58 | Luxus

Weder Geld, noch ein Smartphone erleichterte mir die Zeit. Im Grunde hatte ich nur dieses Klapphandy dabei und keine Ahnung, wohin ich überhaupt gehen sollte. Die Sonne schien angenehm auf mich herab und ich lief weiter ziellos die Straßen entlang. Die Menschen um mich herum, schienen alle glücklich zu sein. Sie lächelten und amüsierten sich in Gesprächen miteinander. Wahrscheinlich aber auch nur, weil bei ihnen zu Hause keine nervtötende Madrisa wartete ...

Als ich gerade am Markt ankam, klingelte plötzlich das Handy in meiner Jeanstasche. Ich nahm es in meine Hände, um es anschließend hektisch aufzuklappen.

"Ja?"

"Hey. Ich hab gesehen, dass du angerufen hast. Ist alles in Ordnung?"

Wieso gab er mir nur nach wenigen Worten das Gefühl, für mich da sein zu wollen ... Er sorgte sich - das hörte ich an dem sanften Klang seiner Stimme. Obwohl es mich freuen sollte, zog es mich aber runter, denn ich wünschte mir solches Verhalten auch von Elio.

"Ja, aber irgendwie auch nicht."

"Was ist denn passiert?"

Ich atmete schwer durch und sah mich kurz auf dem Markt um. Da viele Leute immer wieder nah an mir vorbei liefen, bewegte ich mich in Richtung einer Seitengasse, wo ich etwas mehr Ruhe hatte.

"Madrisa ist passiert. Sie wohnt jetzt bei uns und ich würde sie am liebsten erwürgen oder vergiften! Von mir aus auch erschießen! Hauptsache sie verschwindet!"

Ayaz Lachen drang durch den Hörer und ich verstand überhaupt nicht, wieso er das anscheinend auch noch witzig fand. Mein Puls beschleunigte sich schon wieder und gerade, als ich auf Angriff gehen wollte, erklang erneut seine Stimme.

"Ruhe ist der Schlüssel zum Glück."

"Ist das jetzt dein ernst?"

"Prinzessin ... Denkst du, du wirst sie los, indem du aggressiv und ohne nachzudenken handelst? Das spornt sie doch nur an, deine Grenzen zu überschreiten."

"Soll sie doch! Ich platze vor Wut, Ayaz! Was soll ich denn verdammt noch mal machen?!"

Ich wurde vor Wut immer lauter, bis das Handy an meinem Ohr vibrierte. Verwirrt starrte ich auf den dunklen Display herunter. Eine SMS von Ayaz mit einer Adresse erschien.

"Komm dahin. Ich warte auf dich."

"Bin ich ein Hund?"

"Bewegst du jetzt deinen schönen Hintern oder muss ich erst pfeifen?"

Ein dämliches Grinsen legte sich auf meine Lippen und nachdem wir aufgelegt hatten, machte ich mich natürlich sofort auf den Weg zu der Adresse. Das Beste daran war, dass nur durch ein kurzes Gespräch all die schlechten Gedanken aus meinem Verstand verschwunden waren. Ich fühlte mich gut und konnte mich endlich auf etwas freuen.

Zielstrebig lief ich immer weiter durch enge Gassen und sah dann schon von der anderen Straßenseite aus genau die Hausnummer, die mein Bodyguard mir geschickt hatte. Es wunderte mich, da dieses Gebäude echt runtergekommen aussah. Die graue Fassade bröckelte bereits und umso näher ich kam, umso mehr Skepsis machte sich in mir breit. Alleine wäre ich niemals auch nur in die Nähe eines solches Hauses, doch für Ayaz wäre ich vermutlich in noch schlimmere Gegenden gegangen.

