-9- Strandgespräche

Während wir zurück laufen versuche ich dieses Gefühl, das ich gerade hatte, als Paddy meine Wange berührt hat, zu verdrängen. „Wie geht deine Tour nach dem Urlaub weiter?" Eine bessere Frage fällt mir gerade nicht ein und ich will nicht schweigend neben ihm her laufen. „Ich habe noch ein paar Shows die ich nachholen muss, weil ich krank war. Danach habe ich Hallenkonzerte bis dann im Sommer die Openairs beginnen. Da hab ich auch schon einige Termine fixiert." „Klingt aufregend. Stresst dich das viele Reisen nicht?" „Manchmal schon, aber ich darf Musik machen. Das ist meine Passion und dass ich damit mein Geld verdienen kann ist ein grosses Privileg. Nicht jeder kann seinen Traumjob ausüben." Manchmal sagt er Sätze, die tief aus seinem Herzen zu kommen scheinen. Ein Musiker mit Leib und Seele.


Hinter uns hupt es plötzlich und der junge Raser - nennen wir ihn Luke - kommt mit seinem Strandwägelchen angefahren. „Hop on." Paddy und ich steigen ein. Luke  beginnt Paddy auszufragen und ich geniesse einfach nur den Ausblick. Das Meer ist heute ziemlich ruhig und es weht nur ein ganz leichtes angenehmes Lüftchen. Ich schliesse die Augen und versuche Lukes und Paddys Stimmen auszublenden. Was mir aber nicht wirklich gelingt. Immer wieder geht mir die Situation von eben durch den Kopf. Was war das?


Schneller als gedacht sind wir zurück beim Poolbereich. „Ich gehe dann mal zurück zu Leo. Wir sehen uns ja später beim Stand up Paddling." Er schaut mich traurig an. „Was ist los?", frage ich und lege den Kopf schief. „Nichts, alles gut. Wir sehen uns später." Er dreht sich um und läuft in Richtung Bar. Ich beobachte, wie er sich einen Drink bestellt. Alkohol um diese Uhrzeit? Sollte ich mir Sorgen machen? Nein, er ist schliesslich alt genug...


Als ich in der Villa ankomme hat Leo eine Überraschung für mich. In der Mitte der Terrasse steht ein Tisch mit leckerem Essen. „Oho der Herr hat den Roomservice in Anspruch genommen." Er kommt auf mich zu und zieht mich an den Hüften zu sich. Er gibt mir einen leidenschaftlichen Kuss. „In diesen Kleidern sieht du mega scharf aus." Er streichelt mit seinen Fingerspitzen sanft über meine Seiten und meinen Bauch. Mit seinen Daumen fährt er unter meinen Sport-BH. „Was wird das Mister?" Ich lege meine Hände in seinen Nacken und gebe ihm einen Kuss. Ich spüre seine Errektion an meinem Bein. „Ich will vor dem Essen nur ein bisschen spielen", antwortet er und hebt mich hoch. Ich schlinge meine Beine um seinen Bauch und küsse ihn weiter.



Platsch! Schon wieder lande ich im Wasser. Dieses Stand up Paddling ist gar nicht so einfach. Mein Gleichgewichtssinn scheint sich gerade irgendwo auf einem Liegestuhl zu sonnen oder ist noch ein bisschen angetrunken von gestern Abend.


Wir sind insgesamt fünf Leute: Leo, Paddy, Claudia, Mark und ich. Claudia und Mark sind die beiden, welche ich beim Hochzeitsfotoshooting am Strand beobachtet habe. Sie beiden haben tatsächlich hier geheiratet - ganz alleine ohne ihre Familien. Sie wollten diesen Moment ganz für sich haben. Irgendwie romantisch.


Paddy scheint ein echtes Naturtalent zu sein. Er ist noch kein einziges Mal ins Wasser gefallen. Mark und ich sind die weniger begabten Teilnehmer. Leo und Claudia hatte zu Beginn ein paar Anfangsschwierigkeiten, machen es jetzt aber richtig gut. Ich komme mir vor wie der letzte Idiot. Ich denke ein Tauchkurs wäre die bessere Wahl für mich gewesen.


„Come on Isa, du schaffst das." Paddy paddelt neben mich. Ich knie gerade auf meinem Brett und versuche aufzustehen. Obwohl das Wasser fast still steht, wackelt es für mein Befinden doch noch zu sehr - vielleicht sind es aber auch nur meine zittrigen Beine.


„Du hast gut reden. Erst bist du ein Yoga-Profi und jetzt auch noch ein Paddling-Profi oder wie man dem auch immer sagen will." „Ich hab doch gesagt, dass in mir einige Talente schlummern." Gerade als ich denke, dass ich es endlich geschafft habe einigermassen sicher auf dem Brett zu stehen, fällt Mark hinter mir ins Wasser. Die winzigen Wellen reichen aus um auch mich wieder vom Brett zu fegen. Ich fluche als ich wieder auftauche. Paddy und Leo lachen sich schlapp.


