Nur eine Nacht

Genervt legte sie das Handy weg und schaute auf den Bildschirm ihres Laptops. Schon wieder eine Absage. Die Jobsuche gestaltete sich schwieriger als erwartet.

Nach ihrem Studium hatte sie allerlei Praktika in den verschiedensten Marketing Unternehmen gemacht, aber übernehmen wollte sie letztlich keiner.

Na klar, dann müsste man sie ja auch bezahlen. Als unbezahlte Praktikantin war man überall gern gesehen, nur wenn man Geld wollte, sträubten sich auf einmal alle.

Seufzend klappte sie ihren Laptop zu und blickte aus dem Fenster. Regen prasselte gegen das Fenster und der erste Herbststurm trieb gelbe Blätter durch die Landschaft. Dieses Jahr hatte das Herbstwetter wirklich früh begonnen und es war für September erstaunlich kalt draußen. Eine neue Nachricht auf ihrem Handy ließ sie aufhorchen.

Brian hat dir eine Nachricht gesendet.

Neugierig öffnete sie die Datingapp und sah sich das Profil des Mannes an, der ihr geschrieben hatte. Jung, sportlich und gutaussehend. Genau ihr Beuteschema.

Lust auf ein Treffen heute Abend?, hatte er geschickt.

Sie musste nicht lange überlegen. Sie brauchte mal wieder Ablenkung und ein schnelles Date war da die beste Option.

Ja klar, wo?

Es dauerte einen kleinen Moment bis er antwortete.
Da hat ein neuer Club in der Innenstadt geöffnet. Ist ziemlich hochpreisig, aber ich lad dich ein.

Sympatisch, fand Lucy und sagte ihm direkt zu. Sie wusste schon genau, was sie heute Abend anziehen würde.

Das knappe rote Kleid, das sie heute zum ersten Mal tragen wollte, hatte sie sich eigentlich schon vor Ewigkeiten gekauft, aber bisher nie den passenden Anlass gefunden, um es aus dem Schrank zu holen.

Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass sie sich beeilen musste, wenn sie pünktlich zum Club kommen und sich vorher noch fertig stylen wollte.

~~~

Eine Stunde später stand sie geduscht, geföhnt, geschminkt und angezogen vor dem neuen Club, den ihre Datingbekanntschaft ihr beschrieben hatte.

Hastig ging sie auf den Eingang zu, als sie spürte, dass ihr der nun zu Nieselregen gewandelte Regen kalte Schauer auf den nackten Armen und Beinen verteilte.

Sie hätte sich eine Jacke mitnehmen sollen.

Zielsicher steuerte sie auf den Türsteher zu, der sie schon von weitem mit einem interessierten Blick musterte. Ihr Herz schlug etwas schneller in ihrer Brust, als sie an der langen Schlange vorbeiging und sich direkt vor den breiten Securitymann stellte.

„Ich bin ein Gast von Brian Sterling“, sagte sie und hoffte, dass die Information ausreichte, um zügig in den Club zu kommen. Ihr Date hatte ihr nur diese Information gegeben und ihr gesagt, dass sie damit hinein gelangen würde.

Der Türsteher betrachtete sie einen Moment lang prüfend. Ihr Puls raste bis der Mann kurz nickte und einen Schritt zur Seite trat. Sie war froh, dass sie nicht in irgendwelche Diskussionen verwickelt wurde und huschte schnell an ihm vorbei, hinein in die Wärme der Clubluft.

Sobald sie den Club betrat, spürte sie die wummernden Bässe der Musik im ganzen Körper. Draußen hatte man die Musik nur leise gehört, aber hier drinnen war sie laut und elektrisierend.

Alles in ihr drängte sie auf die Tanzfläche.

An der Garderobe gab sie nichts ab, checkte aber ihr Outfit in einem bodenlangen Spiegel. Ihre Frisur saß und sie gefiel sich heute gut. Der perfekte Abend, um jemanden kennenzulernen.

Lucy checkte ihr Smartphone, musste jedoch feststellen, dass sie keine neuen Nachrichten erhalten hatte. Sie tippte auf die Datingapp, um sich das Bild von Brian anzusehen.
Wie sollte sie ihn sonst finden?

Einen Treffpunkt hatten sie nicht ausgemacht. Der Ladebildschirm zeigte einen sich drehenden Kreis. Er drehte und drehte und drehte. Das Bild erschien nicht.

Sie seufzte und steckte das Handy wieder in ihre kleine schwarze Umhängetasche. Dann musste sie wohl versuchen, Brian zu finden, ohne ihn sich nochmal anzuschauen.

Sie wusste noch, dass er ein freundliches Lächeln, blonde Haare und eine sportliche Figur hatte. Und das wars auch schon.

Erstmal brauchte sie einen Drink.

„Einen Caipi bitte“, bestellte sie beim Barkeeper.

Während ihr Drink gemixt wurde, blickte sie über die Tanzfläche. Die Bässe ließen den gesamten Raum vibrieren und die Scheinwerfer sorgten für ein regelrechtes Lichtspektakel.

Der Club war voll. Die Menschen feierten ausgelassen dicht an dicht, machten hemmungslos Party. Die Luft war ziemlich stickig und künstliche Nebelschwaden zogen um die Beine der tanzenden Masse.

Lucy warf einen Blick nach oben und stellte fest, dass der Club aus zwei Etagen hatte. Die zweite Etage bestand aus einer Balustrade, von der aus man auf die riesige Tanzfläche hinunterblicken konnte.

„Hier bitte, dein Drink“

Sie bedankte sich, legte dem Barkeeper das Geld auf den Tresen, nahm sich ihr Getränk und entschied sich dazu in die zweite Etage zu gehen, um einen besseren Überblick zu haben. Vielleicht konnte sie Brian ja so besser ausfindig machen. Hier unten würde sie ihn nämlich niemals finden.

Mit dem Drink in der Hand schob sie sich an der Tanzfläche vorbei zwischen Gruppen von lachenden und trinkenden Menschen hindurch. Die Stimmung war ansteckend und sie hatte fast die Hälfte ihres Drinks ausgetrunken, schon bevor sie den Fuß der Treppe erreicht hatte.

Mit einem Lächeln auf den, mit Alkohol benetzten, Lippen stieg sie die Stufen hinauf und fand sich auf einer Art Galerie wieder von der aus sie einen guten Blick auf die Tanzfläche und die DJ-Bühne hatte.

Hier oben war es ruhiger, die Stimmung war nicht ganz so partyfreudig wie unten. Die Fläche, die um einiges kleiner war als das Erdgeschoss, war mit vielen gemütlich aussehenden Sitzgelegenheiten gefüllt. Überall standen dunkelrote Gruppen von Samtsofas, auf denen sich Leute unterhielten und tranken.

Lucy ging zwischen den Sofas hindurch, vorbei an einem knutschenden Pärchen und einer Gruppe Jugendlicher, die ein Trinkspiel spielten und aussahen, als wären sie eigentlich zu jung, um diesen Club betreten zu dürfen.

An der Balustrade angekommen, sah sie nach unten und versuchte in dem Gewirr aus wedelten Armen, tanzenden Körpern und künstlichem Nebel einen blonden, männlichen Haarschopf auszumachen.

