17. Kapitel - Orima bringt Ordnung
„Guten Morgen, Drache!"
Der laute Ruf Conans klirrte unangenehm in meinen Ohren und tat dabei seinen Zweck. Er weckte mich unsanft aus meinem erholsamen Schlaf. Nur tat er das leider so schlagartig, dass ich erschrocken aufsprang. Mein immer noch geschwächter Körper war allerdings noch nicht bereit dafür und wenige Sekunden später fiel ich wieder zu Boden. Während mir, nachdem ich Conans Stimme erkannt hatte, nur ein qualvolles Stöhnen entwich, lachte der Elf neben mir laut auf.
„Komm schon! Es ist zwar bekannt, dass du nicht die beste in Selbstverteidigung bist, aber selbst du solltest eine überraschende Attacke aus dem Nichts vorher sehen können!", grinste er mir breit entgegen. Kurz davor ihm meine fehlende Selbstverteidigung mittels eines Schwanzhiebes zu zeigen, brachten mich die bitteren Gedanken des Vortags von diesem Vorhaben ab. Stattdessen begnügte ich mich mit dem Wunsch den Elfen doch nicht bei mir zu haben und meinem linken Arm, den ich auf meine immer noch müden Augen legte.
„He!", rief er laut, als ich mich noch einmal umdrehen wollte, um weiter zu schlafen. „Steh auf! Ich habe deiner Mutter versprochen am Mittag vorbei zu kommen! Die Sonne steht bald an ihrem höchsten Punkt und du musst noch etwas essen!", beklagte er sich sofort. Zuerst wollte ich ihn weiter ignorieren. Mein Plan änderte sich jedoch, als er Orima erwähnte. Irritierte blickte ich ihm entgegen. Er wirkte riesig, wie er dort aufrecht neben mir stand und auf mich hinab grinste. Ich verkniff mir ein hämisches Schnaufen. Natürlich grinste er, immerhin schaute ich vermutlich so aus, wie er mich immer sah. Eine faule Elfe, die nicht aus dem Bett kam, weil sie nicht gerne früh aufstand. Wie hatten die Menschen das noch gleich genannt? Morgenpuffel? Oder doch Morgenknuffel?
Es schien beides nicht ganz richtig, doch die Vokabel kam mir nicht in den Sinn und so verdrängte ich es wieder.
Langsam rappelte ich mich auf, wobei mir ein lautes Keuchen entwich. Verdammt! Der Muskelkater war noch schlimmer geworden. Conans schadenfrohes Lachen ließ mich aus meinem Pein schrecken. „Du siehst aus, wie ein wildes Tier!", kicherte er und schritt um mich herum. Fauchend wollte ich ihn zurecht weisen, doch bevor das geschehen konnte, erinnerte ich mich daran, wie wahr diese Worte eigentlich waren. Immer hin war ich ein wildes Tier.
Niedergeschmettert schwieg ich und brauchte noch einige Sekunden länger um mich zu sammeln. Der Elf vor mir schien in dieser Zeit das Essen des Vortags wieder vorzubereiten. Schließlich saß ich aufrecht vor ihm. Mein Hals war trocken und der bittere Geschmack in meinem Mund veranlasste mich dazu, den köstlichen Duft zu ignorieren und nach dem Wasserschlauch zu greifen. Gierig schluckte ich die kühle Flüssigkeit und setzte es dann zufrieden wieder ab.
„Na da war ja jemand durstig". Conans Stimme ließ mich erschrocken zusammen Zucken. Ich musste mich noch daran gewöhnen, dass er wie ein Trottel von nun an jede meiner Handlungen kommentieren würde.