Ich blendete das Äußerliche also aus und wollte gerade die Klinke der Doppeltür in die Hand nehmen, da sprang aber die Tür bereits auf. Zwei wirklich breit gebaute Männer liefen an mir vorbei und schenkten mir nur flüchtige Blicke. Ich sh ihnen nach und fragte mich, wohin Ayaz mich da bestellt hatte. Schnell wandte ich mich wieder zur dunklen Tür und trat ein, woraufhin ich mich in einem düsteren Vorraum befand. Links und rechts von mir befanden sich Türen, doch meine Aufmerksamkeit galt der breiten Treppe vor mir, die nach unten um eine Kurve führte.

Mir kam der Gedanke, dass hier echt finstere Gestalten rumlaufen könnten und ich ärgerte mich, mein Messer vergessen zu haben. Doch das wurde mir egal, da ich jedem, der mich angreifen würde, auch mit bloßen Händen den Kehlkopf rausreißen könnte.

Ich lief neugierig die Treppen nach unten und um die Kurve, wo ich schlagartig Musik wahrnahm. Verwirrt nahm ich die letzten Stufen, um plötzlich in einem großen Saal anzukommen. Es gab keine Fenster und auch nur wenig Licht, doch ich erkannte sofort die Männer um mich herum, die allesamt an den verschiedenen Geräten trainierten.

"Dio Mio", hauchte ich beeindruckt, da sie wirklich alle eine ziemlich gute Figur machten. Oben ohne hoben sie Gewichte an, wodurch man Ausblick auf ihre Brustmuskeln bekam und bei denen, die auf dem Laufband beschäftigt waren, konnte man jede Bewegung ihres Pos beobachten. Ich musste unbedingt Stella von diesem Ort erzählen. Es wäre das reinste Paradies für sie. Ich interessierte mich jedoch nur für einen Arsch hier und lief durch einige Männer hindurch weiter in den Saal hinein. Der Boden bestand aus dunklen Fliesen, genau wie die Decke und bei jedem Schritt bemerkte ich die Blicke der Männer auf mir. Kein Wunder. Außer mir befand sich nämlich keine andere Frau hier. Sicher dachten sie, ich hätte mich verlaufen.

Suchend blickte ich mich um, doch entdeckte Ayaz einfach nicht. Es ärgerte mich und ich wollte gerade mein Handy zur Hand nehmen, da hörte ich plötzlich ein lautes Pfeifen hinter mir, dass sogar für einen Moment diese schreckliche Rockmusik übertönte. Ein Lächeln zierte meine Lippen und mit hochgezogener Augenbraue drehte ich mich elegant herum.

"Denkst du, dass ich komme, wenn du pfeifst?", rief ich Ayaz zu, der nur mit einer grauen Jogginghose bekleidet an einem der Geräte lehnte. Seine Haare lagen ihm leicht über der Stirn und sein gesamter Oberkörper glänzte. Ich bewunderte einen Augenblick lang seine definierten Muskeln und die schwarze Tinte auf seiner Haut, bis er mit einem Lächeln auf mich zukam.

"Nein", widersprach er mir und blieb genau vor mir stehen, um grinsend zu mir herabzusehen. "Ich kenne bessere Wege, um dich zum Kommen zu bringen."

Er umfasste meine Taille und wollte mir gerade einen Kuss geben, da riss ich aber die Augen auf und legte meine Hände auf seine verschwitzte Brust. Seine Haut glühte und es machte mich an, dass er so ausgelaugt vom Sport wirkte. Jedoch waren wir nicht alleine hier.

"Kennen die Typen da Yavuz nicht? Was, wenn sie ihm von uns erzählen?"

"Yavuz kommt nicht hier her und die sprechen nur türkisch und russisch", erklärte Ayaz und legte dabei eine amüsierte Miene auf. "Hast du etwa Angst, Prinzessin?"

"Angst?", lachte ich auf und schlang daraufhin meine Arme um seinen Nacken. Ich begann, meine Fingerspitzen zärtlich durch seine Haare streifen zu lassen, was ihm zu gefallen schien. "Ich kenne keine Angst. Ich will lediglich vermeiden, dass meinem neuen Spielzeug etwas passiert."

"Ach, jetzt bin ich das Spielzeug?"

