Kapitel 37
Ein intensives, warmes Gefühl flutete auf einmal meinen Körper, zerrte an meinem Herzen, so dass die Luft mir in meiner Kehle stecken blieb. Es war berauschend, wie es durch mich hindurchdrang. Wie eine Flutwelle, drang es in jeden klitzekleinen Winkel meines Körpers, von meinen Fingerspitzen, bis zu meinen kleinen Zehen, fing alles an zu kribbeln. Es war als ob ich unter Strom stand, mein Mund öffnete sich leicht, meine Augen auf das Braun seiner Iris gerichtet, das so verdammt dunkel war. So dunkel, wie die Stellen eines Sees, an welche die Sonne nicht hinreichte.
Sobald die tiefen Worte aus seinem Mund gedrungen waren, wand er sich um und verschwand wieder in seinem Zimmer. Ich starrte immer noch auf die Tür, mein Herz schlug wild in meiner Brust, während das warme Licht der Lichterkette, den Raum durchflutete. Ich saß einfach nur da, starrte auf seine Zimmertür und ließ das Gefühl mich durchfluten.
In den Tagen bis zum Kampf, sah ich Macaulay kein einziges Mal. Seine Tür blieb verschlossen und selbst auf der Arbeit im Steels sah ich ihn nicht. Ich sah ihn selbst nicht trainieren, was mich ziemlich beunruhigte, da er jeden Tag im Steels vorzufinden war und an manchen Tagen sogar Stunden lang trainierte. Ich wusste, dass er seinen Körper nicht vom bloßen Herumsitzen bekam und dass er die Männer im Boxclub nicht nur durch seine bloße Anwesenheit einschüchterte, sondern weil sie wussten, wie gut er im Ring war. Ich wusste, dass es Logan und Aiden ebenfalls zu beunruhigen schien. Wenn die beiden glaubten, dass ich nicht zuhörte und mit meiner Arbeit beschäftigt war, hörte ich das Flüstern der Beiden und mehr als einmal fand ich sie Beide auf dem Flur, die Köpfe zusammengesteckt.
Aiden verhielt sich in meiner Gegenwart weiterhin wie gewohnt, allerdings spürte ich immer öfter seinen Blick auf mir und ich sah in seinen Augen immer häufiger das Verlangen mich zu küssen. Ich wusste nicht warum, aber die Vorstellung Aiden zu küssen, ließ ein merkwürdiges Gefühl in mir aufsteigen. Ich fühlte mich wohl mit ihm und auf eine gewisse Weise fühlte ich mich auch von ihm angezogen, doch irgendetwas schien mich zu beunruhigen. Immer häufiger träumte ich von Macaulay und die Tatsache, dass er sich in seinem Zimmer verschanzte, machte es nicht besser.
Am Tag des Kampfes wachte ich mit klopfendem Herzen und Nervosität auf. Macaulay hatte immer noch nicht die Tür geöffnet und ich fragte mich, wie er seine natürlichen Bedürfnisse überhaubt befriedigt hatte. Irgendwann musste er doch einmal auf Toilette oder etwas essen!
Es war ein paar Stunden vor dem Kampf, ich stand gerade in der Küche mit einer Schüssel Schokoflakes, als seine Tür aufging. Mit einem Ruck wurde mir die Luft genommen. Sein Kinn war von unordentlichen Stoppeln überdeckt, seine Augen müde und von Augenringen umrandet. Er sah aus, als ob er Tage lang nicht geschlafen hatte, sein Körper sah ein wenig dünner aus. Meine Augen folgten jede seiner Bewegungen, von der Art und Weise wie er durch das Wohnzimmer lief, sich die Schuhe zuband und eine seiner Lederjacken nun überwarf. Sein Blick kreuzte für einen kurzen Moment meinen, bevor er nach seinen Schlüsseln auf der Anrichte griff und die Wohnung verließ.
Die letzten Stunden bis zum Kampf spürte ich, wie die Nervosität in mir hochkroch. In der letzten halben Stunde tigerte ich in meinem rot-weiß- schwarz karrierten Rock durch das Wohnzimmer, meine rote Baskenmütze hielt meine wilde Lockenmähne in Schacht. Es war schon dunkel der Mond hing über dem Himmel, ließ die Welt draußen fast gespenstisch aussehen.