Die beste Umgangsmöglichkeit schien mir dabei ihn einfach zu ignorieren. Nun da mein Durst gestillt war, machte sich mein Magen laut bemerkbar und machte es mir erdenklich einfach dem Elfen keine weitere Beachtung zu schenken. Glücklich schaufelt ich das alles in mich hinein, bis ich satt war. Erst dann blickte ich wieder zu ihm auf. Er saß mit angelehntem Rücken und einem hinter dem Kopf verschränkten Arm vor mir und schenkte mir ein hämisches Lächeln, während er genüsslich in ein kleines Stückchen Orange zerkaute. Die Augen verdrehend, wollte ich mich abwenden, als er zu sprechen begann.
„Du solltest dich schonmal fertig machen. So lange wie du geraucht hast, bin ich mit dem Essen fertig, bevor du aufgestanden bist!". Durch seine Schadenfreude bekam ich langsam das Gefühl, Conan würde mich die ganze Reise über ärgern und meine verheimlichte Erleichterung über seine Anwesenheit verschwand langsam. Letztendlich war es lediglich die Vorfreude Orima wieder sehen zu können, die mich direkt aufstehen ließ. Wie der Elf neben mir es erwartete, geschah es ziemlich langsam und war für mich die reinste Qual. Muskeln von denen ich nicht einmal wusste, dass ich sie hatte protestierten gegen jede kleine Bewegung und langsam wunderte ich mich, wie ich den gestrigen Tag hatte herumlaufen können. Wenige Minuten später, ich stand schon eine ganze Weile, war auch Conan neben mir. „Also los geht es!". Er war motiviert. Beinah schien er sich mehr zu freuen, als ich und das wunderte mich.
„Warum bist du so erpicht darauf meine Mutter zu treffen?"
Misstrauisch beobachtete ich ihn, wie er durch den Ausgang ins Freie trat und dabei prüfte, ob wir von Elfen beschattet wurden. Ohne es gezielt zu steuern, streckte auch ich meine Sinne nach möglichen Gefahren aus, fand jedoch nichts. Ohne Bedenken traten wir also aus, nur um bei dem Abhang halt zu machen. Die Höhle lag nicht besonders hoch. Zumindest hatte ich das geglaubt, als ich mit zwei Sprängen hinauf geklettert war. Doch zu diesem Zeitpunkt und mit schmerzenden Schultern schätzte ich die Höhe etwas anders ein. Geschätzt waren es zehn Meter die man hinab klettern musste. Eine Strecke die zum Horror werden würde, wenn ich dies meinem Körper antun würde. Conan schien mir meine Zweifel anzusehen, denn belustigt begann er zu sprechen.
„Wie ich es gesagt habe. Die Wahl deines Unterschlupfes ist wirklich keine gute Idee gewesen. Ich meine wie willst du hier hinunter kommen, wenn du schon kaum laufen kannst?", grinste er. Genervt von seinem überheblichen Verhalten blickte ich ihn einen Moment ausdruckslos an, bevor ich die zwei Schritte, die mich von der Kannte trennten vor lief und mich einfach fallen ließ. Wie ich es geplant hatte, landete ich wenige Sekunden später auf allen Vieren und drängte die Schuppen wieder zurück. Wieder aufrecht stehend blickte ich zu dem Elf auf und lief dann in die Richtung, aus der Orimas Duft strömte. Laute Flüche schallten mir dabei hinterher, als der Elf sich an den Abstieg machte. Nach einigen Schritten hielt ich jedoch inne, als mir einfiel, dass Conan mir meine Frage nie beantwortet hatte. Nachdem er also die Steinwand mühselig hinunter geklettert war, funkelte ich ihn misstrauisch an und wiederholte meine Worte.
„Jetzt sag mir, warum du dich so sehr freust meine Mutter zu treffen!". Mein Ton war fordernd, da ich mir in Bezug zu ihr keinen Spaß erlauben wollte. Für ihn schien das ganze jedoch kein Geheimnis zu sein, denn er antwortete wieder fröhlich.
