Erwachen in Askaban (Sirius Black)
Und noch ein One Shot. :) Diesmal von Sirius, wie er in Askaban einsitzt. Hach~ ich werde immer noch traurig, wenn ich an sein Ende denke... *schnief* Aber es hat Spaß gemacht, das zu Schreiben!
Ich hoffe, ihr habt auch ein bisschen Spaß beim Lesen! :)
Sirius starrte apathisch auf die Wand seiner Zelle, wie er es schon seit ungezählten Tagen, Wochen, Monaten.... ja sogar Jahren tat. Der Gefangene wusste nicht einmal genau, wie viele Jahre es waren - irgendwann hatte die Zeit in diesen Mauern einfach ihre Bedeutung verloren und es gab nichts, das ihren Platz hätte einnehmen können.
Andere Gefangene kamen und gingen - die meisten in Säcken. Lebend kam nur sehr selten jemand hier raus. Und in der Zwischenzeit zwischen dem Kommen und Gehen schrien sie sich Nachts in den Schlaf oder flehten ihre seelenlosen Wächter um Gnade an. So lange bis sie ganz allmählich leiser wurden, bis sie nur noch murmelnd in ihren Zellen saßen oder ganz verstummten und schließlich aufhörten zu atmen. Sirius hatte das schon oft gesehen und gehört, doch es fehlte ihm jegliche Empathie. Jede Gefühlsregung wie Bedauern oder Mitgefühl wurde augenblicklich und gierig von ihren Wächtern aufgesogen, sodass neben der Abwesenheit der Zeit nur eine weitere Leere zurückblieb: Die Abwesenheit der Gefühle, die ebenfalls durch nichts ausgefüllt werden konnte.
Manchmal an Tagen wie diesen versuchte Sirius sich aktiv an die schönsten Jahre seines Lebens zu erinnern - an Remus und James (Peter strich er konsequent und erfolgreich aus seinen Gedanken), Dinge von denen er wusste, dass sie ihn einmal glücklich gemacht hatten: Die Potters, die ihn wie einen zweiten Sohn aufgenommen hatten, Unterrichtsstunden wie damals, als sie so viel Mist gebaut hatten, dass McGonagall ihnen allen so ein witziges Gedankenspiel aufgetragen hatte oder die Hochzeit von James und Lilly, die in diesen dunklen Zeiten wie ein heller Lichtstrahl für ihren gesamten Freundeskreis gewesen war. Oder seinen ersten Kuss, den er so derbe verkackt hatte, dass er niemanden - nicht einmal James - davon hatte erzählen können. Doch all das verschwamm und verblasste zu grauen, leblosen Erinnerungen, die keinerlei Emotion mehr in ihm auslösten und die allgegenwärtige Kälte in seiner Seele aber auch in Askaban an sich nicht vertreiben konnten.
Es war zum Verzweifeln. Könnte er sich nicht in einen Hund verwandeln, wäre er vielleicht auch schon in einem Sack hier heraus getragen worden. Doch Sirius zerbrach trotz allem nicht, er konnte einfach nicht aufgeben. Hätte ihn jemand danach gefragt, er hätte wirklich nicht sagen können, was ihn halbwegs bei Verstand und am Leben hielt. Vielleicht war es der Gedanke an seine Unschuld. Oder der Gedanke an sein Patenkind. Aber es war auch egal. Denn natürlich fragte ihn keiner. Er hatte nie Besucher in seiner Hochsicherheitszelle und die Wärter waren nicht gerade das, was man als "redselig" bezeichnen könnte. So blieb ihm nur, die Wand anzustarren, von der er nach all den Jahren mittlerweile jeden einzelnen Quadratzentimeter kannte, und sich manchmal zu fragen, was die anderen langjährigen Gefangenen am Leben hielt.
Bellatrix Lestrange zum Beispiel, seine Cousine, die er manchmal nachts hörte, wie sie mal leiser, mal lauter nach ihrem Meister rief. Oder Antonin Dolohov, der immer stumm und nahezu reglos in seiner Zelle saß, sodass manche ihn schon mehr als einmal für tot hielten, bis er sich ganz plötzlich doch wieder regte. Doch ein Blick in dessen eingefallenen Augen würde jeden bestätigen, dass auch er noch nicht zerbrochen war.
