Kapitel 13
Ich war seit Stunden in meinem Zimmer und wartete darauf, dass die Nacht über uns einbrach. Meine Tasche lag gepackt neben mir, während ich auf der Matratze lag und dem Geräuschpegel vom Steels lauschte. Mein Handy zeigte mir die aktuelle Uhrzeit an. Es war fast zwei Uhr, dennoch hörte ich immer noch Stimmengewirr von draußen. Ich wusste nicht wer die Nachtschicht hatte, aber ich war mir sicher, dass es weder Macaulay noch Aiden waren. Mein Blick fiel auf die Umrisse des Teddybäres, der auf dem Tisch am Fenster stand und mich anstarrte. Schnell wandte ich meinen Blick ab und fokussierte mich wieder auf die Stimmen von draußen.
Es war dunkel in meinem Zimmer, denn ich konnte es nicht riskieren, dass Licht anzumachen. Mein Handy blinkte kurz auf und zeigte mir eine Nachricht von Cailin an. Ich wischte mit meinem Finger kurz über mein Handy und öffnete die Nachricht. Ein Bild von ihr und den Mädels starrte mir entgegen. Sie trugen kurze Kleider und machten alle einen Kussmund in die Kamera. Wehmut überfiel mich für einen kurzen Moment und auf einmal vermisste ich schrecklich meine Tante Amber. Es mussten die kurzen Kleider gewesen sein, die mich an sie erinnerten, denn obwohl Tante Amber schon über 50 war, trug sie immer noch enge, kurze Kleidung. Ich hatte sie in meinem ganzen Leben noch nie in etwas Anderem gesehen.
Streng genommen war sie gar nicht meine Tante, denn Amber war nicht die Schwester meiner Mutter, sondern ihre beste Freundin. Genauso wie Onkel Chris der beste Freund von meinem Vater war. Doch als Tante und Onkel hätte ich mir niemand Besseren als die Beiden vorstellen können. Sie waren einfach unglaublich, denn in Lukes und meinem Leben hatten sie uns nichts Anderes als unermessliche Liebe geschenkt.
Ich legte mein Handy zur Seite, lauschte erneut nach Geräuschen. Inzwischen hatte sich der Lärmpegel ein wenig gesenkt. Vereinzelt hörte ich das Geräusch von herunterfallenden Gewichten und das Hin und Herschwingen eines Boxsacks. Ich stand von meiner Matratze auf und holte einmal tief Luft. Mein Blick fiel erneut auf die schwarze Silhouette des Bärs. Ich schüttelte meinen Kopf und griff nach meiner Handtasche. Das Geld, dass ich in der Raviolidose aufbewahrt hatte, befand sich nun in meiner Jackentasche. Es war nicht viel, aber für die nächste Tage würde es reichen. Ich wusste nicht, wo ich hingehen würde, aber alles war besser als hier. Selbst wenn ich wieder zurück zu Drew musste. Ein Stich durchfuhr meine Brust bei dem Gedanken an ihn. Ich öffnete leise die Tür und trat auf den dunklen Flur. Mein Herz pochte laut in meiner Brust, als ich meinen Weg über den dunklen Korridor machte. Je näher ich dem Steels kam, desto heller wurde es. „ Was machst du denn noch hier?" eine hohe, scharfe Stimme drang aus der Dunkelheit zu mir. Ich zuckte zusammen, als eine Hand nach meinem Oberarm griff und lange Fingernägel sich in meinen Arm bohrten. „ Ich dachte ich habe dir deutlich klargemacht, dass du hier nicht erwünscht bist, du Schlampe." bei ihrer Beleidung rieselte es mir eiskalt den Rücken herunter. Noch nie in meinem Leben hatte mich jemand Schlampe genannt. „ Lass mich los." meine Stimme kam in einem Keuchen aus meinem Mund, als ich versuchte meine Hand aus ihrer Umklammerung zu ziehen. Es gelang mir und ich machte zwei weitere Schritte nach vorne. Ein leiser Aufschrei drang aus meinem Mund, als ich plötzlich an meinem Haar nach hinten gezogen wurde. Meine Kopfhaut brannte, so sehr zog sie an meinem Haar. „ Lass die Finger von Macaulay und Boyd. Und erst Recht von Colin!" fauchte sie mir ins Ohr. Ich versuchte ein Wimmern zu unterdrücken und überlegte mir, wie ich von ihr wieder loskam. Wer zur Hölle war Colin? Ich wusste es nicht. Meine Gedanken wirbelten nur so in meinem Kopf, ich hörte eine innere Uhr in mir ticken. Ich musste schleunigst hier wegkommen, bevor ich irgendeine Aufmerksamkeit auf