„Naja, wenn du dich von deiner Mutter verabschiedet hast, können wir schon einmal los! Ich meine wir werden einige Zeit brauchen, um aus dem Regenwald hinaus zu kommen. Wir müssen praktisch heute los gehen, damit wir das rechtzeitig schaffen. Vor allem, da du derzeit nicht sonderlich schnell bist". Überrascht blickte ich ihm entgegen. Er wollte also bereits los. Bevor ich mir über diese Aussage noch weitere Gedanken machen konnte, lief er weiter und ich humpelte ihm langsamer hinter her. Schließlich trafen wir einige Kurven später auf meine Mutter. Unsicher darüber, wie ich mich verhalten sollte, lugte ich hinter Conans Schulter hervor. Doch sie nahm mir meine Nervosität, als sie erleichtert auf mich zu eilte.
„Nyra, mein Kind! Du siehst...", sie unterbrach ihre erfreuten Worte irritiert, als ich mit großen Schritten von ihr zurück wich. Ungewollt trieb mich mein Körper von ihr fort, sobald ich den Metallgeruch an ihr ausmachte. Ich konnte erkennen, wie etwas in ihr brach, als ich mich von ihr entfernte. Bevor mich dieser niedergeschlagene Ausdruck einholen und verfolgen konnte, erklärte ich die automatische Reaktion meines Körpers.
„Ich freu mich auch dich zu sehen, Mutter! Aber könntest du womöglich deine Waffen ablegen? Meine Instinkte erlauben es mir zurzeit nicht zu nah an bewaffnete Elfen zu treten. Unwichtig wer sie sind", murmelte ich unsicher und versteckte mich dabei etwas hinter Conan. Dieser lachte wegen meiner Worte und Orimas verdutzten Blick auf.
„Ja, das hat sie bei mir auch verlangt", bestätigte er dann meine Forderung. Orima zögerte noch kurz und wirkte dabei sehr irritiert. Doch dann legte sie ihre Waffen einige Meter weiter weg in eine kleine Nische. Sobald sie wieder vor uns stand, stürmte ich den Schmerz ignorierend, vor und schmiss mich um ihren Hals. Ein Gefühl von Schutz und Ruhe überkam mich. Orima war schon immer ein starker Anker in meinem Leben gewesen und so konnte ich auch nicht verhindern, dass mir wenige Augenblicke später die Tränen über die Wangen flossen.
Schniefend presste ich mein Gesicht in ihre Halsbeuge, schlang meine Arme so fest es ging um sie und versuchte mich bei ihr vor allem Bösen auf dieser Welt zu verstecken. Schluchzer schüttelten meinen Körper, als sie ihre kräftigen Arme um mich legte und mich fest an sich drückte. Die Vorstellung, solche Umarmungen in Zukunft zu missen, ließ mich noch stärker weinen. Einige Minuten später, in denen ich mich nur langsam beruhigte, drückte sie mich langsam von sich weg.
Ein sanftes Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. Die geröteten Augen und die getrockneten Spuren auf ihren Wangen deuteten auf eine ähnliche Trauer hin. Ihr Lächeln wandte sich jedoch bald einem besorgten Blick, als sie mich musterte. „Du siehst grauenvoll aus", murmelte sie schließlich unzufrieden.
Ich lachte leise auf. „Ich weiß. Es wirkt fast so, als wäre ich von einer riesigen Kugel von dem Himmel geschossen worden", scherzte ich und brachte meine Mutter somit zum Lächeln, was mich wiederum beruhigte, da sie nun nicht mehr zu ernst drein blickte. „Darf ich mir deine Wunden mal anschauen?", bat sie mich vorsichtig und ich nickte lächelnd. Orima hatte viel Erfahrung im Bereich der Medizin. Immerhin war sie eine der ältesten Heilerinnen in Foralys. Ich lächelte in Erinnerung an meine vielen Fluchtversuche von ihr, sobald ich verletzt war. „Jetzt weißt du endlich, warum ich jedes Mal weg gerannt bin, anstatt mich von dir verarzten zu lassen", bemerkte ich amüsiert. Sie lachte verbittert auf.