Während ich versuche auf mein Brett zu klettern - was sehr unbeholfen aussehen muss - höre ich Paddy fluchen. „Damn!"  „Was ist los?" Ich halte mich an meinem Brett fest und lasse mich trieben. „Nothing." „Seit wann sprichst du Englisch mit mir?" Es scheint als sei Paddy irgendwie nervös. „Strand!" Ich blicke mich um und sehe am Strand zwei Mädels die winken. „Fans?", frage ich und versuche neben Paddy her zu schwimmen. Ich halte mein Brett vor mich, wie früher im Schwimmkurs diese Schwimmbrettchen. „Oh yes my dear, Fans. Wehe die filmen das!" Ich überlege kurz. „Lass mich mal machen." Ich drehe mich samt meinem Brett um und schwimme zurück zum Strand. Was Paddy mit hinterher ruft versteh ich nicht.


Am Strand angekommen lasse ich mein Brett in den Sand fallen. Die beiden Mädels haben sich in den warmen Sand gesetzt und filmen tatsächlich - beide! Ich schleiche mich von hinten an, spring zwischen den beiden hindurch und schnappe mir beide Handys. Zuerst fliegt das eine Handy ins Meer, dann das andere. Ich drehe mich um und sage: „Schon mal etwas von Privatsphäre oder Datenschutz gehört? Ihr solltet euch schämen!" Die beiden Mädels sind so perplex, dass sie kein Wort raus bekommen und mich mit grossen Augen anstarren. Als ich mich von ihnen entferne, höre ich die beiden fluchen und als ich mich umdrehe ziehen sie sich gerade aus, um wohl im Meer nach ihren Handys zu tauchen. Ich hoffe ich habe sie weit genug geworfen und sie sind noch eine Weile mit suchen beschäftigt.



Weiter vorne sehe ich eine weitere Frau im Sand sitzen. Ich mache mich auf den Weg um zu sehen, ob sie auch vor hat zu filmen. Ein Handy hat sie jedenfalls nicht in der Hand.


Als ich näher komme erkenne ich Joelle. Sie sitzt im Schatten einer Palme und beobachten die Paddling-Gruppe. Wegen ihrer grossen Sonnebrille und dem Hut habe ich sie nicht gleich erkannt. „Hey Joelle, darf ich mich zu dir setzen?" Sie blickt zu mir hoch. „Klar." Ich lasse mich neben sie in den Sand plumpsen. Diese Pause tut richtig gut. Eine Weile sitzen wir einfach nur da und beobachten das Treiben auf dem Meer. Paddy scheint sich beruhigt zu haben, denn er und Leo versuchen sich gegenseitig vom Brett zu schubsen. Ihr Lachen hört man bis hier her.


„Paddy kann das richtig gut", sage ich und erhoffe mir eine Reaktion. „Paddy kann alles richtig gut." Ihre Stimme klingt leicht sarkastisch. „Ausser Ehemann sein", sagt sie weiter. Ich drehe meinen Kopf zu ihr. „Ach quatsch, Paddy liebt dich über alles. So schlimm ist er doch gar nicht." Joelle beginnt mit ihren Händen im Sand zu malen. „Hat er das gesagt?" „Jap und das mehr als ein Mal. Ausserdem habe ich ihm gesagt, dass für dich die Situation mit den Fans, also den ganzen Weibern wohl nicht ganz so einfach zu sein scheint, wie du behauptest." Ich bin gespannt auf ihre Reaktion, welche auch prompt folgt. „Woher willst du das wissen? Du kennst mich doch gar nicht und nur weil Paddy irgendwas erzählt, heisst das noch lange nicht, dass das auch für mich gilt. Diese Weiber sind mir völlig egal. Er kann mit denen machen was er will, solange ich nichts davon erfahre. Das ist unsere Regel."


Diese Aussage erstaunt mich. „Das heisst er könnte theoretisch mit diesen Weibern Sex haben und deine einzige Bedingung ist, dass er es dir nicht sagt?" Sie klatscht in die Hände. „Richtig Kindchen, also solltet ihr jemals Sex haben, und ich weiss dass Paddy das will, sagt es mir einfach nicht. Kapiert?"


Ich schaue sie mit grossen Augen an. „Wie bitte? Warum sollte er Sex mit mir wollen? Ich habe einen Freund und ich glaube nicht dass Paddy der Typ für sowas ist." Sie steht auf und nimmt ihre Sonnenbrille ab. Mit einem Grinsen im Gesicht sagt sie: „Ich kenne Paddy schon mein halbes Leben und glaub mir, er ist der Typ dafür. Solltest du also in den Genuss kommen, behalte es für dich. Er kommt immer zu mir zurück, egal wie nett der Sex war." Sie setzt ihre Brille wieder auf und läuft davon.


Ihre Worte schwirren in meinem Kopf umher und ich kann gerade keinen klaren Gedanken fassen. Würde Paddy wirklich Sex mit seinen Fans haben wollen? Oder hatte er sogar schon welchen? Niemals! Dafür ist er doch viel zu nett. Ausserdem hat er immer wieder gesagt, dass er seine Frau liebt. Ob Paddy weiss, dass Joelle sowas überhaupt erzählt? Irgendwie scheinen die  beiden ein Kommunikationsproblem zu haben. Ich werde ihn später darauf ansprechen. Wie sagt meine Freundin Holly so schön? Man soll immer beide Seiten anhören, bevor man sich eine Meinung bildet.

Weise Worte liebste Holly.

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