Kapitel 21 - Auf die alten Zeiten
Das Wetter war klar und das war das Schlimmste, was ihnen hätte passieren können. Sie wurden verfolgt. Shouta sah die Soldaten meist nur vom Weiten, wenn er Hidans und Kakuzus Spuren verwischte, und betete dafür, dass sie bald wieder kehrtmachten.
Diese Nacht mussten sie in einer Höhle verbringen. Shouta kam erst lange nach Einbruch der Dunkelheit zurück, zitternd vor Kälte und Erschöpfung.
„So kann das nicht weitergehen", sagte er und ließ sich auf den Boden fallen.
„Dann lass dir was einfallen", erwiderte Hidan.
„Was glaubst du, was ich versuche?"
„Ich kann auch nichts dafür, dass du scheiße geplant hast."
„Ich hab' nicht scheiße geplant", verteidigte sich Shouta, „würdet ihr nicht so durch die Gegen trampeln, müsste ich nicht dauernd hinter euch aufräumen."
„Ruhe", knurrte Kakuzu, „alle beide."
Hidan und Kakuzu begannen sofort zu streiten. Shouta ignorierte sie und zog den Mantel enger um sich.
„Ich habe einen Vorschlag", unterbrach Ára sie. „Also, wenn ihr einverstanden seid."
„Und was für einen?" Kakuzu sah hen misstrauisch an. Ára wich seinem Blick aus.
„Zu viert sind wir zu langsam. Ehrlich gesagt wärt ihr das auch zu dritt."
„Du musst nicht mitkommen", sagte Kakuzu.
„Ich weiß, aber ich kann eure Hilfe gebrauchen. Ich zahle auch!" Letzteres setzte Ára hastig nach. „Und Hidan, du und dein Gott werdet auf eure Kosten kommen."
Plötzlich war Shouta hellwach.
„Muss das schon wieder sein?", fragte er genervt.
Ára fauchte ihn an: „Ja, muss es!"
„Seid still." Kakuzu rieb sich die Schläfen. „Was schlägst du vor?"
Ára erzählte von hens Plan. Davon, wie hen die Adelshäuser gegen Sadao aufbringen wollte, von Verbündeten und von stinkreichen Adligen, die man ausplündern konnte. Hen wusste auch, wo Sadao sein Vermögen verwahrte. Die schwindelerregend hohen Summen überraschten selbst Shouta.
„Das klingt nach einer guten Idee", sagte Hidan und strich über seine Sense.
„Die Bezahlung stimmt", warf Kakuzu ein.
Sie diskutierten weiter, während Shoutas Magen schwer wurde. Sein Rücken schmerzte. Die Kälte, redete er sich ein. Es musste die Kälte sein.
„Wenn deine Mission erledigt ist, kannst du nachkommen, Shouta. Ich hätte dich gern dabei", sagte Ára. Shouta blickte auf, aber er konnte Ára nicht ansehen.
„Danach bin ich weg. Und ich komme nicht wieder."
„Dann hilf uns doch. Ein letztes Mal."
„Warum sollte ich?"
„Weil wir alle mit drinstecken", versuchte es hen. Shouta lachte trocken.
„Jetzt sind es wieder wir alle? Klang im Gildenhaus anders."
„Das ist nicht fair. Ich war auf deiner Seite und ich weiß, dass du dir nicht ausgesucht hast, dass Tada-"
„Sag seinen Namen nicht!"
„Schrei mich nicht an."
„Dann sag seinen Namen nicht!"
Es war ihm egal, dass Hidan und Kakuzu neben ihnen saßen. Vielleicht würde das Ára davon abhalten, ihn weiter in diese bescheuerten Pläne zu ziehen. Ára seufzte tief, was Shouta nur noch wütender machte.
„Schau, ich verstehe, dass du nicht begeistert von der Idee bist-"
„Dann ist ja alles geklärt", schnitt Shouta hen das Wort ab.
„Nein, ist es nicht. Du kannst nicht einfach so abhauen!"
„Ach ja? Wieso nicht?"
„Weil du dann nie erfahren wirst, ob Tadashi wirklich tot ist!"
Ára wirkte überrascht von sich selbst, das gesagt zu haben. Hen öffnete den Mund, überlegte, schloss ihn wieder. Diese Worte waren wie ein Messerstich. Shouta wurde schlecht.