„Du hättest mir sagen sollen, was dich...".
„Mutter! Ich möchte jetzt nicht darüber sprechen", unterbrach ich sie warnend. Ich musste Conan nicht unter die Nase reiben, wie sehr mich mein zweites Ich zerstört und wie sehr mich die Sorgen und Ängste über all die Jahre geplagt hatten. Orima verstand schnell, auf was ich anspielte und schwieg. Die Stille auf der Lichtung hielt jedoch nicht lange. Genau genommen nur, bis sie den Verband von meinen Schultern löste. Während Orimas darauf folgenden Ausbruchs wünschte ich mir, woanders sein zu können und auch Conans Gesichtsausdruck nach zu urteilen war er kurz davor zu fliehen.
„Conan!!". Ihre wütender Schrei hallte laut durch die Schlucht und ließ uns beide zusammen Zucken. Schnell hatte sich die Elfe, die mich aufzog, von mir gelöst und stürmte mit vom Zorn erschwerten Schritten auf meinen Begleiter zu.
„Hattest du nicht davon gesprochen, ihre Wunden seinen nur halb so wild?! Hast du denn überhaupt nichts gelernt in der Ausbildung?! Wo warst du mit deinem Kopf, als du sie verbunden hast?! Wahrscheinlich hast du die Schultern nicht einmal vernünftig verbunden! Du kannst doch nicht einfach ein Tuch über einen solch große und breitflächige Wunde legen! Möchtest du, dass sie sich entzündet?!".
Ich schluckte laut und zog schuldbewusst den Kopf ein. Etwas anderes blieb einem auch nicht übrig, wenn Orima wie eine wild gewordene Tigermutter brüllte, die gerade ihr Junges verteidigte. Da ich jedoch nicht zulassen konnte, dass der Elf für etwas Ärger bekam, was er nicht zu verschulden hatte, entwich mir ein leises: „Das war dann wohl meine Schuld", bevor ich überhaupt darüber nach denken konnte. Rasend schoss ihr wütender Blick zu mir, sodass ich ängstlich zurück wich. Auch Conan war durch ihren plötzlichen Ausbruch erblasst.
„Ich bin enttäuscht von dir, Nyra! Du hättest das besser wissen sollen! Immerhin hab ich dir oft gezeigt, wie du allerhand Verletzungen behandeln musst! Aber anscheinend brauchst du einen Auffrischungskurs! Denn mit derartig viel Unwissen, lasse ich dich nicht gehen! Und Conan! Für dich gilt das Gleiche! Du hättest die Splitter rausziehen sollen! Was hast du dir dabei bloß gedacht?! Soll das Holz mit in ihre Haut einwachsen? Ich möchte erst gar nicht wissen, was du mit den anderen Wunden getan hast! Also wirklich! Ihr könnt doch nicht glauben, dass ich euch so unvorbereitet losziehen lasse!
Aber zu erst, Conan, holst du dir und Nyra aus der Tasche neue Kleidung! Ich habe auf dem Weg hier her einen kleinen Wasserfall entdeckt. Dort könnte ihr euch von dem Schmutz reinigen. Also los!", befahl sie, nun wieder etwas ruhiger, aber immer noch beängstigend bestimmt. Doch Conan wollte trotzig wieder sprechen. Bevor ihm das jedoch gelang, fuhr Orima wieder zu ihm herum. Der Blick, den sie dabei ausstrahlte, schien Conan davon zu überzeugen, dass es das Beste wäre nun einfach ihren Befehlen zu folgen. Ich kannte diesen Blick und er war nur zu beängstigend.
In der Zeit in der Conan fort war, besah Orima meine weitere Wunden. Das konzentrierte Schweigen, in welchem sie sich dabei befand, ließ die Schlucht, angesehen von dem Rauschen des Windes, in Schweigen verfallen. Es dauerte nicht lange, da holte sie aus dem Nichts einige kleine Werkzeuge hervor, die ich nicht selten zu Daphne hatte bringen müssen.
