7. Dezember
Sicht: Paluten
So wie es aussah, hatte er nicht gehört, dass ich ihn für süß erklärt habe. Meinen neuen Spitznamen jedoch, hatte er schon hören können. Dass der ihm gefiel, erleichterte mich.
Wir saßen gemeinsam hier, in meiner Küche, an meinem Tisch, in meinem Zuhause und unterhielten uns. Manu war zu mir gekommen, weil er nicht einschlafen konnte. Er saß gerade weder bei Claus, noch bei Zombey- Ja, er saß nicht einmal bei Peter, sondern bei mir! Er hatte sich vor meine Haustüre hingesetzt und war dort eingeschlafen. Wenn er nur wüsste, wie froh und nervös er mich damit machte.
,,Bist du noch da?", fragte mich Manu lachend. Er schwenkte leicht seine Hand vor meinem Gesicht hin und her und zog mich damit und mit seiner Stimme aus meinen Gedanken. ,,Hm? Ja, bin da. Ich war nur etwas in Gedanken abgedriftet. Entschuldige bitte..." Meine Antwort befriedigte aber anscheinend seine Frage nicht: ,,Worüber denkst du denn die ganze Zeit nach? Eben warst du schon so geistesabwesend und jetzt schon wieder. Oder bist du müde?" Verunsichert kratzte er sich an seinem Arm, versteckte diesen unter der Tischplatte und zog seine Schultern eher zu sich. ,,Sorry, wenn ich dich vom Schlafen abhalte. Vielleicht sollte ich besser gehen..." Er war im Begriff aufzustehen, da ergriff ich sein Handgelenk und sah ihm direkt in die Augen. Das war ein Fehler! Die Worte, die sich eben noch in meinem Kopf so schön zu einen Satz zusammengefügt hatten, lösten sich voneinander, neue kamen und bildeten Sätze, die ich ihm niemals sagen konnte. Erst Recht nicht jetzt!
Ich schüttelte kaum merklich meinen Kopf, riss mich zusammen und sagte schnell: ,,Nein, es ist nicht schlimm, wenn du bleibst! Ich wollte dich mit meiner nachdenklichen Art nicht verletzen." Ich wollte nicht, dass er ging! Er war doch erst vor ein paar Minuten gekommen und scheinbar verstanden wir uns - zu meiner Freude hin - wirklich gut. Mir war es verflucht egal, ob ich morgen übermüdet sein würde. Ich hatte gerade die Chance mit Germanletsplay ein unterhaltsames Gespräch zu führen. Das würde ich gerne öfter und länger tun.
Manu setzte sich wieder. ,,Ich wollte dich eigentlich nicht weiter wachhalten. Anders als ich, hast du ja noch einen gesunden Schlafrythmus, da sollte ich den nicht auch noch so zerf- Äh, zerstören, so wie meinen." Scheinheilig sah er mich mit einem bedauernden Blick an. Grinsend verrollte ich meine Augen und entgegnete in halber Lautstärke: ,,Als ob du auf sowas Rücksicht nimmst..." Es war zwar eher als ein Spaß gemeint, und ich dachte, dass er es auch verstehen würde, jedoch verflog der verspielte Ausdruck von Manus Gesicht. Stattdessen sah er mich leicht gekränkt an, lachte verkrampft. Mir wurde schnell bewusst, dass ich ihn damit ungewollt verletzt hatte! ,,Ich- Das war nur ein-" Manu unterbrach mich mit einem Seufzer seinerseits. ,,...ein Spaß. Ich weiß, ich weiß...", beendete er meinen Satz. Seine Worte sollten wohl beruhigend auf mich wirken, aber in Kombination damit, wie er sich zum Fenster drehte und mich nicht mehr ansah, hatte es eher genau das Gegenteil bezweckt.
Mein Herz zog sich zusammen. Mir tat es weh, ihn mit vorgegaukelter Gelassenheit zu sehen.
