VIII

Ich fange an, den Sonntag zu fürchten. Die Sonne strahlt durch meine Spitzengardinen, während ich mir Tee koche und einen halben Karton Eier mit einem Berg an Speck anbrate. Ich habe sicher gestellt, dass sich genügend Holz im Haus befindet und bemerkt, dass ich nächste Woche neues schlagen muss.

Der Tag verläuft angenehm. Ich höre die Schallplatten meines Vaters und erinnere mich an meine frühste Kindheit, als ich auf seinen Füßen durch das Wohnzimmer gewirbelt bin. Creedence Clearwater Revival lässt mich beinahe in eine andere Welt eintauchen, bevor ich aufgehört habe Kari zu sein.

Ich habe kein Verbrechen begangen, keine Schuld auf mich geladen und dennoch bin ich fortgegangen. Die Stille in unserem alten Apartment hat mich nach seinem Tod angebrüllt, wie tausend tosende Wellen. Die Leere seines Zimmers war lauter, als der Straßenlärm unten auf der Straße. Ich habe den Platz nicht ertragen, der geblieben war, als sein Körper gegangen ist.

Du oder ich, liebes Apartment. Ich bin es gewesen. Ich habe wohl einiges zurückgelassen, damals. Nicht nur einen Namen, sondern auch eine Lunge, ein Herz. Eine Version von mir.

Irgendwie fühlen sich die Briefe in ihrer Anonymität seltsam persönlich an.

Ich beende mein Frühstück und setze mich aufs Sofa vor dem Ofen. Ich besticke die Borten meiner Shirts, die Taschen meiner Jeans, versuche, meinen Vater irgendwie am Leben zu halten. Mir und der Welt das zu schenken, was ihn ausgemacht hat. Musik und seine so ferne Heimat, die ich nie kennen gelernt habe. Die wenigen Stunden auf seinem Bett, in denen er mir versucht hat mit eben diesen Liedern, die gerade aus meinen Lautsprechern tanzen, das Gitarrespielen beizubringen. Meine unbeholfenen, weichen Kinderfinger, die kaum dazu in der Lage gewesen sind, ohne gekichertes »Aua« an den rauen Saiten zu zupfen. Sein belustigtes Schmunzeln und der Duft von Mottenkugeln und Wollteppich.

Als es beginnt zu klopfen, blicke ich auf meine Uhr. Sie hängt tickend über dem Küchentisch und zeigt mir kurz nach zwölf Uhr mittags an. Es klopft vier Mal, energisch und das ganze vier Mal hintereinander. Dann ist es still. Die ganze Zeit über stehen mir die Nackenhaare zu Berge. Ich würde gerne die Türe aufreißen und hinausschreien, aber ich kann es nicht. Ich sitze mit hochgezogenen Schultern auf meinem Sofa und harre die unpassende Geisterstunde aus.

Dann klopft es erneut. Nicht mehr so energisch, eher bestimmend. Langsam und fest. Fordernd.

Ich starre meine Eingangstüre nieder. Etwas greift nach der Klinke, ich höre das Geräusch von kratzendem Metall und zwinge mich, aufzustehen. Einen Blick durch das Küchenfenster zu werfen, nach draußen auf meine Auffahrt. Sie liegt in der Sonne da und ich erkenne eine Krähe, die sich gerade auf meinem Postkasten niederlässt. Ihr Gefieder schimmert im rechten Winkel Indigo.

Das Kratzen an meinem Türschloss geht weiter, als würde jemand versuchen, still und leise, eine Metallnadel darin zu drehen. Ich befürchte, in Ohnmacht zu fallen, doch dann lässt das Kratzen nach und ich sinke vor Erleichterung in den Küchensessel.


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