Es ist fast wie früher
„Komm bitte da runter", sagte Jimin und hielt mir auffordernd seine Hand hin, doch ich schüttelte grinsend meinen Kopf und setzte einen Fuß vor dem anderen auf dieser schmalen kleinen Mauer entlang. Meine weitausgebreiteten Arme hielten das Gleichgewicht, aber sobald ich kurz ins Schwanken geriet, zuckte Jimin zusammen und breitet die Arme aus, als würde er mich auffangen wollen.
„Mir passiert schon nichts", versicherte ich ihm selbstbewusst und blieb stehen. Die Mauer war nicht mal sonderlich hoch. Anstatt mir das Genick zu brechen, verletzte ich mir im höchsten Fall das Sprunggelenk. Aber seine Fürsorge war irgendwie niedlich. Ein wenig erinnerte es mich an früher und es gefiel mir.
„Ich weiß, wie tollpatschig du bist." Erneut reichte er mir seine Hand, die ich schließlich ergriff, um ihn zu beruhigen.
„Zufrieden?", fragte ich und genoss den Druck seiner Finger, die sich um meine Hand schlangen.
„Verletz dich einfach nicht", nuschelte er zur Antwort und rieb sich mit der freien Hand den Nacken.
„Ich werde aufpassen."
„Mach dich nicht über mich lustig."
„Tue ich nicht." Jimin schaute in eine andere Richtung, ein Zeichen, dass es ihm peinlich ist, weil er sich so offensichtlich Sorgen machte. Ich fand es süß. Um mich hatte sich schon lange niemand mehr wegen so etwas Banalem gesorgt. Doch plötzlich ertönte von irgendwo her ein lautes Hundegebell und schreckhaft, wie ich war, zuckte ich nicht nur zusammen, sondern stolperte dabei auch über meine eigenen Füße. Doch anstatt nach vorne zu fallen, spürte ich einen starken Zug an meiner Hand und landete wenig später in Jimins Armen, der zwar zurücktaumelte, aber das Gleichgewicht hielt und die Arme fest um meinen Körper schlang. Ich hatte mich haltsuchend in seine Jacke gekrallt, bis meine Gelenke schmerzten. Das Hundegebell war noch immer zu hören und wenn ich mich nicht irrte, dann kam es auch dichter. Mein Herz schlug rasend schnell und versorgte meine verkrampften und bewegungsunfähigen Muskeln mit Blut. Flach atmend hob ich den Kopf und erkannte im selben Moment, wie nah sich Jimins und mein Gesicht waren. Er hatte einen Blick über seine Schulter geworfen und schien auf etwas anderes zu achten, außer mir.
„Ein Hund hat sich von der Leine losgerissen", erklärte er mir. „Mach dir keine Sorgen, ich beschütze dich vor ihm." Für andere mag dieser Satz lächerlich wirken, aber mich rührte es, dass Jimin noch immer wusste, wie hoch mein Respekt an freilaufenden Hunden war. Wäre ich alleine, würde ich zurück auf die Mauer klettern und hoffen, dass mich der Hund ignorieren würde. Ich mochte es nicht, wenn sie bellten und noch mehr Angst hatte ich, wenn sie auf mich zuliefen und an mir hochsprangen. Aber Jimin schloss seine Arme noch enger um mich und gab mir damit die Sicherheit, die ich benötigte. Als er langsam sein Gesicht wieder in meine Richtung drehte, erschrak er selbst für einen kleinen Moment. Wahrscheinlich hatte er nicht damit gerechnet, dass sich unsere Nasenspitzen fast berühren würden. Sein Gesicht wich ein kleines Stück zurück, doch seine Augen wanderten herunter zu meinen Lippen. Für einen kurzen Moment kam es mir vor, als würde die Welt um uns herum still stehen, als hätte sie nur für uns die Zeit angehalten. Für ihn und mich.
Ich atmete flach, nicht wissend, ob ich mich aus seinen Armen befreien sollte oder nicht. Aber als der bellende Hund an uns vorbeilief, gefolgt von der Leine, die er über den Boden schliff und seinem Besitzer, der fluchend versuchte Schritt zu halten, kamen Jimin und ich wieder in der Realität an. Er räusperte sich und im selben Moment ließ er die Arme sinken und wir wichen einige Schritte auseinander.
