Kapitel 66


Kälte drang in meine Kleidung, als ich auf Socken durch die Straßen rannte. Ich wusste nicht wohin ich wollte. Es war mir auch egal. Ich wollte einfach nur weg. Weg von diesem Schmerz. Macaulays Worte hallten durch meinen Kopf, ich spürte immer noch seine Lippen auf meinen. Ich hatte das Gefühl, als ob ich keine Luft mehr bekam.Schluchzer drangen aus meinem Mund, Tränen verschleierten mein Gesicht. Etwas Nasses traf meinen Kopf. Ich bekam nur am Rande mit, dass es angefangen hatte zu schneien. Mein Füße taten weh, meine Brust schmerzte, als ich auf wackeligen Beinen einen der Hügel in der Umgebung von Macaulay's Haus hinauflief.

„Taylor!", eine laute Stimme ertönte plötzlich hinter mir. Eine Stimme, die ich unter einer Millionen Stimmen erkannt hätte.

Ein erneuter Schluchzer drang aus meinem Mund, ein Stich bohrte sich tief in meine Magengegend. Ich blieb nicht stehen, sondern rannte einfach weiter, inzwischen hatten sich die Schneeflocken verdoppelt, hinterließen eine leichte weiße Schicht auf dem Bürgersteig.

„Ella!", seine Stimme klang nun verzweifelter durch die Luft.

Ich hörte Fußschritte hinter mir immer näher kommen. Ich wusste, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis er mich eingeholt hatte. Macaulay war athletisch, während ich komplett unsportlich war. Für ihn würde es eine Leichtigkeit sein mit mir Schritt zu halten. Ich kam zum Stillstand, meine Brust hob und senkte sich rapide, Tränen verschleierten immer noch mein Sichtfeld. Meine Socken waren inzwischen von der Nässe des Schnees durchweicht.Ich ballte meine Fäuste an meinen Seiten, schloss kurz meine Augen, schluckte den nächsten Tränenschwall herunter, der sich in meiner Kehle gebildet hatte, öffnete meine Augen und drehte mich zu Macaulay um.

„Lass mich einfach in Ruhe!", meine Stimme brach ab.

Ich zitterte am ganzen Körper, ich fühlte mich als ob mir die Luft abgeschnürt wurde. Ein verletzter Ausdruck huschte kurz über Macaulays Gesicht, verschwand dann aber in binnen von Sekunden. Er fuhr sich mit einer Hand über die kurzgeschorenen Haare.

„Ich schätze, das hab ich verdient ", gab er leise von sich, der schottische Akzent verlieh seiner Stimme etwas rauchiges.

„Ja hast du !", rief ich wutentbrannt aus, die Tränen liefen immer noch mein Gesicht herunter, mein Atem kam in kurzen Stößen.

„Ella..", sein Gesicht hatte sich nun verzogen, er versuchte mit seiner Hand nach mir zu greifen, doch ich wich mit meinem Körper zurück.

„Lass mich in Ruhe.", schluchzte ich, ein Stich durchfuhr meinen Körper.

Macaulay blieb vor mir stehen, seine Hand in der Luft . Seine braunen Augen blickten nun intensiv in meine. Ich sah meine eigene Verzweiflung wie ein Spiegel in ihnen. Sie waren so verdammt braun. Es tat weh in sie zu blicken.Mir war schlecht. So verdammt schlecht. 

Was hatte ich nur an mir, dass mich Männer immer von sich stießen? Dass sie mir das Herz aufrissen und mich blutend zurückließen?

Bei dem Gedanken kamen die Tränen erneut in mir hoch. Mein Körper zitterte, als ich mir auf die Lippe biss. Es tat so verdammt weh ihn anzuschauen. Mit einer raschen Bewegung drehte ich mich wieder um, meine Beine schienen von selbst zu handeln.

Sie liefen.

Ich rannte wieder, während die Tränen mein Gesicht in Strömen herunterliefen. Plötzlich, spürte ich etwas Scharfes an der Unterseite meines Fußes. Ich zischte auf, geriet ins Taumeln, meine Knie gaben unter mir nach. Ich ruderte mit den Armen, ein erschrockener Laut drang aus meinem Mund.Ich wartete auf den Aufprall, doch er kam nicht. Stattdessen spürte ich, wie zwei Arme meine Taille umfassten und ich plötzlich in Macaulays Armen lag.

Mein dummes Herz machte einen Satz nach vorn, als ich in seine Augen blickte. Sie waren voller Sorge, schauten mich nun an.

