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Wie der Dämon persönlich erhob sich seine Gestalt aus dem Staub. Seine Augen funkelten und in seinem Gesicht stand ein Ausdruck, den ich nicht deuten konnte. Ich wollte ihn nicht deuten. Es war immer noch, als hätte man mir ein Messer in den Rücken gerammt, das mich lähmte. Und so war es bei mir. Was die anderen durchmachen mussten, wollte ich mir gar nicht vorstellen. Sie waren beste Freunde gewesen. Und nun würde er uns alle umbringen.

»Seht euch nur an. Wie ihr da steht, die Kräfte bereit, mich jederzeit umzubringen. Die starken Jungs. Helden der Oberstufe. Retter der Welt.« Er lachte bei diesen Worten ironisch und verzog das Gesicht.

»Und natürlich glauben sie alle an das Gute im Menschen.« Er sah Nathan lange in die Augen. Ich wagte es nicht, zu ihm rüber zu blicken. Wollte mir nicht vorstellen, wie verletzt er war. »Aber bevor ihr mit all euren Kräften auf mich einfeuert, solltet ihr vielleicht eines bedenken.« Das Lächeln in seinem Gesicht nahm etwas Teuflisches an. »Ich habe den Dolch.«

Er ließ die Spitze des Messers über seine Fingerspitzen gleiten. Einige Blutstropfen fielen zu Boden und erzeugten ein scheußliches Echo. »Damit es nicht nur euer Blut ist, das auf diesem Boden fließt.« Meine Miene verdunkelte sich.

»Du Monster«, flüsterte ich leise und starrte ihn mit so viel Abscheu und Ekel, wie ich ihn empfand, an. Sein Kopf schnellte zu mir, als hätte er mich bisher nicht richtig wahrgenommen. Als hätte er mich noch nie richtig wahrgenommen. Er lachte leise. »Ach ja, unsere liebe kleine Melissia. Es war schon lustig, dich die ganze Zeit beobachten zu lassen.« Bei seinen Worten bildete sich ein schreckliches Gefühl in meinem Bauch. Nathan rückte etwas näher zu mir. »Ich meine, wie naiv muss man auch sein! Du vertraust doch wirklich jedem.« Er drehte sich um und aus einer Nische der Höhle, löste sich eine Gestalt. Mein Herz blieb stehen, als ich erkannte, wer da vor mir stand. Beinahe sackten meine Beine zusammen und Nathan eilte zu mir hin, um mich zu stützen. Es war grausam, wie ihr boshaftes Lächeln, dem von Jules glich.

»Du«, flüsterte Nathan leise und die junge Frau deutete einen Knicks an. »Stets zu Diensten, Mr. Blane.« Als sie ihren Kopf wieder hob, kräuselten sich ihre Lippen. »Ich habe dir vertraut«, krächzte ich leise. »Du hast zu vielen zu leicht vertraut«, flüsterte sie leise. Sie erinnerte mich an eine Schlange. Blieb nur noch die Frage, wieso sich Jules und Rosella gegen uns verbündet hatten.

»Wieso?«, fragte Ger leise. Er sah weder traurig, noch enttäuscht aus. Einzig und allein Wut, fand man in seinen Augen. Und diese wurde nur noch stärker, als Jules ein schrecklich hohes Lachen von sich gab.

»Wieso?« Er wechselte einen Blick mit dem Dienstmädchen. »Weil ich die richtigen Bücher gelesen habe. Weil ich weiß, was der Dämon wirklich will. Ich weiß, was passieren wird, weiß, was er verlangt. Und ihr habt an Illusionen geglaubt.«

Ger schnaufte leise. Ich konnte Elijahs Herz schlagen hören. In dem Moment tat er mir mehr als nur etwas leid. Dieser Mann hatte das berühmte Pech, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein.

Erneut brachte mich Jules' schrilles Lachen in die Realität zurück. »Seht euch doch an. Euch schlottern die Knie vor mir. Mir. Dem unbedeutenden Jungen, der durch euch ein wenig Ruhm genießen dürfte. Wie unglaublich barmherzig ihr doch seid!« Rosella nahm Jules den Dolch aus der Hand und verstaute ihn in der Tasche ihrer dunklen Jacke. Sie sah ohne ihre Uniform anders aus. Viel normaler. Viel mehr wie jemand, der auf unserer Seite stand. Und nicht auf der des Dämons.