„Also ähm, wir sind gleich da", sagte Jimin, kratzte sich am Hinterkopf und zeigte in die Richtung, in die wir gehen mussten. Ich nickte schnell und tat, als müsste ich mein Handy auf neue Nachrichten checken. Aber um ehrlich zu sein, war Gina viel zu sehr damit beschäftigt zu schlafen, wie jeder vernünftige Mensch. Sie würde nicht einmal bemerken, dass ich nicht da war. Und der Rest der Mädels wusste nicht einmal, dass ich mich mit ihm traf. Andernfalls hätten sie mein Handy mich Nachrichten zugespamt.
Der Hangang war um diese Uhrzeit recht ruhig. Ein leichter Wind wehte über das Wasser, in dem sich die Lichter der Stadt spiegelten und einige Pärchen saßen im Park und genossen die romantische Atmosphäre. Vielleicht war der Han River doch keine so gute Idee gewesen. Alle, die hier waren, wirkten so verliebt und glücklich. Ich schielte zu Jimin herüber, der beide Hände in seine Hosentaschen geschoben hatte. Im selben Moment trafen sich unsere Blicke und wir schauten in verschiedene Richtungen.
„Ist fast so, als wären beim ersten Date oder?", fragte er, als wir am Fluss entlang schlenderten. „So die Anfangsphase einer Beziehung, in der man nicht weiß, was man sagen soll, weil einem die Gemeinsamkeiten noch nicht bewusst sind."
„Irgendwie holen wir das jetzt nach." Ich lächelte bei dem Gedanken daran, wie wir uns kennen lernten. „Den Teil haben wir von Anfang an übersprungen."
„Erinnerst du dich an unsere erste Begegnung?", fragte er hoffnungsvoll, nahm seine Hände aus den Taschen und griff nach meiner Hand. „Alles erlaubt", erinnerte er mich an unseren Deal, als ich ihn fragend ansah.
„Keine Reue", nickte ich zustimmend und verschränkte unsere Finger miteinander. „Und natürlich erinnere ich mich. Wir waren in dieser Strandbar und ihr habt uns vor den Männern gerettet. Danke dir musste ich ein Dancebattle machen."
„Und du warst schlecht."
„Ja", lachte ich verlegen. „Das ist wahr."
„Danach seid uns immer wieder über den Weg gelaufen. Ich habe es für Zufall gehalten, aber es war alles von dir geplant gewesen."
„Oh nein!", unterbrach ich ihn schnell und blieb stehen. Da Jimin an meiner Hand hing, tat er es ebenfalls. „Das mit Jungkook und Maja war geplant. Das mit uns war wirklich Schicksal. Es ist einfach passiert."
Ein kleines Lächeln zauberte sich in sein Gesicht, bis er mich mit einem Funkeln in den Augen ansah.
„Ich mag es, dass du es Schicksal nennst, auch wenn es heute Nacht endet."
„Lass uns nicht daran denken", bat ich und zog ihn weiter den Weg entlang. „Wir haben noch sechs Stunden."
„Das ist nicht genug." Seine Hand verkrampfte sich um meiner und als ich zu ihm hochschaute, sah ich, dass er mit seinen nächsten Worten rang. „Wirst du Tae und Yoongi dann auch verlassen?"
Okay, das kam überraschend.
„Was?"
„Naja", nuschelte er. „Es geht nicht ganz in meinen Kopf und ich versuche, es wirklich zu verstehen, aber ich kann es nicht."
„Jimin, was genau meinst du?" Ich ahnte bereits, dass es mir nicht gefallen wird, denn meine Herzfrequenz beschleunigte sich augenblicklich. Mit ernstem Gesichtsausdruck beobachtete ich ihn dabei, wie er verzweifelt nach den richtigen Worten suchte.
„Sie sind auch in BTS", begann er schließlich. „Auch, wenn du mit ihnen nur befreundet bist, worin liegt der Unterschied zu mir? Warum musstet du mich verlassen, aber sie nicht? Wieso durften sie dich weiterhin sehen und mit dir telefonieren?" Seine Worte wurden mit jeder Frage lauter. „Wäre es nicht eigentlich fair einen richtigen Schlussstrich zu ziehen für jeden von uns? Wenn bei Fotos von ihnen mit dir auftauchen, dann passiert dir das Gleiche, als wenn wir beide gesehen werden. Worin liegt der Unterschied? Sie werden euch eine Beziehung andichten, ob es wahr ist oder nicht."