„Wie meinst du das?", fragte er leise.
„Glaubst du nicht auch, dass Sakari oder Maija etwas wissen könnten?"
„Als ob die mir freiwillig was erzählen würden."
Áras Stimme wurde kühl und sicher, wie Sadaos damals: „Vielleicht, wenn du uns hilfst."
Shoutas Gedanken kreisten. Ára hatte immer behauptet, Tadashi sei tot, aber so sicher war hen sich anscheinend nicht. Tadashi lebte. Tadashi würde -
Als Shouta endlich antwortete, war seine Stimme brüchig: „Warum denkst du, dass sie was wissen?"
„Sie sind Sadao am nächsten. Wenn Maija nichts weiß, dann zumindest Sakari. Ich gebe dir mein Wort, dass ich sie dazu bringen werde, dir alles zu verraten. Vorausgesetzt, du hilfst uns."
Shouta wollte nur weg. Von Ára, von Orora, von allem.
„Ich lasse mich nicht erpressen."
„Ich erpresse dich nicht", antwortete Ára zu schnell, als dass es ernst gemeint sein konnte.
„Was soll das sonst sein?"
„Die Wahrheit."
„Scheiß auf die Wahrheit", zischte Shouta.
„Du willst dir diese Chance entgehen lassen?"
„Wenn du es so nennen willst: Ja."
„Dann erfährst du es nie!", versuchte es Ára. Hens aufgesetzte Ruhe war verschwunden. Shouta bekämpfte den Drang, einfach abzuhauen.
„Mir scheißegal, wenn ich erst mal hier weg bin."
Aber das war gelogen.
„Du bist so ein verdammter Feigling!", rief Ára.
Shoutas Angst wandelte sich zu Wut. Wenn Ára seine Antwort nicht akzeptierte, musste er andere Register ziehen.
„Weil ich nicht so hirntot bin wie ihr und in mein Verderben renne?"
„Wenn wir alle dabei sind, wird keiner von uns sterben!"
„Und was ist mit Nobu? Oder Ichiro oder Kazumi?", fragte Shouta. Sie alle hatten zu ihnen gehört und sie alle waren tot. Auch Nobu hatte von Gerechtigkeit geträumt. Nobu hatte leben wollen.
„Das heißt nicht, dass uns das auch passieren muss."
„Das glaubst du doch selbst nicht", spottete Shouta. Áras Stimme wurde hart.
„Du schiebst das immer vor!"
„Ich soll Nobus Tod vorschieben?" Shouta hob den Kopf und blickte Ára ungläubig an. Hen starrte aus dunklen, kalten Augen zurück.
„Ach, jetzt sind Ichiro und Kazumi egal?"
„Willst du mich verarschen?", fragte Shouta.
„Beantworte meine Frage!"
„Ist doch scheißegal! Es sind genügend gestorben."
„Du kannst dich wirklich wunderbar herausreden", sagte Ara höhnisch.
„Mindestens so gut wie du", entgegnete Shouta genauso höhnisch.
„Wo rede ich mich bitte raus?"
Shouta lachte. Er wollte es nicht, aber er konnte nicht anders.
„Die ganze scheiß Zeit!"
„Du bist bloß zu feige, um uns zu helfen!" Áras Stimme überschlug sich.
„Ich bin nicht feige!"
„Doch, bist du! Du hast dich immer einen Scheißdreck für andere interessiert!"
Shouta dachte an Nobu und sagte nichts.
„Siehst du?"
„Bitte!", rief Shouta. „Dann bin ich feige und dann sind mir die anderen egal, aber wenigstens kann ich noch weg!"
„Du lässt uns also im Stich, weil du abhauen kannst? Du hast deinen Clan! Du kannst irgendwo hin! Für uns gibt es außerhalb nichts! "
Ára klang den Tränen nahe und Shouta fühlte eine widerliche Befriedigung darüber. Sollte Ára doch weinen, hatte hen nicht besser verdient.
„Oh ja, ein Clan, der nicht mal weiß, dass ich existiere, ist echt das große Los! Die werden einen Schattenkriecher aus diesem Drecksloch von Reich sicher mit offenen Armen empfangen!"
„Das habe ich nicht gesagt", verteidigte sich Ára.
„Ach? Was dann?"
