In2You


*Steffis Sicht*

Ich schaute auf die Kommentare, die seit einigen Tagen meinen Instagramaccount sprengten. Aus allen Ländern der Welt schrieben mir Army, dass sie über Jimin und mich Bescheid wüssten. Sie drohten mir, machten mein Aussehen runter und beurteilten meinen Charakter, ohne dass sie mich kannten. Aber dieses Mal war es einfacher als beim letzten Mal. Ihre Worte trafen mich nicht so stark, wie sie es früher taten. Kommentare, die mein Aussehen betrafen, löschte ich sofort wieder unter meinen Bildern. Leute, die mir privat schrieben, wurden direkt blockiert. Die zwei Jahre hatten mich stärker gemacht. Viel stärker.

„Wie kannst du es wagen solche Gerüchte über Jimin zu verbreiten", schrieb mir ein koreanisches zwölfjähriges Mädchen über Instagram. „Er würde niemals jemanden daten! Dafür hat er gar keine Zeit und er wäre nicht so blöd, dich zurückzunehmen. Du bist nicht ansatzweise gut genug für ihn! Mir ist egal was alle schreiben, aber ich glaube den Unsinn nicht. Du willst nur Aufmerksamkeit, um berühmt zu werden!" Der Text ging noch unendlich weiter, aber ich rollte nur mit den Augen und blockierte die Nutzerin. Was für ein Recht nahmen sich andere Leute heraus, dich für etwas zu verurteilen, von dem sie nicht einmal ein Teil der Wahrheit kannten. Ich wünschte, ich hätte es schon früher verstanden, dann hätte ich mich vielleicht nie von Jimin getrennt.

„Leg dein Handy beiseite", sagte Aga und drückte mir einen Erdbeere-Bananen-Smoothie in die Hand, den sie uns geholt hatte. „Wir sind extra rausgegangen, um dich abzulenken. Also sei so lieb, steck es weg und genieße die Sonne."

Aga hatte Recht. Das Wetter war heute wunderschön. Die Sonne strahlte warm zu uns herab, dass ich die Jeansjacke schon nach kurzer Zeit über den Unterarm hängen ließ. In der Innenstadt von Hongdae war es recht turbulent und voll. Bald war ein Feiertag, weshalb die Leute schnell noch ihre letzten Einkäufe erledigten. Tauben liefen mit ihren kleinen Füßen schnell vor uns davon. In den Großstädten waren sie viel zu zahm geworden, was wohl an Menschen, wie Helen lag, die ein paar Brotstückchen vor ihnen ausstreute, was eigentlich verboten war. Aber sie hatte trotzdem Mitleid mit den Tieren. Ich schaute auf und sah Marah und Lisa aus dem Sportladen herauskommen, vor dem wir auf sie warteten. Beide trugen jeweils stolz eine Tüte in der Hand. Ich schielte in Lisas hinein und grinste, als ich die weißen Adidas Schuhe mit den drei schwarzen Streifen an der Seite sah.

„Sie waren runtergesetzt", grinste sie mich glücklich an und legte einen Arm um meine Schulter. Obwohl das Wetter heute schön war und meine Freunde es als perfekte Gelegenheit sahen, um shoppen zu gehen, war es nicht der eigentliche Grund, wieso wir uns alle trafen. Meine Freundinnen wussten, wie schwer mir die zwei Wochen ohne Jimin fielen und wir sehr er mir fehlte. Ich wollte es mir nicht anmerken lassen und gab vor, dass ich klar kam. Besonders mit den Army und den Blicken, die mir die Leute auf der Straße zuwarfen. Aber das hielt meine Mädels trotzdem nicht davon ab, mich ablenken zu wollen und dafür liebte ich sie mehr denn je. Sie waren für mich da, wann immer ich sie brauchte. Aber unser schöner Nachmittag wurde in dem Moment zerstört, als mich eine unbekannte Nummer anrief. Zuerst zögerte ich und fragte mich, ob ich es nicht einfach ignorieren konnte. Aber etwas tief in mir drin sagte mir, dass ich rangehen musste. Ich schaute fragend zu meinen Freundinnen auf, die verwirrt auf mein Handy sahen.