»Gegen wen kämpfen wir hier?«, fragte ich unsicher. Jules senkte den Kopf etwas um uns dann nur noch bedrohlicher anzusehen. »Ihr kämpft gegen euch selbst.«

Mit diesen Worten begann der Donner, der uns alle erschüttern ließ. Der Blitz, der unsere Angst ans Licht brachte. Die Angst davor, dass er Recht hatte.

»Ich darf zitieren« er räusperte sich. »Gewährt ihm Einlass in die Welt der Lebenden und er wird euch beschenken mit Löhnen, wie ihr sie nicht zu kennen wagt. Verloren in tiefster Dunkelheit, so werden sie fallen. Verlassen bleibt einer zurück. Sieger über alles, gebadet in Glück. Der Kampf ist vorbei, aus der Asche der Schwachen, wird geboren neuer Dämon, gellendes Lachen. Blaues Blut der Ewigkeit, wird öffnen das Tor zur Erlösung vom Leid.«

Bei seinen Worten zog sich alles in mir zusammen. Blaues Blut. Was sollte das bedeuten?

»Einer von euch ist bereits an den Aufgaben gestorben«, nahm Rosella das Wort an sich. »Hoffen wir, dass ihr andern länger durchhaltet.«

Dann bebte die Erde erneut. Wie ein Fahrstuhl, schnellte der Boden nach oben und fuhr den Platz, auf dem wir uns befanden in eine schwindelerregende Höhe. Es fehlte dennoch eine unerreichbare Strecke, um an die Spitze des Vulkans zu gelangen. Aber wir stockten davor. Der Boden verschmolz mit einer anderen gigantischen Plattform, die die Fläche eines Fußballfeldes hatte. An den Wänden waren Blutflecken und grausam aussehende Kratzspuren. Jedoch erinnerte mich alles hier an eine große Arena, von dessen Loge der Dämon auf uns hinunterblickte und uns beim Kämpfen zusehen würde. Hier waren wir dem Himmel unglaublich nahe. Und wir konnten die Blitze sehen, die hier über das Dunkle zuckten. Sie würden sich den höchsten Punkt aussuchen. Dieser Berg.

Und sie würden allesamt auf uns einschlagen. Ein Donner bestätigte meine Vermutung. Das Wackeln des Bodens hatte uns alle weiter auseinander geworfen. Jules und Rosella nahmen ihre Plätze auf roten Samtsitzen ein, die etwa zehn Meter über uns im Stein eingelassen waren. Die Tribüne der Arena. Es war kein Ritual. Das hier war ein Kampf. Gegen einander und uns selbst. Gegen Jules und Rosella und den Dämon der Gewitterstürme.

»Lissa, Liebes. Es macht dir doch nichts aus, für einen Moment zu uns zu kommen, nicht wahr?« Ehe ich mich versah, schwebte ich in der Luft und wurde von Nathan, Gereon und Elijah weggerissen. Ich durfte nicht selbst kämpfen. Ich sollte zusehen. Ich verzog das Gesicht, als ich neben ihnen auf der erhöhten Plattform ankam. Das Zittern versteckte ich überraschend gut und keine Träne fiel aus meinem Auge. Das würde ich ihnen nicht geben. Ich würde keine Schwäche zeigen. Aber ich würde auf keinen Fall zusehen, wie Nathan oder Gereon starben. Eine Reihe von Fackeln entzündeten sich auch hier von alleine.

»Gezeichneten«, Jules Stimme wurde von den Wänden des Vulkans zurückgeworfen, als Gereon, Nathan und Elijah mit hasserfüllten Gesichtern zu uns blickten.

»Lasst die Spiele beginnen!«


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So, ich schaffe es nochmal, ein Kapitel hochzuladen. Wie bereits erwähnt, bin ich momentan recht eingespannt, das tut mir wirklich leid für die, die tatsächlich auf neue Kapitel warten. Ich hoffe, euch gefällt dieses Kapitel dennoch. Feedback gerne in die Kommentare ;)

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