Semper
39.
Zaras weißblonde Haare funkelten wie Eis im Licht, das durch das Klassenzimmerfenster fiel.
„Wir sind, was wir sind. Und wir sind hier, um Boudicca aufzuhalten und die magische Bevölkerung zu schützen!", Zara richtete sich auf. Sie zwang ihren Körper in die Höhe, die Schultern tief, der Rücken gerade, ihr Verhalten: Das Gebaren einer Königin. Ihre grauen Augen wanderten über die Jungen. Sie streckte das Kinn nach vorne, besah sich ihre Zuschauer von oben nach unten und wirkte genauso überlegen, wie die Prinzessin sich offensichtlich fühlte. Alainn lehnte hinter ihr an der Tafel. Sie hatte die letzte halbe Stunde nicht einen Ton gesagt und agierte nur als stumme Beobachterin. Kiran war während Zaras Monolog aufgestanden und starrte aus dem Fenster.
Sie konnte sein scharfes Profil sehen, das von der Oktobersonne angestrahlt wurde. Alainn zwang sich ruhig zu atmen, obwohl sie wusste, dass er sie in der Spiegelung der Scheibe ansah, jede ihrer Bewegungen registrierte. Das Mädchen konzentrierte sich auf die anderen. Chris hörte aufmerksam zu, seine Augen wanderten fragend von Kiran zu seinem Bruder hinüber und zu Alec, der sich auf seinen massiven, bulligen Armen aufstützte, sodass die Sehnen und Muskeln hervorsprangen und Alec noch bedrohlicher wirken ließen. In Lincolns Stirn fräste sich eine skeptische Falte, die umso tiefer wurde, desto länger er der Prinzessin zuhörte.
Sie waren alle hier. Lincoln, der Skeptiker. Kiran, der stille Anführer. Alec, der Mann fürs Grobe. Chris, der Nachdenkliche. Alainn fühlte sich wie ein Eindringling, in eine ruhige, friedliche Welt. Die Zerstörerin einer Ordnung, die besser war, als das, was kommen würde. Schuld nagte in ihrem Inneren und biss kleine Stücke aus der Mauer um ihr Herz, die bröckelig und instabil wurde wie die Häuser in der toten Stadt. Zaras schwere Stiefel klackerten auf dem stinkenden Linoleum Boden, während sie vor den Jungen herum stolzierte. Die Prinzessin kam bei ihnen nicht gut an. Ganz und gar nicht. Lincoln und Kiran wechselten bedeutungsvolle Blicke.
„Wie wollt ihr sie aufhalten?", fragte Lincoln und sah Alainn dabei an. Die Rothaarige drehte den Kopf und betrachtete Zara, die mit ihrem Verhalten vollkommen deplatziert wirkte.
„Boudicca tötet ihre Opfer in der elementären Reihenfolge. Als nächstes ist das Element Erde dran. Wir brauchen die Liste aller weiblichen Erdwesen."
„So eine Liste existiert nicht!", knurrte Lincoln. Er war aufgesprungen und funkelte Zara an. In Zaras Sturmaugen tobte es. Es musste ein Kulturschock sein von mittelalterlichen Gepflogenheiten in das respektlose Gebaren des 21. Jahrhunderts geworfen zu werden. Alainn unterdrückte ein Grinsen.
„Dann stellt mir eben eine Liste aus! Wo ist das Problem?!". Durch die zusammen gepressten Zähne kamen die Worte undeutlich hervor und verloren ihre Wirkung. Zaras Hand knallte auf das Lehrerpult. Der Knall ließ Chris zusammen fahren und mit dem Nagelbett seiner Finger spielen.
„Das Problem ist..", zischte Lincoln, der sich von dem wütenden Funkeln der Prinzessin nicht einschüchtern lies, „...das wir dich nicht kennen!"
„Ich bin eure Prinzessin!", wieder schlug Zaras Hand auf den Tisch. Das Holz knarrte warnend.
„Wir leben in einer Demokratie!"
„Die Demokratie der Menschen ist nicht die eure. Ihr gehört nicht zu ihnen!"
