3 | Mustersohn
Genervt stöhnte Malino, lief dann aber gemeinsam mit Stella und Elio an Cecilio vorbei Richtung Treppe, während ich mich heimlich wieder in mein Zimmer verkriechen wollte.
Natürlich gelang es mir aber nicht und Onkel Cecilio stellte sich direkt an meine Seite.
Mein Blick fiel zu ihm und während er nur meine Klamotten neugierig musterte, zog ich skeptisch eine Augenbraue hoch.
"Hat man der Prinzessin nicht beigebracht, wie eine Dusche funktioniert?", wollte er ohne Ausdruck wissen und ich verschränkte sofort verteidigend meine Arme.
"Hat man dir nicht beigebracht, dass in einem Poolhaus zu wohnen nur etwas für Jugendliche ist, die sich nichts eigenes leisten können?"
Er grinste auf meine Aussage hin dämlich, was ich ihm gleichtat.
"Unten wird ganz schön viel über dich diskutiert", erwähnte er und nachdem ich in mein Zimmer gelaufen war, folgte er mir, um genau im Türrahmen stehen zu bleiben.
"Achja?", gab ich fragend von mir und suchte mir dabei neue Kleidung aus meinem Kleiderschrank. Ein weißes top und eine schwarze Jeans schmiss ich neben mich aufs Bett, bis mein Blick wieder zu Cecilio fiel. Dieser schien kurz in sich gekehrt, aber ich holte tief Luft und schon lag seine Aufmerksamkeit wieder auf mir. "Was wird denn diskutiert?"
Ich knallte die Schranktüren zu und wartete auf seine Antwort, da tauchte aber plötzlich meine Mutter neben ihm auf, die wirklich nicht erfreut aussah.
"Nives!", mahnte sie mich und drängte sich dabei an Cecilio vorbei in mein Zimmer. "Bist du immer noch nicht fertig?!"
"Ai, no! Siehst du doch!", entgegnete ich ihr patzig und verdrehte im nächsten Moment gestresst meine Augen, als sie die Jeans und das Shirt von meinem Bett in ihre Hände nahm.
"Kommt gar nicht in Frage!"
Sie öffnete meinen Schrank und legte alles wieder ordentlich rein, um einen elegante schwarze Bluse und eine weiße Stoffhose heraus zu nehmen. Ganz behutsam legte sie die Sachen auf mein Bett und richtete anschließend ihren dunkelblauen Jumpsuit, um sich Cecilio zuzuwenden.
"Lass uns alleine, bitte."
Er nickte ihr zu und verschwand, was mal wieder zeigte, wie kontrollsüchtig sie war. Jeder hier hatte auf sie zu hören, egal ob man wollte - oder nicht.
"Du ziehst das bitte an und kommst dann runter. Wir-"
"Muss ich wirklich mit?", unterbrach ich sie, doch sie hob nur ihre Hand an und legte einen warnenden Ausdruck auf.
"Ja! Musst du! Weißt du welche Sorgen ich mir heute Nacht gemacht habe! Besser du bist bei mir, als das dir wieder neuer Blödsinn einfällt!"
"Blödsinn?", entgegnete ich ihr und nahm sie dabei feindseelig ins Visier. "Ich war lediglich auf einer Party! Außerdem hab-"
"Auf der du dich mit einem Russen angelegt hast", warf sie ohne Ausdruck ein und da wurde mir klar, dass Elio mich bei ihr verpetzt hatte. Padre würde meine Geheimnisse nie weiter sagen...
"Oh, dio mio!", sprach ich frustriert und zog mir dabei mein Oberteil aus, um es gegen diese hässliche Bluse zu tauschen. "Es war ein kleiner Streit. Reg dich doch nicht immer so theatralisch auf! Sowas kommt vor!"
"Nein, Nives! So etwas kommt immer nur bei dir vor!", entgegnete sie mir und während ich noch meine Hosen tauschte, sprach sie einfach weiter. "Du verstehst einfach nicht, was dir alles passieren könnte! Du hast vor nichts Angst und genau das - macht mir Angst!"
Sie kam einen Schritt auf mich zu und wollte gerade ihre Hand an meine Wange legen, da wich ich aber zurück und bemerkte flüchtig diesen Schmerz, der sich auf meine Geste hin in ihren Augen wiederspiegelte. Ich wollte nicht so zu ihr sein, aber sie ließ mir ja keine Wahl.
"Du immer mit deiner Angst", entkam es mir. "Ständig denkst du, es würde etwas passieren! Was soll schon passieren!? Nichts! Ich verstehe deine ständige Kontrolle nicht und ich hab auch keine Lust mehr, wie eine Gefangene behandelt zu werden!"
"Aber-"
"Nichts aber!", unterbrach ich sie mit überschlagener Stimme und spürte dabei meine Wut über alles aufkochen. Immer war ich diejenige, die Ärger bekam! Warum auch Elio - der Mustersohn oder Malino - der sich sowieso nichts sagen ließ... "Nur weil du anscheinend Langeweile in deinem so perfekten Leben hast, heißt es nicht, dass du dich immer in meins einmischen musst! Was weißt du schon davon, jugendlich zu sein und sein Leben zu genießen!? Du hast Papa mit 18 geheiratet und nie was anderes gemacht, als hier in der Villa zu sitzen und sich in das Leben anderer einzumischen! Ich hab genug-"
"Nives!"
