*Chapter 9

Fünf Tage waren seit dem Vorfall vergangen. Fünf Tage in denen ich Großadmiral Thrawn kein einziges Mal über den Weg gelaufen war. Meistens hieß es von Eli er sei mit einer wichtigen Mission beauftragt worden, von anderen Kadetten lautete es der Chiss sei seit genau diesen fünf Tagen nicht mehr auf Courscant.

Auf jeden Fall nagte diese Tatsache zu genüge an meinen Nerven, denn diese lagen sprichwörtlich Blank. Seit längerer Zeit fühlte ich mich in einem Delerium gefangen, in dem ich die Bilder des Vorfalls immer wieder sah. Zusammen in seinem Büro, sein Körper dicht an meinen gedrückt, während seine Lippen jeden Zentimeter meines Körpers erkundeten. Ich wollte sie nicht mehr sehen, versuchte sie immer wieder zu verdrängen, doch sobald ich auf meinem Bett lag überstürzten sie mich wie ein wartendes Unwetter.

Selbst in diesem Moment konnte ich die Aussicht nur zum Teil genießen, die sich mir ergab und noch weniger war mein Verstand im Begriff den Worten zu folgen, die Eli und Serin von sich gaben. Anscheinend waren sie in einer anhaltenden Diskussion verstrickt, worum es dabei ging erschloss sich mir jedoch nicht.

,,Yakira, bitte sag Eli, dass er mit seiner These falsch liegt." Keine Antwort. Serin stieß mich freundschaftlich mit ihrer Schulter an, während ich weiter gedankenverloren auf die unzähligen Wolkenkratzer starrte, welche sich vor uns befanden. ,,Hallo, hörst du mich?" Wieder wurde ich von der Seite angestubst, dieses Mal mit etwas mehr Kraft und plötzlich rutschte ich zurück in die Gegenwart.

Der Schleier um meine Gedanken verdichtete sich, bis die Bilder aus meinem Kopf verschwanden und ich stirnrunzelnd zu meinen beiden Freunden schaute. Sowohl Eli, wie auch Serin runzelten besorgt ihre Stirn. Ersterer ließ in seinen Augen sogar ein Stück Mitleid aufflammen, ein Gefühl was ich seither verabscheute.

,,Also, was sagst du dazu, Yakira?" Unwissend zuckte ich mit den Schultern. Mir war anzusehen, dass ich über ihre Frage keine Sekunde nachgedacht hatte, doch worüber auch. Seit einer Weile waren ihre Stimmen nur noch weit entfernt gewesen. 

,,Langsam machst du mir echt Angst. Man könnte meinen, dass du seit Tagen völlig neben dir stehst. Warst du deswegen bereits auf der Medistation?", meldete sich dieses Mal Vanto zu Wort und das Mitleid, welches bereits den Ausdruck in seinen Augen beherrschte, war in seiner Stimme kaum zu überhören. Schwache Wut züngelte an meinen Nerven, doch ich schaffte es meine Stimme dennoch ruhig zu halten.

,,Es ist nichts. Mich macht es bloß ein wenig nervös, dass der Großadmiral mir seit Tagen aus dem Weg geht-" Abrupt unterbrach ich den Versuch seitens Eli mich meinerseits zu unterbrechen. ,, -und selbst wenn er auf einer Mission ist, wie du sein plötzliches Verschwinden immer so gern nennst, hätte er mir trotzdem Bescheid geben können. Ich meine, selbst mein Training hängt seitdem im Rückstand." Eli nickte, auch wenn er mit meinen Worten nicht ganz einverstanden war. Serin war überraschend ruhig, während ihr Blick über die ferne Weite vor uns wanderte.

,,Der Großadmiral ist dir nun mehr keine Rechtfertigung schuldig, Yakira. Er ist nun mal ein viel beschäftigter Mann und außerdem hat er dir einen passablen Trainer zugeteilt oder entspricht Uruk nicht deinen Vorstellungen?" Augenblicklich musste ich Schmunzeln. Keineswegs wollte ich die Fähigkeiten unseres Freundes in Frage stellen, doch manchmal waren seine Aufgaben etwas, nun ja, zweifelhaft. Wahrscheinlich lag das aber auch an seiner Herkunft, schließlich stammte er aus einer Kultur, mit der die der Menschen nicht mithalten konnte.