„Geh ran", schlug Marah vor. „Sonst erfährst du nicht, ob es wichtig ist."

„Und wenn es ein Sasaeng ist?", merkte Lisa besorgt an. „Es würde mich nicht wundern, wenn sie Steffis Nummer rausgefunden hätten." Meine Augen wurden bei ihren Worten größer und ich machte mir augenblicklich Gedanken darüber, ob es nötig war, meine Nummer zu wechseln.

„Mach ihr keine Angst!", schimpfte Aga empört und wandte sich viel ruhiger und zuversichtlicher an mich. „Es ist kein Sasaeng, also geh ran. Wir sind da drüben bei dem Eisstand, wenn du uns brauchst."

Ich nickte und drückte gehorsam auf den grünen Hörer. Wehe dir, wenn du Unrecht hast, dachte ich mir, als sich auch schon eine männliche Stimme am anderen Ende der Leitung meldete, die meinen Namen nannte.

„Die bin ich", bestätigte ich verwirrt und bekam gleichzeitig eine Gänsehaut, die meinen Arm hinaufkrochen.

„Hier ist Hwang Jinyoung, Vertreter von BigHit Entertainment. Haben Sie Zeit für mich? Es gibt da etwas, worüber ich gerne mit Ihnen sprechen würde."

Oh, nein das war gar nicht gut. Mein Puls begann sich schlagartig zu beschleunigen und mindestens zehn Gründe fielen mir ein, wieso ich so tun sollte, als hätte ich etwas vor. Einer davon war, dass ich vorher lieben mit Jimin drüber sprechen würde, bevor ich mich mit jemanden von seinem Entertainment traf.

„Ich weiß, es ist kurzfristig", fuhr er fort, als ich nichts sagte. „Aber es geht um Ihre Beziehung zu Park Jimin und je schneller wir es regeln, desto schneller können wir die Gerüchte beseitigen."

Die Dringlichkeit in seiner Stimme verriet mir, dass ich eigentlich keine Wahl hatte. Es gefiel mir nicht, ganz und gar nicht. Meine Intuition war auf Alarmstufe rot. Aber würde es etwas bringen, es hinaus zu zögern? Jimin war noch bis spät in die Nacht beschäftigt. Vor achtzehn Uhr würde ich ihn nicht erreichen.

„Könnten wir das Treffen auf morgen verschieben?", fragte ich deshalb und sah mich suchend nach meinen Freundinnen um, aber die hatten den Eisstand bereits verlassen und waren spurlos von der Bildfläche verschwunden. Na großartig.

„Ich fürchte nicht", erwiderte er. „Ich werde in zehn Minuten beim >Starbucks< in Hongdae sein. Wir treffen uns da."

Er hatte aufgelegt, bevor ich ihm sagen konnte, dass ich nicht kommen würde. Moment, woher wusste er, dass mich in der Nähe des Cafés aufhielt? Gab es etwa schon wieder neue Fotos über mich bei Instagram?

Ziemlich zwiegespalten ließ ich mein Handy wieder in der Handtasche verschwinden und ging auf den Eisstand zu, bei dem meine Freunde sich eigentlich aufhalten wollten und tatsächlich fand ich sie auch einige Schritte weiter auf einer Parkbank, wie sie glücklich ihren Eisbecher löffelten.

„Was ist passiert?", fragte Helen und ließ ihren Löffel zurück in den Becher sinken. „Schlechte Nachrichten?" Sie stellte ihren Eisbecher beiseite und musterte mich eindringlich, während ich mich auf den Platz neben sie fallen ließ und den Kopf betrübt auf ihrer Schulter ablegte.

„Kann man so sagen." Ich stieß einen langen Atemzug aus. „Das war einer von BigHit. Er will mit mir über die Gerüchte mit Jimin reden."

„Um ehrlich zu sein wundert es mich, dass sie sich so lange Zeit gelassen haben." Aga neigte sich nach vorne, damit sie an unseren Freundinnen vorbei, bis zu mir, schauen konnte. „Die Gerüchte machen seit vier Tagen die Runde und BigHit hat sich dazu noch nicht geäußert. Eigentlich handeln Entertainment innerhalb von vierundzwanzig Stunden, um das Schlimmste abzuwenden."