"Mein Spielzeug", verbesserte ich ihn, woraufhin er lächelnd den Kopf schüttelte und mich enger an sich heranzog.

"Dann lass uns spielen", hauchte er an meine Lippen und alleine von seinem Atem auf meiner Haut, zog sich mein Unterleib zusammen. Dieser Mann hatte eine Wirkung auf mich, die ich selbst nicht begreifen konnte. Seine Nähe genügte, um den Hass in meinem Inneren wegzudrängen.

"Was spielen wir denn?", flüsterte ich an seine Lippen und schon zog er mich in einen Kuss, der mein Herz zum flattern brachte. Ganz sanft saugte er an meiner Unterlippe, um anschließend meinen Mund mit seiner Zunge zu erobern. Ich zog ihn enger zu mir herunter und genoss  seine Liebkosung mit vollen Zügen, bis er sich leider viel zu schnell wieder von mir löste.

"Wir spielen, dass du mir erklärst, was dich bedrückt."

"Ai, Ayaz", stieß ich frustriert aus und verdrehte dabei meine Augen. "Reden wird überbewertet, meinst du nicht auch?"

Ich wollte erneut von seinen Lippen kosten, da löste er sich aber von mir und nahm meine Hand fest in seine.

"Wenn du nicht darüber reden willst, akzeptiere ich das natürlich. Dann lass uns eben trainieren."

"Trainieren?", hakte ich irrtiert nach und während er mich zu einem der Geräte führte, sah ich flüchtig an mir herunter. "Ayaz! Ich habe eine Jeans an und ich mag keinen Schweiß an mir!"

"In meinem Bett hat es dir gefallen, dass ich dich zum Schwitzen gebracht habe."

"Dio Mio! Das ist was vollkommen anderes!", versuchte ich mich herauszureden, da kamen wir auch schon an einem der Geräte an. Es war nur eine hohe Stange, die quer über uns an zwei Balken festgemacht war.

"Hast du überhaupt schon mal Sport gemacht?"

"Außer Bettsport?", fragte ich provozierend, da lachte er so süß auf, dass auch ich mitgerissen wurde. "Nein, wirklich nicht. Ich hab eine 6 in Sport."

"Dann komm. Ich zeigs dir."

Ich dachte bereits, dieser Ort wäre meine persönliche Hölle, bis Ayaz plötzlich um mich herum griff und meine Pobacken in seine Hände nahm.

"Jetzt wird es ja doch noch interessant", gab ich zwinkernd von mir, da erschrak ich aber, als er mich kinderleicht auf seine Hüfte hob.

"Überkreuze deine Beine", verlangte er und ich schlang meine Arme um seinen Nacken, um gleichzeitig auch meine Beine  fest um seine Hüfte zu klammern. "Und jetzt greifen wir uns die Stange."

Ich löste meine Arme etwas von seinem Nacken und sah genau wie er nach oben zu der Stange über uns. Er umfasste diese mit beiden Händen und ich machte große Augen, als er sich an dieser ein Stück nach oben zog. Er hatte in seinen Armen also genug Kraft, um uns beide anzuheben. Das machte mich nur noch geiler auf ihn.

"Greif nach der Stange."

Unsere Blicke trafen sich und ich konnte es nicht vermeiden, ihn provozieren zu wollen. Genüsslich biss ich ihm in seine Unterlippe, um anschließend mit meiner Zunge an dieser entlangzustreifen.

"Nives...", entkam es ihm hauchend und schon setzte er seine Füße wieder auf den Boden und holte tief Luft. "Fokussier dich auf den Sport."

"Sport ist langweilig", gab ich ihm mit einem Schmollmund zurück, doch er blieb weiterhin hartnäckig.

"Zweiter Versuch."

Erneut streckte er seine Arme nach oben und zog uns etwas hoch, sodass ich ihm nur Widerwillens nachgab und ebenfalls nach der Stange griff.

"Und jetzt?"

Durchgestreckt hing ich an seiner Hüfte, während unsere Gesichter sich genau gegenüber befanden.

