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Um mich herum tobt die Finsternis. Sie zieht Grimassen, neckt mich, nutzt aus, dass ich mich nicht rühren kann, genießt das verzweifelte Blitzen in meinen Augen. Ich kenne sie zu gut. Die Finsternis. Denn wenn sie dich einmal hat, lässt sie dich niemals los, bis sie dich an dein Ende getrieben hat. Bis sie dich die Klippe hinunter gestoßen hat.
Bis du unten aufschlägst. Ich schließe die Augen und versuche, die Finsternis zu verdrängen, doch sie reicht mir ihre Hand und zieht mich in ihre unendlichen weiten. Ich muss überlegen, ob es meine Erinnerungen sind, durch die wir da streifen, es fällt mir schwer, zu erinnern, doch ich spüre die Stiche in meinem Herzen, wenn ich den Schatten eines Lebenden berühre.
Sie gleiten wie Stromschläge über meine Haut und manchmal bleibt die Finsternis stehen, um sich an meinen gequälten Gesichtszügen zu ergötzen. Ich wusste gar nicht, dass sterben so anstrengend ist. Die Finsternis zieht mich weiter durch das Meer schmerzlicher Erinnerungen - die guten, die schönen, die verblassen neben ihr so schnell, dass ich gar keine Möglichkeit habe, sie in mich auf zu saugen, bevor die Finsternis mich vollkommen erstickt.
Immer und immer wieder finde ich mich auf den kalten, dunklen Straße wieder, in meiner Einsamkeit, in meiner Verzweiflung und an mir huschen die langsam erlischenden Kerzen vorbei, die Anfangs, bevor mich die Finsternis das erste Mal geholt hatte, noch so grell geleuchtet hatten. Jetzt sind sie vollkommen verschwunden.
Die Finsternis zieht mich weiter. Sie lässt mich in das Wasser eintauchen, in welchem wir uns zuerst begegnet haben. Ich wehre mich, versuche, die Oberfläche zu erreichen, schlage um mich, doch die Finsternis drückt mich immer weiter nach unten, ohne jegliches Mitleid.
Als mein Körper auf dem Boden aufschlängt und den Sand, der das Wasser vernebelt, aufwirbelt, schließe ich die Augen und warte darauf, dass die Finsternis mich weiter trägt. Weiter zu der nächsten Erinnerung. Ich wusste gar nicht, dass sterben so anstrengend ist. Ein dunkles Kellergewölbe. Geräusche.
Ich schaue mich mit dem selben gehetzten Blick um, wie auch damals, ich höre meinen eigenen Herzschlag, wie auch damals schon. Auch wenn ich das Gesicht, der Person, die hinter mir steht, nicht erkennen kann, weiß ich, wer es ist, und es fühlt sich an, als würde ich über ein Meer von spitzen Nadeln laufen.
Die Träne, die mir über die Wange läuft, schmerzt. Ich schließe die Augen und kenne die Geschichte. Wie sie weiter geht. Die Leidenschaft kommt. Danach die Finsternis, die mich in seine Arme schließt. Und dann wieder der Wunsch, einfach nicht hier zu sein.
Doch die Finsternis hört nicht auf, sie zeigt mir immer und immer wieder, wie sie mich zu ihr zieht und dann von dem Licht vertrieben wird, dass versucht hat, mich zu retten - aber jedes Licht erlischt irgendwann. Und dann ist da wieder die Finsternis mit dem quälenden Lächeln auf ihren Lippen, die mich nicht vergessen lässt. Niemals. Niemals.
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