Als es endlich so weit war, warf ich meine Jacke über meinen roten Pullover, zog ein paar schwarze kniehohe Stiefel über meine Strumpfhose und lief mit klopfendem Herzen die Treppe herunter.
Statt der üblichen 40 Minuten brauchte der Bus nur 30 Minuten. Nach 8 Uhr war der Verkehr ruhig, die Straßen nicht mehr so gestaut. Auf der einen Seite war ich froh darüber, dass ich nicht so lange brauchte auf der anderen Seite war ich unglaublich nervös.
Als ich am Steels angekommen war, war der komplette Parkplatz brechend voll. Die Autos standen bis zum Straßenrand und als mein Blick über die Straße die vom Steels wegführte wanderte, sah ich die einzelnen Autos sich den Seitenstreifen entlangreihen.
Ich schluckte, ein kalter Lufthauch drang mir entgegen, als ich meinen Weg zu der Eingangstür machte. Ich öffnete mit zittrigen Händen die Tür, laute Geräusche drangen an mein Ohr, das Steels war bis in jeden einzelnen Winkel vollgepackt. Meine Augen wanderten über die Menge und plötzlich entdeckte ich den braunen Haarschopf von Logan. Ich schlängelte mich durch die Menschenmenge, wich ein paar betunkenen Männern aus, bis ich vor ihm stehen blieb, völlig außer Atem.
„Logan.", presste ich hervor.
Er hob seinen Kopf und schenkte mir ein kleines Lächeln.
„Ella", erwiderte er, sichtlich froh mich zu sehen.
„Ich muss ihn sehen", brachte ich hervor, meine Stimme ein einziges Gefühlschaos.
Logans Augen zogen sich zusammen, er sagte etwas leise zu den beiden Bulldoggen von Männern mit denen er sich unterhielt, löste sich von Ihnen und wand sich mir zu.
„Ella, das ist keine gute Idee... er befindet sich sowieso nicht in der richtigen mentalen Verfassung und vor einem Kampf braucht er seine Ruhe, um sich.."
„Logan", unterbrach ich ihn.
„Ich muss ihn sehen, bitte.", flehte ich, in meinen Augen musste sich ein Ausdruck befunden haben, der Logans Mund zusammenklappen ließ.
Ich sah, wie er sich innerlich im Zwiespalt befand.
„Logan..", flehte ich ihn erneut dringlich an.
"Bitte. "
Er seufzte leise auf, fuhr sich etwas nervös durch die Haare und nickte schließlich.
„Okay, aber nur fünf Minuten." , gab er von sich.
Ich schenkte ihm einen dankbaren Blick, bevor er seine Hand auf meinen unteren Rücken legte und mich in Richtung der Umkleidekabinen schob. Auf dem Weg dahin, fiel mir plötzlich wieder einer meiner Gedanken ein. Etwas, das ich mich schon die ganze Zeit gefragt hatte.
„Gegen wen kämpft Macaulay heute eigentlich?"
Logan zuckte plötzlich mit den Schultern.
„Weiß ich nicht."
Meine Augen wurden auf einmal groß.
„Wie? Das weißt du nicht?"
„Nennt sich storm tide und ist wohl noch nicht so lange in der Szene. Manchmal haben wir Kämpfer von außerhalb. Macaulay liebt den Drill, die Anspannung nicht zu wissen, was ihn erwartet. Den Anderen und seinen Kampfstil nicht zu kennen."
„Aber was ist, wenn der Kerl richtig gefährlich ist? Was ist, wenn er Macaulay richtig wehtut?", kam meine Stimme plötzlich zitternd aus mir heraus.
Die Vorstellung, dass jemand Macaulay weh tun konnte, nahm mir die Luft und ließ die Angst in mir hochkriechen. Es war ein schlimmes Gefühl. Wir waren inzwischen beinahe vor der Umkleidekabine angekommen, als Logan sich zu mir drehte.
„Ella.", unterbrach mich Logan bestimmend.
„Er wird ihm nicht wehtun. Macaulay wird nicht umsonst black hole genannt. Wenn sich jemand einmal mit ihm im Ring befindet, kommt er auch nicht mehr heile heraus."