mich lenkte. Ich schloss die Augen und atmete ein letztes Mal tief durch. Ich hatte nur eine Möglichkeit. Ein Schauer lief mir über den Rücken, ich biss mir auf die Lippen, hob meinen Fuß und bohrte meine Hacke in ihren Fuß. Sie schrie leise auf und ließ mich los. Das war meine Chance! Ich machte einen Schritt nach vorn, doch bevor ich einen weiteren tätigen konnte, hatte eine Hand wieder nach meiner gepackt und ich wurde gewaltsam nach hinten gezogen. „ Du kleine, dreckige Schlampe..." zischte ihre Stimme, bevor mein Gesicht nach hinten geschleudert wurde, dicht gefolgt von einem stechenden Schmerz in meiner linken Wange. Tränen stiegen in meine Augen. „ Lass. Die. Finger. Von. Den. Jungs. Ich bin die einzige Frau hier und das wird mir nicht so eine dreckige kleine HU..." „ DEE!" eine donnernde, wütende Stimme, die mir sehr bekannt vorkam, drang durch den Flur. Ich zuckte zusammen, eine Sekunde später erhellte Licht den Flur. Abrupt ließ Dee mich los, meine Hand wanderte wie von selbst zu meiner Wange, ich biss mir erneut auf die Lippen. Macaulays Augen wanderten zwischen uns beiden hin und her. Sein Blick fiel nun auf meine Wange. Aus der Entfernung konnte ich es nicht richtig deuten, aber ich hatte, dass Gefühl, als ob sich seine Augen noch ein wenig verdunkelten. Wut. Pure, ungebremste Wut strahlte nun von Macaulays Körper aus, als er auf Dee zugelaufen kam. „ Raus hier. Und lass dich hier nie wieder blicken." Obwohl er mit Dee redete, kroch ein eiskalter Schauer bei seinen Worten meinen Rücken hinab, so emotionslos waren diese. Dee zog bei seinen Worten erschrocken die Luft ein. Sie klappte den Mund, wie ein Fisch auf und wieder zu. Macaulays Augen waren ernst auf ihr Gesicht gerichtet und nicht nur ich sondern auch Dee wusste, dass es sein vollkommener Ernst war. „ Dee, ich meine es ernst. Du kennst meine Regeln und die des Steels!" seine Stimme klang scharf und für einen kurzen Moment hatte ich das Gefühl, dass Dee anfangen würde zu weinen. Doch sie fing sich wieder und warf ihr lilagefärbtes Haar über ihre Schulter. Aus ihren Augen sprühte nun der Zorn. „ Wenn du glaubst, dass du mich einfach so für eine billige Schlampe, wie die da..." sie zeigte mit einem Finger auf mich. „ Rauswerfen kannst, dann hast du dich getäuscht." ihre Stimme drang nun laut durch den Flur. „ Raus!" Macaulays Stimme unterbrach sie nun scharf. „ Sofort. Oder ich schwöre bei Gott, ich zerre dich hier raus Dee Bain!" der eiskalte Ton seiner Stimme ließ mich immer mehr mit dem Rücken an die Wand wandern. „ Na gut." presste Dee heraus, ihre Stimme augenscheinlich fest, aber wenn man genau hinhörte, hörte man den leicht zitternden Unterton. „ Viel Spaß noch mit euer kleinen Schlampe. Aber glaubt ja nicht, dass ich wieder zurück komme." mit diesen endgültigen Worten, wirbelte sie herum und lief aus dem Flur heraus. Die Luft zwischen uns war geladen. Vor Wut. Ich konnte sie von Macaulays Körper sichtlich spüren. Ein Kloß breitete sich in meinem Magen aus und meine Hände fingen an zu zittern. „ Geh wieder in dein Zimmer, Taylor!" fuhr Macaulay mich an und ich zuckte zusammen. Mein Rücken war noch immer an die Wand gepresst, meine Tasche hatte ich auf dem Boden verloren. Ich starrte ihn an, wie ein Reh im Scheinwerferlicht. Seine dunklen Augen waren nun auf mich gerichtet, als er mit einem Schritt nach vorne kam, sich bückte und meine Tasche hochhob. Obwohl er kein Wort über seine Lippen kommen ließ, war mir klar, dass er mich durchschaut hatte. Er hielt mir meine Tasche hin und ich nahm sie wortlos entgegen. Seine Augen bohrten sich ein letztes Mal in meine. „ Taylor. Geh schlafen." Hatte ich nur das Gefühl oder klang seine Stimme nun ein klein bisschen weicher? Ich musste es mir eingebildet haben, denn seine Augen waren so eiskalt wie eh und je. Ich nickte vorsichtig, stieß mich von der Wand ab und lief an ihm vorbei in Richtung des Zimmers.