„Hast du dir weh getan?", seine Stimme klang besorgt.

Seine Hand hob sich, fuhr mir sanft durchs Gesicht, doch als seine Hände mein Gesicht berührten wich ich von ihm zurück. Ich sah in seinen Gesichtszügen, wie der Schmerz über sein Gesicht huschte. Ich durfte mich von seinem Gesichtsausdruck nicht wieder täuschen lassen. Zu oft hatte ich dies bei Drew getan. Mit einem schmerzenden Stich in der Brust, riss ich mich von ihm los.

„Ella... verdammt was willst du von mir hören?!", seine Stimme überschlug sich nun vor Verzweiflung.

„Nichts! Ich will nichts mehr von dir hören!", schrie ich ihm entgegen und rannte wieder los.

Inzwischen schneite es so heftig, dass ich fast nichts mehr sehen konnte. Die Tatsache, dass mir die Tränen in Strömen das Gesicht herunterliefen, machte es nicht besser. Ich kämpfte mich weiter nach vorn, rannte durch den nassen Schnee.

„Er hat mich angefasst!"

Seine verzweifelte Stimme drang plötzlich durch die Luft, ließ mich stocksteif innehalten. Ein eiskalter Schauer lief über meinen Körper, der nichts damit zu tun hatte, dass es kalt draußen war.

„Verdammt, er hat mich angefasst, Ella!", seine Stimme drang nun voller Schmerz an meinen Rücken. Voller Verzweiflung.

Ich schluckte zwischen unregelmäßigen Atemstößen, die aus meinem Mund drangen, meine Augen waren nun weit aufgerissen. Langsam drehte ich mich zu ihm um. Sein Kopf war zwischen seinen Schultern, sein Blick nach unten gerichtet.

„Macaulay...", stieß ich leise aus.

Meine Stimme klang merkwürdig heiser in meinen Ohren.Bei meinen Worten hob sich plötzlich sein Kopf und obwohl ich ein gutes Stück von ihm entfernt war, sah ich, dass seine dunklen Augen voller Schmerz durchzogen waren. Er biss sich auf die Lippen und schüttelte stumm seinen Kopf. In diesem Moment sah er nicht aus, wie ein erwachsener Mann, sondern wie ein kleiner verletzter Junge. Ich öffnete kurz meinen Mund, schloss ihn dann aber wieder. Unsere Augen trafen sich, ich spürte ihre Anziehungskraft selbst aus der Entfernung. Es verursachte ein kribbeliges Gefühl in meiner Magengegend. Macaulay setzte sich plötzlich in Bewegung und kam auf mich zugelaufen. Mit seinen großen Schritten hatte er mich in binnen von Sekunden eingeholt. Ich musste meinen Kopf ein Stück in den Nacken legen, um in sein Gesicht zu blicken. Sein Blick glitt über mich, bevor er sich wieder auf mein Gesicht senkte.

„Du frierst", gab er plötzlich von sich.

Ehe ich mich versehen konnte, hatte er seine Hände unter meine Arme geschoben und hob mich, als ob ich ein Fliegengewicht wäre, hoch. Die Schneeflocken rieselten auf unsere Köpfe herunter, als er mit mir in seinen Armen durch den Schnee watete, unsere Atem verursachten Rauchwolken.Nach einer Weile waren wir vor unserem Haus angekommen, doch anstatt nach oben in die Wohnung zu gehen, blieb Macaulay vor seinem Camaro stehen, öffnete mit einer freien Hand die Tür und setzte mich auf dem Beifahrersitz ab. Meine Lippen klapperten inzwischen vor Kälte aufeinander.

Nachdem Macaulay die Fahrertür geschlossen hatte, ließ er die Zündung an und drehte die Heizung auf. Warme Luft drang durch den Wagen, kroch langsam meine Beine bis zu meinem Oberkörper hoch. Macaulay griff nach einer CD und schob sie in den CD Player.Langsame, weiche, mir bekannte Töne drangen plötzlich durch den Wagen. Mein Herz machte einen Sprung als ich den Song erkannte.

One less lonely girl.

Ich liebte diesen Song. Von allen Songs von Justin Bieber war dieser mein Lieblingssong. Wie oft hatte ich mir gewünscht, dass ich oben auf der Bühne saß, während Justin mir diesen Song sang? Ich neigte mein Gesicht zur Seite, blickte auf Macaulay, dessen Augen plötzlich auf mich gerichtet waren. Er hatte eine Justin Bieber CD in seinem Auto und er hatte genau den Song ausgesucht. Es war, als ob er durch den Song zu mir sprechen wollte, als ob Justin's Worte nun seine eigenen waren. Ich schluckte, mein Mund öffnete sich leicht, als Macaulay plötzlich anfing zu sprechen.

