81. Kapitel
„Nein." sagt sie und grinst mich an.
„Nein?" frage ich sie und sehe sie sowohl perplex, als auch irritiert an. Was genau soll das jetzt? Eigentlich ist es immer so, dass Gemma direkt sagt, was sie denkt und ich habe es selten erlebt, dass sie in Rätseln spricht.
„Gemma?" frage ich nur und sie schmunzelt, aber sie sagt nichts. Manchmal, naja eigentlich sehr oft, verstehe ich meine Schwester nicht und ich weiß, dass es vermutlich auch nie so sein wird. Aber ich denke, wenn es so wäre, wäre es auch wirklich langweilig. Dennoch will ich jetzt wissen, was sie meint, aber meine Schwester macht nicht den Anschein, mir zu sagen, was sie denkt.
„Steh mal auf, Harry." sagt sie und tut genau dies. Irritiert tue ich es ihr gleich, aber ich verstehe nicht, was hier los ist. Aber ich warte erst einmal ab, anstatt zu fragen, was sie nun machen will, denn ich bin mir ziemlich sicher, dass Gemma mir wieder nicht antworten wird.
Gemma lächelt nur und ich werde etwas unsicher, da ich diese Situation nicht einschätzen kann.
„Dreh dich einfach um, Harry." sagt sie und ich blicke sie skeptisch an, aber ich tue es. Ich wende mich von ihr und der großen Scheibe, durch welche man die Start und Landebahn sehe kann, ab und blicke in die große Wartehalle.
„Er steht dort seit etwa 30 Sekunden." sagt Gemma und deutet nach links. Ich drehe nur langsam meinen Kopf und lasse meinen Blick durch diesen Teil der Halle schweifen. Die Leute laufen durcheinander zu ihren Gates oder sitzen auf den Stühlen und warten, lesen Bücher, Zeitung, hören Musik und unterhalten sich. Es sieht aus wie immer, doch in mitten dieses Bildes erblicke ich einen jungen Mann.
Er hat verwuscheltes, braunes Haar, ein weißes T-Shirt und eine Adidas-Jogginghose an. Er blickt sich um und dann treffen seine leuchtend blaue Augen auf meine. Einen Moment kommt es mir vor, als wäre die Zeit angehalten und mit ihr mein Herz, welches dann doppelt so schnell weiter schlägt. Das kann nicht sein. Das geht nicht.
Ich schüttle den Kopf leicht, kann meinen Blick aber nicht von ihm lösen. Immer wieder sagt mein Verstand mir, dass das nicht geht, dass der zweite Bus gerade mal hier am Flughafen angekommen ist und dass er nicht hier sein kann.
„Nein.." sage ich nur und höre meine Schwester leise lachen. „Doch und jetzt geh schon!" sagt sie und schubst mich leicht nach vorne, dass ich den ersten Schritt mache. Dabei versinke ich immer weiter in seinen Augen und auch er unterbricht den Blick nicht, obwohl noch bestimmt 20 oder 25 Meter zwischen uns liegen.
Adrenalin durchströmt meinen Körper und ich merke, wie ich einen weiteren Schritt in seine Richtung mache. Dann sehe ich, wie er ebenfalls langsam in meine Richtung kommt und ich schalte alles um mich herum aus.
Ich fange an zu rennen. Louis tut es mir gleich und doch kommt es mir, wie eine Ewigkeit vor, bis ich ihn endlich erreiche. Ich merke, wie uns alle ansehen und ich spüre deutlich die Blicke der Menschen auf mir, doch es ist mir absolut egal. Sollen sie ruhig schauen, sollen sie sehen, wie sehr ich ihn liebe und diese drei Stunden vermisst habe, sollen sie sehen, wie sehr ich mich gerade freue, dass er hier ist und sollen sie sehen wie glücklich er mich einfach macht.
Nach dieser Gefühlten Ewigkeit, als ich nun fast bei ihm bin, haben sich meine Augen schon längst mit Tränen gefüllt und meine Sicht ist verschwommen, aber Louis kann ich glasklar erkennen. Wir treffen uns in der Mitte der Strecke, die gerade noch zwischen uns lag und kurz bevor ich direkt vor ihm stehe, öffnet er seine Arme und ich falle ihm keine Sekunde um den Hals.
Sofort schließt er seine starken Arme um mich und hält mich fest. Ich drücke mich noch enger an ihn und vergrabe mein Gesicht in seiner Halsbeuge. Sofort atme ich seinen einzigartigen Duft ein und seufze glücklich.
„Du bist hier..." ist das erste was ich, wenn auch nur leise, sage und löse mich etwas von ihm, um ihn ansehen zu können.
„Es tut mir so leid, Harry." sagt er daraufhin und schluckt. „Ich wollte wirklich mit dir zum Flughafen fahren, aber dann konnte ich nicht aus-checken, weil meine Mum das Zimmer ja gebucht hat und dann habe ich sie gesucht und nicht gefunden und dann war der Bus weg." redet er ohne Punkt und Komma.
„Beruhige dich, Lou!" unterbreche ich ihn schmunzelt und er atmet einmal durch, ehe er weiter spricht. „Dann konnte ich aus-checken und bin mit einem Taxi hergekommen." sagt er und sieht mich entschuldigend an.
„Du Idiot." sage ich und lache etwas. „Das war doch bestimmt unglaublich teuer!" erwidere ich, aber er winkt ab.
„Das ist mir egal." erwidert er und ich lächle glücklich. „Es tut mir so leid, Harry. Fuck, was du alles gedacht haben musst -" fängt er an, aber halte ihm schnell den Mund zu und hintere ihn somit daran weiter zu sprechen.
„Lou, es ist alles gut. Ich liebe dich und ich vertraue dir. Ich weiß, dass du mich nicht hättest gehen lassen, ohne dich zu verabschieden." sage ich und sehe ihn dabei direkt und sehr klar an. Dann nehme ich wieder meine Hand von seinem Mund und lege meinen Arm stattdessen um seinen Nacken.
„Du bist hier und es ist wundervoll." sage ich und merke erst da, dass meine Wangen zwar noch nass sind, aber ich nicht mehr weine. Diese Tränenspuren wischt Louis mir liebevoll weg und lässt seine Hand sanft auf der Haut meiner Wange ruhen.
Gerade sagt niemand etwas und das ist auch nicht nötig. Louis ist hier. Der Spinner hat sich wirklich ein Taxi genommen, um hier her zu kommen, auch wenn er dann noch vier Stunden hier herumsitzen muss. Er ist bei mir und ich könnte mir nichts mehr wünschen. Ich lächle und dann Küsse ich ihn. Erst zuckt er etwas überrascht zusammen, aber dann zieht er mich mit dem Arm welcher die ganze Zeit um meiner Taille liegt, näher zu sich und erwidert den Kuss, welcher mein Herz wieder einmal dazu bringt, zu rasen.
joa.. comments?
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