„Das ist unsere Entscheidung!"
Zara lachte. Ihr Kopf fiel in den Nacken und die Jungen konnten sehen, wie sich ihre Kehle bewegte unter dem abfälligen Lachen, das die Prinzessin ausstieß. Auf Alainns Armen breitete sich eine Gänsehaut aus und sie fröstelte leicht. Als Zaras Kopf wieder nach vorne schnellte, fixierte sie die Jungen aus schwarzen Augen. Die Symbole tauchten aus ihrer Haut auf, breiteten sich wie ein Geflecht auf ihrer Haut aus. Der Gestank eines Raubtieres verpestete den Raum, während Zara den Jungen zähnefletschend zu lächelte. Langsam stieß Alainn sich von der Wand ab und machte einige Schritte auf die Streithähne zu, um notfalls einzugreifen. Kiran sah ebenfalls die Gefahr einer Eskalation und stellte sich neben Lincoln.
„Meine Mutter wird morgen ankommen. Ab diesem Moment wird Wolfsbach wieder in die magische Welt eingegliedert werden. Und dann gehört ihr dazu. Und das bedeutet: Unsere Gesetze sind von da an eure. Und solch eine Aussage ist Blasphemie, verrat am Königreich und darauf steht der Tod. Der TOD!", Zaras Gesicht war von Zorn entstellt. Sie bleckte ihr Zähne und ihre Nägel krallten sich in das Holz des Tisches. Alainn fühlte, wie nah sie dem Kontrollverlust kam. Wie nah dran sie war, sich auf Lincoln zu stürzen und ihn zu töten. Die Melodie ihres Tattoos spielte eine düstere, unheilschwangere Musik und drohte ihr das kommene Chaos an. Alainns Augen flogen hinunter zu ihrer Hand.
Musterten den Baum und das vermeintlich pochende, Melodie produzierende, Blut. Noch immer hatte sie nicht herausgefunden, was es damit auf sich hatte. Ihre Mutter hatte nur gesagt, dass sie von der Göttin gesegnet war. Gesegnet mit Kraft. Die Melodie des Males veränderte sich. Manchmal war es wie ein Lied, dann wieder wie das Knurren eines Wolfes, ein anderes Mal ähnelte es dem Fauchen einer Raubkatze. Und jedes Mal verband es sich mit der dunklen Seite in ihr. Wie Magnete, die für einander konzipiert waren. Sie zogen einander an, so stark, dass Alainn, das Gefühl nicht los wurde, dass das Brandmal ihre Magie herbei rief und umgekehrt.
„DU!", Alainn wurde aus ihren Überlegungen gerissen, als Zara über den Tisch hechtete und sich vor Lincolns Pult aufbaute, „...ich werde dich töten. Ihr gehört mir. Ihr alle!". Alainn war schnell. Ihre Fingernägel griffen in Zaras Kehle, rissen sie zurück. Sie röchelte und versuchte sich zu wehren. Doch Alainn drückte sie auf den Tisch, weg von den Jungen. Von ihren Freunden.
„Zara, komm wieder runter. Wenn du bei uns mitspielen willst, dann wirst du dich an unsere Regeln halten müssen"
„An eure Regeln?", Zara lachte hustend und japste nach Luft. Alainn lockerte den Griff um ihren Hals ein wenig. „Eure Regeln wird es bald nicht mehr geben. Du weißt genau, dass wir kurz vor einem Krieg stehen. Einen Krieg mit so vielen Parteien, dass die magische Welt sich selbst und jedes andere Leben auf diesem Planeten zerstören wird. Wir haben keine Zeit, um liebevoll miteinander umzugehen". Die letzten Worte spuckte sie aus. Sagte sie, als wolle sie Alainns verletzliche Seite verhöhnen. Doch die Rothaarige zuckte nicht einmal. „Ich verlange nicht, dass du mit uns liebevoll umgehst, sondern respektvoll."
„Du bist eine Korrigan. Du gehörst meiner Rasse an, mein Lager, zu meiner Seite. Wieso tust du das?" Alainn ließ sie los. Zara griff sich an den Hals.