„Es war der 13 Juni", seine Stimme klang leise, war nur der Hauch eines Flüstern.

Sein Blick wandte sich von mir ab, er schaute nun aus der Windschutzscheibe, war starr auf die hinunterfallenden Schneeflocken vor uns gerichtet. Ich sah, dass es ihm schwer fiel die nächsten Worte auszusprechen. Ich griff nach seiner Hand und drückte sie einmal.

„Das ist zumindest was ich in all den Zeitungen gelesen hab."

Ein merkwürdiger Knoten formte sich in meiner Magengegend bei seinen Worten.

„Alle Leute.. alle haben mich gefragt, was passiert ist, aber ich .. ich weiß es einfach nicht mehr. Es ist als ob mein Unterbewusstsein den Tag vollkommen aus meinem Gedächtnis ausradiert hätte."

Seine Stimme klang so voller Schmerz, zerriss mir das Herz. Im Unterbewusstsein nahm ich seine Hand und presste meine Lippen auf seine Knöchel.

„Manchmal hab ich Angst, dass ich vergesse, wie sie aussieht. Dass ich ihren Geruch vergesse, ihr Lachen, die Art und Weise, wie sie mir immer durchs Haar gefahren ist", seine Stimme war rau, brach nun ab.

Aus den Augenwinkeln konnte ich sehen, dass sich plötzlich Tränen in seinen Augen gebildet hatten. Ich hatte das Gefühl eine Säge würde mir mein Herz aufschneiden.

„Finny. Das war ihr Spitzname für mich."

Ich sah nun, wie die Tränen sein Gesicht herunterliefen. Ein leiser Laut drang aus meinem Mund, ich presste meine Lippen aufeinander, versuchte meinen Schmerz für ihn herunterzuschlucken. Stattdessen hielt ich seine Hand fest umschlungen, versuchte ihm Stärke zu vermitteln. Ihm mitzuteilen, dass ich für ihn da war, dass ich ihn nicht los lassen würde.

„Alles was ich nur noch weiß ist der Tag danach. Er... es war so verdammt dunkel, Taylor...", sein Körper zitterte nun.

„Es war so dunkel und ich hatte so eine verdammte Angst. Ich war fünf, Taylor. Fünf Jahre alt! Er .. er hat seine Hand an meinen ...", ein Schluchzer durchbrach seine Worte.

Es war das Letzte, das mein Herz zum Überlaufen brachte. Meine Hand wanderte zu seinem Nacken und ich legte seinen Kopf auf meine Brust.

„Sch.." flüsterte ich und strich über seinen Kopf.

„Als ich.. als ich aufgewacht bin.. ich hatte so eine Angst Ella...", die Schluchzer drangen nun laut aus seinem Mund, sein Körper zitterte unter meiner Hand.

Die Tränen liefen nun ebenfalls stumm mein Gesicht herunter, mein Herz brach für ihn mit.

„Ich hatte so eine verdammte Angst, dass er mich wieder anfasst.. dass er mir wieder weh tut. Aber als ich aufgewacht bin.. da, da war dieser Mann. Ich weiß bis heute nicht wer er war, aber .. aber er hat mir das Leben gerettet."

Er hob jetzt seinen Kopf und schaute mich mit rotumrandeten Augen an.

„Ich kann mich nicht mehr richtig an ihn erinnern.. er hatte Tattoos, seine ganzen Arme voll .. und seine Augen waren eine ganz komische Farbe, blau aber zwischendurch schienen sie fast schwarz zu sein."

Bei seinen Worten blieb plötzlich die Luft in meiner Kehle stecken. Ich riss die Augen für einen kurzen Moment auf, blinzelte dann aber wieder, da mich Macaulay nun noch erschrockener anstarrte.

Konnte es sein, dass ...?

Gedanken sausten durch meinen Kopf, ich sah plötzlich das Gesicht meines Vaters vor mir. Sah seine dunkelblauen Augen vor mir, die sich manchmal fast schwarz färbten. Besonders dann, wenn er emotional wurde.Nein das konnte es nicht... Mein Vater war so viel ich wusste, nie in Schottland gewesen. Oder ? Wenn es stimmte, musste ich gerade erst einmal ein Jahr gewesen sein. Ich biss mir auf die Lippen und blickte in Macaulay's Gesicht.