Kopfschüttelnd verneinte ich die Frage des Braunhaarigen und schaute nach vorne. Gleißende Lichtstrahlen streichelten meine Haut und vertrieben die schneidende Kälte, wegen derer ich meine dickste Jacke übergezogen hatte. ,,Uruk ist manchmal einfach ein wenig... seltsam, gelinde gesagt. Auch wenn seine Trainingseinheiten mit denen des Großadmirals mithalten, er ist nun mal nicht-" ,,Thrawn, ich weiß. Trotzdem wirst du dich erstmal mit unserem Freund begnügen müssen. Warte, wo ist der überhaupt?" Eli drehte seinen Kopf demonstrativ in alle Richtungen und sogar Serin war bei dieser Frage wieder aus ihren Gedanken erwacht.

Uruk schien sich schon seit längerem nicht mehr mit uns auf dem Dach aufzuhalten, was sehr wohl an der Diskussion von Eli und Serin lag. Eines wusste ich über Uruk nämlich ganz genau, er hasste es wenn es zu lebhaften Diskussionen kam. Oftmals verschwand er unauffälig aus dem Raum, häufiger wurde er aber Still und versuchte sich so unsichtbar wie möglich zu machen. Anscheinend betraf es ein Ereigniss aus seiner Kindheit, welches ihn zu diesem Verhalten verleitete und zudem wirkte es ganz so, als hätte er die erste Alternative erwägt.

Dieser Freifahrtsschein würde sich mir nie wieder ergeben, weshalb ich prompt vom Rand des Gebäudes wegrutschte und mich erhob. Serin und Eli folgten meinen Bewegungen mit einem fragenden Blick, den ich entschuldigend erwiderte. ,,Da Uruk nicht da ist, hielte ich es für das Beste nach ihm zu sehen. Wartet nicht auf uns, vielleicht finde ich ihn auch nicht." Natürlich war diese Ausrede erfunden, doch sie war perfekt. So konnte ich unauffällig zurück ins Gebäude und das Büro des Chiss aufsuchen, in der Hoffnung, dass ich ihn anträfe.

Bei diesem Gedanken begannen Schmetterlinge in meinem Bauch zu flattern, gleichzeitig spürte ich aber auch die Kälte, die sich in meinen Venen ausbreitete. Mein Herz begann unruhig zu schlagen, während ich die Treppen im Gebäude nutzte, um auf die letzte Etage zu gelangen. Die Gänge waren bis auf vereinzelte Personen menschenleer, weshalb ich die Chance packte und sogleich das Büro aufsuchten.

Eli und Serin wäre ich definitiv noch eine Erklärung schuldig, wenn sie herausfänden, das der Grund meines Abtretens gelogen war, aber bis dahin hätte ich noch genügend Zeit mir etwas zu überlegen.

Nervös strich ich mit meiner Hand die losen Haare beiseite, die sich durch den Wind aus meinem Zopf befreit hatten. Außerdem zupfte ich nochmals an meiner Uniform, welche sich wärmend um meine Glieder legte. Nichtsdestotrotz hörte die Kälte in mir nicht auf, sie floss weiter, bis auch der letzte Teil meines Körper drohte zu erfrieren.

Vor Nervosität zitternd, klopfte ich gegen die massige Tür aus Metall, die mir unwirklich groß erschien. Sie war das Tor in eine andere Welt. ,,Herein.", erklang es aus dem Raum dahinter und mein Herz blieb- wortwörlich- für einen Moment stehen, ehe es in der doppelten Geschwindigkeit weiterschlug. 

Bedacht drückte ich den blinkenden Knopf auf der Schaltfläche und trat anschließend in den warmen Raum. Zuerst huschten meine Augen zu den Kunstwerken, die mittlerweile nicht an der gewohnten Stelle standen, dann glitt mein Blick zu der verschnörkelten Holzkommode, auf der die Kristallkaraffe mit der widerlichen goldbraunen Flüssigkeit stand und zuletzt fixierte ich zu meiner Rechten den Großadmiral in seiner vollen aufblühte.

Wie immer saß seine Uniform tadelhaft perfekt, ebenso wie seine blauschwarzen Haare, welche er mit Gel zurückgelegt hatte, wodurch sie im schwachen Licht der Wandlampen gelblich schimmerten. Thrawns Augen lagen auf dem Datapad, das eingeschaltet vor ihm auf dem Tisch lag, bis er sich in seinem Stuhl aufrichtete und kontrollierte, wer seine Ruhe störte.

