Die Freitagabende (13. September)
Oh, Henry!
Mit einer Hand drücke ich die Pobacken des Mannes vor mir auseinander, um den ersten Finger der anderen Hand langsam einzuführen. Ich presse die Lippen zusammen, um eine Reaktion zu unterdrücken, als seine Muskeln sich eng um meinen Finger schließen. Ich versuche, die wilden Stöhngeräusche, die er von sich gibt, auszublenden und denke stattdessen an Henry. Meinen süßen, kleinen Henry, der soetwas noch nie erlebt hat. Ich stelle mir vor, er wäre es, der sich vor mir über das Bett beugt, mir seinen Hintern entgegen reckt. Wie wunderbar eng sich sein Hintern anfühlen muss, der noch komplett unschuldig ist. Und, ohh, wie er wohl klingt, wenn er unter mir stöhnt?
Ich bin nicht besonders vorsichtig mit dem fremden Mann, als ich meinen zweiten Finger hinzunehme. Ich bin nicht hier, um ihn zu verwöhnen oder irgendetwas bis ins Detail zu genießen. Ich will ihn nicht ansehen und mich nicht fragen, wie er sich fühlt. Sogar seinen Namen habe ich wieder vergessen, in meinem Kopf existiert nur ein Name, den ich zurückhalten muss, um den Fremden nicht zu verprellen. Am liebsten würde ich keinen anderen Menschen hierfür brauchen, aber die Berührung meiner Hand lässt mich nicht die warme Enge eines schönen Hinterns nachempfinden. Ein Computerprogramm wäre wunderbar, dessen Gefühle man nicht verletzen kann, oder das nach Tagen wieder anruft.
Nach ein paar Stößen ersetze ich die Finger durch meinen Schwanz, der wie jedes Mal beim bloßen Gedanken an meinen Henry stocksteif ist. Wenn er nur wüsste, denke ich, als ich in den anderen hineinramme und er sich unter mir windet. Mit langsamen, kraftvollen Stößen beginne ich, bis ich irgendwann schneller werde. Was er jetzt gerade wohl macht? Es ist nach zwanzig Uhr, sicherlich ist er bereits in seinem Zimmer. Ich stelle mir vor, er säße vor seinem Laptop auf dem Bett, die Hand in der Hose, vor einem entsprechenden Filmchen. Vermutlich ist er viel zu brav, um soetwas tatsächlich zu tun, aber gerade deshalb macht das Bild in meinen Gedanken mich so an. Ich kann das Video auf seinem Laptop nicht sehen, stelle mir aber vor, er würde mir zusehen, wie ich diesen Fremden durchnehme, und sich wünschen, er zu sein. Ich höre ihn unter Keuchen meinen Namen murmeln. Sehe, wie er den Kopf in den Nacken wirft.
Dabei würde ich nicht wirklich wollen, dass Henry mich so sieht. Weiß, dass ich so grob werden kann. Er soll nicht denken, dass ich ihm auch so wehtun würde.
Und er ist auch nicht wirklich ein Junge. Er ist bloß ein Jahr jünger als ich, und als wir uns kennengelernt haben und er zu mir in das leere WG-Zimmer gezogen ist, war er bereits lange erwachsen. Dennoch sehe ich durch seine zarte, naive Art immer das Kindliche in ihm und spüre den Drang, ihn beschützend an meine Brust zu drücken. Die regelmäßig wiederkehrende Vorstellung beim Sex mit anderen Männern am Freitagabend, ihn an deren Stelle unter mir zu haben, ist nichts, das ich jemals wahr machen würde, nicht mal, wenn er mich wollte. Dazu ist er mir einfach zu wichtig.
Trotzdem bringt es mich um den Verstand, mir seine zierlichen Hüften zwischen meinen Händen auszumalen und wie es wäre, mich in seine Locken zu krallen, während ich immer schneller werdend die letzten Stöße ausführe. Ich kann nicht anders, als seinen Namen zu rufen, als ich komme. Jedes Mal passiert mir das und jedes Mal führt es dazu, dass die fremden Kerle mich böse anblicken und mich daran erinnern, wie sie heißen.
Bevor ich den Schlüssel herumdrehe, fahre ich mir durch die zerzausten Haare und trage noch einmal Deo auf. Auch wenn Henry sich denken kann, wo ich war, muss meine Erscheinung es ihm ja nicht entgegen schreien. Vielleicht laufe ich ihm heute auch gar nicht mehr über den Weg, aber sicher ist sicher.
Ich trete ein und denke an die erste Zeit mit Henry zurück. Ich habe mich nach einem Mitbewohner umgehört, nachdem ich die Wohnung zunächst alleine bezogen hatte, und bin von Henry sofort begeistert gewesen, als er sich mir vorstellte. Er liebt es ordentlich und kümmert sich gerne um den Haushalt. Er ist ruhig, verbringt viel Zeit in seinem Zimmer und kam anfangs nur ins Wohnzimmer, wenn ich ihn einlud, Zeit mit mir zu verbringen. Wenn ich Besuch habe, zieht er sich für die gesamte Zeit zurück, wenn ich laut Musik höre, beschwert er sich nicht, und wenn es mir schlecht geht, bietet er an, mir zuzuhören. Er ist, auch noch nach Monaten, unheimlich schüchtern gewesen, und hat mir niemals etwas vorgeworfen.