Fokussiert griff sie eine kleine schmale Zange und begann, ohne mich vor zu warnen, kleine Stücke aus meinem Rücken heraus zu reißen. Es müssten die Splitter sein, von denen sie gesprochen hatte. Um das Brennen, welches dadurch entstand, zu ignorieren biss ich meine Zähne fest zusammen und wartete auf Conans Rückkehr. Da Orima es als Heilerin gewohnt war, hatte sie auch kein Problem damit, mich aufzufordern auch noch mein Top auszuziehen und schnell die Schnüre aufzuwickeln, welche ich immer macht, um die Bandage um meine Oberweite herum an Ort und Stelle zu halten. Mich etwas unwohl fühlend, drückte ich den ebenso schwarzen Stoff mit meinen Händen an meine Brust und nahm kurzerhand auch noch mein Top hinzu, während Orima nun meinen ganzen Rücken verpflegte.
Die Situation wurde für mich nicht angenehmer, als wenige Minuten später Conan um die Ecke trat. Als er dabei meine Situation erkannte, weiteten sich erschrocken seine Augen und er drehte sich schnell um.
„Gewöhnt euch daran!", bemerkte meine Mutter plötzlich schnaubend. Irritiert blickten sowohl ich, als auch Conan zu ihr, wobei der Elf tunlichst meinen Blick mied. Ohne das einer von uns nachfragen musste, antwortete sie uns. „Ihr werdet euch auf der Reise vermutlich noch häufiger gegenseitig verarzten müssen! Also Conan, komm her!". Unsicher blieb er jedoch stehen, bis Orima ihn auffordernd ansah und ihm nichts anderes übrig blieb, als um mich herum zu laufen.
„Nimm die Pinzette", befahl sie ihm, sobald er da war. Der kurzen Stille nach zu urteilen, zögerte er erneut, bis er sich wieder bewegte und Orima ihm Anweisungen gab, wie er die Splitter heraus zu ziehen hatte. Dass ich dabei sein Versuchsopfer war, schien sie nicht im geringsten zu verärgern. Trotz der unangenehmen Situation, da Conan nun meinen vollkommen frei gelegten Rücken erblickte, zwang ich mich, Orimas Beschreibungen zu folgen. Dies stellte sich jedoch als schwerer heraus, da er vor allem zu Beginn noch etwas grob handelte. Bei seinem ersten Versuch presste er die Pinzette so fest in mein wundes Fleisch, dass ich ein erschrockenes Aufstöhnen nicht verhindern konnte.
Gleichzeitig spannte ich meinen gesamten Rücken an, wodurch er erschrocken zurück wich. Meine Mutter hatte dafür nur ein lautes Seufzen übrig, bevor sie ihn genau dazu anleitete, mir die einzelnen Splitter heraus zu ziehen, von denen ich nicht einmal bemerkt hatte, dass sie dort waren. Als die Torturen fertig waren, seufzte ich erleichtert auf. Orima gönnte mir jedoch keine lange Pause. Gemeinsam mit Conan zerrte sie mich zu dem kleinen Wasserfall, von dem sie gesprochen hatte. Um den Bach, der den ganzen Weg der Schlucht hinunter plätscherte, hatte sich ein kleiner sehr klarer See gebildet. Das Wasser daraus bahnte sich in die entgegengesetzte Richtung aus der wir kamen, einen weiteren Bach. Es war die perfekte Stelle um sich zu waschen.
Genau das schien auch Orima im Plan gehabt zu haben, denn sie schob mich sanft in die Richtung des Wassers. „Du gehst dich zuerst sauber machen. Dann kann ich dir deine Wunden verbinden. In der Zwischenzeit kann ich mit Conan den weiteren Plan besprechen. Natürlich außerhalb des Sichtbereiches. Wenn du fertig bist, werden wir dann das Gleiche tun. Danach zeige ich euch beiden noch einmal, wie ihr Wunden vernünftig verbinden könnt. Verstanden?".
