Kapitel 49
Wir verharrten für einen kurzen Moment, keiner von uns beiden bewegte seine Lippen. Ein Kribbeln breitete sich auf meinen Lippen aus, ich nahm das Geräusch unserer Atem wahr. Ich öffnete kurz meine Augen, starrte in die weit aufgerissenen Pupillen von Macaulay. Ich hörte meinen Herzschlag in meinen Ohren, laut. Er schien meine Brust fast zu zerspringen. Die Haut unter meinen Händen war weich, ich blickte immer noch in Macaulays weit aufgerissene Augen.
Mein Herz schlug.
Für eine Dreiviertelsekunde.
Und dann setzte es für einen kurzen Moment komplett aus.
Meine Augen fielen zu, als ein weicher Druck sich auf meine Lippen senkte.
Wärme durchflutete meinen Körper, erfüllte meine Brust, ließ meine Fingerspitzen kribbeln, als ich plötzlich seine Arme an meiner Taille spürte. Er zog mich sanft an sich heran, seine Lippen bewegte sich nun weich auf meinen. Meine Arme schlangen sich wie von selbst um seinen Nacken, meine Hände fuhren die nackte, weiche Haut entlang. Rastlos wanderten sie seinen Kopf hinauf, strichen über seine kurzgeschorenen Haare, während sich unsere Lippen langsam miteinander bewegten. Ein Keuchen drang aus meinen Lippen, als ich spürte, wie seine Hand nach meinem Haar griff und er sich eine meiner Haarsträhnen um den Finger wickelte. Ich öffnete meine Lippen, ganz automatisch. Ließ mich in den Kuss sinken.
Noch nie hatte ich jemals so etwas in meinem Leben gefühlt. Meine Mutter hatte mir immer gesagt, dass das Herz einem immer das Richtige verriet. Dass das Herz lange vor dem Verstand wusste, was das Richtige sei. Ich wusste nicht, wie ich mein Herz so lange ignorieren konnte. Denn in diesem Moment schrie es so laut, dass es unmöglich war es nicht zu hören. Ich lehnte mich ein Stück weiter in den Kuss hinein, nahm den Geruch von Kiefernadeln in mich auf.
Erschrocken zuckte ich zusammen, meine Augen fielen schlagartig auf, die Arme fielen von seinem Nacken, als Macaulay sich plötzlich von mir löste. An der Stelle an der er meine Taille umfasst hatte, breitete sich nun Kälte aus. Macaulay war auf dem Boden einen halben Meter von mir weggerutscht, sein Blick war von Schmerz durchzogen, als er mich anschaute. Ein Stich durchfuhr bei seiner Reaktion meinen Körper, schien ein Stück meines Herzens zu durchbohren.
„Wir können das nicht", seine raue Stimme hallte von den Fliesen des Badezimmers wieder.
„Ich... ich bin nicht der Richtige für dich Taylor", seine Stimme brach ab, seine Augen nahmen wieder diesen leeren, verzweifelten Ausdruck an.
„Mein Leben.. es.. es ist viel zu kompliziert.. nicht in diesem Zustand.. nicht wenn ich jeden Moment weg sein könnte..", seine Worte machten überhaupt keinen Sinn für mich.
Es war mir egal, dass sein Leben kompliziert war, denn das war das Leben nun mal. Kompliziert. Denn wo es Einhörner und Regenbögen gab, da gab es auch Donner und Dunkelheit.
„Macaulay..", begann ich, meine Stimme klang belegt, verzweifelt in meinen Ohren.
Ich sah, wie er den Kopf schüttelte.
„Taylor es war ein Fehler..." fing er erneut an, sein Blick war nun von Schmerz durchzogen, als er sich nun vom Boden erhob, sein Arm blutete immer noch.
Die Scherben knirschten unter seinen Schuhen. Als ich seinen blutenden Arm sah, erhob ich mich ebenfalls, wollte nach ihm greifen, doch er zuckte vor mir zurück.
„Macaulay bitte..", in meiner Stimme drang nun die pure Verzweiflung mit.
„Du brauchst einen Arzt." gab ich von mir, die Wunde an seinem Arm sah alles andere als harmlos aus.
Er schüttelte erneut den Kopf.
„Nein, kein Arzt", seine Worte waren knapp, als er einen Schritt nach vorn setzte.
„Macaulay das muss genäht werden!", brachte ich hervor.
Er nickte nur, sein Kopf hang zwischen seinen Schultern.
„Ich weiß", gab er von sich.
Wenn er doch wusste, dass seine Wunde genäht werden musste, warum ließ er es dann nicht zu, dass ich ihn zu einem Arzt fuhr? Für einen kurzen Moment war es komplett still zwischen uns, sein Kopf hang zwischen seinen Schultern. Und dann begann er erneut zu sprechen.
Die Worte verließen problemlos seinen Mund.
„Taylor, du wirst es nähen."
Erschrocken riss ich die Augen auf, er hatte inzwischen seinen Kopf gehoben.
„Macaulay ich kann keine Wunden nähen! Das muss desinfiziert werden und jemand muss das professionell behandeln. Ich bin keine Ärztin!", gab ich mit Nachdruck von mir.
Er schüttelte erneut den Kopf.
„Ich hab schon eine Menge Wunden in meinem Leben selbst genäht... glaub mir ich kenn mich damit aus", die Worte kamen so leichtfertig aus seinem Mund, dass sie mich zum Nachdenken anregten.