Er machte einen Schritt nach vorn und drückte die Klinke von Macaulays Tür herunter. Ich wunderte mich, dass er nicht anklopfte, doch als wir den Raum betraten, wusste ich direkt warum. Macaulay hatte schwarze Kopfhörer auf , Eminem drang laut aus seinen Kopfhörern.
„Time to slip in that zone till' i find myself
Inside the realm where the unknown and boldly go
In the waters where nobody else has gone before
or willing to go, uncharted, feeling is so..."
Seine dunklen Augen waren auf den Boden vor ihm gerichtet, sein Kopf wippte im Einklang, er trug eine schwarze Boxrobe, schwarze Boxhose und schwarze Nike Boxschuhe. Er sah aus, wie ein dunkler Rachengel, wie er dort saß. Die dunklen Linien, die sich um seinen Hals schlängelten, ließen ihn noch gefährlicher wirken.
Ich spürte ein komisches Gefühl in meiner Magengrube und als Macaulay plötzlich seinen Kopf hob, wurde mir komplett die Luft genommen. In seinen Augen lag ein Ausdruck, den ich nicht einschätzen konnte. Mit einer glatten, schnellen Bewegung riss er sich die dunklen Kopfhörer vom Kopf und schaltete die Musik aus.
„Wenn mich jemand sucht, ich bin vor der Tür."
Ich nahm Logans Stimme beinahe nicht wahr. Ich nickte nur, während ich meinen Blick nicht von Macaulay ließ, keiner von uns beiden sprach. Meine Finger wanderten zitternd zu meinem Hals, öffneten den Verschluss der silbernen Kette, die mein Vater mir geschenkt hatte. Der Anhänger, der sich am anderen Ende von ihr befand, baumelte von meinen Händen, die delikaten silbernen Flügel des Adlers, glitzerten in dem schwummrigen Licht der Umkleidekabine, als ich die restlichen Schritte bis zu ihm hinmachte. Ich kam zwischen seinen Beinen zu stehen, die Kette zitterte in meinen Händen, während ich in seine dunklen Augen schaute. Meine Finger zitterten, als ich den Verschluss der Kette öffnete und sie ihm um den Hals legte.
„Pass auf dich auf Macaulay", meine Worte waren leise, ich machte einen Schritt zurück, im selben Moment hörte ich die Tür wieder hinter uns aufgehen.
„Die Zeit ist um", Logans Stimme hallte durch die Umkleidekleide, ich spürte Macaulays Augen immer noch auf mir, sie brannten sich in mich, der Adler baumelte nun von seinem Hals und verschwand unter seiner Robe.
Ich nickte nur, wand mich langsam zu Logan um, seine Augen waren auf mich gerichtet.
„Alles okay?"
Ich nickte ihm zu.
„Ja alles okay", gab ich leise von mir, während Logan mich aus dem Zimmer führte. Ich spürte wie Macaulays Blick sich in meinen Rücken bohrte.
Logan führte mich zurück in das Steels, manövrierte mich durch die Menschenmenge, bis ich ganz vorne in der ersten Reihe vom Ring zum Stehen kam. Die Leute schienen ihn zu kennen, denn keiner der Männer beschwerte sich. Links neben mir befand sich eine Schar Frauen, die allesamt viel Haut zeigten. Ihre nackten Beine blitzten unter kurzen Röcken hervor, ihre Brüste drückten sich durch den weiten Ausschnitt ihres Oberteils. Eine Frau ein paar Meter neben mir, hatte sogar mit schwarzem Edding ihre Telefonnummer in ihren Ausschnitt geschrieben. Pinke Schilder wurden in die Höhe gerissen, das laute Kichern der Frauen, durchdrang den Geräuschepegel der Männer.
Aus den Augenwinkeln, sah ich etwas Pastellfarbenes. Etwas Pastellfarbenes, das mir von irgendwoher bekannt vorkam. Als ich mich jedoch zur Seite umdrehte, sah ich das es verschwunden war.
„Ist das okay für dich hier? Kann ich dich hier alleine lassen", hörte ich Logans Stimme neben mir ertönen, seine Hand legte sich auf meinen Arm, ich drehte meinen Kopf zu ihm um und nickte.