Manu sah kurz auf seine Armbanduhr und stand dann erneut auf. ,,Ich versuche nochmal schlafen zu gehen. Gute Nacht, Paluten!" Mein Herz zog sich ein kleines Stück weiter zusammen. Ich hatte ihn vergrault und er hatte mich nicht mit seinem neuen Spitznamen genannt. Ich nickte mit Verständnis und erhob mich ebenfalls. Eigentlich wollte ich ihn noch zur Tür bringen, doch als hätte er meine Gedanken gelesen, sagte er, dass er wisse, wo die Türe wäre. Schluckend nickte ich erneut. ,,In Ordnung... Gute Nacht!" Ich wusste nicht, wie ich ihn nennen sollte. GLP oder doch Manuel? Lieber verabschiedete ich mich neutral, bevor ich noch Salz in die Wunde streute.
Ich sah ihn noch, wie er an meinem Fenster vorbei ging und ließ dann meinen Kopf auf den Tisch fallen. ,,Ich bin so ein Hohlkopf...", jammerte ich. ,,Was muss ich auch einen Scherz machen? Das geht doch immer in die Hose...", seufzte ich. Um nicht weiter darüber nachdenken zu müssen, wie ich sehr ich ihn wohl gerade verletzt habe, und mit dem Gedanken daran, dass ich noch viel in der Arena zutun hatte, beschloss ich dann auch ins Bett zu gehen und zu versuchen, etwas Schlaf zu holen.
Glücklicherweise gelang mir das auch mehr oder weniger. Ich träumte von wirren Gestalten, die mir alles mögliche an den Kopf warfen; von haltlosen Beschuldigungen über selbstzweifelnde Aussagen bis zur nackten Wahrheit war alles dabei. In meinem Traum versuchte ich vor ihnen weg zu laufen, jedoch klappte das nicht: Mit jedem Schritt den ich ging, tauchte ein neues hänselndes Unwesen auf. Panisch taumelte ich zurück, wann immer eins der Fratzen vor mir auftauchte. Sie sahen aus wie schwarze Wolken. Sie grinsten, lachten, verpöhnten mich. Irgendwann hockte ich mich hin, legte schützend meine Hände über meinen Hinterkopf, versuchte die Aussagen dieser zynischen Wesen zu ignorieren. Tränen rannen mal langsamer, mal schneller mein Gesicht runter. Zitternd schloss ich die Augen. Ich wollte nicht den Schatten und den Schweif, welchen die Viecher hinter sich herzogen, sehen. Ich wollte gar nicht da sein.
Auf einmal vernahm ich den Ruf von Manu! Auf der Stelle richtete ich mich auf, versuchte ihn zwischen den ganzen Geistern ausfindig zu machen, da stürmte er geradewegs durch zwei meiner gestaltlichen Zweifel hindurch. Sofort lösten sich diese in Luft auf, als sie mit Manuel in Kontakt kamen. Dankbar sah ich den Jungen an und klammerte mich stark an ihn, sobald sich mir die Möglichkeit dazu bot. Er erwiderte meine Umklammerung mit einer sanften Umarmung. Leise versicherte er mir, dass die fiesen Kreaturen wieder verschwinden würden.
Und tatsächlich verpuffte jede der Kreaturen, nachdem ich mich beruhigt hatte.
Als sich auch wirklich der kleinste Zweifel aufgelöst hatte, drückte mich Manu von sich, lächelte mich an und versprach mir, dass er für mich da sein würde.
Egal bei welchen Problemen: Er würde an meiner Seite sein.
Egal bei welchen Fragen: Er würde mir Antwort geben.
Egal bei welchen Ängsten: Er würde mir eine helfende Hand reichen.
Und egal bei welchen Zweifeln... Er würde sie sich anhören und ich müsse mir keine Sorgen machen.
Nachdem ich von diesem Traum erwachte, fühlte ich mich sonderbar. Wenn Manuel an meiner Stelle gewesen wäre und ich an seiner, dann hätte ich es normal gefunden. Ich würde sofort für ihn da sein, wenn es ihm nicht gut geht. Wenn ich ihn nach Hilfe fragen würde, dann würde er mir vielleicht auch helfen, aber ob er genau so handeln würde, wie in meinem Traum, das wagte ich zu bezweifeln. Gerade nach dem kleinen Missgeschick in dieser Nacht.
Als ich daran dachte, sank meine Stimmung noch weiter.