Darüber hatte ich zuvor nie nachgedacht. Aber er hatte Recht. Für die Presse und die Army war es egal. Da konnte ich noch so oft behaupten, dass Yoongi, Tae und ich nur Freunde waren. Niemand würde uns glauben. Und doch, gab es einen gewaltigen Unterschied.
„Ich käme damit klar, wenn ich Tae und Yoongi nur über das Telefon hören kann, ohne sie zu treffen. Was ich für sie empfinde, ist reine Freundschaft und egal, wo ich bin oder wo sie sind, ich bin glücklich, solange ich nur von ihnen höre. Aber bei dir wäre es anders. Für mich warst du nie nur ein Freund. Dich würde ich sehen wollen. Ich würde Zeit mit dir verbringen wollen. Wir beide können einander nicht nur als Freunde sehen."
„Wir haben es nie probiert", merkte er an, doch zur Antwort hielt ich unsere verschränkten Hände in die Höhe. Wenn das nicht Beweis genug war, dann wusste ich auch nicht.
„Es ist trotzdem unfair", murmelte er. „Wie soll ich dich vergessen, wenn ich weiß, dass du Kontakt zu Tae hast."
„Und Yoongi", merkte ich unhilfreich an, denn sein Gesicht verdunkelte sich schlagartig.
„Hm." Es war mehr ein kleines Brummen, als ein wirkliches Wort. Aber es reichte aus, um mich verwundert zu fragen, was in ihm vorging.
„Alles okay?"
„Hmh."
„Du wirkst nicht so."
„Es geht mir gut."
Ich zog nachdenklich die Stirn kraus, während ich ihn von der Seite anstarrte, ehe er es bemerkte und mich böse anschaute. Noch in der gleichen Sekunde viel es ihm auf und er entspannte schnell seine Gesichtszüge.
„Was ist das mit dir und Yoongi?", fragte ich vorsichtig. „Tae sagte, du hast ihn geschlagen."
„Es ist nichts."
„Es wirkt nicht, wie nichts."
Jimin sackte in sich zusammen und seufzte. Der angestrengte Ausdruck in seinem Gesicht war verschwunden.
„Ich denke nicht, dass es meine Aufgabe ist, es dir zu sagen. Geschweige denn mein Recht. Es ist nur ..." Er seufzte erneut und rieb sich mit seiner freien Hand über die Augen. „Es wäre mir einfach lieber, wenn ihr keinen Kontakt hättet."
Mehr brauchte Jimin nicht sagen, denn ich konnte mir zusammenreimen, was ihn bedrückte. So wie Yoongi sich heute verhielt, fragte ich mich schon die ganze Zeit, ob er es wirklich ernst gemeint hatte, oder es nur ein Scherz war. Aber so wie Jimin aussah, so wie er es andeutete, trügte mich mein Gefühl nicht.
„Kannst du mich nicht mal eine Sekunde als etwas anderen, als deinen besten Freund sehen?", das hatte Yoongi mich gefragt und mir damit den Boden unter den Füßen weggerissen. Es stimmte also wirklich. Mein bester Freund, die Person, auf die ich mich die letzten zwei Jahre bedingungslos gestützt hatte, fühlte etwas für mich, ohne, dass es ich geahnt hatte. Ich war so dumm, so unendlich blind und bescheuert! Wie konnte ich all die Zeit nur von Jimin reden, wenn es ihn jedes Mal verletzte? Warum hatte mich niemand gewarnt, dass ich mich egoistisch verhielt? Natürlich störte es Jimin, dass ich den Kontakt zu Yoongi halten wollte. In seinen Augen wollten sie beide das gleiche und ich entschied mich gegen Jimin und für Yoongi. Der Schlag musste gesessen haben. Aber war ich bereit, Yoongi aufzugeben? Konnte ich es? Meinen besten Freund? Was empfand ich wirklich für ihn, wenn es mir bei Jimin leichter fiel, als bei ihm?
Verdammt, ich war so verwirrt.
„Lass uns das Thema wechseln", schlug Jimin schnell vor, als er bemerkte, dass ich völlig ruhig wurde und in meinen Gedanken versank. „Hast du wieder etwas von Maja gehört?"
Ich schüttelte die Gedanken ab und konzentrierte mich auf das hier und jetzt. Jedenfalls gab ich mir alle Mühe. Die neue Information musste ich in ruhe verdauen und dann überlegte ich mir ganz genau, wie ich weiter vorgehen würde.