"Jetzt versuch uns hochzuziehen."

"Wie bitte?", entkam es mir, da ich sicher nicht mal im Stande war, mich ohne ihn da hoch zu ziehen. Da ich vor ihm aber nicht aufgeben wollte, zog ich mit ganzer Kraft an der Stange und war verblüfft, als wir uns wirklich aufwärts bewegten. Natürlich fiel mir aber auch sofort auf, dass es Ayaz Armmuskeln waren, die das schafften.

"Erzähl mir, was passiert ist."

Immer wieder zog Ayaz uns ein Stück nach oben, während ich ihm dabei so gut es ging half und meine Gedanken versuchte zu sortieren. Erst, als wir dann nach einer Weile aufhörten  und er mich von seiner Hüfte runter ließ, erklärte ich ihm all das Chaos, dass ich heute durchlaufen musste. Er hörte mir aufmerksam zu und fuhr sich dabei mit einem kleinen, schwarzen Handtuch durch seine verschwitzten Haare.

"Tja, das war's dann mit meinem Leben. Ich kann mir nicht im Geringsten vorstellen, auch nur eine Nacht mit ihr in meinem Zuhause zu verbringen. Vielleicht ist es sogar sinnvoll, dass du mich trainierst. Ich werde sie mit großer Sicherheit töten und im Knast landen. Da sollte man paar Muskeln haben, um der Boss zu werden."

"Du wirst sie schon nicht töten", gab Ayaz mir zurück und lehnte sich anschließen zu mir, um mir einen sanften Kuss auf meine Stirn zu geben. "Versuch ihr aus dem Weg zu gehen. Vielleicht ist sie nicht lange da."

"Und was wenn doch? Was, wenn sie wirklich schwanger ist!? Sie versaut mir mein ganzes Leben! Sie hat mir jetzt schon meinen Bruder weggenommen!"

"So darfst du das nicht sehen", meinte Ayaz und nahm meine Hand in seine, um gemeinsam mit mir zum anderen Ende des Raumes zu laufen. "Es ist nicht ihre Schuld, wenn dein Bruder sich von dir anwendet."

"Ach, also ist es meine?!"

"Nein. Es ist ganz alleine seine Schuld."

Wir kamen an einer Tür an, die Ayaz öffnete, wodurch wir in einer Art Umkleide ankamen. Ich sah mich um und erkannte einige Taschen auf den weißen Bänken.

"Du solltest versuchen nett zu ihr zu sein."

"Nur über meine Leiche", erwiderte ich ihm, während  er meine Hand los ließ und eine der dunklen Taschen auf machte. Er holte ein weißes Shirt heraus, woraufhin ich ihn irrtiert ansah. "Willst du nicht duschen oder so? Du bist ganz verschwitzt."

"Und das mag die verwöhnte Prinzessin nicht?"

Er grinste dämlich und wollte mich in eine Umarmung ziehen, da quiekte ich aber auf und wich ihm gekonnt aus.

"Ai! Hör auf!", wehrte ich mich und wollte an ihm vorbei abhauen, da zog er mich aber an meiner Hüfte zurück, sodass mein Rücken an seine harte Brust prallte. "Ayaz!", schrie ich erneut, doch als er plötzlich sein Gesicht neben meinem platzierte und seine nassen Haare provokant an meiner Wange abrieb, fing ich laut und aus ganzem Herzen an zu lachen. "Du dämlicher Idiota!"

Wir alberten noch eine ganze Weile herum, sodass ich wirklich wünschte, die Zeit würde einen Moment stehen bleiben. Es tat einfach unglaublich gut. Erst Recht die Gewissheit, dass ich mit Ayaz sogar in einem dunklen Schuppen so glücklich sein konnte. Wer brauchte schon ein teures Smartphone oder all den Luxus, wenn er sowas haben konnte?

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Ich hab selbst nie trainiert. Keine Ahnung was die beiden da treiben, also nicht zu Ernst nehmen.

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