Nur ein kleines Experiment
Kaya konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal so unaufmerksam gewesen war. Denn eigentlich war sie eine gute Zuhörerin, egal, ob es um die Schule oder ihre Freundinnen ging.
Als sie und Felicitas ausgemacht hatten, sich einige Tage vor Schulbeginn zu treffen, um gemeinsam den Stoff des Mathematikunterrichts anlässlich der anstehenden Klausur zu wiederholen, hatte Kaya sich auf einem entspannten Nachmittag auf der Dachterrasse gefreut.
Aber weit gefehlt.
Zunächst war alles wie immer gewesen. Die beiden hatten sich herzlich begrüßt, über Gott und die Welt geredet und waren schließlich zu den Matheaufgaben übergegangen.
Bis Kaya an der letzten Aufgabe verzweifelte.
"Bist du soweit, Kaya? Dann können wir unsere Ergebnisse vergleichen und uns gegenseitig Formeln abfragen." Auffordernd sah Felicitas sie an.
"Feli, kannst du mir die letzte Aufgabe bitte nochmal erklären? Ich versteh das nicht und ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass wir sowas überhaupt schonmal gerechnet haben!", jammerte sie.
"Komm rüber, ich zeige dir, wie's geht." Felicitas deutete mit dem Kinn auf den freien Platz neben sich.
Erleichtert sprang Kaya auf, unrundete den Tisch und setzte sich neben ihre Freundin auf die Bank.
Die fing sogleich an, ihren Lösungsweg Schritt für Schritt zu erklären. Kaya konnte nicht richtig erkennen, was Felicitas in ihrer Miniaturschrift auf das Blatt Papier schrieb, und rutschte deshalb nah an sie heran.
Sofort umfing sie Felicitas' typischer Duft. Er war ihr schon früher aufgefallen, aber Kaya hatte das Gefühl, ihn noch nie so intensiv wahrgenommen zu haben. Sie wusste nicht, was es war, Parfüm, Shampoo oder etwas anderes, aber dieser Duft war betörend und lenkte sie von allem anderen ab.
Es roch nach Zuhause, wie eine warme Tasse Tee vorm Kamin oder Butterkekse zu zweit auf der Dachterrasse.
"Hast du soweit alles verstanden?", riss Felicitas sie aus ihren Gedanken.
"Was? Ach so, ja, ich denke schon", log Kaya und versuchte, die aufkommende Röte zu unterdrücken.
"Na dann versuch es einfach nochmal, ok?", sagte Felicitas wenig überzeugt.
"Klar." Krampfhaft versuchte Kaya, sich auf die Aufgabe vor ihr zu fokussieren. Fest umklammerte sie den Bleistift und starrte auf die Zahlen und Buchstaben vor ihr. Aber so sehr sie sich auch konzentrieren und an die Erklärung ihrer Freundin erinnern wollte, es brachte nichts. Wahllos kritzelte sie irgendetwas auf das Papier, von dem sie hoffte, dass es zumindest in die richtige Richtung ging.
"Lass mich mal sehen, Kaya." Felicitas beugte sich über Kayas Blatt und studierte ihre Rechnungen mit gerunzelter Stirn.
Kaya hielt die Luft an, als Felicitas' wohliger Duft sie einzulullen drohte, und lehnte sich zurück.
"Na ja, es stimmt nicht ganz, was du hier gerechnet hast", meinte Felicitas schließlich, " Ich glaube, du hast das Prinzip noch nicht richtig durchschaut. Wollen wir die Aufgabe nochmal zusammen rechnen?"
"Ja, das... ist wahrscheinlich die beste Idee", beeilte Kaya sich zu sagen.
"Also, pass auf. Zuerst musst du..."
Felicitas redete und redete, um Kaya jedes Detail mit Engelsgeduld genauestens zu erklären, doch es würde nichts bringen.
Denn Kaya war wie gefangen. Fasziniert beobachtete sie, wie leidenschaftlich Felicitas ihr den Sinn hinter der Aufgabe zu erklären versuchte, sodass sie gar nicht bemerkte, dass Kaya nur ab und an ein "Ah" oder "Ach so" einwarf und ansonsten nicht zuhörte.
Kaya konzentrierte sich nur auf Felicitas. Auf ihren Duft. Sie betrachtet eingehend das Seitenprofil ihrer Freundin. Ihr blondes Haar, die kleinen goldenen Ohrstecker, die in der Nachmittagssonne funkelten, ihre glatte Haut, ihre unverschämt langen Wimpern, ihre perfekte Nase, die kaum sichtbaren Sommersprossen und zu guter Letzt ihre hellroten Lippen, die sich unaufhörlich auf und ab bewegten.
Ein seltsames Gefühl überkam Kaya. Ihre Atmung beschleunigte sich plötzlich, ihre Hände begannen zu zittern und sie befeuchtete hektisch ihre Lippen.
Was stimmt nicht mit mir?
Irgendwann hielt sie es nicht mehr aus. "Feli?", hauchte sie zögerlich.
Felicitas unterbach ihre Ausführungen und wandte sich ihr zu. Die Gesichter der Mädchen waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. "Ich -", hob Kaya an und brach sofort wieder ab.
