Chocolate Fudge Brownie
Hello, ich widme dieses Kapitel vierzwanzig. Es ist aus Tuas Sicht und ich habe mir ihren OC geborgt.
Mehr Experimente also, ich wünsch euch viel Spaß.
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Sie steht vor meiner Tür und raucht eine Kippe, ihre kurzen braunen Haare hat der Wind zerzaust. Ihr Mascara sammelt sich in Krümeln an ihrem unteren Wimpernkranz. Jenn muss das alles so leid sein. Sie und Tarik haben wieder wegen der Hochzeit gezofft.
"Jetzt komm auch noch ich Hirni und lade zusätzlich meinen Frust bei dir ab", übergehe ich die Begrüßung und ziehe sie gleich in meine Arme. Wir stehen eine Weile so und meine beste Freundin drückt mich fest. Ich drücke zurück. "Hast du dir das gut überlegt?"
"Solange ich nur bei dir penne, ist mir egal, was du mir vorheulst", sagt sie leise. "Auch eine?", fragt sie mich und deutet dabei auf ihre Kippe.
"Nein, ich will aufhören", sage ich. Sie nickt. Ihre Hand, mit der sie nach der Schachtel in der Tasche ihres Hoodies greifen wollte, zieht sie unverrichteter Dinge wieder raus.
Ich biete ihr meinen Arm an und sie hakt sich bei mir unter. Wir machen uns auf den Weg zur Tanke.
"Kratzt ihr euch daheim nur noch die Augen aus?"
"Du kennst mich, mich stresst der ganze Kleinscheiß dieser blöden Hochzeitsvorbereitungen. Er liegt mir dauernd in den Ohren damit, dass er nicht alles allein entscheiden kann. Heute hat er gesagt, dann kann er am Ende ja auch allein vor den Altar treten, wenn ich so weitermache."
Ich atme tief aus.
"Wo er recht hat ...", murmle ich. Sie mustert mich finster von der Seite. "Ey, mich würde der Scheiß genauso nerven wie dich, aber er kann wirklich nicht alles allein entscheiden. Du hast immerhin ja gesagt zu seinem Antrag."
"Das war auch kein Fehler oder so, das denk ich gar nicht", erwidert sie. "Aber mich nervt das übelst. Welche Farbe die beschissenen Servietten haben, das juckt doch alle einen verdammten Scheißdreck. Ich will ihn nur heiraten. Das ist echt das Einzige, was ich will."
"Guck ma', dann geht das doch aber zack-zack. Er will von dir wissen, was für eine Farbe die Servietten haben sollen? Dann sagst du einfach irgendeine Scheiß-Farbe: Türkis, lila, schwarz - komplett egal. Mach's dir und ihm nicht so schwer. Du kannst sowieso keine falsche Entscheidung treffen, Mann. Du liebst Tarik und er liebt dich. Du stresst dich richtig unnötig."
Jenn runzelt die Stirn und verpasst mir einen Stoß in die Seite mit ihrem Ellbogen.
"Hey", lache ich. "Das tat weh."
"Sei mal lieb zu mir, du Arsch."
Mit aller Galanz, die ich zustande bringe, halte ich ihr die Tür zum Tankstellenshop auf. Jenn rauscht rein und direkt auf die Eistruhe zu.
"Caramel Sutra oder Strawberry Cheesecake?"
"Chocolate Fudge Brownie?", schlage ich vor. Sie greift nach der sündhaft teuren Packung und knallt sie auf den Tresen. Der Junge dahinter ist höchstens siebzehn und offenbar massiv eingeschüchtert von ihr.
"Weg da, ich zahle", sage ich, und schiebe sie aus dem Weg. "Der hat ja schon Angst vor dir", raune ich noch in ihre Richtung.
"Ich mach dir auch gleich Angst", droht sie mir und lässt die Fingerknöchel knacken.
"Schönen Abend", verabschiede ich mich vom Teenie hinter der Theke und Jenn und ich verlassen den Laden wieder.
"Du weißt, ich will dich nicht nerven und du musst mit mir über nix reden", beginne ich. "Nur, wenn du mir erzählen willst, wieso bei dir der Fluchtinstinkt kickt, sobald jemand will, dass du 'ne Entscheidung mitverantwortest, dann hör ich zu. Ich sag auch kein Wort dazu, wenn du das nicht möchtest."