Seufzend langte Sirius mit ausgezehrten Fingern nach dem bisschen Essen, das ihm wie jeden Tag gebracht worden war. Lustlos begann er darauf herumzukauen, als das Klicken einer sich öffnenden Tür seine Aufmerksamkeit auf sich zog. In der Monotonie des Hochsicherheitstraktes war das ein Geräusch, das eine sofortige Stille nach sich zog. Jeder Insasse kannte das Geräusch DIESER Tür. Der Tür nach draußen. Der Gefangene konnte nicht anders, als den Blick zu heben, um zu sehen, wer oder was da den Gang entlangkommen würden. Sogar seine Wärter wirkten etwas unruhiger... Grund genug, dass sich ein ganz kleines Fünkchen seiner alten Neugierde regte.
Sirius wurde nicht enttäuscht, denn es waren keine Dementoren, die eine neue, wimmernde Seele hier herein schliffen. Es war ein Nadelstreifanzug-Träger, der sorgfältig von zwei Auroren flankiert wurde. Das konnte nur eines bedeuten: Hoher Besuch. Die jährliche Visite des Gefängnisses durch den Zaubereiminister - wie auch immer der gerade heißen mochte. Ein abgewetztes, freudloses Grinsen zuckte über Sirius' Gesicht, als er die beiden beschworenen Patroni sah, die kreisförmig um die kleine Gruppe herum patrouillierten, um die Wärter auf Abstand zu halten (ein silbern schimmernder Luchs und ein... Alpacka? Was es nicht alles gab...). Oh, was hätte Sirius dafür gegeben, nur 10 Minuten in diesem abgeschotteten Kreis zu sein, nur weg von dem immer zehrenden Einfluss der Dementoren...
Doch natürlich würde das niemals passieren. Dennoch schien sein Starren die Aufmerksamkeit des Ministers auf sich zu ziehen, denn als der Anzugträger, seine Zelle passierte, blieb er überrascht stehen und begegnete Sirius' Blick. "Mr. Black", wurde er höflich begrüßt und der Gefangene konnte sich ein spöttisches Schnauben nicht verkneifen. "Minister", grüßte er wie selbstverständlich zurück, als würde er zu einem Ebenbürtigen sprechen, was den Anzugträger nur noch mehr zu irritieren schien. "Ist schon wieder ein Jahr um, dass Sie uns mit Ihren Besuch beehren?" Sirius Stimme klang kratzig und heiser, da er sie nur sehr selten benutzte, doch er wollte seinem Gegenüber nicht die Genugtuung geben, dass er sich räusperte oder gar hustete. Und anscheinend hatte die kleine Farce Erfolg, denn während die Auroren ihn stumm und mit ausdruckslosen Gesichtern beobachteten, kam der Minister ins Straucheln, was Sirius einen Hauch bitterer Genugtuung verschaffte. "Äh... ja, Mr. Black... in der Tat. Die Zeit fliegt, nicht wahr?"
Bei diesen Worten fiel es Sirius nicht schwer, ein freudloses Lächeln auf sein Gesicht zu zwingen. Denn an diesem Ort, wo Stunden wie Jahre und Jahrzehnte wie Stunden sein konnten vom "verstreichen der Zeit" zu sprechen, klang für ihn, wie der blanke Hohn. Aber gut, wenn sein Gegenüber es so wollte: "Da haben Sie recht, Minister. Es kommt mir wie gestern vor, dass mich die Auroren hierher geschleppt haben..." Der Anzugträger erbleichte, doch ließ Sirius ihm keine Gelegenheit, sich zu erholen. "Aber Minister - ganz nebenbei: Haben Sie Ihre Zeitung schon durchgelesen?" Sirius' Blick, ebenso wie der des Anzugträgers wanderten zu der Zeitung, die aus dessen Aktentasche herauslugte. "Wenn Sie die nicht mehr lesen, würden Sie mir die vielleicht hierlassen?" Noch immer blieb sein Gegenüber stumm wie ein Fisch und Sirius erlaubte sich ein weiteres Lächeln, das keines war, da die Dementoren sämtliche Freude augenblicklich in sich aufsaugten, die darin vielleicht hätte liegen können. "Ich löse gerne Kreuzworträtsel..."