„Er hat die Polizei angerufen, als Buzz für einen kurzen Moment weg war. Keine Ahnung wo er gewesen ist.. aber als er wieder kam hat er noch mehr nach Alkohol gerochen, wie sonst. Er wollte gerade wieder auf mich losgehen, als .. als eine Scharr von Polizisten in die Holzhütte eingebrochen sind und ihn festgenommen haben..."

Wenn das wirklich mein Vater gewesen war? Dann hatte er Macaulay das Leben gerettet. Was für ein Zufall war es dann, dass gerade ich auf Macaulay traf? Dass gerade ich mich in ihn verliebt hatte? Es war als ob das Universum einen merkwürdigen Plan hatte. Als ob es uns zusammengeführt hatte.Ich schluckte, versuchte mich auf seine nächsten Worte zu konzentrieren. Es war grausam, was Buzz, Macaulay angetan hatte.

„Ich lag fast drei Wochen im Krankenhaus. Ich hatte mehrere gebrochene Rippen und innere Blutungen. Als ich schließlich rauskam, haben mich zwei Frauen abgeholt. Sie waren die Leiterinnen von einem Kinderheim."

Ein Stich durchfuhr meinen Körper bei seinen nächsten Worten.

„Über die Jahre hinweg hatte ich insgesamt acht Pflegefamilien. Sie .. keiner hat es mit mir ausgehalten. Ich .. ich war ein sehr aufbrausendes Kind. Anfangs... da hab ich mich ziemlich zurückgezogen, aber sobald ich zwölf wurde... ich hab mich ständig mit meinen Pflegegeschwistern geprügelt, ich ... ich hab Schmuck von meinen Pflegemüttern gestohlen und es auf der Straße vertickt. Als ich vierzehn war bin ich mit einer Überdosis nach Hause gekommen...", seine Stimme brach ab, ich sah die Scham in seinem Gesicht.

Er schämte sich für seine Vergangenheit.

„Hey...", ich umfasste nun seine Wangen und schaute ihm in seine dunklen Augen.

„Du kannst nichts dafür. Jeder Mensch hätte an deiner Stelle so reagiert.. du, du hast so viel mitgemacht. Das lässt keinen Menschen unversehrt ", meine Stimme drang leise zu ihm durch, als ich ihn nun in meinen Arm zog.

Er erstarrte, plötzlich drang seine Stimme brüchig an mein Ohr.

„Seit ich.. seit ich fünf bin, hat mich keiner mehr umarmt, Taylor."

Seine Worte rissen mir mein Herz heraus, zogen an meinem Herz.

„Keiner hat mehr über meinen Kopf gefahren.", seine Stimme klang traurig und automatisch fuhr ich vorsichtig wieder über seinen Kopf.

Plötzlich sah ich wie er seine Augen schloss, sein Körper wurde weich in meinen Armen.

„Aber es fühlt sich gut an", gab er von sich und plötzlich wusste ich, dass ich Macaulay nie wieder gehen lassen würde.  Ich würde ihn für immer hier bei mir behalten. 

Ich schloss meine Augen und legte mein Kinn auf seinen Kopf.

Ich war desorientiert, als ich das nächste Mal meine Augen öffnete. Etwas Weiches lag unter meinem Kopf und als ich meine Augen öffnete, sah ich ein Meer von schwarzen Daunen in die ich gehüllt war. Ich registrierte es als Macaulay's Bett. Ich fuhr mir übers Gesicht, als ich mich schlaftrunken im Bett aufrichtete. Die Sonne war gerade aufgegangen und tauchte das Zimmer in einen rotorangenen Schimmer.

Ich ließ meinen Blick durch das Zimmer gleiten, unvermittelt blieb er auf dem Schrank hängen, der nun offen stand. Angst kroch in mir hoch, als ich den leeren Schrank in mir aufnahm. An den Bügeln hing kein einziges Teil mehr. Mir wurde schlecht, als ich die Decke zurückwarf. Mein Blick fiel plötzlich auf das einzige Oberteil, das ich trug. Es war Macaulay's dunkelgrauer Kapuzenpullover. Er ging mir fast bis zu den Knien.

Mein Atem blieb in meiner Kehle stecken, als ich vom Bett aufstand. Meine Augen waren weit aufgerissen, als ich in großen Zügen durch das Zimmer lief, hektisch die Tür öffnete und durch die Wohnung lief.

„ Macaulay?!", meine Stimme hallte durch die Wohnung, als ich nach ihm rief.

Doch es kam keine Antwort zurück. Mein Blick fiel auf den Garderobenständer an dem sich nur noch meine Jacken befanden. Einer der Schlüssel war verschwunden. Ein Stich brannte sich in meine Magengegend.