Ihre Frage, war weniger eine Frage, sondern ein Aufruf, das zu tun, wozu sie uns aufforderte. Denn statt auf eine Antwort zu warten, reichte sie mir meine Kleidung, die ich etwas überfordert mit einer Hand annahm und verschwand daraufhin mit Conan in der Schlucht. Etwas paranoid blickte ich mich vorsichtig um und versuchte mögliche Beobachter zu erkennen, bevor ich aufgab und den Befehlen meiner Mutter folgte.
Das Wasser des kleinen Sees war kühl und veranlasste mich dazu schnell meinen ganzen Körper zu reinigen. Meine Sachen hatte ich am Rand gelassen und war dankbar, dass Conan auch an ein Tuch zum abtrocknen gedacht hatte. Ich beeilte mich dabei, das Fett von meiner Kopfhaut zu schrubben und fühlte mich am Ende schon sehr viel besser. Wieder angezogen und mit nassen Haaren, ging ich wieder zurück und schickte nun Conan zu einem Bad. Orima Verband in der Zeit all meine Wunden und rührte gemeinsam mit den Kräutern, die Conan scheinbar aus der Höhle geholt hatte, verschiedene Tinkturen an. Als Orima gerade mit meinem Arm fertig war und ich mein Hemd wieder anzog, kam auch Conan zurück.
„Das Wasser war eisig kalt", beschwerte er sich immer noch zitternd. Orima jedoch ignorierte ihn schlicht und forderte uns dazu auf, uns hinzu setzen. Die folgenden Stunden bestanden aus einem ausführlichen Kurs über Heilmethoden und wie wir uns gegenseitig bei verschiedenen Verletzungen helfen konnten. Wie Orima gesagt hatte, kam mir das meiste davon bereits bekannt vor, doch ich beschwerte mich nicht über eine Wiederholung, vor allem, da mir nun das Wissen sehr nützlich vor kam. Auch Conan achtete auf die Worte meiner Mutter. Der Tag endete für uns, als Orima meinen Begleiter vor schickte und ihren eindringlichen Blick erst mir zu wandte, als Conans Schritte verklungen waren.
„Er erwartet, dass ihr morgen früh abreisen werdet", begann sie dann ohne zu zögern. Anhand ihres Tons erkannte ich, wie unzufrieden sie war. Doch es leuchtete mir nicht ein, was sie derartig stimmte. Ihr Augen wanderten auffällig meinen Körper entlang. „Ich habe gesehen, wie du dich bewegst! Du hast Schmerzen. Am ganzen Körper. Der Muskelkater, von dem du sprachst, scheint schlimm zu sein. Schlimm genug, dass du ihn womöglich mehr als nur zwei Tage ausruhen solltest! Wenn ihr morgen aufbrecht, wirst du kaum mit Conan mithalten können. Du wirst euren Plan aufhalten und letztendlich werdet ihr von den Truppen geschnappt! Und falls ihr es doch noch durch ein Wunder schafft, würden die Strapazen für deinen Körper bleibende Schäden mit sich ziehen. So sehr ich dich auch in Sicherheit wissen möchte. Ein derartig früher Aufbruch, hätte schlimme Folgen für dich".
Eindringlich blickte Orima mich an, schien darum zu flehen, dass ich nicht wie sonst überstürzt handelte. Doch sobald sie das Problem angesprochen hatte, bildete sich bereits ein Plan in meinem Kopf. „Bis wann sollte ich mich noch ausruhen?", hakte ich nach, um die Information in meine Idee einzuarbeiten. Überrascht darüber, dass ich ohne zu zögern auf sie hörte, stockte sie kurz bevor sie antwortete. „Fünf Tage. Das ließe euch somit nur noch zwei Tage, um vor dem Ablauf der Frist zu fliehen".