Felicitas sah sie immer noch fragend an. Einem plötzlichen Impuls folgend überbrückte Kaya den Abstand und legte vorsichtig ihre Lippen auf die ihrer Freundin. Zögerlich bewegte sie ihre Lippen und nur einen Augenblick später erwiderte auch Felicitas den Kuss, bis sie Kaya auf einmal von sich schob.
"Was sollte das?!"
Kaya konnte nicht erkennen, ob ihre Freundin überrascht oder wütend war. "Ähm... ich...", stammelte sie und suchte nach den richtigen Worten. Sie schluckte hart und kniff ängstlich die Augen zusammen. "Das war nur ein Test. Ich wollte nur ausprobieren, ob, ich meine, wie es sich anfühlt."
"Aha." Felicitas schien nicht gerade überzeugt. "Und zu welchem Schluss bist du gekommen?"
"Also es, i-ich weiß nicht genau, e-es war so schnell vorbei."
"Lass uns weitermachen." Felicitas tat so, als wäre nichts passiert. Die nächste halbe Stunde paukten die beiden Mädchen Rechenformeln, ohne den Kuss wieder anzusprechen.
Endlich schob Felicitas ihr Heft beiseite und sah Kaya an, die gerade Anstalten machte, aufzustehen und der peinlichen Situation zu entfliehen. "Setz dich." Ihre Stimme klang ernster als sonst.
Kaya atmete tief durch und ließ sich mit zitternden Knien neben ihrer Freundin nieder. Was würde sie nun sagen? Würde sie überhaupt noch mit Kaya befreundet sein wollen? Warum habe ich das nur getan? Feli ist meine beste Freundin, verdammt!
"Tut mir leid, Feli." Schuldbewusst senkte Kaya den Kopf und sah auf ihre verschränkten Finger.
"Schon in Ordnung."
"Ehrlich?", hakte Kaya erleichtert nach und sah auf.
"Ja. Du hast doch selbst gesagt, es war nur ein Test."
"Ja, ein... nur ein kleines Experiment."
"Und was ist nun dein Ergebnis?"
"Keine Ahnung", sie stockte, "Ich bin mir nicht sicher."
"Dann muss das Experiment wiederholt werden, bis man zu einem eindeutigen Ergebnis kommt. Findest du nicht auch?"
Verwirrt musterte Kaya ihre Freundin. Hatte sie richtig gehört?
"Du willst, dass... dass ich, also, dass wir...?", stammelte sie überfordert.
"Ich möchte, dass du dein Experiment korrekt durchführst. Tu, was auch immer du tun musst. Du willst dir doch sicher sein, nicht wahr? Du möchtest doch Klarheit haben", antwortete Felicitas scheinbar völlig neutral.
"Ja, schon. Und du hast nichts dagegen, wenn ich, also, du weißt schon?" Kaya kam die ganze Sache unglaublich surreal vor. Meinte Felicitas es ernst?
"Würde ich es dir sonst anbieten?"
"Vermutlich nicht", murmelte Kaya mehr zu sich selbst. Dann rutschte sie langsam über die Bank auf Felicitas zu und hielt kurz vor ihr an. Ihr Blick wanderte hinab zu den hellroten, verführerischen Lippen ihrer Freundin.
Sie nahm all ihren Mut zusammen und küsste Felicitas ein zweites Mal an diesem Tag in der bangen Hoffnung, es night zu bereuen. Diesmal ließ sich Felicitas auch richtig auf den Kuss ein und Kaya merkte sofort, dass ihre Freundin ganz genau wusste, was sie hier tat. Die Blondine intensivierte den Kuss, was Kaya zum Keuchen brachte, und zog sie näher an sich heran.
Kayas Blut rauschte, ihr Herz überschlug sich förmlich in ihrer Brust und sie konnte nicht genug von Felicitas bekommen. Eine Hitzewelle überrollte sie, ohne dass sie verstand, was genau es war.
Mutig ließ sie sich auf Felicitas' Schoß sinken und vergrub ihre Finger in deren blonden Wellen. Ihr Haar war so unglaublich weich. Felicitas hingegen umfasste mit beiden Händen Kayas Hüfte.
Die warmen Hände an ihrer Hüfte brachten Kayas Haut zum Kribbeln und schalteten alle Zweifel endgültig aus. Sie wollte mehr. Sie wusste nicht, woher dieses unbändige Verlangen kam, aber sie wollte es mit allen Mitteln befriedigen. Ihre Mitte pochte vor Erregung.
Felicitas' Hände fuhren hinab bis auf ihren Po und kneten ihn. Kaya unterdrückte vergeblich ein Seufzen und löste ihre Lippen von Felicitas' Mund, um sie stattdessen auf ihrem Hals zu platzieren. Sie begann, kleine Küsse darauf zu verteilen, und registrierte zufrieden ein leises Stöhnen.
Vorsichtig wanderte sie höher und knabberte an Felicitas' Ohrläppchen, bevor sie sich erneut ihrem Hals widmete.
Felicitas knurrte und drückte Kaya von sich weg. "Komm."
Sie packte die verdutzten Kaya und zog sie hinter sich her, von der Dachterrasse ins Haus, durch den Flur bis in ihr Zimmer.
Der Schlüssel klickte im Schloss.
Experiment gelungen, dachte Kaya noch, bevor Felicitas' Küsse ihr allen Verstand raubten.
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