Ein undefinierbarer Ausdruck verzerrte für einen Augenblick die atemberaubende Schönheit des Chiss, bevor sie plötzlich eiserner Kälte wich und seine Lippen sich zu einem dünnen Strich verwandelten. ,,Kadett Oli, was kann ich für Euch tun?" Ungeduldig tippte er mit seinen Fingern regelmäßig auf das Holz, während mir bei seiner Frage das Herz in die Hose rutschte.

Völlig erstarrt schaute ich ihn an, war längst am Holotisch in der Mitte des Raumes vorbeigelaufen, um ihn direkt anzusehen, doch was er in mir auslöste war keine glühende Hitze, sondern das Gefühl unbedeutsam und unerwünscht zu sein. Nervös presste ich die Hände an meine Seite.

,,Nun.", räusperte ich mich, denn meine Stimme versagte gleichsam mit meiner Selbstsicherheit. Dieses Mal war ich nicht gewillt meine Maske aufzusetzen, dafür aber zu zeigen, dass er mich nicht vollkommen Klein bekam. ,,Ihr meldet Euch seit Tagen von unseren gemeinsamen Trainingseinheiten ab und da tat sich in mir die Frage auf, welchen Grund das haben könne." Thrawn würde keine andere Antwort als Eli sagen, da war ich mir sicher, doch überraschenderweise sagte er etwas völlig anderes. Nichts was eine Mission betraf, doch dabei etwas weitaus schlimmeres.

Die rotglühenden Augen meines Ausbilders verengten sich zu Schlitzen, als er den Namen eines Mannes nannte, der in der gesamten Galaxie bekannt war. Lord Vader. Plötzlich summte es unaufhörlich in mir und es kostete meine gesamte Kraft mich nicht an der Kante des Tisches festzuhalten. ,,Wollt Ihr damit etwa sagen, dass der Großimperator meine Obhut an Lord Vader weitergegeben hat." Jener nickte und der Schock lähmte meinen Körper. ,,Leider kann ich Euch zu dieser Entscheidung keine Einzelheiten darlegen, doch es war eine einstimmige Wahl, die der Großimperator freudig entgegengenommen hat."

Wenn ich vorher sagte, das die Tatsache schlimm war, dass nun Lord Vader meine Ausbildung übernahm, so überrumpelte mich dieses Geständnis umso mehr. ,,Ihr habt freiwillig meiner Ausbildung entsagt?", fragte ich ungläubig und spürte wie sich ein gewaltsamer Druck hinter meinen Augen auftat. Zwanghaft presste ich die Augen aufeinander, bis der Druck nachließ und ich dem Schwarzhaarigen mit verengten Augen entgegenblicken konnte. Seine Miene verriet kein bisschen was er dachte, geschweige denn was er fühlte. Doch in mir konnte er lesen, wusste haargenau, was er mir damit antat.

,,Es ist nur zu Eurem besten. Der Großimperator stimmte dieser Aussage zu, weil er vollstes Vertrauen in seinen Schüler zeigt."

Damit übertrat er eine Grenze, die neben meiner Traurig- und Fassungslosigkeit ballende Wut in mir aufsteigen ließ. Zornig ballte ich die Hände an meiner Seite zu Fäusten und machte einen weiteren Schritt auf den Tisch zu, sodass ich meine Hände darauf abstützen und mich mit Wut verzerrtem Gesicht zu dem Chiss vorbeugen konnte.

,,Niemand entscheidet hinter meinem Rücken, was das beste für mich sei. Weder meine Eltern, die mich an Euch als ihr Schuldgeld opferten, noch die Großmacht des Imperiums. Keiner, wirklich keiner darf sich das Recht dazu nehmen und am wenigsten Ihr, Großadmiral!" Ich spie ihm das letzte Wort förmlich entgegen. Ungewollt stieg meine Stimme dabei um eine Oktave, trotzdem behielt ich meinen Zorn unter Kontrolle, was das Beben in meiner Stimme verursachte.

,,Ihr wart es der mir einst sagte, ich wäre kein Spielzeug des Imperiums, doch seht hin, was Euer handeln beeinflusst hat. Ihr benutzt mich als eine Waffe, die man von Hand zu Hand reichen kann ohne darüber nachzudenken, was Ihr damit ins Rollen bringt. Ihr seid ein Tyrann, Großadmiral und das wird einst Euer Untergang sein!" Damit kehrte ich ihm wutentbrannt den Rücken zu und stampfte aus seinem Büro. Hinter mir ließ ich einen Mann, der über meine Worte nachzudenken schien und erkannte, dass sein Handeln weittragende Konsequenzen mit sich brachte.


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