„Du solltest dich dringend mit der Gleichstellung und dem Wert eines jeden Lebewesens auseinandersetzen, Prinzessin", Alainn lächelte.
„Tu ihnen etwas an und ich töte dich!", sagte sie und setzte sich auf eine Ecke von Lincolns Tisch. Sie hatte ihre Seite gewählt. Entweder würde Zara ihr folgen oder alleine kämpfen.
„Du weißt, das ich recht habe, Alainn"
Die Jungen sahen das Mädchen an, als sie nickte. „Hat sie. Dennoch: Krümm meinen Freunden ein Haar und ich töte dich"
Kiran lächelte.
„Das schaffst du nicht!", presste Zara heraus. Alainn legte den Kopf schief. Ihre Augen wurden schwarz und sie lächelte ihr schönstes Raubtierlächeln,„ Einen Versuch wäre es wert!"
Ihre Stimme klang verführerisch und dunkler. Anders, als ihre normale Stimme.
„Du hast noch viel zu lernen, Zara. Zum Beispiel, dass lieb bitten manchmal sinnvoller ist, als drohen. Und jetzt hör auf dich wie eine verzogene Prinzessin aufzuführen, sonst tut es mir nacher noch leid, dass ich dich hier her gebracht habe!" Sie sah, wie Zara die Augen aufriss, als habe sie etwas in ihrem Blick entdeckt. Etwas, dass ihr Angst machte. Alainn kicherte und sah, wie sich Zaras Nackenhaare aufstellten. Alainn grinste sie an, beugte sich nach vorne, während die Jungen zusammen zu rücken schienen und sich hinter Alainn aufbauten. Mit großen Augen sah Zara Alainn an.
„Was ist los, Prinzessin?", fragte Alainn, während sich ihre Augen wieder in ein dunkles Grün verwandelten. Sie hob ein wenig den Kopf, hielt ihre Nase in die Luft und sog sie ein.
„Du riechst nach Angst!", sie leckte sich über die aufgesprungenen Lippen und grinste. Kiran hob eine Augenbraue und sah sie an. Sein Blick war eine Mischung aus Tadel udn Belustigung. Alainn zuckte die Schulter und grinste ihn an. Zara beobachtete den Blickwechsel zwischen ihnen und sie wurde ernst.
„Du hast jetzt zwei Möglichkeiten, Zara: Entweder du hilfst uns und ordnest dich in eine gleichgestellte Gruppe ein. Oder du verschwindest von hier. Du magst vielleicht gelernt haben, dass jedes Wesen dir untersteht. Wir hingegen haben andere Werte gelernt. Wenn du weiterhin einen auf Sonnenkönigin machst, werde ich deine persönliche französische Revolution. Versprochen! Arbeite mit uns oder verlier den Kopf!"
„Wieso tust du das? Sie gehören nicht einmal zu unserer Art! Wir beschützen sie. Wir SIND ihnen übergeordnet!"
„Nur weil wir die Aufgabe haben sie zu beschützen, heißt das nicht, das wir ihnen übergeordnet sind!"
„Doch! Genau das heißt es!", knurrte Zara. Alainn überschlug eines ihrer Beine und seufzte gedehnt auf und sah Zara an: „Weißt du, warum die Männer sich Jahrhunderte lang, als stärker und besser, als ihre Frauen hielten? Oder warum die Menschen sich als Krönung der Schöpfung sehen und deswegen Massentierhaltung, Ausbeutung und Verschwendung als Ressourcen, als „okay" ansehen?"
„Ich verstehe nicht, worauf du hinaus willst. Menschen stellen sich gerne über ihres Gleichen. Sei es, wegen des Geschlechtes, Religion, Aussehen, Farbe oder Politik. Dabei sind sie alle gleich. Brutal und selbstgerecht"
„Weißt du, warum sie so denken?". Zara kräuselte die Lippen: „Wieso sollte mich das interessieren? Ich gehöre nicht zu ihnen."