„ Wenn du meine Freundin noch einmal so behandelst, Macaulay.." ich stöhnte, drehte mich auf meiner Matratze ein weiteres Mal zur Seite. Stimmen drangen an mein Ohr. „ Colin, das geht dich einen Dreck an!" „ Klar geht mich das was an, wenn du sie einfach so rauschmeißt!" Ich kniff die Augen zusammen. Warum mussten die so laut reden? Es war doch noch mitten in der Nacht! „ Aber nicht, wenn Dee sich nicht an die Regeln hält!"
Ich schoss kerzengerade in meinem Bett hoch, als knurrende, laute Stimmen zu mir drangen. Meine Augen waren noch ein wenig benebelt vom Schlaf. „ ICH HAB ES SO SATT, DASS DU DICH IMMER WIE DER GRÖßTE AUFSPIELEN MUSST!" donnerte nun eine mir unbekannte, männliche Stimme durch den Flur vor dem Zimmer, in dem ich schlief. „ Falls du es vergessen haben solltest, Dunbar, mir gehört der Laden hier." überraschend zog ich die Luft ein, als ich Macaulays Stimme wahrnahm, dessen Unterton immer drohender wurde. „ DAS IST MIR SCHEißEGAL!" knurrte der andere Typ, darauf folgte ein Wortgefecht, bei dem sich die Stimmen dermaßen überschlugen, dass ich nicht herausfinden konnte, wer was sagte. Ich griff nach meiner Kleidung, warf sie mir rasch über und öffnete mit klopfenden Herzen die Tür. Schon vor meiner Tür konnte man die testosterongeladene Energie spüren , die durch den Flur drang. Vor mir stand Macaulay, er hatte den Rücken zu mir gedreht. Der Typ, mit dem er sich stritt stand ihm gegenüber und erst jetzt erkannte ich den braunhaarigen Kerl, der sonst an der Rezeption saß, wenn Aiden oder Dee nicht da waren. Der Kerl, den Dee erzählt hatte ich sei ein Niemand. Seine blauen Augen loderten nur so vor Wut, seine Haare standen von allen Seiten ab, als er Macaulay einen weiteren wütenden Schwall entgegenschleuderte. „ DAS WIRD DIR NOCH LEID TUN, MACAULAY!" ich schnappte bei seinen Worten leise nach Luft. Der Kopf von dem Typ hob sich und seine Miene verfinsterte sich noch mehr. „ Da ist ja die kleine Schlampe!" der Typ lachte höhnisch auf, als er mit seinem Finger auf mich zeigte. „ Hast du eine Ahnung, was du angerichtet hast?!" er spie seine Worte nur so aus seinem Mund. „ Dee hat ihren Job und ihr zweites Zuhause wegen dir verloren, du dreckige kleine Hure." er machte einen Satz nach vorne und ich sah dabei zu, wie Macaulay ebenfalls einen Schritt zurücklief. Sein Rücken wie eine Schutzmauer vor mir. „ Wir haben dich seit dem ersten Tag unterstützt Macaulay. Seit dem ersten, verdammten TAG!" obwohl die Worte an Macaulay gerichtet waren, ließ der Typ seine Augen kein Stück von mir. „ Wenn ihr mich schon seit dem ersten Tag unterstützt hättet, dann wäre deine liebe Freundin auch mit den Regeln vertraut gewesen." knurrte Macaulay nun, was dazu führte, dass der Typ nun mit seinem Kiefer knirschte und einen weiteren Satz nach vorne machte. „ Taylor, geh in dein Zimmer. SOFORT!" bellte Macaulay. Meine Augen waren erschrocken aufgerissen, als ich ihn dabei beobachtete, wie er die Hand von dem Kerl zurückhielt, die nun nach einem Schlag ausgeholt hatte. Ich ließ es mir nicht zweimal sagen, sondern lief sofort in das Zimmer. Als die Tür hinter mir ins Schloss fiel, zitterte ich immer noch.