Endlich löste sich der Anzugträger mit einem knappen Nicken aus seiner Starre. "Äh... natürlich. Ich habe sie schon durch...", murmelte er und griff nach der Zeitung, die er Sirius durch die Gitterstäbe der Zelle hindurch reichte. Einen kurzen Augenblick lang, huschte der Alpacka-Patronus auch um Sirius herum, um den Minister vor dem unsichtbaren Einfluss der Dementoren zu schützen. Sirius schloss kurz die Augen, denn für einen Moment verschwand die Kälte in seinem Herzen und seiner Umgebung, an die er sich in all den Jahren schon so sehr gewöhnt hatte, dass er sie kaum noch wahrnahm. Es war wie einmal kurz Luftholen, um dann wieder in die Tiefen eines schwarzen, unendlichen Ozeans herabgezogen zu werden. Dann war der Augenblick vorbei, der Patronus wieder weg und der gierige, ewig-zehrende Einfluss der Dementoren wieder da. Und trotzdem: Ein paar Herzschläge lang hatte sich Sirius wieder wie ein richtiger Mensch gefühlt.
"Danke, Minister...", murmelte er und meinte damit nicht nur die Zeitung. Der Anzugträger nickte unwissend, während der Gefangene sich mit der Zeitung in das Innere seiner Zelle zurückzog und damit den Minister aus ihrer Unterhaltung entließ. "Keine Ursache, Mr. Black. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag..." Sirius war versucht diese irgendwie dumme Aussage mit einem gehässigem Kommentar zu erwidern. Doch man biss nicht die Hand, die einem gerade etwas Gutes getan hatte, nicht wahr? Also nickte Sirius nur brav und nahm auf seiner Bank Platz. "Vielen Dank, Minister. Ihnen auch."
Damit ging das Trio vor seiner Zelle weiter und Sirius meinte, einen erleichterten Ausdruck im Gesicht des Ministers zu sehen, ehe er sich mit seinem neuesten, viel spannenderen Besitz auseinandersetzte: Die Zeitung. Gierig breitete er sie vor sich aus. Oha - da stand es ja: Die Ankündigung, dass der Zaubereinminister Cornelius Fudge heute das Gefängnis Askaban inspizieren würde. So hieß der Mann also! Sirius hatte nicht die geringste Ahnung, welche Politiker oder berühmte Personen derzeit was taten oder ließen, geschweige denn, wie sie hießen. Aber immerhin hatte er nun einen Namen zu seinem Gesprächspartner von eben.
Sirius Blick flog interessiert über weitere Schlagzeilen und Anzeigen, ehe er bei dem großen Bild und dessen Überschrift in der Mitte der Titelseite hängen blieb: "Preisgewinner besuchen Ägypten!" Fast hätte Sirius den Artikel übersprungen und wäre tatsächlich erst einmal zu dem Kreuzworträtsel gewechselt, doch da fing etwas seine Aufmerksamkeit: Zwischen der Meute an winkenden Zauberern saß eine Ratte, die ihm nur allzu bekannt vorkam. Sirius Augen wurde schmal und er schob sich in einen helleren Winkel seiner Zelle, wo er das Bild noch genauer anstarrte. Doch es gab keinen Zweifel: Er kannte diese Ratte, der sogar ein Zeh in der Vorderpfote fehlte. Peter.
Dunkle Wut kochte in dem Gefangenen hoch. Da saß dieses Mistvieh seit Jahren bei einer Zaubererfamilie und ließ es sich gutgehen? Soso... Mit kaltem, mordlüsternden Blick begann er, den Artikel gründlicher zu lesen, wobei sich ein Satz in seinen Kopf einbrannten: Derzeit besuchen vier Kinder der Weasleys Hogwarts.
Da musste jetzt auch Harry sein. Rasch flog sein Blick zurück zu dem Bild. Der Junge, der Peter trug war in etwa Harrys Alter... Peter war also die ganze Zeit in Harrys Nähe. Sirius wurde regelrecht schlecht bei dem Gedanken und am liebsten hätte er geschrien oder sich übergeben oder beides und noch viel mehr. Doch der Gefangene tat nichts von all dem. Stattdessen ließ er sich nur ganz langsam wieder gegen die Wand seiner Zelle sinken und begann wieder die andere Wand anzustarren. Doch dieses Mal lag keine Apartheit, keine stumpfe Verzweiflung in seinem Blick.
Dieses Mal fühlte sich so klar, wie lange nicht mehr. Denn plötzlich wusste er ganz genau, was er tun musste: Er musste James' Sohn vor Peter schützen, bevor dieser auch noch den letzten Potter auslöschte, sobald der Wind sich wieder drehen mochte. Er musste hier raus. Er musste nach Hogwarts, ihn finden und töten. "Er ist in Hogwarts...", murmelte Sirius leise in die Stille seiner Zelle hinein.
"Er ist in Hogwarts."
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