Die dunkle Stimme meines Vaters hallte schlagartig durch meinen Verstand und kaum eine Sekunde später, tauchte er auch schon auf und stellte sich wie jedes Mal schützend vor meiner Mutter.
"Nicht in diesem Ton, verstanden?!"
Meine Mutter hinter ihm lief nach einem letzten wehmütigen Blick in meine Richtung aus dem Zimmer und mein Vater sah ihr noch nach, ehe er erneut mich ins Visier nahm.
"Ich weiß, wie schwer es sein kann, aber halte deine Emotionen unter Kontrolle! Ich will nicht ständig dieses Drama hier miterleben!"
"Sie fängt doch an", verteidigte ich mich, doch an dem Ausdruck, den mein Vater auflegte, erkannte ich, dass es jetzt besser war einfach den Mund zu halten. Wenn er wirklich sauer war, konnte man mit ihm nicht diskutieren.
"Sie macht sich nur Sorgen. Also, geh runter und begleite sie! Es wird ihr gut tun, dich in ihrer Nähe zu haben."
"Schön!", platzte es etwas zu laut aus mir heraus, woraufhin mein Vater kein Handgelenk umfasste und mich mahnend ansah. "Entschuldige", sprach ich immer noch wütend und drängte mich an ihm vorbei, um ihm vorraus nach unten zu laufen.
Natürlich saßen schon alle am Tisch und alle Blicke waren kurz auf mich gerichtet, bis sie weiter frühstückten und ich zuerst auf meinen Opa zulief.
"Guten Morgen", hauchte ich zu ihm herab und gab ihm einen Kuss auf seine Wange, um mich dann auf den Stuhl zwischen Elio und Malino zu setzen. Flüchtig blickte ich zu Stella mir gegenüber, die aber nur Augen für ihr Handy hatte. Cecilio unterhielt sich mit meiner Mutter und mein Vater wollte gerade auch Platz nehmen, da ging aber mit einem lauten Schlag die Haustür auf.
Neugierig drehte ich mich herum und erkannte meine Onkel Nunzio und Adamo, die gemeinsam mit Jennifer ins Wohnzimmer kamen.
"Was hab ich gehört?! Ihr ward ohne mich feiern?", lachte Adamo und lief dabei zu Stella, um ihr einen Kuss auf ihre Stirn zu geben. "Nächstes Mal ladet ihr mich ein."
"Du bist viel zu alt für sowas", erwiderte Stella ihm, woraufhin er nur auflachte und sich neben ihr niederließ.
"Das denkst auch nur du. Wenn du wüsstest, was für Partys ich-"
"Muss keiner wissen", unterbrach meine Mutter ihm mit einem gespielten Lächeln, woraufhin er sich etwas zu ihr herüber lehnte.
"Du wirst mit dem Alter auch immer verklemmter, kann das sein?"
Ein Lächeln legte sich auf meine Lippen und ich drehte mich kurz zur Seite, um Jennifer und Nunzio zu begrüßen, die sich mit meinem Vater unterhielten, um anschließend wieder Adamo meine Aufmerksamkeit zu schenken.
"Als wäre Mama irgendwann mal nicht verklemmt gewesen", sprach ich ihm grinsend zu, doch er wackelte nur dämlich mit seinen Augenbrauen.
"Nicht in den Momenten, wo sie ihr Halsband an-"
"Idiota!", fluchte mein Vater schlagartig und schlug so wuchtig auf den Tisch, dass mein Opa Enzo sich an seinem Kaffe verschluckte und die Zeitung ihm aus der Hand fiel. "Kannst du deine Fresse halten?! Oder muss ich dir erst deine scheiß Nase brechen?!"
"Ist ja gut!", kommentierte Adamo meinen Vater, doch trotzdem zwinkerte er mir noch zu und irgendwie genoss ich seine Anwesenheit. Er war lockerer als meine Eltern, wobei auch Nunzio ziemlich locker mit allem umging.
Es verging einige Zeit mit sinnlosen und langweiligen Gesprächen, bis Elio neben mir meine Aufmerksamkeit verlangte.
"Bist du sauer?", fragte er, doch ich ignorierte ihn. Natürlich war ich scheiße sauer! Er hatte mich immerhin wieder mal verraten!
"Nives ...", flehte er beinahe schon, doch ich stand einfach wortlos auf warf meiner Mutter noch einen Blick zu.
"Ich warte draußen", ließ ich sie wissen und wandte meine Augen zu Adamo. "Hast du eine Zigarette?"
"Nives. Es-"
"Lass sie doch. Komm aber gleich wieder. Wir wollten noch etwas besprechen", unterbrach mein Vater meine Mutter und ich lächelte ihm dankbar zu, während Adamo mir seine Schachtel zuschmiss und ich mir eine rausnahm. Ich rauchte nur sehr sehr selten. Meistens nur, um meinen Frust abzubauen. Das wusste mein Vater, deswegen hatte er auch nichts dagegen.
"Danke."
Ich lief nach draußen und atmete tief durch, als ich unter der prallen Sonne Palermos stehenblieb und die Umgebung musterte.
Genüsslich machte ich meine Zigarette an und sah plötzlich Yavuz mit seinem Mercedes vorfahren, der Geschäftspartner meines Vaters war. Ich runzelte irritiert meine Stirn, da er selten so früh hier aufkreuzte, doch ich konnte ja auch nicht wissen, das er noch jemanden dabei hatte.
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