Kapitel 24
„We're a mess,
You and I, but the truth is,
you captivate me in ways no soul ever will."
-perry poetry
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Camila
Dafür, dass Shawn in diesem Zimmer lag – der Mann, der mir in so kurzer Zeit so viel Leben verliehen hatte – war es viel zu ruhig. Das Piepsen der Maschinen, an die er angeschlossen war, war hingegen so laut wie eine Alarmanlage und ich rechnete jede Sekunde damit, dass sie explodierten und sich alles in Luft auflöste. Kurz überkam mich der Drang zu verschwinden und nie wieder zu kommen, doch dann erblickte ich ihn – und war noch nie so erleichtert, jemanden atmen zu sehen. Shawns Brust hob und senkte sich langsam und vorsichtig und am liebsten hätte ich mein Ohr darauf gelegt um seinem Herzen beim Schlagen zuzuhören. Seine Augenlider waren gesenkt, doch ich wollte nicht glauben, dass er schlief. Ich wollte nicht glauben, dass ich noch länger auf seine Stimme würde warten müssen. Und genau das musste ich nicht. Denn als er sprach, fühlte ich mich, als hätte ich seine Stimme seit Jahrzehnten nicht mehr gehört. Er hatte Schwierigkeiten, nicht einzunicken und den starken Mann, der stets vor Lebenslust strotzte und dessen Schwächen ich womöglich mehr liebte als andere, so zu erleben, ließ mein Herz von Neuem brechen. Er lag direkt vor mir und fühlte sich ferner an, als jemals zuvor.
Er ist hier. Du bist hier. Ihr seid hier.
„Mila..."
Auch wenn er schmerzhaft zerbrochen klang, hörte sich mein Name aus seinem Mund immer noch an, wie Liebe. Die Art von Liebe, die ihm zustand, nicht mir. Doch als ich endlich wieder seine Melodie vernahm, kapitulierten die Synapsen in meinem Gehirn für eine Sekunde. Lang genug, um mich nach vorne zu beugen, sein Gesicht mit meinen Haaren zu streifen, ihn zu küssen. Seine Lippen bebten, und trotz seiner Erschöpfung und des Einflusses der Medikamente entfachte er eine Leidenschaft, die kein anderer als er mir jemals würde bescheren können. Doch, egal, an wie viele Wunder meine Lieblingsautorin mich bis jetzt hatte glauben lassen, einer ihrer Theorien musste ich wohl oder übel in die Augen sehen.
Nach den Hochs kamen immer die Tiefs...
Shawn ließ ein letztes Mal seine Zunge über meine Unterlippe streichen, doch noch bevor ich das tun konnte, wonach wir uns beide so sehr sehnten und meine Lippen für ihn teilte, nahm er meine Wangen in seine Hände und schob mein Gesicht von seinem. Ich war zu benebelt von seinen Berührungen, als dass ich die Bedeutung dessen hätte interpretieren können, doch ein Blick in seine traurige Seele, zwang mich dazu, Tränen hinunterzuschlucken. Keine Ahnung, ob es klug war, aber die heiseren Worte, die ich mich als nächstes sagen hörte, kümmerte das nicht im Geringsten.
„Ist dir eigentlich klar, wie viel Angst du mir eingejagt hast? Es ist bescheuert und schlimm, dass du erst vor meinen Augen zusammenbrechen musstest, damit ich... Scheiße, ich weiß es nicht."
Ich weinte offiziell und es war mir egal. Jene Tränen, die ich vorher noch verleugnet hatte, bahnten sich jetzt erbarmungslos den Weg über meine Wangen. Und es gab nichts, dass gerade von geringerer Bedeutung sein konnte, als das Salzwasser in meinem Gesicht.
Ich rang nach Luft und verschluckte mich, obwohl mein Mund so trocken war, wie eine Wüste.
„Shawn, wenn du gestorben wärst... Ich... Ich weiß nicht, was ich getan hätte. Nur neben dir fühle ich mich lebendig und egal wie kaputt wir sind – Du siehst mich. Du siehst mich, Shawn, so wie ich wirklich bin und so wie ich dachte, niemals sein zu dürfen. Es ist verrückt und wenn ich sagen würde, dass das hier nicht geplant war, würde ich lügen, denn das war es. Aber nur deinetwegen weiß ich, was Liebe bedeutet. Shawn, ich..."
„Camila, hör auf."
Sein leiser Klang war sanft und doch zerriss er mich, so wie das Eis in mir und das Feuer in ihm. Fast. Fast wäre ich ehrlich gewesen.
Ich liebe dich.
Shawn räusperte sich und schien mit einem Mal hellwach zu sein. Er vermied es, mir in die Augen zu sehen.
„Du denkst das nicht wirklich."
Was?
„Shawn..."