Wie oft, war Macaulay wohl schon verletzt gewesen, dass er sich seine Wunden hatte selbst nähen müssen ?
Plötzlich hob er seinen Arm, deutete auf den Schrank unter dem Waschbecken.
„Hol deine Nähnadel Taylor, da unten ist der erste Hilfe Koffer"
Ich schluckte, als ich realisierte, dass das sein Ernst war.
„Macaulay ich..", begann ich erneut, wurde aber sofort wieder von ihm unterbrochen.
„Taylor, los!", knurrte er nun, seine Stimme hallte durch das Badezimmer.
Ich schaute in seinen dunklen Augen, die mich nun flehend anschaute. Ich schluckte, nickte kurz und lief aus dem Badezimmer.
In meinem Kopf stellte ich mir vor, dass es Stoff war, als ich mit meinen Fingern methodisch durch seine Haut stach. Die Wunde hatte ich inzwischen so gut es ging gesäubert und desinfiziert. Ich hoffte nur, dass er nicht eine allzu große Narbe davontragen würde. Macaulay gab keinen Mucks von sich, als ich ihm immer wieder durch die Haut stach. Ich war froh, dass die Wunde nicht mehr so viel blutete.
Als ich fertig war, hob ich meinen Kopf, schaute in Macaulays dunkle Augen, die sich nun nur noch Zentimeter von meinen befanden.
„Erzähl Boyd nichts davon", sein schottischer Akzent bohrte sich in jede klitzekleine Faser meines Herzens.
„Es war ein Fehler Taylor... er ist mein bester Freund und ich will ihm nicht weh tun. Er mag dich wirklich gern und du magst ihn auch, das weiß ich."
Aber nicht so sehr wie dich , schien eine Stimme in mir zu schreien. Mit diesen Worten wand Macaulay sich von mir ab und ließ mich im Badezimmer zurück.
Am nächsten Morgen wachte ich nach einer unruhigen Nacht auf. Ich hatte von Macaulays Kuss geträumt. Ich musste das mit Aiden beenden, darüber war ich mir im Klaren. Ich konnte meine Gefühle für Macaulay nicht weiterhin unterdrücken!
Ich schob meine Decke zur Seite, mein Blick fiel auf Macaulays Tür die verschlossen war. Meine nackten Füße landeten auf dem Boden, ich lief zu seiner Tür und blieb kurz davor stehen. Meine Hand schwebte für einen kurzen Moment in der Luft bevor ich kurz klopfte. Ich wartete, doch nichts rührte sich. Ich klopfte erneut, doch niemand antwortete. Ein ungutes Gefühl breitete sich in meiner Magengrube aus, ich wusste, dass das was ich nun tat, falsch war, doch ehe ich mich zügeln konnte, griff ich nach der Türklinke und öffnete sie.
Macaulays Zimmer war verlassen, auf seinem Bett stapelten sich diverse Kleidungsstücke. Das Licht, dass er Nachts immer an hatte, war noch an. Ich sah, dass sein Kleiderschrank ein Stück offen stand, der Ärmel einer Jacke hatte sich in dem Spalt verheddert. Ich lief auf ihn zu, wollte den Ärmel seiner Jacke aus dem Spalt herausziehen. Vielleicht war es ein Ordnungstick, den ich über die Jahre entwickelt hatte, aber ich öffnete den Schrank ein Stück und zog den Ärmel aus dem Spalt. Ich hob meinen Kopf, wollte die Schranktür wieder öffnen, da fiel mein Blick auf etwas, das an dem Kragen eines grauen Hemdes befestigt war. Es war eine silberne Krone unter der sich Flügel befanden. Wie in Trance griff ich nach dem Hemd und starrte auf die Buchstaben, die sich zwischen den Flügeln und unter der Krone befanden. Sie waren von Etwas umgeben das aussah, wie rote Dornen. RAF.
Ein komisches Gefühl breitete sich in meiner Magengegend aus. Ich ließ von dem Hemd ab, schweifte mit meinem Blick durch den Kleiderschrank und blieb an einem Patch hängen, das sich an dem Ärmel einer seiner Lederjacken befand. Es war eine Art schwarz, gelber Pfeil mit einem Stern in der Mitte. Ich schluckte, schloss mit klopfenden Herzen den Kleiderschrank und zückte mein Handy. Meine Finger zitterten, als ich langsam die Buchstaben in die Suchmaschine eingab. RAF.
Mein Handy schien Ewigkeiten zu suchen, mein Herzschlag dröhnte in meinen Ohren, als die Suchmaschine plötzlich Ergebnisse ausspuckte. Ich klickte auf das zweite Ergebnis, meine Augen wanderten immer wieder auf das, wofür RAF stand. Ich konnte es nicht glauben. Ich wollte es nicht glauben. Doch auf einmal machte alles Sinn. Ich stützte mich mit meiner freien Hand, an der gegenüberliegenden Wand ab, als ich die Bedeutung von RAF in mich sinken ließ.
Royal Air Force.
Macaulay war bei der Luftwaffe.
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Hier ein neues Kapitel für euch:) Ist irgendwer darauf gekommen, dass Macaulay vielleicht bei der Air Force ist ? Denn ich habe im Laufe der Geschichte einige Hints gedropped :)
Ich hoffe ihr habt noch eine schöne Restwoche :) Ich habt Klausurenphase, weshalb ich einiges Lernen muss ..:( Aber das hält mich auch nicht vom Schreiben ab muhahaha.
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