„Und was kann es bedeuten, dass sie Steffi sehen wollen?", fragte Lisa und spielte mit der Zunge an ihrem Unterlippenpiercing herum.

„Aus Erfahrung würde ich sagen, entweder, dass sie herausfinden wollen, ob es wahr ist, weil Jimin sich anscheinend nicht dazu äußert oder aber sie versuchen Steffi loszuwerden. Vielleicht auch beides."

„So wie Maja damals", hauchte ich erschrocken, als mich die Erkenntnis traf.

„Vermutlich", bestätigte meine beste Freundin. „Wann ist das Treffen?"

„Eigentlich müsste ich los, ich soll mich mit ihm im >Starbucks< treffen."

„Willst du, dass wir dich begleiten?", fragte Helen und stand auf, um die leeren Becher der anderen Mädels einzusammeln. „Dann wären wir da, wenn du uns brauchst."

Zuerst wollte ich das Angebot höflich ablehnen, aber ehrlich gesagt konnte ich ihre Unterstützung wirklich gebrauchen.

„Was wäre, wenn ich nicht hingehen würde?", fragte ich, als letzten Ausweg.

„Naja", murmelte Aga nachdenklich. „Ihr wollt es beide nach der Tour sowieso veröffentlichen. Wenn du nicht hingehst und es ignorierst, könnte BigHit falsch auf die Gerüchte reagieren und der Skandal wäre noch größer, wenn ihr es dann wirklich offiziell macht. An deiner Stelle wäre ich ehrlich. Ich denke, dass Jimin und du da jetzt einfach durchmüsst. Ihr wusstet, dass es irgendwann kommen würde."

Da hatte sie Recht und ich sah es schließlich ein.

„Es wäre lieb, wenn ihr mitkämt", sagte ich an meine Freundinnen gewandt, die einstimmig nickten.

Mr. Hwang war ein Mann in den vierzigern, dessen erste graue Haare sich bereits bemerkbar machten. Trotzdem trug er sie mit Stolz zur Schau und ließ seine Haare nicht färben, so wie andere Leute es in seinem Alter getan hätten.

Sobald er mich durch die Tür treten sah, stand er auf und verbeugte sich höflich vor mir, als ich vor ihm zum Stehen kann. Ich erwiderte die Geste und setzte mich dankend auf den Stuhl, auf den er mit dem ausgestreckten Arm respektvoll wies. Auf dem Tisch standen zwei Tassen Kaffee, die er uns bestellt hatte. Ich mochte meinen Kaffee, aber in diesem Moment war ich für alles dankbar, an das ich mich Haltsuchend klammern konnte. Der Starbucksladen war nicht sonderlich groß und bot kaum Sitzgelegenheiten. Trotzdem hatte Mr. Hwang uns einen kleinen Tisch organisiert, etwas abseits von dem Trubel am Eingang. Eigentlich traf man sich in solchen Läden nicht, um wichtige Dinge zu besprechen. Dafür war es viel zu öffentlich, deshalb kam mir nur eine logische Erklärung in den Sinn. Er hatte keine Zeit gehabt, etwas anderes zu organisieren, weshalb ich daraus schloss, dass er spontan handelte, und versuchte dieses Gespräch so schnell wie möglich über die Bühne zu bringen. Das war mir sehr recht. Meine Freundinnen drängten sich an der langen Schlange vorbei, die ungeduldig auf ihr Getränk warteten und ließen sich an einem Tisch, nicht weit von unserem nieder. Aga und Lisa saßen extra so, dass ich sie im Auge hatte und sie mir Mut zusprechen konnten, sollte ich ihn brauchen.

„Es freut mich, dass Sie es einrichten konnten", begrüßte mich Mr. Hwang freundlich und setzte ein charmantes Lächeln auf, bei dem es ihm bestimmt leicht fiel alle Arten von Geschäften abzuschließen. Durch diese kleine Mimik wirkte er augenblicklich viel vertrauensvoller, mit dem kleinen Grübchen an seinen Augenrändern.