Wie sie feststellen musste, gab es mehr als einen Haarschopf, auf den diese Beschreibung zutraf.

Hätte sie sich eigentlich denken können.

Sie nahm einen großen Schluck aus ihrem Caipi und stellte das Glas dann auf der Brüstung ab, um ihr Handy aus der Tasche holen zu können. Immer noch keine Nachricht von Brian.

Wo finde ich dich?, tippte sie.

Sie bezweifelte, dass die Nachricht bei dem schlechten Empfang ankommen würde, aber einen Versuch war es wert.

Sie beschloss, dass sie aus diesem Abend das Beste machen musste, auch wenn sie ihr Date nicht fand und machte sich auf den Weg zur Treppe, um auf die Tanzfläche zu gelangen.

Sie griff nach ihrem Glas, drehte sich um und rannte fast in jemanden hinein.

Im letzten Moment konnte sie den Inhalt ihres Glases davon abhalten auf dem Hemd des Mannes zu landen, der vor ihr stand.

Erschrocken blickte sie auf und sah in ein Gesicht, das ihr vage bekannt vorkam.

„Hey, alles okay bei dir?“, wollte er wissen.

Blonde Haare, nettes Lächeln, sportliche Figur und er kam ihr bekannt vor.
Sie lächelte ihn strahlend an.

„Hi, ich glaube wir wollten uns hier treffen“, sagte sie.

Er runzelte leicht die Stirn, bevor sich sein Blick hellte.
„Oh, ach du bist das, ich hatte mit jemand anderem gerechnet“, meinte Brian, was Lucy ein wenig verwirrte.

Sie lachte leicht nervös.
„Wen außer mir erwartest du denn noch?“, fragte sie und hoffte insgeheim, dass er sich nicht mehrere Frauen in den Club bestellt hatte. Auf solche Spielchen hatte sie keine Lust.

Der DJ spielte gerade ein neues Lied an, dessen Melodie und Bässe ein Feuer in Lucy entfachten. Musik war schon immer ihre Leidenschaft. Sie liebte es, sich zu den Klängen zu bewegen, sich der Musik einfach hinzugeben.

„Du hast auf den Bildern älter ausgesehen“, sagte Brian.

Im nächsten Moment schien ihm die unbewusste Beleidigung bewusst zu werden, denn er setzte zu einer Entschuldigung an. Lucy lachte und winkte ab.

„Macht nichts, wir haben uns ja trotzdem gefunden“, sagte sie gut gelaunt.

Die Musik war inzwischen zu ihrem lauten Höhepunkt gekommen und Lucy bewegte instinktiv leicht die Hüften im Takt. Brian sagte etwas, aber außer, dass er die Lippen bewegte, konnte Lucy nichts wahrnehmen.

Als er sich vorbeugte, um in ihr Ohr zu sprechen, fiel ihr auf wie groß er eigentlich war. Selbst mit ihren High Heels blieb sie mindestens 20 Zentimeter kleiner als er.

„Wollen wir tanzen gehen, bevor wir zum Ernsten übergehen?“, fragte er und sie spürte seinen warmen Atem über ihr Ohr streichen. Eine wohlige Wärme breitete sich in ihr aus. Seine Stimme war tief und angenehm.

Zum Ernsten übergehen? So hatte bisher auch noch niemand eine bevorstehende Nacht mit ihr beschrieben.

„Liebend gern“, antwortete sie.
Er bot ihr seine Hand an und sie legte ihre Finger hinein. Seine Hand war groß und warm. Er warf ihr ein weiches Lächeln zu und führte sie die  Treppe hinunter.

Sie dachte eigentlich, dass durch ihr Datingprofil klar war, was sie wollte. Da musste er nicht drumherumreden, aber ihr gefiel wie er mit ihr umging.

Die Musik pulsierte im Rhythmus ihres Herzschlags und auch Brian schien von den Klängen magisch angezogen zu werden. Der DJ war gut und die Musik genau nach ihrem Geschmack.

Laut, elektrisierend und mit so starken Bässen, dass ihr ganzer Körper vibrierte.

Er zog sie mitten auf die Tanzfläche und legte eine Hand auf ihren Rücken.

Sie musste ihren Kopf in den Nacken legen, um in sein Gesicht sehen zu können. Sein Körper drückte sich in der Masse der Tanzenden gegen ihren.

Er fing an, sich zur Musik zu bewegen und ganz instinktiv tat sie es ihm gleich. Sie wollte etwas sagen, aber wusste nicht so recht, was, also lächelte sie ihn einfach an.

Und er, er blickte mit einem umwerfenden Lächeln zurück und sie wusste, dass diese Nacht etwas Besonderes werden würde.

Hallo ihr Lieben,
ich habe mich dazu entschieden mich mal an einem neuen Projekt zu versuchen. Es ist schon eine Weile her, dass ich geschrieben habe, also nehmt es mir nicht übel, dass ich ziemlich aus der Übung bin. Ich gebe mein Bestes, bin aber für alle Verbesserungsvorschläge dankbar und offen. Updates werden vermutlich alle drei bis vier Tage kommen und ich versuche die Kapitel möglichst in der Länge zu halten wie auch das erste Kapitel ist (ca. 1600 Wörter). Habt viel Spaß beim Lesen, Voten und Diskutieren!
Eure Luisa

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