„Sie sind Teil unserer Welt, Zara. Wenn du dich nicht für sie interessierst, wie kannst du dich für diese Welt stark machen?" Alainns Augen verdunkelten sich und sie zog ihre Augenbrauen zu einem strengen Blick zusammen.
„Ihr Gott sagte ihnen, dass sie die Krone der Schöpfung sind und über seine andere Schöpfungen herrschen sollen. Kommt dir das bekannt vor?"
„Das ist etwas anderes!", knurrte das Mädchen, das nun verstand, worauf Alainn hinaus wollte.
„Ist es das?", Alainn strich sich das rote Haar aus der Stirn, „mir hat einmal jemand gesagt, es ist unser Leben. Unsere Entscheidungen. Und nur, weil wir eine Aufgabe haben, heißt das nicht, das wir nicht unsere eigenen Regeln aufstellen können!" Zara taxierte sie. Dann Kiran. Bis ihre Augen über jeden Jungen im Raum gewandert waren. Sie standen nah beieinander. Eine Gruppe junger Menschen, die zusammen hielten. „Du wirst Probleme haben mit deinen reaktionären Ideen!"
„Was wäre das Leben ohne ein bisschen Ärger?", scherzte Alainn und hielt ihr die Hand hin. Zara ergriff sie.
„Empathie und Mitgefühl ist der Schlüssel zu einer friedlichen Welt. Und das ist unser Ziel, nicht wahr? Eine bessere Welt für ALLE." Wieder huschten Zaras Augen zu Kiran. Sie musterte ihn von oben nach unten bis sie sich wieder Alainn zu wand. Wie viel von dem, hat er dir beigebracht?, fragte sie Alainn stumm. Sie würde Kiran Graham im Auge behalten müssen. Jeder würde ihn im Auge behalten, solange Alainn ihren zugedachten Platz einnahm.
„Jungs", sagte Alainn und drehte sich zu den Jungen um „Das is Zara. Nur Zara!", Alainn öffnete den Mund, um etwas hinzuzufügen, aber dann hob sie die Hand und lauschte. Ihr Gesicht änderte sich. Jetzt hörte auch Zara das Atmen und den Geruch nach Verwesung. Alainn nickte zur Tür und Zara folgte ihr. Die Jungen sahen die beiden Mädchen verwirrt an.
Alainn und Zara schlichen zur Tür. Langsam bewegte Alainn ihre Hand auf die Klinke, wartete, bis Zara ihr zunickte. Dann riss sie die Tür des Klassenzimmers auf.
Der Junge fiel ihr vor die Füße. Alainns Hände rissen ihn am Kragen hoch, während sie im gleichen Atemzug die Tür zuwarf und Zara ihn ins Zimmer katapultierte.
„Na, hast du etwas Interessantes gehört?", fragte die Prinzessin und baute sich vor dem Wendigo auf. Der Junge wollte sich aufrappeln, doch Zaras Tritt ließ ihn am Boden erstarren.
„Ich ...ich habe nicht gelauscht! Das schwöre ich!", er zitterte vor Angst und krümelte sich in der Fötushaltung zusammen.
„Er lügt!", sagte Zara und flankierte die andere Seite des Wendigo. Alainn ging in die Hocke und sah den Jungen an
„An wen gehen deine Informationen?"
„A-an niemanden. Ich ...Ich ...schwöre!", stotterte er.
„Hey Kleiner..", sagte Zara und fuhr mit dem Nagel lasziv über das sein Kinn, als er den Kopf hob und sie aus unschuldigen, großen Augen anblickte, „Ich kann deine Angst riechen. Wovor hast du den Angst? Doch nicht etwa vor uns?", sie sah hoch zu Alainn. Die lächelte.
„Wem hättest du von uns erzählt!"
„Niemanden!", stotterte der Junge, „bitte, Kiran!", der Junge hob die Hände bittend nach oben, während ein Flehen in seinen Augen lag, „Du kennst mich, Kiran. Lincoln, Chris, Alec? Ihr kennt mich. Ich arbeite nicht für den Feind!"
„Wer ist denn der Feind?", fragte Alainn scharf. Der Junge drehte den Kopf und sah sie ängstlich an, „Die Frau in der Felshöhle!" Die Jugendlichen wechselten bedeutungsvolle Blicke.
