3
(Bild oben: Thea)
Nachdem ich mein Brett mühsam aus dem Wasser gezogen hatte und es neben meiner Kleidung in den Sand fallen ließ, setzte ich mich erschöpft daneben.
Ich konnte verdammt froh sein, dass mein Board nicht nach draußen in den Ozean getrieben war, dann hätte ich es nie wieder gesehen.
Und zum Glück hatte ich mich nicht verletzt.
Und trotzdem war das alles neben Sache.
Der Auftritt war mies gewesen. Zu mies. Viel zu mies.
"Hey, ist alles ok bei dir?"
Ein wenig weiter entfernt saß eine Gruppe junger Leute, wohl in meinem Alter, die dort auch schon vorhin gesessen hatten.
Meinten sie mich?
Verdammt, natürlich meinten sie mich.
Sonst war hier auch niemand anderes wie ein Anfänger in die Fluten gestürzt.
"Ähm sicher!" Rief ich zurück und vermied es, sie genauer zu mustern.
Der, der gesprochen hatte, legte den Kopf schief und schien etwas zu seinen Freunden zu sagen.
Dann wandte er sich abermals zu mir.
"Dein Sturz ins Wasser sah irgendwie schmerzhaft aus!"
Ein oder zwei der Jungs finden an zu lachen.
Ich wusste nicht ob er mich damit aufziehen oder ärgern wollte, ich fand es jedenfalls nicht wirklich lustig.
"Sucht euch ein anderes Opfer, was ihr nerven könnt!" Entgegnete ich unfreundlich und fragte mich gleichzeitig woher dieses Selbstbewusstsein kam. Vielleicht hatte Kailees Art ja auf mich abgefärbt.
Schön wäre es gewesen, wenn es wahr gewesen wäre.
Ich wendete mich eilig ab, damit ich ihre Blicke nicht sehen musste und wollte mich selbst schlagen.
Warum hatte ich nicht erst einmal nach gedacht, bevor ich den Mund aufmachte?
Ich trocknete mich hastig mit dem Handtuch ab und zog mir wieder meine Kleidung an.
Sie bestanden aus einem weißen Adidas T-shirt und einer kurzen Jeanshotpants.
Zum Schluss streifte ich mir abermals die weißen Sneakers über und flocht mir meinte nassen hellblonden Haare zu einem Zopf.
Ohne einen Blick zurück stapfte ich mit dem Surfbrett in der einen und dem Skateboard in der anderen Hand zur Straße, die leider ein wenig entfernt lag.
Die ganze Zeit lang spürte ich ihre neugierigen Blicke auf mir.
Normal interessierten sich solche Gruppen von Teenagern weder für mich, noch ich mich für sie.
In der Schule hatte ich vor zwei ein halb Jahren, nachdem wir hier her gezogen waren, Kailee gefunden und Robbie wieder getroffen, der kurz zuvor hier her gezogen war.
Meine Mum hatte unbedingt hier hin ziehen wollten, weil sie gut mit Robbies Mum befreundet gewesen war. Und Ende der Geschichte. Sonst hatte ich nie andere Freunde gebraucht.
Ich stellte mich auf mein Skateboard und beschleunigte.
Mein Handy zeigte Viertel vor sieben an. Wenn ich einkaufen gehen wollte, sollte ich mich beeilen.
Als ich vor der Villa ankam, die ich leider als mein Zu Hause betiteln musste, schob ich mein Brett in die überfüllte Garage.
Wenn ich so darüber nachdachte, war sie das einzige Überfüllte auf diesem Grundstück. Neben den beiden Autos war dort nämlich alles verstaut, was im Haus zu viel war.
Eilig durchquerte ich den Vorhof und trat auf die Tür zu, die in das Haus hinein führte. Ich öffnete sie und holte ich mir eine Jeansjacke aus dem Schrank im Flur, da es Abends immer recht kühl wurde. Zudem steckte ich Geld ein. Kurz danach verließ ich das Haus wieder, niemals würde ich mich länger darin aufhalten als nötig.
Hallo oder tschüss zu rufen brauchte ich nicht.
Es war eh niemand zu Hause.
So wie immer.
Manchmal wünschte ich mir ein kleineres Haus. Dann war die Stille vielleicht nicht ganz so erdrückend.
Etwas erschöpft stellte ich mich abermals auf mein Board.
Die Gegend hier in Jacksonville war vornehm. Die Hauswände schneeweiß, die Straßen sauber und gepflegt. So ganz anders als die Viertel, in denen ich mit Kailee und Robbie normal unterwegs war. Dort war es lauter, dreckiger, fröhlicher, hübscher und ich fühlte mich richtig. Und nicht so falsch, wie ich mir hier manchmal vorkam.
Alles hier war falsch. All die Familien die hier wohnten hatten viel Geld und schienen nach außen perfekt, einfach um den glänzenden Schein zu wahren. Und innen waren sie alle kaputt und zerstört. So wie bei mir.
Am Ende der Straße lag die Kreuzung.
Hier begannen die relativ normalen Häuser und ließen die protzigen Villen langsam hinter sich.
Außerdem fand man hier einen Supermarkt, bei dem ich die Sachen besorgen konnte, die ich brauchte.
