4. Dezember
Sicht: Manu
Ein Klopfen weckte mich. Orientierungslos, dafür aber mit kaputter innerer Uhr, kroch ich aus meinem Bett und zog mir ein langes Shirt über und eine lockere Hose an. Grummelnd stapfte ich zur Haustür und war etwas überrascht davon, wer vor mir stand.
Ein dezent nervöser Paluten stand vor mir und lächelte zögerlich. ,,Guten Morgen!", grüßte er mich, was ich mit einem gegähnten ,,Morgen" erwiderte.
Amüsiert schmunzelte mein Besucher, was mich verwirrt die Brauen zum Hochziehen brachte. Abgesehen von seinem grundlosen Schmunzeln, irritierte mich Palutens plötzlicher Besuch. Mich besuchten schon relativ wenige Personen und der beliebte Kürbiskopf gehörte eher nicht zu denen. Deshalb fragte ich ihn auch, in bemüht höflichen Ton, weshalb er bei mir war und ob er etwas von mir möchte.
,,Ich wollte nur Mal fragen, wie es dir geht.", antwortete er. Ganz traute ich ihm nicht. Vielleicht hatte Peter Palle zu mir geschickt, nur um mich nicht zu nerven. Ich konnte mir gut vorstellen, dass mein Bruder das tun würde, weshalb etwas Wut in mir aufstieg. Die Vorstellung, Paluten steht nur wegen einer Bitte von Peter vor mir, machte mich zudem auch etwas entäuscht.
,,Gut", antwortete ich knapp. Das Stechen der Enttäuschung ließ den Ausdruck für Positives sehr bissig klingen, was auch in gewisser Weise meine Intention war. Ich will nichts mit jemanden zutun haben, der nicht aus Eigenüberzeugung zu mir geht und mich fragt, wie ich mich fühle.
Paluten runzelte kaum merklich seine Stirn und kratzte sich verwundert am Hinterkopf. ,,Ähm, tut mir Leid, dass ich dich scheinbar geweckt habe...", murmelte er entschuldigend. Er zeigte kurz auf mich und ließ seine linke Hand über seinen rechten Arm streichen. Kurz sah ich an mir runter, und ich musste zugeben: Gepflegt sah anders aus. Mit meinem Shirt in Oversize und meiner bereits gut getragenen Jogginghose sah ich eher so aus, als hätte ich die letzten zwölf Stunden nichts anderes gemacht, als gepennt. Das kam wahrscheinlich auch gut hin.
Verschlafen strich ich mit einer Hand über mein Gesicht und seufzte kurz. Ich musste echt mein Leben wieder in den Griff bekommen...
,,Wie viel Uhr haben wir überhaupt?", fragte ich den Mann vor mir. Der antwortete mir, mit wesentlich weniger Elan in seiner Stimme als eben noch: ,,Irgendwas so um halb eins."
,,Vielleicht sollte ich wieder gehen...?", murmelte Paluten verunsichert. Vorsichtig ging er einen Schritt nach hinten und spielte mit seinen Fingern herum. Es gefiel mir nicht wirklich, dass er offensichtlich wegen mir nervös war. Ich dachte, dass er zu den wenigen gehören würde, die mich normal behandeln und sich normal benehmen würden. Ich schätzte das wirklich sehr und es war auch ein Grund für mich, den Kürbiskopf nicht so hart zu nerven, wie ich es bei einem Herr Bergmann zum Beispiel tat. Wobei es bei Letzteren einen anderen Grund dafür gab.
,,Wenn etwas ist", meinte mein Gegenüber herzlich lächelnd, ,,dann melde dich einfach. Ich mache mir schon Sorgen, wenn ich höre, wie lang du manchmal aufbleibst." Unwillkürlich musste ich lächeln, und das wohlige Gefühl von Fürsorge tanzte in meinem Körper, ließ diesen etwas zucken. Das gefiel mir nicht so ganz.
Eigentlich wollte ich ihm nicht so nett antworten wie ich es getan hatte, aber die Worte verließen schneller meinen Mund als ich wollte: ,,Das tut mir Leid. Danke jedenfalls für das Angebot." Am liebsten hätte ich mir gegen den Kopf gehauen!
Paluten ging winkend weg und ließ mich wieder alleine. Stöhnend schloss ich die Tür hinter mir. Schnell ging ich hoch und machte mich auch vorzeigefähig.
Das erste was ich danach tat, war zu Peter zu gehen. Ich musste mit ihm unbedingt reden und da er ja anscheinend gestern noch mit mir sprechen wollte, wäre das dann auch direkt aus dem Weg geräumt.
Ich klopfte an seiner Haustüre, darauf Bedacht, keine Falle versehentlich auszulösen. Schnell öffnete er mir die Tür: ,,Hallo Manu! Komm doch rein. Tritt aber nicht auf die eine Stelle." Ich wich dem Stück des Bodens, auf welches er gezeigt hatte, aus und folgte ihm in sein Haus.
,,Es tut mir wirklich Leid, dass ich wieder damit anfangen muss, aber ich kann es einfach nicht verstehen.", begann Peter das Gespräch, als wir uns hingesetzt hatten. Bevor er weitersprechen konnte, unterbrach ich ihn: ,,Paluten stand vorhin vor meiner Tür." Daraufhin schmunzelte er. ,Was sollte das nun wieder?' fragte ich mich.