„In welcher Höhle?", Alainn legte den Kopf schief, drehte ihren Kopf und sah ihn tief in die Augen. Das Grün in ihren Augen wurde intensiver, „Wo ist diese Höhle?"
Der Wendigo blinzelte. Dann hörte er urplötzlich damit auf und seine Pupillen wurden starr und richteten sich auf Alainns.
„Auf der anderen Seite des Berges. Da ist eine Lichtung vor dem Eingang!"
Alainn legte ihre Hand auf seine Schulter: „Was weißt du noch?" Der Junge schien zu überlegen, dann änderte sich etwas in seinem Blick.
„Wenn du dich ihr nicht anschließt, dann wird sie dich töten und alle, die du liebst auch!" Alainns Kopf ruckte nach hinten und sie sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an.
„Hat sie dir das gesagt?"
Der Junge lachte: „Das hat sie dir doch auch schon gesagt. In deinen Träumen. Aber das Problem ist immer den Schwachpunkt seines Feindes zu finden!"
„Den Schwachpunkt?" Der Wendigo beugte sich zu ihr hin. So nah, dass Alainn ihn riechen konnte und seine Lippen ihre Ohrmuschel berührten. Sie musste sich zwingen nicht angewidert den Kopf wegzudrehen: „Aber jetzt kenne ich deinen Schwachpunkt!" Er drehte den Kopf und sah Kiran an. Angst schoss durch ihren Körper wie Eiswasser, dass man über sie gegossen hatte.
„Hast du Angst? Das solltest du auch. Denn sie wird es erfahren!" Er grinste sie diebisch an.
„Nur, wenn du überlebst!"
„Alainn!", Chris sah sie entsetzt an.
„Sie weiß, es schon längst!", er tippte an seinen Schädel, „Sie ist die ganze Zeit bei mir!". Verwirrt wechselten Zara und sie einen Blick: „Was meinst du damit?", fragte die Prinzessin. Der Wendigo sah sie an. Seine Augen wurden rot. Zara schreckte zurück: „Was ist los, Prinzesschen?", fragte er mit einer Stimme, die eindeutig weiblich war.
„Hast du etwa Angst?"
Der Wendigo sah Kiran mit seinen roten Augen an: „Hochinteressant. Er hat etwas von Adam. Deine Mutter und du scheinen den gleichen Typ zu haben.", der Junge lächelte mordlüstern.
„Jung zu sterben hat auch seine Vorteile, Kiran Graham.", die weibliche Stimme im Jungen lachte, „Man sieht totschick im Sag aus!" Alainns Hand drückte die Luftröhre des Wesens ab: „Ich werde ihn töten!"
„Tu es. Er bedeutet mir nichts. Aber wir könnten es uns einfach machen: Komm zu mir. Schließ dich mir an. Deine Cousinen fänden es bestimmt hinreißend!"
„Niemals!"
„Dann werde ich dich zerstören. Aber zuerst wirst du zu sehen, wie ich alle töte, die du liebst. Leid zu ertragen ist schlimmer, als das Sterben!", sie lachte. Alainn presste ihre Finger in den Hals des Jungen. Noch immer lachte Boudicca im Körper des Jungen. Angst, Panik und Zorn vermischten sich zu einem Schleier, der sich über Alainns Sicht senkte. Sie spürte, wie ihre Finger die Haut durchbrachen. Sie fühlte das Blut, die Sehnen und das Fleisch, das glitschig vom Blut und Sekret in ihrer Hand lagen. Sie blinzelte. Erschrockene, entsetzte Blicke, die auf sie gerichtete waren und wie Scheinwerfer auf ihrer Haut brannten. Nur Zara sah sie verständnisvoll an.
„Gut gemacht, Alainn."
Alainn sah hinunter auf das fleischige, sehnige Gebilde der Kehle zwischen ihren Fingern und dem aufgerissenen Hals des Jungen. Und das Blut, das sich als große Lache auf dem Linoleumboden ausbreitete. Alainn und Zara standen auf.