Nach eine halben Stunden, in der ich mit gespitzten Ohren und immer wieder anhaltendem Atem in dem Zimmer saß, klopfte es plötzlich an der Tür. Ich zuckte zusammen und rief ein leises „ Herein.". Die Tür wurde heruntergedrückt und herein kam niemand anderes als Macaulay. Seine Miene war zu einem harten Strich verzogen, während er mich von oben bis unten musterte. „ Alles okay mit dir?" mir fielen fast die Augen aus dem Kopf, bei seinen Worten. Erde an Ella! Wir sinken! Wir sinken! Macaulay hat den Hebel der Nettigkeit aktiviert. Mayday, MAYDAY. Macaulays Miene starrte mich immer noch an. Er wartete auf eine Antwort. „ Ähem.. J...j...aa." stammelte ich vor mich hin. Ich konnte nicht in seine Augen blicken. Sie waren einfach zu dunkel. „ Okay." antwortete er knapp. „ In fünf Minuten in meinem Büro." ich hob meinen Kopf und starrte ihn verblüfft an. Erst jetzt sah ich die kleine Schramme an seinem Kinn. Der Typ musste ihn mit einem Harken getroffen haben.... „ Ich will, dass du die Akten von gestern fertig sortierst. Danach sprechen wir über deine Bezahlung." ich wusste, dass dies seine letzten Worte waren, denn er wandte mir seinen Rücken zu und lief in Richtung Tür. Ich seufzte leise auf, als er die Tür verließ und erhob mich. Meine Beine zitterten immer noch von dem Streit von gerade. Ich hasste Streits. Das musste ich wohl von meiner Mutter haben, denn sie hasste diese ebenfalls. Mit dem einzigen Menschen mit dem sie sich stritt war mein Vater. Und das waren eher leidenschaftliche Auseinandersetzungen als wutentbrannte, hasserfüllte Streits. Ich strich meine geflochtenen Zöpfe hinter meine Ohren und lief in Richtung Tür und öffnete sie.
Macaulay saß am Schreibtisch als ich sein Büro betrat. Er hatte schon die Akten herausgeholt und als er mich das Zimmer betreten sah, stand er wortlos auf. Seine Arme waren vor seiner Brust verschränkt, die Ärmel seiner schwarzen weiten Jeansjacke, hochgekrempelt. „ Ich hab für die nächsten vier Stunden einen Termin. Keine Besucher. Und keine Ausbrüche aus dem Fenster. Nur damit wir uns verstanden haben." er verzog seine Miene kein Stück, in seiner Stimme lag dennoch ein warnender Unterton. „ Auch nicht mit Boyd." fügte er noch hinzu, bevor er sich umdrehte durch das Zimmer lief und keine Sekunde später die Tür hinter sich zuzog. Ich atmete leise die Luft aus, die ich die ganze Zeit angehalten hatte und lehnte meinen Kopf an die Lehne des Schreibtischstuhls. Ein Stapel von Akten lag auf meinem Tisch, der Computer war schon hochgefahren und ich wusste, dass ich mich an die Arbeit machen musste, wenn ich damit fertig sein wollte, bis Macaulay wieder kam. Ich öffnete die erste Seite und fing an die neuen Mitglieder in das Computersystem einzutragen.
Nach zwei Stunden brauchte ich eine Pause. Mein Kopf brummte und ich hatte das Gefühl, dass alles was ich sah Zahlen waren. Kurzentschlossen öffnete ich, um mich abzulenken, ein weiteres Fenster auf dem Desktop und kam auf die Startseite einer Suchmaschine. Meine Finger kreisten über die Tastatur, Namen von Shoppingseiten erschienen vor meinem inneren Auge, Doch ehe ich mich versehen konnte, wanderten meine Finger wie von selbst über die Tastatur und hatten den Namen „ Macaulay" eingetippt. Ich hielt den Atem an, als ich die Enter-Taste drückte. Das Erste, dass mir ins Auge fiel war ein Name. Ein Name, der nicht nur einmal auftauchte, sondern fast auf jeder Seite, die ich weiter klickte. Buzz Macaulay. Ich klickte auf einen Artikel und öffnete ihn.
30 Jähriger Familienvater bringt Frau um
Samstag 13 Juni 1994
Edinburgh
In der Nacht von Donnerstag nach Freitag wurde eine Frau in Ingliston Circuit niedergestochen in ihrem Haus wiedergefunden. Die Frau entpuppte sich als die 28 jährige Caoimhe Macaulay. Ermittlern zur Folge wurde die Frau mit über 30 Messerstichen niedergestochen.