Zur Antwort nickte ich kurz, weil ich nicht wusste, was ich sonst erwidern sollte.

„Wie Sie bestimmt schon mitbekamen", begann er schließlich, „machen derzeit sehr viele Gerüchte über Ihre Beziehung zu Park Jimin die Runde." Er schob mir einen Stapel Zettel zu, auf die ich nur einen flüchtigen Blick warf. Es war nicht nötig, dass ich es mir durchlas. Ich kann bereits jeden einzelnen Artikel auswendig.

„Um das ganze Abzukürzen, komme ich gleich zur Sache", fuhr er fort.

„Dafür wäre ich dankbar." Ich griff nach der Kaffeetasse und umschlang sie mit meinen Händen. Nicht um sie zu trinken, sondern einfach, weil meine Hände vor Aufregung zitterten und ich nicht wollte, dass er es sah.

„Park Jimins Manager hatte uns bereits bestätigt, dass Sie eine Beziehung zu ihm führen. Ich bin mal die Unterlagen durchgegangen und habe gesehen, dass Sie diese Art von Beziehung vor zwei Jahren schon einmal hatten."

„Sie sind neu", schloss ich aus seinen Worten.

„Ja, ich bin erst seit einem halben Jahr in dem Entertainment, aber das ist nicht relevant für das Angebot, dass ich Ihnen machen werde." Er schob mir einen weiteren Stapel Papiere zu. Einen Vertrag. Während ich versuchte, die ersten Sätze zu lesen, begann er bereits es zu erklären.

„Sie waren schon einmal an diesem Punkt und es war nicht gut ausgegangen, wenn ich mir die Akte so ansah. BTS verlor sehr viele Fans, die Hasskommentare stiegen zu dieser Zeit auf das doppelte an und Ihre Beziehung wurde von allen Seiten verurteilt. Es dauerte lange, bis sich die Band von dem Skandal erholte. Warum fangen Sie also von vorne an? Warum wollen Sie sich das alles noch einmal antun? Ich habe mir mal ihre sozial Media Plattformen angeschaut und ihre Profile sind nicht älter als ein halbes Jahr."

„Ich hatte sie damals gelöscht", nickte ich langsam und umgriff die heiße Tasse fester. Meine Handflächen brannten, aber ich konnte sie einfach nicht von dem Keramik lösen. Ich wusste genau worauf das hier hinauslief und der Vertrag vor meiner Nase war der klare Beweis dafür, dass Aga recht hatte. Sie versuchten mich loszuwerden.

„Ich habe von ihrem Geldproblemen gehört", fuhr er fort. „Wenn sie Park Jimin aufgeben und die Gerüchte als falsch aussagen, werde sich morgen früh vierhundert Millionen Won auf ihrem Konto befinden. Sie würden damit nicht nur ihr Ansehen retten, sondern auch das von BTS. Außerdem haben wir schon mit Park Jimin gesprochen und er ist mit der Trennung einverstanden."

Mir entglitten die Gesichtszüge. Okay, das ging eindeutig zu weit. Ich wusste zu einhundert Prozent, dass nach dem ganzen auf und ab, in dem Jimin so hart um uns gekämpft hat und nicht eine Sekunde zweifelte, dass er niemals einfach so die Beziehung zu mir hinschmeißen würde. Mr Hwang begann mit meiner Psyche zu spielen, weil er dachte, ich wäre beeinflussbar. Weil er glaubte, dass meine Beziehung zu Jimin nur ein Abenteuer mit einem Idol war, aber er hatte ja keine Ahnung, was wir alles auf uns genommen hatten, um an diesem Punkt anzukommen.

„Ich werde nicht unterschreiben", sagte ich mit fester Stimme. „Sie könnten mir alles anbieten und ich würde es ablehnen. Nichts davon ist es wert meine Gefühle für Jimin zu leugnen."

„Seien Sie doch vernünftig. Liebe vergeht, Sie werden jemand anderen finden. Aber Park Jimin ist am Höhepunkt seiner Karriere. Noch so ein Statement könnte das Aus bedeuten. Noch ist es nicht offiziell. Sie können jederzeit zurücktreten."