Ohne die komischen Typen zu beachten, die vor dem Laden herumlungerten, betrat ich mit meinem Board in der Hand das kleine Gebäude.
Schnell hatte ich Müsli und Milch gefunden, dann machte ich mich auf die Suche nach Zucker und Schokolade.
Eilig durchkämmte ich den Laden nach der Süßwarenabteilung, die ich schließlich auch fand.
Kurz darauf klingelte mein Handy.
Ich sah automatisch zu meiner Tasche und achtere somit nicht auf meine Umgebung. Wie es das Schicksal wollte prallte ich gegen eine andere Person, die mir entgegen gekommen war.
"Oh entschuldige, es tut mir leid!" Ihre Stimme war relativ hell und melodisch, weswegen ich wissen wollte wie das Mädchen dazu aussah.
Ich hob den Kopf.
"Ey Faye was ist denn hier los?"
Ein junger Mann tauchte hinter ihr auf und ich erkannte sie beide. Sie gehörten zu der Gruppe am Strand, von eben, vor der ich fluchtartig abgehauen war.
Leider hatten sie mich wohl auch erkannt.
"Ähm ja... Tut mir ebenfalls leid," dann huschte ich eilig an ihnen vorbei.
"Hey warte doch mal!"
Sie kamen mir tatsächlich hinterher!
Ich beschleunigte meinen Schritt und sah kurz nach hinten.
Schon wieder hatte ich nicht aufgepasst und prallte gegen die nächste Person.
Was war denn heute mit mir los?
"Faye, Val, wen verfolgt ihr denn hier? Ich will auch dabei sein."
Faye kicherte. " Ehrlich gesagt haben wir wohl auch keine Ahnung..."
Sie sah neugierig zu mir.
"Tut mir leid, dass wir dich verfolgt haben, aber ich glaube Vali wollte dir noch was sagen. Du bist doch das Mädchen vom Strand oder?"
Irgendwie war die Situation ziemlich komisch.
Ich warf dem Jungen einen kurzen Blick zu, gegen den ich als letztes gelaufen war. Seine Haare waren schwarz und auch seine Haut besaß dunklere Pigmente.
"Ich bin Ali," er hob seine Hand und zwinkerte mir zu. Dann deutete er nacheinander auf die beiden anderen.
"Valentin und Faye. Ich bin aber natürlich der heißeste."
Dann ging er an mir vorbei und legte den beiden jeweils eine Hand auf die Schulter.
"Mohamed Ali heißt der gute. Er will es nur nicht wahr haben," warf Faye ein und zeigte eines ihrer umwerfenden Lächeln.
Ihre blonden Haare fielen ihr offen, leicht gelockt bis zu den Schultern und sie trug eine große Brille. Ich war mir nicht sicher, ob diese vielleicht nur Fake war.
"Und sie heißt Faye Clementine Angel Princess of America und will es nur nicht wahr haben," erwiderte Ali und äffte ihre helle Stimme erstaunlich gut nach. Seine schwarzen Locken wippten dabei lustig auf und ab.
Verwirrt warf ich Faye einen Blick zu.
Princess of America?
"Faye Clementine Angel Leyla..., meine Eltern waren etwas kreativer was die Namensgebung anbelangt. Ich bevorzuge aber Faye..." sie verzog den Mund ein wenig.
"Der Engel, will also lieber Fee genannt werden," sagte Valentin plötzlich auf Deutsch.
Auf Deutsch?
Ich zog die Augenbrauen nach oben und musterte ihn von oben bis unten.
Eben war mir der braune Lockenkopf nicht wirklich aufgefallen. Er war auf den ersten Blick eher unscheinbar.
Auf den zweiten allerdings, fielen mir seine intensiven blauen Augen auf, die alles auf zu saugen schienen, was um sie herum geschah. Sie schienen freundlich, nichts sagend, neugierig.
Jetzt lagen sie auf mir.
"Was hast du gesagt?" Fragte Faye empört und verschränkte die Arme.
Valentin hatte jedoch nur Augen für mich.
"Du hast mich verstanden?"
Ich nickte aufgeregt.
"Ich bin aus Deutschland," fügte ich hinzu.
Ali und Faye sahen verwirrt zwischen uns beiden hin und her.
Valentin fing begeistert an zu Lächeln. "Ebenfalls. Ich bin ungefähr seit zehn Jahre hier." Er wechselte die Sprache wieder, damit die anderen beiden auch etwas verstanden.
"Ihr kommt beide aus Deutschland?"
Ali sah leicht genervt zu mir. " Zwei von denen?"
Valentin schlug ihm auf den Hinterkopf. "Halt die Klappe, Mohamed Ali."
"Selber du Assi."
"Haltet beide euer Maul ihr Fettsäcke!"
Faye kam zu mir.
"Und wie heißt du? Bitte lass den Namen auszusprechen sein. Nicht so wie Vals Name. Den kann keiner sprechen."
"Thea," sagte ich langsam.
"Thea," murmelte Faye und Valentin lachte, während erden Kopf schüttelte.
"Es heißt Thea und nicht Thiä oder wie du das auch immer aussprichst."
Selbst Ali grinste. "Wir sind die Ammis. Wir können sowas nicht."
Das hatte er wohl von Valentin, denn der verdrehte die Augen.
Kurz darauf fing mein Handy schon wieder an zu klingeln.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top