Buzz Macaulay, ihr Ehemann, lebt seit über sechs Jahren mit seiner Frau und seinem Sohn Finlay zusammen. Die Nachbarn beschreiben ihn als einen temperamentvollen Mann, dem gerne mal die Hand ausrutscht. „ Nachts hört man oft Schreie und das leise Weinen des kleinen Finlays." teilt eine der Nachbarinnen uns mit. Von Finlay fehlt jedoch jede Spur. Zeugen zu Folge ertönten laute Schreie, dicht gefolgt von einem ununterbrochenen hysterischen Kinderweinen in der Nacht zum 12 Juni. Ein Zeuge, der zur Tatzeit mit seinem Hund unterwegs war, teilte den Ermittlern mit, dass er einen großen Mann dabei beobachtete, wie er einen kleinen Jungen gewaltsam in seinen Van zerrte..
Übelkeit stieg in mir hoch, fraß sich jede weitere Zeile, die ich las in mich hinein. Mit zitternden Händen wanderte ich weiter über die Tastatur, konnte meine Augen nicht von dem Bildschirm lösen.
30 Jähriger Familienvater wegen Mord und mehrfacher Misshandlung vor Gericht
Mittwoch 25 August 1994
Edinburgh
Am Dienstagnachmittag fand man, nach über zwei Monaten Ermittlungen den kleinen Finlay Macaulay ( 5) in einer Holzhütte im Stadteil South Queensferry. Der kleine Junge war mit einem Seil an ein Bett gefesselt und war von Spuren der Misshandlung gekennzeichnet. Die Ärzte nahmen ihn in seine Obhut.
Wenig später fand man seinen Vater Buzz Macaulay (30), der sich wenige Kilometer entfernt am Hafen aufhielt. Mehrere Polizisten mussten den Mann festhalten, der versuchte zu fliehen.
Am 1. September folgt die Anhörung des 30 jährigen Familienvaters, der sich nicht nur wegen Mordes, sondern auch wegen sexueller Misshandlung vor Gericht begeben muss....
Ein quälender Laut drang nun aus meinem Mund, während die Tränen wie Bäche mein Gesicht herunterflossen. Oh mein Gott. Mit einem Mausklick schloss ich das Fenster und ließ mich mit dem Kopf im Stuhl nach hinten fallen. Vor meinen Augen verschwand das Zimmer, mein Atem kam stoßweise aus meinem Mund. Ich befand mich in einer Schockstarre. Wie konnte ein Vater einem Kind sowas antun? Er hatte die Mutter getötet. Ein Schluchzer drang aus meinem Mund, mein Herz brach für Macaulay. Finlay. Der Name hallte in meinem Kopf wieder, als ich mir mit meiner Hand über das Gesicht strich. Finlay. Ein Stich durchfuhr mich und auf einmal hatte ich das dringende Bedürfnis meine Eltern anzurufen. Musste die Stimme meiner Eltern hören. Meiner Eltern, die noch am Leben waren. Auf einmal realisierte ich, wie glücklich ich mich schätzen konnte, dass ich noch meine Eltern hatte. Ich sprang von dem Stuhl und griff so schnell ich konnte nach meinem Handy. Meine Hände zitterten, Übelkeit stieg in mir hoch, ich presste meine Hand auf meinen Magen. Versuchte mich zu beruhigen. Nach dem ersten Klingeln meldete sich meine Mutter. „ Ella." rief sie erfreut aus im Hintergrund hörte ich das Lachen meines Vaters. „ Was für eine Überraschung!" sofort wurde der eiskalte Klumpen, der sich in meinem Herzen gebildet hatte von Wärme durchflutet. Dennoch blieb ein Stück des Eisklumpens in meinem Herzen verblieben. „ Wie geht es dir? Wie geht es Drew?" ich schluckte. „ Mir geht's gut Mom. Wie geht es euch beiden? Ist das Wetter in Italien schön und was habt ihr alles schon gemacht?" ich hoffte inständig, dass die Fragen meine Mutter so ablenken würden, dass sie nicht weiter nach Drew bohren würde. Denn wenn ich eins gerade nicht konnte, dann war es über Drew zu reden. „ Baby uns geht es sehr gut. Dein Dad und ich haben eine Menge Spaß. Wenn es nach deinem Dad gehen würde, dann würdet ihr noch ein Geschwisterchen bekommen.." „ MOM!" rief ich empört aus. „ Dad weiß schon, dass du 51 bist?!" sie kicherte ins Telefon und ich wusste sofort, dass sie die Augen verdrehte. „ Natürlich weiß er das Ella." Im Hintergrund hörte ich die Stimme meines Vaters und was folgte, war ein langes Gezanke der Beiden, wer den Hörer bekam. Am Ende bekam ihn natürlich mein Dad. Seine Stimme klang leicht heiser und ich versuchte das Bild aus meinem Kopf zu bekommen, dass ich mit dieser Tonlage assoziierte.