,,Du hast zufälligerweise nichts damit zutun?", stellte ich ihn auch schon zur Rede. Doch anstelle mir eine vernünftige Antwort zu geben, antwortete er mir mit einer Gegenfrage: ,,Du hast uns auf dem Marktplatz reden gesehen oder nicht?" Genervt verschränkte ich meine Arme vor die Brust und verrollte meine Augen. ,,Du bestreitest nicht, Paluten zu mir geschickt zu haben! Wieso machst du das? Wieso schickst du einfach jemanden zu mir?" Der kleine Schmerz, den ich gespürt hatte, als ich realisierte, Paluten war nur anwesend, weil Peter es so wollte, kehrte zurück. Mir war es wichtig, Peter dies wissen zu lassen.
Peter sah mich amüsiert an und sprach mit fester Stimme: ,,Manu, ich habe ihn nicht zu dir geschickt! Im Gegenteil sogar! Er hat mich gefragt, ob er dich fragen dürfte, wie es dir ginge." Paluten hatte Peter gefragt, ob er zu mir gehen dürfe? Warum zur Hölle hatte er ihn gefragt, ob er zu mir gehen dürfe?! Kopfschüttelnd sah ich nach unten und dachte darüber nach. Es würde irgendwie zu Paluten passen, und trotzdem fand ich es einfach nur dämlich.
,,Aber warum bist du eigentlich nicht zu mir gegangen, wenn du mich auf dem Markt gesehen hast?", fragte Peter mich jetzt und sah dabei nicht mehr so amüsiert wie eben noch aus. Er hatte seine Stirn in Falten gelegt und betrachtete mich seufzend. ,,Ich hatte keine Lust darauf, dass du mir wieder eine Standpauke hältst.", antwortete ich einfachshalber. Verständnisvoll nickte mein Bruder. Er schien auch langsam die Schnauze davon voll zu haben. Ich konnte es mir zumindest nicht als allzu spaßig vorstellen, immer wieder das Gleiche sagen zu müssen.
,,Ist denn abgesehen von deinen Schlafproblemen alles okay?", fragte mich Peter. Ich nickte stumm. Dass ich wieder zurück in die Zukunft wollte, verschwieg ich ihm lieber.
Um weitere Fragen zu entgehen, meinte ich, dass ich gehen müsse. Etwas enttäuscht stand Peter auf und brachte mich zur Haustür. Dort verabschiedeten wir uns mit einer Umarmung voneinander.
Den Weg zu mir nach Hause über, dachte ich daran, dass ich mich geirrt hatte und Paluten wirklich aus Interesse an mir, zu mir gekommen war. Mein Blick war auf den Boden gerichtet und ich hatte meine Hände in meine Jackentaschen gesteckt. Meine Kapuze hing mir tief ins Gesicht und ließ mich den Kiesweg, auf dem ich ging, im Tunnelblick abwesend betrachten.
Gerade, als ich mich erneut fragte, warum der beliebte Schusselkopf so nett zu mir war, stieß ich mit eben diesen zusammen! Er stand mit dem Rücken zu mir gewandt und konnte mich gar nicht bemerken; es war also meine Schuld, dass wir beide nun halb aufeinander lagen. Unglücklicherweise standen Rewinside und Sturmwaffel bei Paluten. Der Bärtige kicherte nur, im Gegensatz zu Rewi, welcher sich vor lauter Lachen den Bauch hielt. Ein wenig unangenehm war mir der kleine Unfall dann doch, weshalb ich schnell aufstand und mir den Staub von meiner Kleidung abklopfte. Ich wollte gerade Paluten meine Hand ausstrecken, damit er sich an dieser hochziehen konnte, aber da stand er schon wieder.
Ich räusperte mich, warf Palutens Freunden einen giftigen Blick zu und entschuldigte mich bei Jenem. Der sah mich für eine Millisekunde überrascht an, lächelte aber dann und winkte mit seiner Hand ab. ,,Schon okay. Ich muss mich für Smurf und Rewi entschuldigen.", er zeigte dabei auf seine Freunde und musste selber etwas schmunzeln.
,,Ist schon okay.", brummte ich, mit gesenkten Blick. Grummelnd kickte ich einen Stein mit meinem Schuh weg, und nachdem das graue Ding weg war, sah ich wieder hoch. Paluten sah mir direkt in die Augen, doch sobald sich unsere Blicke trafen, wendete er seine Augen wieder von mir ab und grinste geistesabwesend.
,,Äh, ich gehe wieder.", murmelte ich, da mir das ganze zu unangenehm wurde. ,,Bis bald GLP!", rief Rewi. ,,Vielleicht schaust du besser jetzt nach Vorne, wenn du gehst?" Weil ich mich schon umgedreht hatte und keine Lust besaß, nochmal auf dem Absatz kehrt zu machen, zeigte ich ihm meinen Mittelfinger. Ob er wohl schon zu der Zeit als eine Beleidigung galt oder nicht, war mir egal. Hauptsache mein Inneres war befriedigt.
Womöglich war deren Unwissenheit sogar besser für mich. Schließlich würde das kein Ärger mit Rewi für mich bedeuten und Paluten weiß nicht, dass ich gerade einen seiner Freunde beschimpft hatte.
☆☆☆☆☆☆☆☆☆☆☆☆☆☆☆☆☆☆☆
Funfact: Nein, der Mittelfinger war damals im Mittelalter nicht verbreitet.
In der Antike galt er schon als vulgärer Ausdruck, da der Mittelfinger den Penis symbolisieren sollte. Im Mittelalter jedoch, geriet er mehr oder weniger in Vergessenheit.
Ich... Ich hab gegoogelt... 'xD
Btw, maudado ist seit heute auf dem Discord Server von Bergi... O.o
Das wars dann aber auch schon wieder. :)
Einen schönen Nachmittag und ein tolles Wochenende! ^^
LG LMS☆
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top