„Wie oft besucht sie dich in deinen Träumen?", fragte Zara, während sie den toten Jungen emotionslos betrachtete. Chris übergab sich in einen Mülleimer. „Zu oft!"
„Sie wird uns jagen!"
„Deswegen müssen wir zusammen halten!"
Die Gruppe sah einander an. Entschlossenheit überdeckte Angst.
„Wir müssen alle Erdwesen warnen.", murmelte Alainn. Die Prinzessin nickte: „Wenn wir ihr die Opfer nehmen, können wir das Ritual vielleicht sogar jetzt schon verhindern!".
„Wie das?", fragend sah die Gruppe sie an, „Ihr wisst es nicht?" Zara blickte Alainn an, die sie genauso verdutzt ansah.
„Boudiccas Ritual besteht aus mehrern Schritten. Der erste Schritt ist, die Tore der Unterwelt zu öffenen."
„Samhain!", stöhnte Alainn auf und fuhr sich übers Gesicht, „Verdammt."
„Was meint sie damit, Alainn?", Kiran sah sie an.
„Samhain ist das keltische Fest für Halloween. Die Unterwelt ist in der Nacht vom 31. Oktober auf den 1. November ganz nah. Mit diesem Ritual wird sie die Tore der Unterwelt öffnen!"
Zara nickte: „Die anderen Tore kann sie erst an Imbolg öffnen!"
„Das heißt wir haben Zeit?", fragte Alainn sie.
„So würde ich das nicht nennen!"
„Stopp, stopp, stopp!", mischte sich Lincoln ein. Er wedelte mit den Armen und atmete tief aus, bevor er zu sprechen begann: „Was bedeutet es, wenn die Tore der Unterwelt sich öffnen?"
„Eine Art Zombieapokalypse!"
„Du verarschst mich!", Lincoln zog die Bauen zusammen und sah Alainn an.
„Naja, es werden zusätzlich zu den Toten Dämonen und Geister auftauchen!"
„Dämonen?"
„Vergiss die rächenden Toten nicht!", sagte Zara.
„WAS?"
„An Samhain wollen meist die Toten in unsere Welt, die noch was mit den Lebenden zu klären haben!"
„Das heißt, wenn deine irre Urgroßmutter gewinnt, dann haben wir hier eine Zombieapokalypse mit Toten, die sich an den Lebenden rächen wollen, Geistern und Dämonen, die auch nicht unbedingt zu der netten Sorte von Unterweltswesen gehören?"
„So, könnte man das sagen!"
„Ich wollte schon immer mal bei „The walking Dead" mitmachen!"
„Was?"
„Was?", Lincoln spielte den Verwirrten, während die anderen ihn irritiert ansahen: „Haben wir einen Plan?", fragte Alec. Alainn und Zara sahen sich an: „Etwas Plan ähnliches!", erklärte Zara.
„Wir steuern auf eine Zombieapokalypse zu und wir haben keinen Plan!"
„Aber etwas Plan ähnliches!", mischte sie Alainn ein. Die Jungen sahen die Mädchen entsetzt an.
„Seid ihr vollkommen irre? Das ganze wird Millionen das Leben kosten!"
„Eher Milliarden!", verbesserte Alainn den aufgebrachten Lincoln.
„Wenn man den Krieg mit zählt, den die Inquisition uns erklären wird, sobald die Tore offen sind!"
„Wir sind sowas von am Arsch!".
Keiner widersprach.
*****
Alainn hielt Kiran zurück, als die Anderen aus dem Klassenzimmer verschwanden. Den toten Jungen hatte Zara verbrannt und seine Asche war das Einzige, was noch von seiner Anwesenheit zeugte. Er lächelte und machte die Tür unauffällig zu.
„Wir haben nicht viel Zeit!", sagte sie, „die Anderen sollen nicht merken, dass wir weg sind!"