„Ella, rühr dich nicht von der Stelle. Und stell keine Dummheiten an. Bleib genau hier stehen, bis der Kampf zu Ende ist. Aiden oder ich holen dich nach dem Kampf wieder ab", seine Worte klangen, als ob er mit einem Kind reden würde und wäre ich nicht so aufgeregt wegen dem Kampf gewesen, hätte es mich genervt, wie er mit mir umging.
Ich nickte. Er warf mir noch einmal einen warnenden Blick zu, bevor er sich umdrehte und in der Menge verschwand. Mein Herz dröhnte laut in der Brust, obwohl der Kampf noch nicht angefangen hatte, konnte ich das Adrenalin spüren, wie es durch meine Adern pumpte. Die Luft schien, wie aufgeladen, meine Fingerspitzen fingen an zu kribbeln. Ein Gong ertönte und signalisierte uns, dass der Kampf in 15 Minuten beginnen würde. Meine Hände fingen an zu schwitzen, ich wippte nervös mit meinem Bein auf und ab, meine Finger hatten sich an die Unterseite meines Rocks gekrallt.
„Ladies!", hörte ich plötzlich eine hohe, schrille Stimme von der Schar der Frauen neben mir dringen.
„Heute wird es mir gelingen, den berühmt, berechtigten black hole zu knacken!" brüstete sich die Frau und warf ihre eleganten roten Haare nach hinten.
Sie trug ein schwarzes Minikleid, das knapp unter ihrem Hintern endete, der V Ausschnitt ging ihr fast bis zum Bauchnabel und legte ihre Brüste frei.
„Roya, gib es endlich auf, der Typ ist wahrscheinlich schwul, selbst Fiona hat es nicht geschafft!" rief eine der Frauen.
„Ich hab gehört strom tide, soll noch viel heißer sein!", warf eine weitere, hohe Stimme dazwischen, woraufhin die Frauen wieder anfingen zu kichern.
Der Gong ertönte erneut und ich riss meinen Blick von den Frauen los, in meinem Magen setzte sich ein Kloß fest. Plötzlich wurde das Steels in komplette Dunkelheit getaucht, die Gespräche um mich herum verstummten, als ein Scheinwerfer auf den Ring gerichtet wurde. Ein großer, muskelbepackter Kerl in kurzer Sporthose und einem dunkelblauen Adidaspullover trat in den Ring. Er trug eine Cap mit dem Schild nach hinten, an seinen Füßen Turnschuhe. Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen, bei seinem informellen Outfit.
Trugen diese Leute nicht immer einen Anzug im Fernsehen?
Die anderen Leute schien es kein bisschen zu stören. Jeder schien darauf zu warten, dass der Typ im Ring anfing zu sprechen.
„Ladies und Gentlemen. Willkommen an diesem schönen Freitagabend, zum Event des noch verbliebenen Jahres!"
Ein Gröhlen drang durch die Halle, vibrierte von den Wänden und ließ ein Klingen durch meine Ohren fahren.
„Auf unser linken Seite haben wir den Underdog.! Den Mann von auswärts! Mit einer Körpergröße von 1,87 Metern, und einem stolzen Gewicht von 89 Kilo, präsentiere ich euch, den großen, den alles um sich herum vernichtenden storm tiiiiiiiideeee!", seine langgezogene Stimme drang durch die Halle, vermischt mit dem Gröhlen der Männer und dem Schreien der Frauen.
Meine Augen waren auf den Ring gerichtet, als ein Mann in einer weißen Robe auf den Ring trat, die Kapuze verdeckte sein Gesicht, es war alles ein Teil seiner Show, als er in Mitten des Ringes zum Stehen kam. Die Mehrheit der Zuschauer war nun verstummt, wir hielten alle den Atem an, als wir auf den Ring blickten, der Mann schien den perfekten Moment abzuwarten. Ich sah, wie seine Finger zu seiner Kapuze wanderten und er sie sich langsam vom Kopf zog. Erschrocken schnappte ich nach Luft, als langsam braunes Haar zum Vorschein kam und ich in die blauen Augen und das nun boshafte Grinsen von Colin starrte.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top