„Du glaubst zu fühlen, was du fühlst, weil ich fast draufgegangen wäre. Aber egal, was das hier noch werden könnte... Was es werden könnte, wird es niemals sein. Denn wir wissen nicht, wer wir sind und werden es nur herausfinden, solange wir uns voneinander fernhalten. Camila... Das mit uns, was auch immer es war, war keine gute Idee und ich glaube, es wäre besser, wir beenden es, bevor du dich verlierst. Denn genau das wird passieren, wenn wir so weitermachen. Du wirst dich verlieren, eines Tages aufwachen und nicht mehr wissen, was zum Teufel das hier eigentlich sollte. Ich bedeute keine Liebe für dich. Das tue ich für niemanden. Ich werde dir früher oder später wehtun, glaub mir das. Ich denke, es wäre besser, wenn du gehst."
„Bullshit", presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, obwohl ich... flog. Ja, fliegen musste ich wohl, denn ich spürte schon längst keinen Krankenhausboden mehr unter meinen Füßen. Mein gesamtes Dasein fühlte sich an wie Folter, wenn Herz und Seele Kopf standen. Ich würde mich jeden Moment übergeben.
Aber... Ich liebe dich.
„Warum tust du das?", fragte ich tonlos. Dafür, dass ich noch vor einer Nanosekunde gefasst hatte wirken wollen, zitterte meine Stimme zu sehr. Doch ich würde nicht weinen. Ich musste diese Sache ohne Tränen überstehen. Nein, ich musste sie nicht überstehen, viel mehr retten. Ohne zu heulen, wenigstens dieses eine Mal.
„Warum belügst du uns beide und versuchst jemand zu sein, der du nicht bist? Hast du Angst, ist es das? Wovor, Shawn?"
„Ich lüge nicht." Ich war noch nie mit einem Messer attackiert worden, aber die plötzliche Kälte gepaart mit Gleichgültigkeit in seiner Stimme, schmerzte mehr, als jeder Stich, den man mir hätte zufügen können. „Ich will dich einfach nicht."
„Ich glaube dir nicht."
Er machte eine Bewegung, die aussah wie ein Schulterzucken. „Nicht mein Problem."
Er verbrühte mein Inneres und noch immer liebte ich ihn.
Alles in mir schrie danach, ihm Fragen zu stellen, von denen ich wusste, dass er sie nicht beantworten konnte.
Wieso er aufgetaucht war und mein Herz hatte fliegen und danach fallen lassen. Ob ich etwas und was ich bedeutet hatte. Wieso er uns zu brechen versuchte.
Doch ich machte einen klugen Fehler und schwieg. Fast.
„Warum hattest du Opium im Blut?"
Die vermutlich taktloseste Frage, doch mein Kopf schrie beinahe so sehr nach Antworten, wie mein Bauch.
Und alles dazwischen.
Sein kalter Ausdruck wich genervter Überraschung und beinahe so etwas wie Empörung.
„Hatte ich nicht. Und selbst wenn, ginge dich das nichts an."
„Du kapierst es nicht, oder?" Ich war zu laut geworden, doch ich bereute es nicht.
Vielleicht hätte ich den Mund halten sollen.
„Was?"
Kalt. So kalt.
Ich schnaubte und lachte verzweifelt. Vielleicht, weinte ich auch, aber... Wer wusste das schon?
„Dass du geliebt wirst", sagte ich. „Dass man dich liebt Shawn, das willst du nicht akzeptieren. Aber einer Sache bin ich mir ziemlich sicher: Auch wenn dein Herz nicht wandert – du wirst im Kreis laufen, wenn du weiterhin flüchtest. Es wird dich einholen. Vertrau mir."
Ich schluckte, schloss die Augen und öffnete sie wieder. Und dann wurde mir klar, dass zu Ende war, was wir niemals kennen würden.
Ich sagte nichts mehr, als ich kehrt machte und ging. Ihn anzusehen, wäre zu gefährlich gewesen, deswegen verzichtete ich darauf und mir wurde zum ersten Mal bewusst, wie viel langsamer alles geschah, wenn ein Herz brach. Ich tat es und doch fühlte ich mich, als würde ich meinem Leben zusehen und nichts darin zu sagen haben. Nicht, als ich die Türklinke nach unten drückte und Gesichter sah, die ich kannte und doch nicht zuordnen konnte. Nicht als ich registrierte, dass Phoebe mit Ethan an ihrer Seite auf mich wartete. Nicht als ich die ineinander verschränkten Hände des Pärchens sah, das ich so sehr liebte.
Überhaupt nicht.
Ich suchte nach einem Punkt, irgendeinem, aber meine beste Freundin sah mich. Sofort. Und ironischerweise würde sie wohl eine derer sein, die das immer taten.
Phoebe schwieg. Ich schwieg.
Zeitlupe.
Und als die Wahrheit Überhand gewann, weinte ich in ihren Armen um alles, was ich nie erfahren und doch verloren hatte.
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Ein neues Kapitel für euch und ich weiß, ihr hasst mich... :O Aber glaubt mir, mich machen die beiden genauso fertig :D
Ich hoffe, es gefällt euch trotzdem und wünsche euch einen wundervollen Abend. <3
Alles, alles Liebe und DANKE für euren einmaligen Support (über 100 Votes für "Nothing compared to you" - niemals hätte ich damit gerechnet!!),
Maggie <3
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