„Gut. Lass mich mit Conan sprechen. Ich weiß wie ich das Problem lösen kann".
„Gut". Sie wirkte erleichtert und der besorgte Ausdruck wich ein wenig von ihr. Leicht lächelte ich sie an, bevor ich mich erneut in ihre Arme warf. „Ich hab dich lieb", flüsterte ich leise, als sie ihre Arme vorsichtig um mich schloss. „Und danke für all die Hilfe heute!".
Ich spürte wie sie mich etwas fester drückte und ignorierte den Schmerz, der sich dabei durch meinen Rücken zog.
„Ich werde in den nächsten Tagen immer wieder einmal vorbei schauen, deine Wunden prüfen und euch Lebensmittel vorbei bringen. Vielleicht hat Lya auch hin und wieder Zeit, aber verlasse dich nicht darauf. Sie hat zur Zeit viel zu tun", murmelte Orima an meine Schultern. Ich nickte zittrig, drängte jedoch meine Tränen zurück. Ich sollte nicht so häufig weinen. Immerhin würde ich sie noch sehen. Es war noch nicht alles vorbei. Entschlossen drückte ich mich von ihr ab und grinste breit.
„Ich sollte mich dann mal daran machen, Conan davon zu überzeugen, dass wir morgen nicht auf unsere große Wanderung gehen", scherzte ich, vergnügt über seine Begeisterung, wenn er erfahren würde, was ich plante. Nun ließ auch meine Mutter von mir ab und funkelte mich belustigt an.
„Dann mach dich mal auf den Weg! Ich muss noch einige Kräuter für die Verwundeten sammeln". Leicht verbeugte sie sich zum Abschied und machte sie sich wieder auf den Weg zu ihren Waffen. Ich tat es ihr gleich und lief die wenigen Meter zurück zu unserer Höhle. Dabei überraschte Conan mich, welcher schmollend am Fuße des Abhangs saß. Als ich direkt neben ihn trat und nur fragend den Kopf schräg legte und die Stirn runzelte, seufzte er laut auf.
„Ich habe keine Lust noch einmal da hinauf zu klettern! Wir finden jetzt eine andere Höhle! Wir klettern noch einmal hinauf und holen unsere Sachen", entschloss er, ohne nach meiner Zustimmung zu fragen. Mit verschränkten Armen trat ich einige Schritte zurück.
„Diese Höhle bietet zwei Abtrünnigen, die auf der Flucht vor der Elfenarmee sind, den meisten Schutz. Sie können sie von oben nicht kaum betreten und den Abhang können auch nur Einzelne hinauf klettern. Ihre Schritte hallen gut hörbar durch den Stein, wenn wir im Inneren sind und die nächste Wasserquelle ist nicht weit entfernt", bemerkte ich, während meine Augen sich fest auf den Eingang haftete.
Als ich Conans Blick auf mir spürte, sah ich zu ihm. Ein wenig überrascht blickte er mich mit gehobenen Augenbrauen an. „Abgesehen davon hast du doch vor, unsere Reise morgen zu starten", bemerkte ich noch kurz, bevor ich die Schuppen über meinen Körper gleiten ließ und wenige Sekunden später schien mir der Abstand zu der Höhle bereits sehr viel geringer.
Conan starrte mich weiterhin an, als wäre ich nicht von diesem Planeten. Dennoch saß er in der gleichen Position, wie ich ihn erblickt hatte als ich um die Kurve getreten war. Wie er dort hockte, seine Arme um seine Knie und den Kopf darauf abgestützt, ließ mich lachen. Da meine Gesichtsausdrücke für mein zweites Ich jedoch sehr begrenzt waren, erklärte sich auch Conans entgeisterter Gesichtsausdruck. Es war wohl weiterhin kein schöner Anblick, wenn ein Schatten der Nacht seine Lefzen hoch zog.
