[21]

Minho PoV

"Warum kannst du heute nicht?", schmollte mein Freund.

"Weil ich heute wieder zum Tanzen muss und wir länger machen als sonst. Ich würde doch auch gerne wieder Zeit mit dir verbringen, Jisung."

"Wir haben uns seit Montag nur in der Schule gesehen, weil du tanzen musstest. Und jetzt willst du, dass ich meinen Mittwoch auch noch alleine verbringen muss? Du bist gemein."

Er hatte Recht. Wir hatten die letzten beiden Tage recht wenig Zeit miteinander verbracht und das gefiel mir genauso wenig wie ihm.

"Es tut mir leid, Sungie. Aber das... Das ist mein Traum."

"Hey, hey... So meinte ich das doch auch nicht. Ich will dir bei deinen Träumen nicht im Weg stehen. Es ist nur... Ich vermisse deine Nähe. Kuscheln, rumalbern, knutschen und so..."

"Mir fehlt das doch auch alles.", seufzte ich und legte meine Hand an seine Wange. "Morgen wieder, ja?"

"Versprochen?"

"Versprochen."

"Und du schreibst mir, bevor du schlafen gehst."

"Du bekommst dein 'Träum etwas schönes' und dein 'Ich liebe dich', bevor du schlafen gehst. Keine Sorge."

"Das hoffe ich doch. Sonst laufe ich dir noch weg."

"Bleib bei mir, Ji. Immer."

Er antwortete nicht, sondern legte liebevoll seine Lippen auf meine. Ich erwiderte den Kuss und genoss jede einzelne Sekunde davon, bis wir uns wieder lösten.

"Bis morgen, Sungie."

"Mach's gut, Minho. Ich liebe dich."

"Ich liebe dich doch auch."

Wir gingen unsere getrennten Wege nach Hause, auch wenn ich nicht anders konnte, als mich nochmal nach ihm umzudrehen. Ihm ging es genauso, denn er winkte mir noch einmal hinterher, bevor er hinter einer Hauswand verschwunden war.

"Ist Jisung heute nicht bei uns?", fragte Namgi, als ich bei seiner Schule angekommen war.

"Nein, ist er nicht, weil ich heute keine Zeit für ihn habe."

"Aber ich dachte, du liebst ihn."

"Natürlich liebe ich ihn. Das hat damit doch überhaupt nichts zu tun. Auch wenn ich ihn liebe, habe ich heute keine Zeit für ihn. So ist das manchmal."

"Entschuldigung, sind Sie der Erziehungsberechtigte von Namgi?", sprach mich eine Lehrerin an.

"Nicht direkt. Ich bin Lee Minho. Ich bin sein Halbbruder und meine Tante ist die Erziehungsberechtigte, aber er verbringt mehr Zeit mit mir als mit ihr. Darf man trotzdem wissen, worum es geht?"

"Namgi... Beleidigt die anderen Kinder. Wir wissen nicht, woher er das hat, aber es kann so nicht weitergehen. Er kann nicht weiter zu seinen Freunden gehen und sie als 'Schwul' oder 'Schwuchtel' bezeichnen. Wir möchten an unserer Schule von Anfang an zeigen, dass Homophobie keinen Platz mehr haben sollte."

"Okay, wow... Das erstaunt mich jetzt schon ziemlich. Eigentlich war er immer recht offen, was das angeht. Jedenfalls mir und meinem festen Freund gegenüber. Namgi, weißt du, was diese Wörter heißen?"

"Das haben die anderen gesagt, als du mich mit Jisung zusammen abgeholt hast und ihr euch geküsst habt. Also muss es doch etwas damit zu tun haben, dass man geliebt wird. Es ist also ein 'jemand hat dich lieb'."

"Das heißt es leider nicht. Du weißt, dass ich nur auf Männer stehe, richtig?"

"So wie auf Jisung!"

"Ja, so wie auf Jisung. Und weil ich selber ein Mann bin, bin ich schwul. Nichts anderes ist schwul. Soweit verstanden?"

Er nickte eifrig.

"Okay, sehr gut. Und es gibt Leute, die damit ein Problem haben, wenn andere Leute schwul sind. Wenn diese Leute zum Beispiel mich oder Jisung dafür beleidigen wollen, dann sagen sie 'Schwuchtel' zu uns. Es ist also ein Wort mit einer schlechten Bedeutung. Es heißt mehr ein 'Du liebst einen Jungen, obwohl du selbst einer bist, also bist du weniger wert als ich.' und deshalb möchte ich, dass du es nicht mehr sagst. Vorallem Jisung hat damit sehr schlechte Erfahrungen gemacht und das würde ihn sehr verletzen."

"Tut mir leid, Minho. Das wusste ich nicht. Ich benutze das Wort nie, nie, nie, niiieeeeee wieder."

"Das war alles, was ich hören wollte.", sagte ich und umarmte ihn einmal kurz, ehe ich mich wieder der Lehrerin widmete. "Gibt es sonst noch etwas, worüber mit ihm geredet werden müsste?"

"Ich brauche nur noch die Namen der Kinder, die es gesagt haben. Kannst du mir die sagen, Namgi?"

Er nannte ihr noch die Namen und dann gingen wir nach Hause, wo ich uns schnell Ramen machte und dann musste ich ihn leider alleine lassen, da er ja nicht mit zum Tanzen konnte.

Allerdings war es auch nicht lange, denn Hayoon würde in ungefähr einer Stunde wieder kommen und dann wäre er nicht mehr allein.

(A/N: Wer kein Bad end möchte, möge jetzt zum nächsten Kapitel scrollen.)

