29
"Ich bin Laurent, das ist Hunter, nimm es ihm nicht übel, aber er ist unerträglich, wenn er Hunger hat."
Ich hob meine Augenbrauen, als ich den jungen Mann erblickte, der sich über einem Pizza Karton beugte.
Er war vielleicht zwei Jahre älter als Valentin und ging mit Sicherheit nicht mehr zur Schule. Valentin hatte aber erzählt, dass er noch hier lebte.
"Das sind meine beiden älteren Brüder," Valentin schlug Hunter auf den Nacken.
"Jetzt führ dich nicht auf wie ein ausgehungerter Schäferhund!"
"Wer bist du, das du mich zurecht weisen willst?"
"Hunter benimm dich mal. Wenn deine Freundin zu Besuch ist, dann willst du auch nicht, dass wir uns wie Kanibale benehmen."
Laurent war der älteste von ihnen, er war wohl stellvertretender Firmenchef in San Francisco und heiratete bald.
"Alter..." Hunter fluchte leise und lehnte sich genervt zurück.
"Dann beeilt euch mal."
"Wir warten noch auf Mum, möchtest du auch was essen?"
Ich schüttelte den Kopf. "Danke, aber wir haben bei mir."
Laurent zuckte mit dem Schultern und stellte drei weitere Pizza Kartons auf den Tisch.
"Sie müsste gleich da sein."
Valentin nickte zu einem Platz und ich ließ mich dort nieder, Valentin nahm an meiner Seite Platz.
"Und du kommst auch aus Deutschland?"
Hunter hob interessiert den Kopf.
"Aus Berlin un genauer zu sein."
"Wir haben in der Nähe von Kölln gewohnt, bevor wir hier hin gezogen sind. Gefällt es dir hier besser?"
Kurz warf ich Valentin einen unsicheren Blick zu. Was wurde das hier?
Eine Fragestunde?
"Wie man es nimmt," ich zuckte mit den Schultern.
"Und das heißt?"
"Laurent! Jetzt lass sie doch mal," Valentin sah mich entschuldigend an.
Eine unangenehme Stille entstand, die nur durch das Klacken von Hunters Tastatur unterbrochen wurde. Er schrieb wohl gerade mit einem Freund.
"Wollte Mum nicht längst da sein?" Genervt sah Hunter auf seine Handy Uhr.
Laurent zuckte mit den Schultern und lehnte sich zurück.
"Was weiß ich, wo sie schon wieder abgeblieben ist? Lass uns schon mal anfangen."
Das ließ sich Hunter nicht zweimal sagen. Er stürzte sich schon fast auf seine Pizza und bis in das erste Stück.
Valentin schüttelte bloß den Kopf.
Laurent startete eine lockere Unterhaltung mit meinem Freund, woraus ich schloss, dass sie sich länger nicht gesehen hatten.
Ich kam mir etwas fehl am Platz vor, deswegen tat ich so, als würde ich interessiert ihrer Unterhaltung lauschen.
Dabei war sie alles andere als interessant. Es ging um langweiliges Schulzeug und Sport.
"Ach ja, bevor ich es vergesse. Mums Schwester kommt morgen, mit Ruby und Virginia, deswegen bin ich auch hier."
Valentin schien aufzuhorchen.
"Ruby und Virginia?"
Er schien erfreut.
"Das sind meine Cousinen," erklärte er mir kurz, ich nickte.
Von den beiden hatte er schon erzählt.
In dem Moment bekam ich eine Nachricht.
Sie war von Kailee.
One and only ♡♡◇
Notfall!! So schnell wie möglich am Anfang von Jacksonville Street, keine Ausreden!
Gesendet 13:45
"Val?" Sofort sah er zu mir.
"Kailee hat mir geschrieben. Sie hat irgendein Problem... Ich..."
"Kein Problem, ich fahre dich!"
Schneller, als ich es realisieren konnte war er aufgestanden und nahm seine Autoschlüssel.
"Wir müssen los. Sagt Mum, dass wir das Essen nachholen!"
Dann verschwand er schon aus dem Wohnzimmer und ich folgte ihm.
Draußen sah ich ihn verwirrt an.
"Was war das denn jetzt?"
"Du willst doch so schnell wie möglich Kailee oder?"
"Ähm ja... Aber..."
"Na dann," Valentin startete den Pickup. Nachdem ich meine Beifahrertür geschlossen hatte, drehte ich mich wieder zu ihm.
"Und warum hattest du es plötzlich so eilig?"
Valentin schmunzelte plötzlich.
"Ich hab es keinen Moment mehr da drinnen ausgehalten. Hunter hat sich benommen wie... Sonst was, und mit Laurent hatte ich noch ein wirklich gutes Verhältnis. Und Mum, wegen der ich eigentlich mit dir hier her gefahren bin, war mal wieder nicht da," er zuckte mit den Schultern.
"Deine Freundin hat mich quasi gerettet."
Ich fing an zu kichern.
"Ich muss in die Jacksonville Street."
Valentin hob die Augenbrauen. "Irgendwie dachte ich, du würdest eher in feineren und teureren Läden shoppen gehen."
"Damit ich so aussehe, wie die reichen verwöhnten Kids der Oberschicht? Auch wenn ich nicht in solch einem Viertel lebe, fühle ich mich in der Jacksonville Street wohler, als in irgendeinem Nobel Einkleideshop..."
Valentin brach in raues Gelächter aus.
"Gut so."
"Aber lass dich ja nicht von irgendeinem Jungen doof anquatschen, ja? Wenn sowas passieren sollte, dann rufst du mich auf der Stelle an!"
Brav nickte ich. Ich fühlte mich gerade wie ein kleines Kind, was von der Mutter zurecht gewiesen wurde.
"Und sei vor der Dunkelheit aus dieser Straße raus."
"Ja Mum."
Valentin schnaubte und ich lächelte ihn unschuldig an.
"Dir kann weiß Gott was passieren," murmelte er.
"Awww... Val, jetzt hör auf dir Sorgen zu machen!" Ich zog ihn zu mir und küsste ihn flüchtig auf den Mund.
"Komm schon, ich bin kein kleines Kind mehr."
"Vielleicht bist du kein Kind mehr, aber klein bist du trotzdem und ebenfalls ein Mädchen. Und die Jacksonville Street hat den schlechtesten Ruf."
Ich verdrehte meine Augen. "Ja, aber Kailee ist bei mir und ich war schon tausend Mal hier. Vielleicht ist Rob ja auch irgendwo?"
Valentin war nicht überzeugt, dennoch nickte er. "Jetzt geh schon, bevor ich dich einfach wieder mit nehme."
Grinsend huschte ich eilig aus dem Wagen und winkte dem braunhaarigen zu, der mit seinem Pickup in der Ferne verschwand.
Hier irgendwo musste...
"Thea! Oh mein Gott! Wer war das?!"
Ich drehte mich eilig um und blickte direkt in das von Locken umrahmte Gesicht meiner besten Freundin.
Ich konnte mein Lächeln auf den Lippen nicht verstecken und Kailee quietschte begeistert.
"Sag schon!"
"Valentin."
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