Es entwich ihm ein heiserer Schrei, sobald meine rechte Klaue vorschoss und ihn sanft umgriff. Kräftig presste ich meine Hinterläufe in den Boden und drückte mich ruckartig ab. Mit meiner linken Vorderpfote krallte ich mich ein weiteres Mal an der Felswand fest und stieß mich ein weiteres Mal ab. Mit zwei großen Sprüngen, war ich auf dem Sims angekommen und ließ Conan wieder los.
Schnell wieder schrumpfend blickte ich auf ihn herab, da er nur regungslos auf den Boden saß und mit leerem Blick in die Luft starrte. Auch nach einigen Sekunden regte er sich nicht und ich fragte mich, ob ich ihn dadurch kaputte gemacht hatte.
„Conan?", sprach ich ihn daher zaghaft an. „Alles in Ordnung?". Er regte sich weiterhin nicht.
Irritiert wedelte ich mit meiner Hand vor seinem Gesicht. Erst das schien ihn aus seiner Starre zu lösen, denn so schnell ein Elf konnte, sprang er auf, sodass ich überrascht zurück zuckte.
„Mach das nie wieder!", fauchte er mich sofort wild an. Sein Kiefer trat noch mehr hervor, als gewöhnlich und ließ mich vermuten, dass er wütend war. Ungewöhnlich wütend. Mit leicht schräg gelegtem Kopf sah ich ihm ruhig entgegen.
„Was? Dir deinen Aufstieg erleichtern?", hakte ich nach. Ich verstand nicht, was sein Problem war.
„Mich mit diesen Klauen packen! Ich kann zwar damit auskommen, wenn du als Elfe vor mir stehst und solange du mich nicht berührst und nichts machst, kannst du von mir aus auch als Monster vor mir stehen. Aber fasse mich nie wieder mit diesen Klauen an, die schon so viele Lebewesen umgebracht haben!".
Seine Worte hallten schrill in meinen Ohren nach und ich musste mir Mühe geben, mich meiner Verwandlung nicht hinzu geben. Er wusste nicht, wie sehr mich diese Worte zerstörten. Sie verletzten mich so sehr, das mir Tränen in die Augen schossen. Er warf mir Sachen vor, die ich nicht getan hatte. Diese Klauen, wie er sie nannte, hatten bis her nichts und niemanden getötet. Zumindest nicht direkt. Es verletzte mich, dass er mir Dinge vorwarf, in einem so wahr waren und zugleich nicht unwahrer sein könnten. Doch ich sagte ihm das nicht. Stattdessen wandte ich mich angespannt von ihm ab und schritt langsam in die Höhle hinein.
„Das sah aber ganz anders aus, als du von der Klippe gefallen bist", knurrte ich dabei. In dem Eingang der Höhle, blickte ich nochmals zu ihm zurück. Er stierte mir zornig entgegen.
Gleichgültig hob ich eine Augenbraue und hoffte ihn somit zu provozieren. Ich verhielt mich kindisch, das war mir bewusst. Doch seine Worte hatten alte Wunden aufgerissen. Gedanken, die ich lieber im hintersten Winkel meines Gehirns begraben wollte, statt weiter über sie nachzudenken. Conan antwortete nicht mehr auf meine Worte. Doch ich war noch nicht fertig. Wenn er nicht von mir als Drache getragen werden wollte, sollte er schlicht nicht mitkommen.
Ich zwang ihn zu nichts.
„Du solltest dich im übrigen daran gewöhnen, von mir getragen zu werden. Denn wir werden morgen nicht auf deine große Wanderschaft gehen. Wir werden in einigen Tagen los fliegen. Überlege dir in der Zeit, ob du es aushalten wirst, von einem Monster getragen zu werden", bemerkte ich felsenfest überzeugt und trat in die Höhle ein, um mir eine der Früchte klein zu schneiden und zu essen. Als ich mich gerade an die Dunkelheit gewöhnt hatte, echote Conans vor Entsetzen schriller Schrei in meinen Ohren nach.
„Bitte was?!".
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top