„Du weißt, worauf ich hinaus wollte."
Shouta wusste es nicht.
„Schwachsinn", sagte er.
„Du findest immer einen Grund, wieso du uns nicht helfen willst."
„Keiner von euch hat mir je geholfen!", brüllte Shouta.
„Das ist nicht wahr!"
„Ach ja? Du wusstest von Tadashi und die anderen wollten es nicht sehen!"
Jetzt auch war auch Shouta nach Weinen zumute, aber er konnte die Tränen zurückhalten.
„Wir waren Kinder, verdammt!"
Aber auch Shouta war ein Kind gewesen. Und bis auf Riku waren alle älter als er.
„Wo habt ihr mir dann bitte geholfen?"
Ára antwortete ihm nicht, aber Shouta hatte gerade erst angefangen: „Hättet ihr mir geholfen, ihn zu töten? Hättet ihr mir geholfen, meinen Clan zu finden?"
„Das ist nicht fair", sagte Ára leise.
„Ich kenne die Antwort", sagte Shouta, ohne auf hen einzugehen. „Habt ihr uns etwa geholfen, als wir fliehen wollten? Nobu wurde an irgendein scheiß Ninjadorf verschachert! Er ist tot, weil Sakari sein verkacktes Maul nicht halten konnte, und ihr habt alle zugesehen!"
„Das stimmt nicht!"
„Wie war es denn sonst?"
Ára antwortete nicht. Hens Augen waren glasig. Shouta wandte sofort den Blick ab. Er konnte nicht wütend bleiben, wenn er hen so sah.
„Nochmal: Was habe ich davon, für euch mein scheiß Leben zu riskieren?"
Shouta musste die Hände zu Fäusten ballen, damit Ára nicht sah, wie sehr er zitterte. Am liebsten hätte er einfach gekotzt.
„Rache, verdammt! Ohne Sadao hätte es Tadashi nie gegeben!"
„Deswegen fängst du mit diesem schwachsinnigen Plan an?"
„Ich wollte das alles erklären!"
„Hast du aber nicht."
Ára lachte schrill.
„Ist nicht meine Schuld, dass du dir jedes Mal das Hirn wegsäufst, wenn dir was nicht passt. Hättest du dich einmal zusammengerissen, hätten wir alles klären können, aber offensichtlich willst du, dass die anderen dich hassen!"
Das saß. Shouta rang nach Worten.
„Jetzt ist es meine Schuld? Yuuto hat zuerst das Maul aufgerissen!"
„Das ist kein Grund, so eine scheiß Show abzuziehen." Jetzt weinte Ára. Es fühlte sich nicht so gut an, wie Shouta erwartet hatte. „Hättest du dich nicht besoffen, hätten wir das regeln können."
„Ich-"
„Ruhe!", unterbrach Kakuzu sie donnernd.
Shouta zuckte so heftig zusammen, dass sein Nacken knackte und der Schmerz sich bis in seinen Arm ausbreitete. Es tat höllisch weh.
„Ich habe genug von eurem kindischen Streit. Hidan geht morgen mit Ára und wir beide suchen den Stein."
„Gut", sagte Shouta steif. Er fummelte mit zitternden Fingern die Decke aus dem Rucksack und rollte Matte und Schlafsack aus. „Dann haben wir das geklärt."
Ára tat es ihm gleich und sagte nichts mehr.
Shouta lag lange wach. Als er endlich einschlief, träumte er von Tadashi.
Der nächste Morgen war kalt und klar. Shouta drängte Kakuzu, möglichst schnell aufzubrechen. Sie trennten sich, ohne sich zu verabschieden. Während Ára und Hidan sich in Richtung Westen aufmachten, gingen er und Kakuzu weiter in Richtung Norden.
„Du bist schweigsam heute", sagte Kakuzu, nachdem sie Stunden nebeneinander hergelaufen waren, ohne auch nur ein Wort zu wechseln.
„Hm."
„Bist du konzentriert?"
„Natürlich", antwortete Shouta zu langsam, um überzeugend zu wirken.
„Sieht nicht danach aus."
„Schon gut, ich bin scheiße drauf, zufrieden?"
Kakuzu sah ihn an.
„Hab' mich mit Ára noch nie so gestritten, zumindest nicht mehr, seit wir Kinder waren." Shouta schlang die Arme um seinen Oberkörper. „Aber was hen da vorhat, ist scheiße."