„Das werde ich aber nicht."

„Sie machen einen Fehler! Soweit ich weiß, sind Sie schon einmal verschwunden, warum sollten Sie es nicht wieder tun? BigHit macht sich einfach Sorgen um ihre Schützlinge! Wieso wollen Sie ihm und seiner Karriere so sehr schaden?"

„Wieso wollen Sie verhindern, dass er Liebe und Erfolg hat?", stellte ich die Gegenfrage. „Ihnen geht es nicht um sein Wohlbefinden, sondern um das Geld. Sobald wir unsere Beziehung offiziell machen, werden Ihre Zahlen sinken. Nur davor haben Sie Angst." Ich stand von meinem Platz auf und verbeugte mich respektvoll.

„Es tut mir leid, aber ich werde jetzt gehen." Ich gab meinen Mädels ein kurzes Zeichen und stürmte dann wütend aus dem Café.

Wütend hackte ich die Zwiebeln klein, während ich darauf wartete, dass Jimin meinen Skypeanruf annahm. Viel stärker als nötig, schlug das Messer in das Holzbrett hinein und hinterließ kleine Kerben. Aber ich konnte meine Kraft einfach nicht zurückhalten, so aufgewühlt war ich noch immer von dem Gespräch. Feinmotorik war in diesem Moment einfach nicht vorhanden, weshalb ich auch bei dem Jengaspiel verlor und nun von meinen Freundinnen dazu verdammt wurde das Abendessen zu machen.

„Du kochst?", begrüßte mich Jimin, sobald die Kamera sich einschaltete. Ich antwortete ihm, ohne aufzuschauen.

„Ja, ich habe in einem Spiel verloren und meine Freundinnen weigern sich etwas zu Essen zu bestellen." Hoffentlich war ihnen klar, auf was sie sich da eingelassen hatten. Jeder wusste, dass ich eigentlich nicht kochen konnte.

Ich schaute zu meinem Handy herüber, das ich es an die Packung mit dem Chococappuccino gelehnt hatte. Seufzend legte ich das Messer beiseite und neigte mich über den Tresen, um den Winkel richtig einzustellen, damit mein Freund mehr von mir sah, als meine ungeschickten Hände und den zerhackten Zwiebeln. Er lächelte, als ich mit meinem Gesicht richtig dicht an die Kamera heran kam, und warf mir einen Luftkuss zu, woraufhin sich meine schlechte Laune schlagartig vertreiben lies und sich tatsächlich ein Lächeln um meine Mundwinkel schlich.

„Aber das ist okay", sagte ich und lehnte mich wieder zurück, um mich dem Essen zu widmen. „So kann ich wenigstens ungestört mit dir Skypen." Ihn zu sehen war wie Balsam für meine Seele. All die Sorgen und schlechten Gedanken lösten sich in Luft auf, als hätte es sie nie gegeben.

„Aber vergifte sie bitte nicht", grinste er und lachte schließlich über meinen genervten Seitenblick.

„Ich bitte dich, du bist nicht besser, als ich."

„Deshalb weiß ich ja auch, wovon ich rede."

„Wie war eigentlich das Konzert?", fragte ich und warf die Zwiebeln in die Pfanne zu dem heißen Öl. Das Zischen machte es mir zwar schwerer ihn zu verstehen, aber sobald ich die Tomaten und etwas Hähnchenfleisch hinzugab, wurde es nach kurzer Zeit besser.

„Gut, wir haben keine Fehler gemacht und Army haben uns geliebt. Aber ich konnte es kaum erwarten dich zu sehen." Er nahm sein Handy in die Hand und ging damit zu seinem Hotelbett herüber, um sich auf den Bauch zu legen und sein Kinn auf den Händen abzustützen. „Aber worüber wolltest du sprechen? Deine Nachricht klang so wichtig?"

Zuerst zögerte ich, da ich wollte, dass wir noch etwas längeren Smalltalk hielten und wir uns sagten, wie sehr wir uns vermissten. Aber na schön, kommen wir eben gleich zur Sache.