Die Freitagabende sind erst nach einer Weile zu meiner Routine geworden. Ich kann nicht genau sagen, was mich dazu getrieben hat, nicht mehr wie ein normaler Mensch auszugehen und die Augen nach potentiellen Partnern offen zu halten, doch ich habe begonnen, mich über das Internet mit diesen Fremden zu verabreden, und schon beim allerersten Mal ist nur Henry dabei in meinem Kopf gewesen.
Ich verschwinde im Badezimmer, wo ich als allererstes den fremden Geruch von mir abwasche und mich wieder vorzeigbar mache. Ich putze mir die Zähne, schlüpfe in eine frische Boxershorts und mein Schlafshirt und habe endlich das Gefühl, dass nichts von den vergangenen Erlebnissen noch an mir haftet. Dann gehe ich an Henrys verschlossener Zimmertür vorbei auf meinen eigenen Raum zu, denke, dass es schon zu spät ist, um sich noch ins Wohnzimmer zu setzen, ich aber noch ein wenig lesen könnte, als ich das leise Geräusch höre, das mich zum Innehalten zwingt. Ich gehe zwei Schritte zurück und lausche aufmerksamer auf das Schluchzen, das durch die Tür gedämpft in den Flur dringt.
Ohne zu zögern klopfe ich und drücke ohne abzuwarten die Klinke herunter. Als das Schluchzen zunächst deutlicher wird, durchquere ich mit drei langen Schritten den Raum und knie mich vor Henrys Bett. Erst, als er mich wahrnimmt, hält er die Luft an und er versucht, seine verweinten Augen im Kissen abzuwischen. „Hey, hey, was ist denn los?", frage ich leise, blicke mich in seinem abgedunkelten Zimmer um. Ob irgendetwas passiert ist, das ihn so aufgebracht hat?
Ich kann mich nicht davon abhalten, die Hand auszustrecken und mit den Fingern über seine feuchte Wange zu streicheln. Doch das scheint keine gute Idee zu sein, denn er zieht scharf die Luft ein, als würde er sich erschrecken, und rutscht auf seiner Matratze von mir weg. Ich lasse die Hand fallen und beiße die Zähne fest aufeinander. Er hält es nicht aus, von mir berührt zu werden.
„N-nichts, ist schon gut.", raunt er mit brüchiger Stimme. Und dann flüstert er: „Ich wusste nicht, dass du schon zurück bist." Und verrät mir damit, dass er nicht vorhatte, mich mitkriegen zu lassen, dass er weint. „Oh Henry, nichts ist gut, wenn du so traurig bist.", widerspreche ich ihm. „Bitte sag mir doch, was passiert ist.", flehe ich, aber er schüttelt wild den Kopf, sodass der Kissenbezug unter ihm raschelt. Ich schlucke bedrückt. „Okay, du musst mir nichts sagen, aber lass dich wenigstens umarmen, ja? Lass mich dir helfen.", rudere ich zurück und halte ihm meine Hand hin, damit er sie ergreift und sich aufrichtet, aber wieder wehrt er sich kopfschüttelnd gegen meine Bitte. „Das geht nicht.", flüstert er. „Ich kann es dir nicht sagen und... umarmen kann ich dich jetzt auch nicht" Verwundert ziehen sich meine Brauen zusammen und ich beginne, mich zu fragen, ob sein Kummer irgendetwas mit mir zu tun hat. „Tut mir Leid, Gabriel, B-Bitte sei nicht böse."
Rasch schüttele ich nun den Kopf und lächle ihn ermutigend an. „Ich könnte dir niemals böse sein, Liebling.", verspreche ich, und merke erst, als er bei dem Kosenamen leise wimmert, wie ich ihn genannt habe. Innerlich schlage ich mir vor die Stirn für meine Dummheit. Wenn er schon meine Hand an seiner Wange oder meine Umarmung nicht ertragen kann, ist es doch klar, dass er das nicht hören möchte. „Entschuldige.", sage ich schnell und höre, wie er vermutlich auch, meine Enttäuschung heraus. Vielleicht ist es die Dunkelheit in seinem Schlafzimmer oder der Nachhall meiner Wunschvorstellung von zuvor, die mich nun vor ihm so unvorsichtig machen. Sonst habe ich ihm nie Anlass gegeben, zu vermuten, wie viel er mir bedeutet. Eine Weile liegt er einfach nur so da, reagiert nicht mehr, weder auf den blöden Kosenamen noch auf die Entschuldigung. Und auch ich traue mich nicht mehr, nochmal etwas zu sagen.