Kakuzu schwieg.
„Ára kann vergessen, dass ich da mitmache", sagte Shouta und trat gegen eine Schneewehe, die unbefriedigend unspektakulär aufstäubte und zu Boden rieselte.
„Dann musst du nicht wütend sein und kannst dich auf deine Mission konzentrieren", erwiderte Kakuzu ruhig.
„Ja, kann ich."
„Dann ist ja alles gut."
„Schön", sagte Shouta und beschleunigte seinen Schritt. Er lief, ohne Spuren zu hinterlassen, doch es fiel ihm schwerer als sonst. Kakuzus Blick bohrte sich in seinen Rücken.
„Und ich war nicht der einzige, der getrunken hat. Wir saufen alle!", rief Shouta, ohne sich umzudrehen.
Zwei Tage vergingen. Sie kamen deutlich schneller voran als vorher und da es in der zweiten Nacht zu schneien begann, musste Shouta nicht mehr Kakuzus Spuren verwischen.
Es war dunkel, als sie die Hütte erreichten, und aus dem Schneefall war ein Schneesturm geworden.
Drinnen war es stockfinster und kalt. Er entzündete zunächst das Feuer, bevor er sich umsah und erkannte den Grund der Kälte: Eines der kleinen Fenster war zerbrochen. Irgendwer musste vergessen haben, die Läden zu schließen. Schnee lag auf dem Boden der Hütte und der Wind pfiff hinein.
„Ach scheiße", murmelte Shouta erschöpft. Ihm war nach Weinen zumute. Er wollte sich nur noch hinlegen und schlafen.
„Ich mach das", sagte Kakuzu. „Zieh das nasse Zeug aus und setzt dich hin."
Shouta nickte dankbar. Nach dem stundenlangen Marsch durch Kälte und Dunkelheit neigte sich sein Chakra dem Ende zu. Er zog sich den Mantel aus und schmiss ihn vor den Kamin, die Stiefel landeten daneben.
Kakuzu verschloss mit einem Erdjutsu das Fenster, zog sich den Mantel aus und die nasse Maske vom Gesicht.
„Auch Hose und Pullover."
Shouta grinste halbherzig. „Ich bin zu müde zum Ficken."
Kakuzu antwortete mit einem genervten Blick.
„Schon gut, hast Recht."
„Du brauchst Schlaf."
Shouta verdrehte die Augen.
„Ich bin auch müde", sagte Kakuzu ein wenig sanfter. „Ich glaube, heute Nacht müssen wir nicht Wache halten."
Trotz des Kaminfeuers zitterte Shouta. In der Hütte war es eisig und er war erschöpft. Er rollte sich zusammen und wickelte die Decke enger um sich, aber das half nicht. Kakuzu neben ihm seufzte schwer.
„Komm", sagte er, legte einen Arm um Shouta und zog ihn mühelos an sich heran.
Shouta zuckte zusammen, doch Kakuzus Hand auf seiner Brust hielt ihn zurück.
„Ruhig."
Shoutas Körper entspannte sich, doch sein Herz hämmerte gegen seine Brust. Kakuzus ruhiger, gleichmäßiger Atem in seinem Nacken.
Shouta schloss die Augen und hörte auf zu zittern. Diese Nacht war traumlos.
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Hallo! :)
Erstmal vielen Dank für's Lesen! Lasst doch ein Vote da, wenn euch das Kapitel gefallen hat. Ich freue mich über Votes genauso wie über Kommentare! :)
Außerdem will ich noch eben ankündigen dass es sein kann, dass im Sommer die Kapitel ein wenig unregelmäßiger kommen können. Auf Arbeit ist viel los, ich muss diesen Monaten an zwei Wochenenden arbeiten, es ist Urlaubszeit und das Krankenhaus, in dem ich arbeite, nimmt wieder den "normalen" Betrieb auf. Das heißt, es gibt auch mehr für mich zu tun!
Die paar freien Nachmittage will ich dann vielleicht mal mit anderen Dingen als mit Schreiben verbringen und die ganzen Leute treffen, die ich letztes und dieses Jahr kaum habe sehen können. Ich denke, da geht es uns allen ähnlich!
Habt ein schönes Wochenende und genießt das Wetter!
lg
euer Cato
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