Als ich 16 gewesen war, hatte ich meine Eltern beim Sex erwischt. Ich war früher nach Hause gekommen und da waren sie. Auf der Toilette. Als mein Vater wenige Minuten später an meine Tür geklopft hatte, hatte seine Stimme genauso heiser geklungen, wie sie jetzt klang. „ Ella, Prinzessin, wie geht's meiner Lieblingstochter?" „ Dad, du hast nur eine Tochter" ich verdrehte die Augen und mein Vater lachte. Im Hintergrund hörte man ein leises gezischtes „ Idiot." „ Na und, du bist trotzdem meine Lieblingstochter." sagte er liebevoll ins Telefon und sofort erfüllte sich mein Herz mit Wärme. Ich lächelte, während ich der sanften Stimme meines Dads weiterzuhörte.
Im Laufe des Telefonats erzählte ich meinen Eltern von meinem neuen Job. Wo ich ihn allerdings hatte, ließ ich aus. Für sie war es schlicht und einfach ein Job im Büro. Das Gesprächsthema Drew versuchte ich so gut, wie möglich zu umgehen. Einzig allein, als meine Mutter nach Drews Training fragte, antwortete ich, dass es gut liefe.
Ich wusste nicht wie lange ich mit meinen Eltern telefonierte, denn es war einfach zu gut ihre Stimmen nach so einen schrecklichen Tag zu hören, aber als die Tür aufging und Macaulay plötzlich den Kopf hereinsteckte, hielt ich erschrocken inne. Seine dunklen Augen waren auf mich gerichtet und obwohl sie mir immer noch Angst machten, zerbrach ein kleiner Teil von mir, als ich ihn anschaute. „ Taylor." seine Stimme hallte durch den Raum. „ Was machst du da?" ich zog erschrocken die Luft ein, an der anderen Ende der Leitung hörte ich die Stimme meiner Mutter, die nun am Hörer war. „ Ella, wer ist das?" „ Ä..hm sorry Mom, da...das ist mein Chef. Ich hab dich in meiner Pause angerufen und mich leider ein wenig verquatscht." „ Oh Gott Ella!" rief sie aus. „ Das hättest du uns doch sagen können." ich biss mir auf die Lippen, während ich mich weiterhin von Macaulay angestarrt fühlte. „ ist schon gut Mom. Ich leg jetzt auf. Grüß Dad schön von mir. Ich hab dich lieb." „ Wir dich auch Ella, Baby." sagte meine Mom sanft ins Telefon, bevor sie das Telefonat beendete. Ich stopfte mein Hand in meine Hosentasche und hob meinen Kopf. Kurz konnte ich sehen, wie ein merkwürdiger Gesichtsausdruck über Macaulays Gesicht huschte. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass seine Hände zu Fäusten geballt waren. „ Ich bezahl dich nicht fürs Telefonieren, Taylor." die Härte seiner Stimme traf mich wie ein Eisenhammer. „ Wenn ich dich noch einmal beim Telefonieren erwische, dann muss ich dich leider kündigen." ich schluckte und nickte. „ In einer halben Stunde komm ich wieder, bis dahin hast du den Ordner fertig gestellt, ist das klar?!" ich nickte stumm und sah, wie er den Rücken zu mir drehte und in Richtung Tür lief. Doch, als er fast an der Tür angekommen war, spürte ich plötzlich wie mir noch eine Frage auf der Zunge brannte. Ohne groß darüber nachzudenken, erhob ich mich und öffnete meinen Mund. „ Finlay...?" Sein ganzer Körper erstarrte und ich sah, wie er sich ganz langsam zu mir umdrehte. Sein Gesicht war zu einer steinharten Maske verzogen, Wut vibrierte von seinem ganzen Körper, seine Pupillen leicht geweitet. Eine Halsschlagader trat aus seinem Tattoo hervor, als er mit einem hasserfüllten Blick auf mich niederblickte. „ WOHER WEIßt DU DIESEN NAMEN?" herrschte er mich plötzlich an, während ich spürte, wie sich mein ganzer Magen zusammenzog.
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