„Ich hatte heute ein Gespräch mit einem Mr. Hwang", begann ich vorsichtig und rührte mit einem Holzlöffel abwesend in der Pfanne herum. Wie sollte ich es ihm erklären, ohne dass er sich genauso darüber aufregte wie ich? Zuerst hatte ich darüber nachgedacht, es ihm gar nicht zu sagen, weil ich nicht wollte, dass er sich Sorgen machte. Aber dann wären wir wieder an dem Punkt, den wir vor zwei Jahren schon einmal hatten und den wollten wir nicht wiederholen. Außerdem brauchte ich von ihm die Bestätigung, dass er nach wie vor auf meiner Seite stand.

„Okay." Jimin nickte vorsichtig, da er mir noch nicht so ganz folgen konnte.

„Er war von BigHit Entertainment."

Ich schielte auf den Bildschirm meines Handys und sah wie Jimin jegliche Gesichtszüge entglitten. Sein Gesichtsausdruck verriet mir alles, was ich wissen musste. Er hatte absolut keine Ahnung davon. Innerlich spürte ich, wie sich die Schlingen um mein Herz lösten. Auch wenn ich ihm vertraute, war da dieser kleine Teil, tief in mir drin, der einfach Angst davor hatte, dass Jimin es sich doch anders überlegen würde, weil er zu viel riskierte. Aber ganz offensichtlich machte ich mir völlig umsonst Sorgen, denn Jimins Mund verzog sich zu einer schmalen Linie, als er sich in den Sitz aufrichtete und das Handy erneut in die Hand nahm.

„Was wollte er?", verlangte er mit einem bedrohlichen Unterton zu wissen.

„Er hat mir eine Menge Geld angeboten", murmelte ich, während ich extra laut mit der Spagettipackung knisterte, um sie in den kochenden Topf zu geben, „damit ich dich verlasse. Und er hat versucht mir in das Gewissen zu reden, dich und deine Karriere nicht zu zerstören."

„Wie viel Geld?" Seine Wut wandelte sich schlagartig in Panik und das Blut entwich seinem Gesicht, bis er weiß war, wie die Hotelwand hinter ihm. Verwundert schaute ich von dem kochenden Nudeltopf auf. Hatte er etwa Angst, dass ich das Angebot annahm und ihn für Geld verließ?

„Ist das wichtig?", fragte ich, als mich die Erkenntnis traf. Jimin hatte genauso sehr Angst mich wieder zu verlieren, sowie ich ihn. Seine Gedanken mussten in die völlig falsche Richtung gehen, deshalb fügte ich schnell hinzu: „Ich habe abgelehnt!"

„Oh Gott sei dank!", atmete erleichtert aus und entspannte sich sichtlich wieder.

„Aber Jimin?"

„Hm?"

„Er hatte behauptet du wüsstest Bescheid und seist mit der Trennung einverstanden."

Jimin schaute mich für eine Weile ausdruckslos an, so lange, bis ich mich schließlich wieder dem Essen zuwandte und ab und zu einen Blick auf dem Bildschirm warf, um sicher zu sein, dass sein Standbild nicht einfach eingefroren war. Doch schließlich blinzelte er, schüttelte den Kopf und rief empört:

„Wer war es?! Nenn mir seinen Namen! Ich sorge dafür, dass dieser Kerl gekündigt wird." Mit hoch rotem Kopf gab er ein abfälliges Schnauben von sich. „Wie kann der Drecksack so etwas behaupten! Das ist eine Lüge! Ich wäre niemals damit einverstanden!"

„Ich weiß", sagte ich erleichtert und war froh, dass ich mich nicht geirrt hatte. „Das hatte ich ihm auch gesagt."

„Es tut mir so leid, dass ich nicht da war", seufzte er nun viel ruhiger. „Du musst es gerade alles alleine durchmachen, obwohl ich versprochen hatte, dass es dieses Mal nicht so läuft."

„Mach dir keinen Kopf", winkte ich ab und groß die kochenden Nudeln in ein Sieb ab. „Du bist ja bald zurück."