Jenn hakt sich wieder bei mir unter.
"Wenn wir wieder bei dir sind", sagt sie.
Und so laufen wir schweigend. Die Straße ist krass befahren um die Zeit. An uns ziehen die letzten Pendler vorbei, die Fitnessstudio-Hampelmänner, Familien mit müden bis schlafenden Gesichtern, eine Clique aufgebrezelter Mädchen, die Joints im Auto rauchen ...
Ich schaue Jenn an und hoffe, dass sie weiß, dass ich mir keine Sorgen um sie mache. Aber egal, wo sie in der Weltgeschichte rumturnt, ob in Hamburg oder in Berlin – ich werd immer hier sein.
"Ich bin so froh, dass es dich gibt", flüstert sie, als hätte sie meine Gedanken gelesen. Ich gebe ihr einen Bodycheck und sie stolpert fast. Sie revanchiert sich mit einer ordentlichen Schelle gegen meinen Hinterkopf.
"Du Olle", meine ich und drücke sie seitlich an mich.
"Ich hab dich lieb, Großer."
"Ich dich auch", gebe ich zurück und schließe die Haustür auf. Die Treppen sprinte ich vor ihr hoch, aber sie ist mir dicht auf den Fersen und krallt sich den Eiskarton. Kaum hab ich die Wohnungstür aufgestoßen, rennt sie an mir vorbei und wirft sich damit auf meine Couch.
"Gib mal Löffel", fordert sie mich auf und ich werfe zwei nach ihr, ohne wirklich hinzugucken.
"Argh, der eine hat mich am Kopf getroffen, du Affe!", flucht sie.
Ich lache sie nur aus und geselle mich zu ihr. Sie hat den Fernseher eingeschaltet, aber der ist nur das Hintergrundgeräusch zu ihrer Story. "Ich liebe eine Sache am meisten an Tarik."
"Was?", hake ich nach, während irgendein alter Filmstreifen mit Jane Birkin über den Flatscreen flackert.
"Seine Loyalität", antwortet sie. "Ich hab Fehler. So viele. Aber ihn stört das nicht. Mir war eh nie wichtig, was andere über mich denken. Aber mir ist echt wichtig, was Tarik über mich denkt. Und er denkt, ich lass ihn hängen mit der Planung."
"Tust du doch auch." Sie will mir auf die Brust schlagen, doch hab's kommen sehen und fange ihre Hand ab, bevor sie mich treffen kann. "Außerdem, lenk ma' nich' vom Thema ab. Es könnte richtig easy zwischen euch laufen, ihr seid verlobt."
"Zwischen Iara und dir könnte es auch richtig easy laufen. Tut es das deswegen? Nein."
"Das ist was völlig anderes, das weißt du", entgegne ich genervt. Jenn streckt die Beine auf der Längsseite des Sofas aus. Ihren Kopf legt sie auf meiner Brust ab. Jetzt liegen wir da wie ein großes L.
"Ich steh mir bloß selbst im Weg", sagt sie. "Das ist alles, kein großer geheimer Grund oder so. Ist deshalb irgendwie peinlich zuzugeben, verstehst du?"
"Versteh ich. Nur zu gut", entgegne ich.
"Was würde dein Seelenklempner an der Stelle sagen?", fragt sie mich.
"Selbstsabotage ist eine perfide Macke von Menschen wie uns, mit Gottkomplex. Wenn du glaubst, dein Leben ist ein Videospiel, dass du kontrollieren kannst, zockst du für die Challenge auf Hardcoremode und scheiterst immer wieder am selben Boss. Bis du endlich checkst, dass du vielleicht im Moment nur so mittelgut bist. Er sagt, die meisten kehren später wieder zurück an denselben Punkt. Und dann feiern sie Erfolge. Weil sie ihre Mittelmäßigkeit schon akzeptieren konnten."
"Der is' gaga", befindet sie trocken.
"Glaub ich auch. Ich fand seinen Gedanken trotzdem spannend."
"Ja, er hat recht damit", bestätigt sie, setzt sich auf und öffnet den Eiskarton. "Lass uns Der Schatzplanet gucken."
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