„Das ist mir vollkommen egal!", wisperte er in ihr Haar. Er strich mit dem Daumen über ihre Wange. In Alainns Magen wütete ein Sturm und ihr Herz begann wieder zurasen. Sie lächelte: „Niemand darf hiervon erfahren!" Kiran ließ sie abrupt los. Sofort fühlte Alainn den Verlust. Sie schlang ihre Arme um ihren Körper, als fröstelte sie.
„Warum?", sie konnte Kirans Wut sehen, „Schämst du dich hierfür!"
„Nein!", sie schüttelte den Kopf, biss auf ihrer Lippe herum, „Es ist so, Korrigans dürfen keine Liebesbeziehungen haben!"
„Was?"
Alainn nickte: „Wenn jemand von uns erfährt, dann kann das meinen Tod bedeuten.", sie drängte den Gedanken an Freyas Drohung beiseite und zwang sich weiterzusprechen.
„Früher hat man die Eidbrecherinnen nur aus der Gemeindschaft hinausgeworfen. Aber die Zeiten haben sich geändert!", sie trat auf ihn zu, schlang ihre Arme um seinen Hals und drückte sich an ihn. Seine Hände strichen ihren Rücken hinauf. Hinterließen eine warme Spur, auf die ihr Körper mit wohligen Schauern reagierte und ihr ein Stöhnen entlockte.
„Es ist schon so gefährlich genug. Boudicca weiß von uns. Du bist in Gefahr- wegen mir. Vielleicht ist es doch keine gute Idee, die Regeln zu bre-", er küsste sie. Seine Lippen waren warm und weich. Der Kuss begann sanft und leicht wie Schmetterlingsflügel. Dann wurden seine Lippen drängender, schwerer, intensiver. Seine Küsse waren wie Parfüm der Gefühle. Sie schmeckte Angst und Verzweiflung über die Situation. Aber dann überdeckte seine Leidenschaft, dunkle und süß, wie Honig und gleichzeitig wärmend und prickelnd wie Chili, alles andere. Sie presste sich an ihn. Spürte seinen festen Körper auf ihren, seine Hände, die sich um ihren Rücken schlangen. Alainn quietschte auf, als er sie hochhob und sie auf ein Pult setzte. Er lachte. Ein warmes, dunkles Geräusch, das seine Kehle erzittern ließ. Seine Hand mit den großen, filigranen Fingern legte sich um ihr Gesicht, fuhr in ihre Haare und zog sie wieder zu sich. Der Geruch von Weihnachten umhüllte sie, benebelte ihre Sinne. Alainn schlang ihre Beine um seine Hüfte, presste ihn an sich. Ihre Hände wanderten über seine Brust, griffen in sein T-Shirt. Im Nachhinein wusste Alainn, das über jedem Kuss eine tiefe Verzweiflung lag, wie ein Vorbote. Sie klammerte sich an ihn. Der Gedanke ihn zu verlieren, versetzte ihren Körper in einen Angstzustand.
„Ich verlasse dich nicht. Niemals!", wisperte er atemlos zwischen ihren Küssen.
„Dir könnte etwas geschehen!"
„Dir auch!", er strich über ihr Haar. Malte mit seinen Fingern warme Muster auf ihre Haut, hinterließ eine Gänsehaut auf ihrem Hals, als er seine Hände tiefer gleiten ließ.
„Du bleibst bei mir? Obwohl du gesehen hast, was ich tue." Sie klang erstaunt. Er legte seine Stirn an die ihre.
„Immer!"
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So,
hier bin ich wieder. Ich hoffe natürlich, dass euch das Kapitel gefällt. Falls nicht oder doch, freue ich mich über jeden Kommentar. Ob Kritik oder Lob!
Dann danke ich natürlich allen, die so nett waren dabei zu bleiben, obwohl es ja schon eine Ewigkeit her ist, dass ich regelmäßig poste. In Zukunft möchte ich das auf jedenfalls ändern und wieder regelmäßig posten. Vorgenommen habe ich mir jedes Wochenende ein Kapitel hochzuladen ! Ich freue mich auf jeden der hier liest und schreibt!
Und jetzt, bleibt mir nur noch zu sagen: Ein wunderschönes restliches Wochenende für euch alle!
Alles Liebe
Sorcca
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