„Ich habe heute einen Post auf Instagram gesehen", sagte ich und strich mir die Haare aus dem Gesicht. Der Wind wurde stärker und langsam wurde es auch kälter. Nicht mehr lange, und wir hatten Mitternacht. „Sie sah glücklich aus. Aber mehr weiß ich nicht."
„Bereust du es den Kontakt abgebrochen zu haben?"
„Nein." Ich wischte meine Wut beiseite, die automatisch wieder hochstieg, wenn ich an die Sache mit dem Geld dachte, und zog Jimin zu einer Holzbank, auf die wir uns setzten. „Aber lass uns nicht über sie reden. Für mich gibt es sie nicht mehr. Wie ist es bei dir? Wann beginnt die Tour noch mal?"
„In drei Wochen."
„Bist du aufgeregt?"
„Nicht wirklich", gestand er. „Ich meine ja, irgendwo ist es immer aufregend und wir reisen in so viele Länder. Aber da die Fans unser Hotel belagern werden, können wir uns die Stadt sowieso nicht anschauen. Jedenfalls war es meistens so."
„Solange sie nicht wieder in euer Hotelzimmer einbrechen." Ich wollte es leichtfertig aussprechen, als sei es ein Witz, aber Jimin zuckte unmerklich zusammen.
„Du hast davon gehört?"
„Das ist wirklich passiert?"
„Ja und nicht zum ersten Mal. Hast du schon mal etwas von Sasaengtaxis gehört?"
„Nein, was ist das?"
„Das sind Taxen, die sich von Sasaengs dafür bezahlen lassen, dass sie die Idols verfolgen."
„Das ist ja furchtbar!", rief ich entsetzt. „Ist euch das wirklich schon passiert?"
„Leider öfter, als ich zählen kann. Viele Fans haben wirklich keinen Respekt vor Privatsphäre, aber das geht nicht nur uns so. In Amerika passiert es den Stars wohl auch oft."
„Ich verstehe die Menschen nicht", brummte ich kopfschüttelnd und betrachtete den Han River vor unserer Nase. Der Geruch von Wasser und frischer Luft, war in einer Stadt wie Seoul selten geworden. Ohne Luftbefeuchter konnte ich in den Räumen kaum noch atmen. Besonders mit meinen ganzen Allergien.
„Es gibt auch schöne Seiten", versicherte Jimin schnell, bevor ich mich erneut in das Thema hineinsteigerte. „Wenn man Hate bekommt, hat man das Gefühl, dass man nichts richtig kann. Aber dann zu sehen, dass so viele Fans vor deinem Hotel stehen und nur wegen dir da sind, gibt mir das Gefühl, dass es mehr Leute gibt, die lieben was ich tue. Tagtäglich überschütten uns Army mit so viel Liebe in den Kommentaren auf Twitter, im Fancafe oder unter Youtubevideos. Ihre Worte zu lesen gibt mir so viel Stärke und Mut. Sie sorgen dafür, dass ich mich immer weiter verbessern will, damit sie stolz auf mich sind. Nicht alles hat nur schlechte Seiten."
Ihm zu zuhören und das Strahlen in seinen Augen zu sehen, während er sprach, machte mich glücklich. Er hatte Recht, in all der Dunkelheit vergaß man oft die guten Dinge und die kleinen Momente, die etwas Licht in das Leben brachten. Wenn ich nur etwas mehr Licht und weniger Dunkelheit zugelassen hätte, wäre ich dann noch in Deutschland bei meiner Familie? Ich hasste sie nicht, das musste ich an dieser Stelle betonen. Aber all die Umstände führten dazu, dass ich die guten Momente vergaß. Eine schlechte Entscheidung von Maja führte dazu, dass ich ihr den Rücken kehrte. Hatte ich zu schnell gehandelt? Wer von uns war wirklich der schlechte Mensch? Sie oder ich? Ganz klar, ich war das Problem. Ich war kaputt, unreparierbar und voller Dunkelheit. Aufgestaut durch all die Jahre. Meine Freunde bewunderte mich für meine Stärke und den Mut, Entscheidungen zu treffen und sie einfach umzusetzen. Selbst, wenn es mein gesamtes Leben umkrempelte. Aber war es wirklich eine positive Eigenschaft oder lag es nicht ehr daran, dass ich mit jedem Jahr in dem ich alterte, auch emotional kälter wurde? Ich habe so viele Menschen in meinem Leben hinter mir gelassen, dass es keine große Sache mehr für mich war. Es fiel mir leicht, aber das sollte es nicht. Wie lange wäre ich noch ein Teil von In2You? Meine Freundinnen brachten so viel Liebe und Licht in mein Leben zurück. Sie holten mich aus meiner Dunkelheit und zeigten mir die schönen Seiten des Lebens. Aber manchmal, wenn ich alleine war, dann kroch ich zurück in meine Höhle, die niemand außer mir kannte und aus der ich nicht mehr entkam, wenn man mich nicht mit Gewalt herauszerrte. Würde ich sie auch eines Tages verlassen? So wie alle vor ihnen?
