lange und ich würde die Neugier aller befriedigen können. Ich genoss es aber zu sehen, wie sie sich wandten und warteten, was demnächst wohl passieren würde. Herrlich, jetzt konnten sie mal fühlen, wie es ist nicht zu wissen, was noch kommt.
Und ich wusste, wie man ihre Neugier noch steigern konnte, erzählte einfach jedem nur ein paar Bröckchen. Mal sehen, wie lange sie brauchten, bis sie mein Rätsel geknackt hatten. Cathy konnte sich ja umhören und mich auf dem laufenden halten. Und bei ihr als meine Spionin konnte ja auch nichts schief gehen, denn es fiel ja nicht wirklich auf, gehörte ja schließlich zur Familie.
Und der oberste der Weißkittel entließ mich mit den Worten:
"Nicht übertreiben, aber auch nicht zu sehr schonen. Ich bin mir sicher, von dir werden wir noch viel Neues hören!", wie er recht er doch damit hatte. Über die lange Zeit, die wir uns nun kannten, konnte er mich anscheinend doch recht gut einschätzen.
Und trotzdem, auch ihn wollte ich überraschen, mich nicht zu verraten, war hier aber doch ein wenig schwerer als erwartet. Er hatte so ein paar Fangfragen drauf, in die Falle wäre ich doch fast getappt. Aber eben nur fast. Gerade noch rechtzeitig die Kurve gekratzt.
Cathy muss das gerochen haben, kam nämlich gerade zum Professor und wollte mich abholen. Was für ein Glück sie als meine Schwägerin und nun auch Shoppingbegleiterin zu haben. Schon beim letzten Mal hatten wir ja viel Spaß dabei und das wollten mir nun einfach wiederholen, diesen Spaß wieder aufleben lassen.
Und ich fühlte mich einfach sicher mit ihr, kannte sie mich doch sehr genau, wusste sofort, wenn ich eine Pause brauchte. Ja, ich brauchte diese immer noch, auch wenn ich es nicht immer wahrhaben wollte. Doch zehn Jahre Langzeitschlaf konnte man nicht einfach wegwischen, noch immer nicht.
Aber ich erholte mich entgegen aller Prognosen in rasender Geschwindigkeit, und zwar auf jedem Gebiet. Mein Gehirn arbeitete unaufhörlich. Warum also nicht diese Fähigkeit nutzen? Ich hatte ja noch so viel nachzuholen.
Es lag nun also förmlich auf der Hand, dass ich mich inzwischen mit den Geschenken für alle dieser Weißkittelfraktion beschäftigte. Jo musste mir natürlich dabei helfen, was er gern tat. Er besorgte für jeden eine Geschenktüte, keine Farbe durfte gleich sein. Ich wollte sie schon ein wenig verwirren.
Und es machte mir wirklich großen Spaß in ihre fragenden Gesichter zu blicken. Ich wollte sie alle vor vollendete Tatsachen stellen, so wie sie es oft mit mir getan hatten. Sie werden gewisse Situationen vergessen haben, ich aber nicht.
Da war ich wohl nachtragend wie ein Elefant, der ein Leben lang seine Peiniger im Gedächtnis behielt, nur um dann irgendwann zurückzuschlagen. Was fand ich es doch prickelnd, sah schon ihre Köpfe rauchen. Und noch immer ließ ich sie zappeln.
Da schlummerte ja wohl doch ein kleines Miststück in mir. Innerlich musste ich bei diesem Gedanken grinsen, verzog meinen Mund so, dass "die Ohren Besuch bekamen." Selbst die Kinder meines Bruders hatten mitbekommen, dass ihre Tante etwas im Schilde führte.
Kinder haben wohl ein besonderes Gespür für Ulk und Schalk, der mir im Nacken saß. Und irgendwie war ich manchmal auch wie kleines Kind, verspielt und zu Späßen aufgelegt. Mein Bruder Phil konnte da schon ein Lied von singen. Nicht nur ein Mal hatte ich ihm einen Streich gespielt. Zuletzt hatte er mir davon erzählt.
Noch immer war keiner dahinter gekommen, mit was ich sie überraschen würde, was für mich ein Vergnügen war.
Noch ein paar Stunden würden sie sich gedulden müssen, dann wollte ich die Bombe platzen lassen und Jo wollte mich begleiten, ebenso wie Phil. Cathy war ja bereits in der Klinik und bereitete alles vor, legte eine irreführende Spur, so wie wir es vereinbart hatten.
Und alle vielen darauf herein, sogar der oberste der Weißkittel. So hatte Cathy jedem ein Foto, welches ich unterschrieben hatte, auf ihren Platz gelegt.
Aber weit gefehlt, das wäre dann doch zu banal gewesen.
Inzwischen hatte ich die Klinik erreicht und wollte zusammen mit meiner Familie jeden einzelnen aufsuchen.
Anfangen wollte ich hier beim Professor und dann nach und nach alle anderen mit meiner Anwesenheit beglücken.
Es sprach sich herum wie ein Lauffeuer, dass ich im Hause war. Tja, wenn nichts funktionierte, der Buschfunk schon. Das war fast überall so. Ich stand zusammen mit Jo vorm Büro des Professors. Schweißgebadete Hände, Jo hatte Mühe mich festzuhalten.
Ich klopfte und die Tür wurde von seiner Sekretärin geöffnet. "Der Professor erwartet Sie", so eine typische Aussage einer Sekretärin. Ich begrüßte den obersten der Weißkittel wie einen alten Freund, was er in der Länge der Zeit hier auch geworden war.
Wir setzten uns gemeinsam auf eine Couch, die in seinem Büro stand. "Nun, was wolltest du mir sagen?", fragte er ganz direkt und ohne Unschweife.
Ich reichte ihm eine bunte Geschenketüte und wartete auf seine Reaktion.
Er schaute hinein und sagte ganz trocken: " Ich wusste, dass wir von dir noch was Neues erfahren.". Er nahm etwas heraus, schlug die erste Seite auf, las die persönliche Widmung und dann den Titel:
"Die wahre Geschichte der Julie Mc Andrews".
Ich hatte meine ganzen Erlebnisse zu Papier gebracht und jeder, mit dem ich zu tun hatte, bekam ein ganz spezielles Exemplar, versehen mit einer persönlichen Anekdote.
Vielleicht würden sie sich ja wiedererkennen, wenngleich ich allen andere Namen gegeben hatte. Wer sie kannte, wusste wer gemeint war.
Alles verteilt, verabschiedete ich mich und verschwand genauso schnell wie ich angekommen war.
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