„Na gut", gibt er schließlich sehr leise von sich und ich weiß nicht gleich, worauf er sich bezieht, bis ich erkenne, wie er hinter sich die Decke anhebt, damit ich zu ihm ins Bett schlüpfen kann. Bedacht darauf, ihn nicht unnötig zu berühren, klettere ich über ihn auf die Matratze und ziehe ihn dann mit dem Rücken gegen meine Brust, verschränke meine Arme vor seinem Oberkörper, meine Hüfte in der weitestmöglichen Entfernung zur seinen. Ich atme ruhig in seinen Nacken und lausche darauf, wie auch sein Atem nach und nach langsamer wird, bis ich schon meine, er sei eingeschlafen. „Gabriel?", flüstert er irgendwann. Ich löse meinen rechten Arm aus der Umklammerung und streichle ihm als Antwort durch seine weichen, dunklen Locken. „Mhm?", frage ich, wage es aber nicht, mehr von mir zu geben, aus Angst, ihn wieder zu verschrecken. Vielleicht ist er jetzt bereit, mir zu sagen, was mit ihm los war. „Ich... Also, ich weiß einfach nicht, was ich machen soll." Ich nicke vorsichtig in seinem Nacken und warte, wie es weitergeht, doch er scheint auf eine Rückversicherung zu warten, dass er sprechen kann. „Okay.", raune ich durch die Dunkelheit. „Ich möchte dir helfen, wenn ich kann." Als ich meine Worte höre, ärgere ich mich über den Nachsatz. Helfen würde ich ihm auch wollen, wenn ich es nicht könnte. „Ich weiß nicht, was ich machen soll, wenn du weg bist.", bricht es hastig aus ihm heraus und scheinbar erleichtert atmet er auf, als sei es ihm schwer gefallen, es zu sagen. Doch richtig verstehen tue ich nicht, was er damit meint. „Möchtest du... Wenn du möchtest, können wir mehr Zeit zusammen verbringen.", rätsele ich und spüre ihn langsam nicken, seine Locken kitzeln meine Nasenspitze. „Ja, das wäre schön.", haucht er und ich spüre meinen Herzschlag an Geschwindigkeit zunehmen. Er will, denke ich, und dabei haben wir noch gar nicht abgemacht, um was es überhaupt geht. Doch die bloße Tatsache, dass Henry meine Gesellschaft schätzt, lässt mich innerlich jubeln. „Was genau stellst du dir denn vor?", frage ich und versuche, dabei nicht zu klingen, als würde ich mit meinem Raunen gegen seinen Nacken versuchen, ihn zu verführen. Henry räuspert sich leise und ich nehme deutlich wahr, wie sich sein Körper in meiner Umarmung verspannt. „Vielleicht...", fängt er an und nimmt dann seinen Mut zusammen. „Vielleicht kannst du hier bei mir bleiben.", schlägt er vor. „Freitags.", fügt er noch flüsternd hinzu, so leise, dass ich fast nachfragen muss, um mir sicher zu sein.
Oh, Henry! Wenn er mich freitags bei sich haben will, dann heißt das, dass er nicht will, dass ich woanders bin. Dass er nicht will, dass ich... Hat er deshalb geweint? Oh!
Sachte berühre ich ihn an der Schulter und drehe ihn zu mir herum. Damit er mich ansieht, stupse ich unter sein Kinn und er hebt den verschüchterten Blick auf meine Augen. „Ich geh' nicht mehr weg.", sage ich. „Versprochen." Ein Funkeln geht durch seine Augen und dann nickt er zufrieden und schmiegt sein Gesicht an meine Halsbeuge. So nah... „Gabriel?", wispert er nahe an meinem Ohr und zieht seinen Kopf zurück, um mich anzusehen. Und dann presst er plötzlich seine Lippen auf meine und lässt sie mit merklichem Druck dort verweilen. Meine Gedanken schreien laut seinen Namen, zum wiederholten Mal in dieser Nacht, ich kann einfach nicht glauben, dass das passiert. Dass das wirklich ist, was er will. Dass er mich will. Bevor er meine Überraschung für fehlende Begeisterung halten und sich zurückziehen kann, erwidere ich seinen Druck. Ganz langsam beginne ich, meine Lippen zu bewegen und er macht es mir nach. Ob er das schonmal gemacht hat? Ob das sein allererster Kuss ist? Überhaupt? Der Gedanke macht mich viel glücklicher, als er sollte und in einem Impuls unbändiger Freude drehe ich mich auf den Rücken und ziehe ihn mit dem ganzen Körper auf mich. Er stützt sich erschrocken neben meinem Kopf ab, während meine Hände sich in seinen Locken vergraben und ich seine Zunge schmecke, die vorsichtig über meine Unterlippe tanzt. Ahh! Ich hoffe, dass er die Erektion nicht bemerkt, die sich in seine Hüfte drücken muss. Ich will nicht, dass er denkt, ich würde nun irgendetwas von ihm erwarten. Wir küssen uns noch eine Weile so: Langsam, zärtlich, ohne jede Hast. Es ist der absolut süßeste Kuss, den ich je bekommen habe. Als Henry sich eine Weile später von mir löst und von mir herunterrollt, strahlt er mich glücklich an. Und auch ich kann nur noch erschöpft lächeln. „Oh, Henry.", raune ich noch, bevor ich neben ihm in den Schlaf gleite.
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