„Dir muss kalt sein." Noch bevor ich es realisierte, hatte Jimin seine Jacke ausgezogen und sie um meine fröstelnden Schultern gelegt. Der dünne Stoff sorgte automatisch dafür, dass mir etwas wärmer wurde, aber dafür wurde er nun etwas blass im Gesicht.
„Das geht nicht! Dann erkältest du dich", sagte ich und machte Anstalten seine Jacke wieder auszuziehen, doch er nahm meine Hände und zog sie sanft davon weg.
„Ich will es so."
„Aber du darfst noch weniger krank werden, als ich!"
„Dann komm etwas dichter und wärme mich." Das spitzbübische Grinsen in seinem Gesicht verriet, dass er darauf gewartet hatte, diesen Satz sagen zu können. Und ich wehrte mich nicht dagegen. Alleine mit diesem einen Satz, vertrieb er meine schlechten Gedanken und sorge dafür, dass ich ohne Widerspruch dicht an ihn heran rutschte, meine Arme um seinen Körper schlang und den Kopf auf seiner Schulter bettete. Ich wollte nicht an die Folgen und Konsequenzen denken, die der Schmerz morgen mit sich bringt. Jetzt gerade wollte ich einfach nur bei ihm sein und in seinem Licht meine Dunkelheit vergessen. Seine Nähe fühlte sich so gut an. Es ist nicht in Worte zu fassen, wie sehr ich es vermisst hatte, und für zwei Sekunden fragte ich mich, ob dieser Abschied wirklich sein musste. Aber dann lief ein Pärchen an uns vorbei. Er war damit beschäftigt ein Foto von dem Han River zu machen, um ihre Schönheit einzufangen. Doch sie drehte sich zu uns herum und ihre Augen weiteten sich in dem Moment, als sie die Erkenntnis traf. Sofort ließ ich ihn los und rutschte etwas von ihm weg.
„Du bist Park Jimin", sagte sie fassungslos, während sich ein breites Grinsen in ihrem Gesicht bildete. „Und du bist Steffi."
„Was?", fragte ich Freund verwundert und drehte sich zu uns herum. „Wo?" Seine Brille fiel ihm fast von der Nase, als er uns sah. „Wahnsinn! Du bist ihr Bias bei BTS!", sagte er und legte einen besitzergreifenden Arm um ihre Schulter, doch sie kicherte nur nervös.
„Wirklich?", fragte Jimin überrascht. „Wow, danke."
„Seid ihr wieder zusammen?", fragte sie und strich sich eine gebleichte blonde Haarsträhne hinter ihr Ohr. „Ich hatte immer gehofft, dass ihr euch nur für die Medien getrennt habt. Der Aufstand war ja damals unfassbar. Ich werde das nie verstehen."
„Gott sei dank hat sie mich", sagte ihr Freund und wies stolz auf sich selbst. „Sie will es zwar nicht zugeben, aber sie war auch mal so ein Megafangirl. Ihr hättet sie mal bei Shinee erleben sollen. Aber seit sie mich hat, trennt sie Fanliebe von richtiger Liebe."
Sie wurde knallrot und schlug sich eine Hand auf die Stirn.
„Möchtest du ihnen auch gleich erzählen seit wann wir zusammen sind, um deinen Besitzanspruch deutlich zu machen?" Sie schüttelte den Kopf und lachte. „Er ist immer so schrecklich eifersüchtig. Aber ihr habt meine Frage nicht beantwortet. Seid ihr wieder zusammen? Ich shippe euch beide so sehr. Ihr wart so süß zusammen. Schade, dass es nicht gehalten hatte."
„Ihr müsst darauf nicht antworten", erklärte ihr Freund schnell. „Suji ist immer so schrecklich neugierig und erkennt nicht, wenn es sie nichts angeht, was in dem Privatleben anderer Leute passiert."
„Dank meiner Neugier, habe ich gerausgefunden, dass dich deine Ex nur des Geldes wegen heiraten wollte."