"Hey, Minho! Lange nicht gesehen.", wurde ich im Studio schon von einem der anderen begrüßt.

"Ja, ich hab mir bedauerlicherweise ein Messer in die Hand gerammt, als ich für meinen Freund kochen wollte und durfte danach keinen Sport machen.", meinte ich trocken.

"Hat mir Byungho schon erzählt. Aber, Minho... Dein Freund... Der ist schon echt cute."

"Ja und vor allem ist Jisung meins, also Finger weg."

"Also kein Dreier?"

"Kannst du komplett vergessen."

"Komm schon... Nur einmal..."

"Wir werden nicht mit dir schlafen."

"Manno..."

Unser Trainer unterbrach uns und wir begangen uns aufzuwärmen und dann zu tanzen, doch wurden zum Ende hin von meinem Handy abgelenkt, das schon fast dauerhaft klingelte.

"Keine Ahnung wessen Handy das ist, aber diese Person macht das jetzt aus, bevor ich es gegen die Wand schmeiße!", regte sich mein Trainer nach dem vierten Mal auf, weshalb ich zu meiner Tasche ging und es rausholte. Die Anrufe stammten von Jisung, ebenso wie zwei Nachrichten, die er mir bereits vor eineinhalb Stunden geschickt hatte.

"Ich liebe dich, Minho.
Es tut mir leid.", laß ich leise, als das Handy erneut klingelte. Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern nahm ich ab.

"Hey, Baby. Du weißt doch, dass ich gerade nicht kann. Aber wenn du willst, kannst du nachher noch zu mir kommen. Halt solange durch, ja?"

"Minho... Hier ist Jisoo."

"Ist was mit Jisung? Wo ist er? Wie geht es ihm?"

"Leg das Handy weg, Lee Know!", rief mein Trainer wütend, doch es war mir egal.

"Wenn es dir gerade nicht passt, dann rufe ich spä-"

"Nein, verdammt! Du sagst mir jetzt sofort, was mit meinem Freund ist!"

Ich spürte, wie sich die mitleidigen Blicke der anderen auf mich legten.

"Er-... Er hat versucht, sich umzubringen... D-da war überall Blut und er lag da bewusstlos und ich weiß nicht, was passiert ist... Es g-ging alles so schnell. Der Krankenwagen, die Sanitäter... Sie wissen nicht, ob er es schafft, Minho. Niemand weiß das."

Tränen liefen über meine Wangen. Ich bemerkte es nichtmal wirklich. Es fühlte sich alles so surreal an.

"Ich muss zu ihm...", meinte ich leise und legte auf.

"Was ist passiert...?", fragte Baekho vorsichtig und umarmte mich.

"Jisung... Er hat versucht sich umzubringen... Es kann sein, dass er es nicht schafft..."

"Geh zu ihm. Na los.", sagte mein Trainer sanft. Nur wenige Sekunden später war ich aus dem Raum gerannt und lief in das Krankenhaus, in dem Jisung liegen musste.

"Ich muss zu Han Jisung.", schnaufte ich erschöpft, als ich an der Rezeption ankam.

"Zimmer 1437.", antwortete sie desinteressiert, woraufhin ich in besagten Raum hetzte.

Jisung lag dort an ein paar Geräte angeschlossen, doch er war wach. Er sah erschöpft aus. Kaputt. Zerbrochen.

Nun verlangsamte ich meine Schritte und setzte mich zu ihm ans Bett.

"Es tut mir so leid, Minho. Ich kann einfach nicht mehr. Ich halte es nicht mehr aus..."

Seine Worte waren kaum mehr als ein Hauch und es trieb mir erneut die Tränen in die Augen.

"Nein, nein, nein... Wir schaffen das zusammen. Hörst du?", antwortete ich verzweifelt. "Wir schaffen alles. Lass mich nicht alleine. Ich liebe dich doch..."

"Ich liebe dich doch auch. Aber manchmal ist das einfach nicht genug..."

"Ich werde dich sehr vermissen..."

"Das hoffe ich doch. Nur vermiss mich nicht zu sehr. Verlieb dich neu, folge deinen Träumen und denk ab und zu an mich, ja?"

"Ich verspreche es dir."

"Danke. Für alles. Für die schönste Zeit meines Lebens und dafür dass du mich bis ans Ende liebst."

"Ich will das nicht... Ich will das du bei mir bleibst. Dates, Kinder, ein eigenes Haus... Ich will das alles mit dir. Ich liebe dich und ich will niemanden anderes lieben müssen."

"Ich liebe dich auch, Minho."

Ich küsste ihn und versuchte noch einmal all meine Gefühle in diesen Kuss zu stecken. Er tat das gleiche, bis seine Lippen aufhörten sich zu bewegen und ein lautes Fiepen von einem der Geräte ausging.

Es war vorbei.

Immer heftiger schluchzte und weinte ich, während die Ärzte reinkamen und mich von dem toten Körper meines Freundes wegzerrten.

Er hatte recht gehabt.

Dieses Mal war Liebe nicht genug gewesen.

Und nun war ich derjenige, der begann, sich zu hassen. Nicht dafür wie ich aussah, sondern dafür dass ich es nie schaffte, diejenigen bei mir zu behalten, die mir am wichtigsten waren.

Bald werde ich dir folgen, Jisung. Warte noch ein wenig auf mich. Wir sind schneller wieder vereint, als du denkst.

++-Ende-++

From a Stay who has nothing left


Falls ihr noch nicht sad genug seid: Jisung's Zimmernummer (1437) heißt laut Internet 'I love you forever'. Deshalb hab ich das als Zimmernummer ausgesucht

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