„Ich denke ich muss dir auch etwas sagen", nuschelte er sichtlich nervös und begann mir von dem Gespräch mit seinem Manager und den Artikeln zu erzählen. Dabei hörte ich ihm aufmerksam zu und rührte sogar etwas länger in der Soße, die eigentlich längst fertig war.

„Was tun wir jetzt?", fragte ich, als er endete.

„Das gleiche wie jetzt auch", sagte er und legte sich auf die Seite. Dabei vergrub er sein Gesicht zur Hälfte in seinem Kissen und gähnte müde. „Wir halten zusammen und ziehen es bis zum Ende durch, egal was andere sagen."

Ich nickte zustimmend. Genau diesen Satz wollte ich von ihm hören. Jimin und ich warfen uns einen ziemlich langen intensiven Blick zu. So lange, dass mir plötzlich ein merkwürdiger beißender Geruch in die Nase stieg und ich verwirrt zum Herd sah.

„Oh Shit!", fluchte ich und schob den Kochtopf mit der Tomatensoße von der heißen Herdplatte. Jimin lachte leise in sein Kissen und schob sich die dunkelbraunen Haare aus der Stirn. Ich versuchte dagegen in der Zeit mit dem Holzlöffel in der Soße zu rühren, um noch etwas zu retten, aber das klappte nicht sonderlich gut. Schließlich gab ich auf und ließ den Löffel los. Ach was solls, meine Freundinnen wussten schon worauf sie sich einließen.

„Ich denke, ich muss jetzt auflegen", sagte ich und wandte mich wieder an Jimin. Mit einem Lächeln im Gesicht neigte ich mich über den Tresen und stützte mich mit den Ellenbogen auf der Platte ab. Mein Freund gähnte erneut.

„Ich sollte auch schlafen. Wir haben morgen früh wieder ein Interview, bevor es weiter nach Thailand geht."

„Das klingt aufregend."

„Ist es, aber ich freue mich auch darauf, wenn wir uns wieder sehen."

„Es sind nur noch zwei Wochen." Ich streckte mich und öffnete das Fach über mir, um sieben Teller aus dem Schrank zu holen.

„Gott sei dank." Er rieb sich über die Augen. „Telefonieren wir morgen?"

„Unbedingt." Ich hob eine Hand zum Abschied und winkte ihm traurig zu. „Bis Morgen. Schlaf gut."

„Werde ich und dir guten Appetit." Dann verdeckte sein Finger die Kamera und kurz darauf war er verschwunden.

In dieser Nacht schlief ich sehr schlecht, weil mir einfach zu viel durch den Kopf ging. Der kleine Wecker auf meinem Nachttisch zeigt in roten Zahlen an, dass es elf Uhr abends war. Seufzend drehte ich mich auf die andere Seite und erschrak für einen kurzen Moment, als ich Aga neben mir in meinem Bett liegen sah. Lisa lag auf ihrer anderen Seite und hatte einen Arm um meine beste Freundin geschlungen, während ihr Bein auf Agas Hüfte ruhte. Verwundert stemmte ich mich von meinem Bett hoch und sah Helen, die es sich am Fußende des Bettes bequem gemacht hatte und tief und fest schlief. Ich sah mich um und erkannte Gina, die an meinem Schreibtisch eingeschlafen war, genauso wie Marah und Anja, die es sich auf dem Fußboden gemütlich gemacht hatten. Ich war etwas früher ins Bett gegangen, da ich von dem Tag Kopfschmerzen bekommen hatte. Aber ich war irgendwie davon ausgegangen, dass meine Freundinnen später gehen würde. Stattdessen waren sie hier bei mir und standen mir bei, weil sie einfach wussten, dass ich sie heute wirklich brauchte.

Ich konnte nicht in Worte fassen, wie viel mir In2You bedeutete. Durch ihre Anwesenheit fühlte ich mich viel ruhiger als vorher. Mit einem kleinen Lächeln im Gesicht ließ ich mich zurück in mein Kissen sinken und schloss viel entspannter als vorher, die Augen. Kurz darauf war ich eingeschlafen.

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