„Und dafür liebe ich dich."
Jimin und ich schauten uns an, nicht wissend, was hier gerade passierte. Ehe wir langsam mit dem Kopf schüttelten.
„Nein, wir haben uns nur ewig nicht gesehen und wollten etwas reden", erklärte ich schnell.
„Siehst du, wir stören", seufzte ihr Freund. „Du solltest wirklich langsam erkennen, wann du Idols ansprechen kannst und wann nicht. Letztens haben wir Jinyoung von Got7 in einem Club getroffen. Ich glaube, wir haben ihm die romantische Stimmung mit seinem Date versaut."
„Woher hätte ich das wissen sollen? Sie war so nuttig angezogen wie die Kellner. Es kann jedem mal passierten zu fragen, ob sie mir einen Tequila sunrise bringen kann. Es ist nicht meine Schuld, dass sie wütend aus dem Club stürmte."
Ihr Freund fuhr sich durch die schwarzen Haare, die ihm gleich darauf wieder in sein Gesicht fielen, und schüttelte lächelnd seinen Kopf.
„Ich bin sicher, dass sie das nicht hören wollen. Deshalb sollten wir zur Sache kommen."
„Du hast Recht", nickte sie und schaute Jimin mit großen, braunen Hundewelpenaugen an. „Kann ich mit dir ein Selfie machen? Das würde mir so viel bedeuten. Und keine Sorge, ich sage nicht, dass ich euch gesehen habe. Es weiß bis heute auch niemand, dass ich Seungkyu von Infinite und ein Mädchen an Silvester haben rumknutschen sehen."
„Suji!"
„Ups. Ihr habt nichts gehört!"
Jimin erhob sich von der Bank und lächelte sie mit diesem umwerfenden Lächeln an, bei dem ich fast neidisch wurde.
„Gerne. Solange ihr wirklich niemanden erzählt, dass ihr uns zusammen gesehen habt."
„Kein Problem!", versicherte Suji und zog einen imaginären Reißverschluss über ihren Mund, ehe sie strahlend mit ihrem Freund zusammen in die Kamera lächelte. Jimin hatte einen Arm um sie gelegt und macht das Victoryzeichen. Kurz darauf verabschiedeten sie sich von uns und gingen ihrer Wege.
„Sie war ja cool", lachte ich, als mir auffiel, wen sie alles schon getroffen hatte und wie humorvoll ihr Freund sie ärgerte.
„Das ist wahr", nickte Jimin, jedoch etwas ernster. „Aber wir haben Glück gehabt. Es hätte auch ganz anders laufen können. Vielleicht sollten wir aus dem Park raus."
„Gute Idee. Aber wo kann man um die Uhrzeit noch hin?"
„Ich kenne da den perfekten Ort", grinste er und hielt mir seine Hand hin, die ich eine Weile zweifelnd anschaute, ehe ich sie ergriff. Wenn uns noch mehr Leute erkannten, dann würde es morgen nicht gut ausgehen. Aber in diesem Moment wollte ich nicht daran denken. Keine Reue. Also griff ich danach und ließ mich von ihm aus dem Park führen.
„Keine Karaoke!", sagte ich ernst und zeigte ihm mit meinen aufeinandergepressten Lippen, wie ernst es mir war.
„Keine Sorge. Es ist kein Karaoke. Wir haben noch vier Stunden und Seoul schläft nie. Es gibt einiges was man die ganze Nacht tun kann." Derweilen hatten wir den Park verlassen und liefen wieder an der Hauptstraße entlang.
„Das klingt zweideutig", lachte ich und wandte mein Gesicht ab, weil meine Wangen heiß wurden. Doch Jimin griff nach meinem Kinn und drehte es zu ihm. Mit schief gelegtem Kopf kam er meinem Gesicht etwas näher und zwinkerte:
„Das war Absicht." Genauso schnell, wie er es sagte, ließ er mein Kinn wieder los und lief voraus. Hinter mir ertönte die Alarmanlage eines Autos und ich zuckte vor Schreck zusammen. Schnell wirbelte ich herum, konnte aber nichts erkennen. Okay, das war unheimlich.
„Warte auf mich", verlangte ich und lief ihm nach.
„Du bist noch genauso schreckhaft wie damals."
„Sei still", sagte ich liebevoll, aber einen Hauch genervt. Doch Jimin lachte nur und legte einen Arm um meine Schulter, um mich dicht an sich heranzuziehen.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top