Nein, das konnte nicht wahr sein!

Ich presste mir die Händen auf den Magen, als ich an das Fenster lief und nach unten blickte. Panik. Tiefe, ungestüme Panik wallte in mir hoch.

Macaulay's Camero war weg.

Auf zittrigen Beinen lief ich in Richtung des Badezimmers. Ich hatte das Gefühl als ob ich mich übergeben müsste. Ich würgte ein paar Mal, doch leider kam nichts hoch. Ein Schluchzer drang aus meinem Mund, als ich mich auf zittrigen Beinen an der Wand entlang ins Schlafzimmer schleppte. Mein Körper brach auf dem Bett zusammen und das war der Moment in dem ich ihn fand.

Den Brief.

Den ersten Brief, den er mir geschrieben hatte.

Er war auf der Rückseite einer Ralston Cookie Crisps Packung geschrieben.

Tränen liefen mein Gesicht herunter, als ich seine Worte in mir aufnahm. Ein Schluchzer drang aus meinem Mund, meine Hände zitterten.

Ella,

ich weiß nicht, wie lange ich hier schon sitze und dir dabei zusehe, wie du schläfst. Du siehst so friedlich aus, so glücklich. Du weißt, dass ich nicht darin gut bin, meine Gefühle auszudrücken. Meine Therapeutin hat mir immer gesagt, dass ich meine Gefühle aufschreiben soll, anstelle sie in mich hineinzufressen. Ich schätze das ist es was ich jetzt tue.

Wenn ich dich anschaue ist es als ob ich in eine andere Welt blicken würde. In eine Welt, in der nicht alles dunkel ist. Du bist wie die Sonne, die mich für einen kurzen Moment immer wieder aus meiner Dunkelheit holt.

Doch du weißt genauso sehr wie ich, dass die Dunkelheit mich immer wieder einholt.

Du verdienst die Welt Ella, aber ich kann sie dir leider nicht geben. Alles was ich dir geben kann ist ein Stück meines abgefuckten, kaputten Lebens.

Ich weiß, dass ich dir dein Herz gebrochen hab, ich weiß dass du mich jetzt vermutlich hasst, aber glaub mir den Hass, den du für mich fühlst, wird nie an den Hass herankommen, den ich für mich selbst fühle.

Ich hasse mich dafür, was aus mir geworden ist. Hasse mich dafür, wie ich manchmal mit meinem Umfeld umgehe.. wie ich dich manchmal behandelt habe.

Ich weiß ich bin nicht immer einfach, Ella und ich weiß auch, dass ich dadurch, dass ich dich zurücklasse genauso ein Arschloch wie dein Exfreund bin. Aber glaub mir irgendwann wirst du über mich hinweg kommen.

Spätestens wenn du erkennen wirst, was für eine tolle Person Boyd ist.

Er liebt dich wirklich Ella. Und nicht auf diese abgefuckte Art und Weise, wie ich es tue.

Ja, ich hab es wirklich gesagt.

Ich liebe dich Ella Taylor. Vermutlich seit dem Moment in dem du in mein Bett gekrochen bist und diesen bescheuerten Bon Jovi Song gesungen hast.

Hallelujah.

Ich liebe dich mit jedem abgefuckten Teil meines Körpers und manchmal, ja manchmal, wenn ich dich anschaue erinnerst du mich an sie. Erinnerst mich an die sorgenlose Art meiner Mutter mit der sie das Leben bestritten hat. Zumindest wenn er nicht da war...

Ich kann es nicht.. ich kann dich nicht genauso zerstören, wie er meine Mutter zerstört hat. Dass ich die Sonne in deinem Herzen Stück für Stück aus dir heraussauge und nur noch eine Schale deiner Selbst zurücklasse.

Deshalb werde ich dich verlassen.

Zwei Jahre, Taylor.

Zwei Jahre in denen du mich aus deinem Kopf bekommen kannst, indem du hoffentlich- und so sehr es mich auch schmerzt, dies zu sagen- einen anderen findest, oder auch zu dir selbst findest. Denn Ella glaub mir, du bist so viel stärker, als du es glaubst.

Macaulay.

Ein lauter, herzzerreißender Schluchzer drang aus meinem Mund, als ich mit zittrigen Fingern den Brief fallen ließ. Er war fort.

Er war fort.

Er hatte mich verlassen.

Und würde auch so schnell nicht wieder kommen. 

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Mein Herz. Mein Herz, es blutet.


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