Genervt von mir selber warf ich meine Bettdecke zurück und stand auf. Nach einem kargen Frühstück, bestehend aus den letzten paar Karrotten, verzichtete ich auf einen Spaziergang und machte mich direkt ans Beleuchten der Arena.
In der einen Hälfte, die ich gestern noch nicht beleuchtet hatte, waren wieder neue Monster aufgetaucht. Da es aber weitaus weniger waren als am Vortag, dauerte es nicht lange, sie zu beseitigen.
Ich versuchte nicht daran zu denken, wie er seufzte, nachdem ich meinen dummen Witz gerissen hatte. Obwohl ich mir sicher war, dass er es verstanden hatte, hoffte ich, dass ich ihn nicht schlimm verletzt hatte.
Während ich die Lichtquellen anbrachte, überlegte ich außerdem, wie ich mich am besten bei ihm entschuldigen könnte.
Als ich fertig war, hatte ich eine schön beleuchtete Untergrundarena, aber leider noch immer keine Idee, was ich zu ihm sagen sollte.
Geschlagen kletterte ich die Leiter hoch und verließ mit Jacke und Schal das Haus. Ich brauchte etwas frische Luft.
Während ich durch die Straßen und Gassen des Dorfes ging, hoffte ich auf Manu zu treffen. Zwischendurch überlegte ich auch, einfach zu ihm nach Hause zu gehen. Gerade als ich dabei war, wirklich zu ihm zu gehen, sah ich ihn in Richtung zu Bergi stapfen. Schnell lief ich zu ihm. ,,Hallo Manu!" Er drehte sich zu mir, blieb aber nicht stehen. ,,Hi Paluten." Es störte mich, dass er mich nur Paluten nannte und es störte mich auch, dass er nicht stehen blieb.
,,Ich wollte mich entschuldigen.", sagte ich nun, ihm nachlaufend. Er lächelte kurz und entgegnete: ,,Ich weiß ja, dass du das nicht böse meintest. Mach dir keine Sorgen. Aber wechseln wir kurz das Thema." Er blieb stehen, was ich ihm gleich tat. Neugierig musterte er mich und Nervosität stieg in mir hoch. ,Oh Gott', dachte ich, ,was kommt jetzt?'
,,Ich hab da etwas gehört...", sprach er im verschwörerischen Ton. Fragend zog ich eine Augenbraue hoch. ,,Stimmt es denn auch?" Verunsichert zuckte ich die Schultern und antwortete ihm, dass es darauf ankommen würde, was er denn gehört hätte. Er verdrehte die Augen, gab ein entnervtes Geräusch von sich und antwortete mir: ,,Na, du weißt schon. In deinem Keller." Lachend schlug ich mir gegen den Kopf. ,,Achso, das! Äh, ja, das stimmt. Ein Datum hab ich noch nicht, aber recht bald. Von wem hast du es denn erzählt bekommen?" ,,Peter. Er war davon ausgegangen, dass ich es schon wüsste." Verlegen kratzte ich mich am Arm. Vermutlich hätte ich ihm sogar gestern noch die Arena gezeigt, aber dazu kam es ja nicht. Mir kam die Idee in den Kopf, sie ihm jetzt zu zeigen, also fragte ich ihn, ob er den Ort mal sehen möchte. Er schüttelte den Kopf und meinte, wenn auch nicht sonderlich begeistert: ,,Ich würde echt gerne, aber ich wollte gerade zu Herr Bergmann." Ich nickte und verabschiedete mich wieder von ihm: ,,Bis demnächst, Manu!" ,,Bis demnächst, Palette!" Er lächelte mir über seine Schulter zu und winkte, während er ging. Fröhlich erwiderte ich das Lächeln und Winken. Dass er jetzt wieder seinen Spitznamen für mich verwendet hat, konnte mich nur fröhlich stimmen.
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Unfassbar, dass wir schon eine Woche im Dezember sind! O.o
Mittlerweile ist auch das 6. Kapitel von dem Bug betroffen... Ich glaube, das wird so für immer bleiben... -_-
Wünsche euch jedenfalls einen schönen Abend! :)
LG LMS☆
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