*Jin – Home*
I keep remembering you between crossroads
You knew me when I had nothing else
I could smile at the thought of you
The place where you are
Es war ewig her, als ich das letzte Mal hier war. Obwohl ich von allen Membern am dichtesten an meinem Zuhause wohnte, hatte ich durch die Band nie Zeit meine Familie zu besuchen. Aber jetzt stieg mir dieser vertraute Geruch der Heimat in die Nase, als ich aus dem Bus stieg und meinen Rucksack schulterte. Es war kaum zu glauben, dass mir diese Stadt mal so sehr fehlen würde, aber das tat sie. Gwacheon hatte eigentlich nicht sehr viel zu bieten. Sie war eine Satellitenstadt von Seoul, also eine Stadt, die als eigenständig gilt und in unmittelbarer Nähe einer Großstadt existiert. Es ist nur ein Regierungsviertel, in dem die Mächtigen und Reichen ihren Sitz haben. Da mein Vater CEO einer der bekanntesten Handymarken war, war es also nicht verwunderlich, dass meine Familie mit mir hier her zog, als ich ein Jahr alt war. Für Kinder war es einfach kein Ort, um glücklich zu sein. Gwacheon bietet nicht mehr als Hochhäuser und imposante Regierungsgebäude. Deshalb konnte ich es kaum erwarten nach Seoul zu gehen, um dort ein Trainee zu werden. Ich war so festgefahren in dieser Vorstellung zu debütieren und mit meiner Band die Welt zu erobern. Und obwohl ich so eine riesen Angst davor hatte, dass ich es nie schaffen könnte und irgendwann als Versager zurückkehrte, packte ich meine Sachen und lebte meinen Traum. Und was soll ich sagen? BTS hatte nicht nur Korea erobert, sondern alle Länder. Plötzlich war ich ein Vorbild und die Menschen auf der ganzen Welt kannten meinen Namen. Sie kannten mein Gesicht und meine Stimme, wussten alles über mich, was ich jemals in einem Interview gesagt hatte, und feierten mich für Sätze wie: Worldwide Handsome. Mein Ruhm erstrahlte im Blitzlichgewitter und je mehr die Leute mich mit Liebe füllten, desto mehr gab ich an meine Fans zurück. Ich bereiste fremde Länder, fand Freunde, stand auf allen Bühnen, die mir die Gelegenheit gaben, und sah sogar das Meer aus meinem Hotelfenster aus. In Momenten wie diesen dachte ich, dass ich alles schaffen konnte. Aber was mir fehlte, war die Ruhe. Der Zeit einfach mal nichts zu tun und den Moment zu genießen. Ich hetzte von einem Auftritt zum nächsten, trainierte in jeder freien Minute, schlief kaum und musste am nächsten Tag trotzdem so aussehen, als hätte ich mich den Tag davor erholt. Vielleicht war der Militärdienst, der in wenigen Tagen anstand ja genau das, was ich brauchte? Etwas Ruhe von meinem eigentlichen Leben im Rampenlicht. 1,5 Jahre Pause von allem. Seoul war die Stadt in der alles möglich war und meine Träume wahr wurden. Aber Gwacheon war anders. Hier gab es das „davor". Vor BTS. Vor der Traineezeit. Hier war ich einfach nur Seokjin und nicht Jin der bekanntesten koreanischen Band der Welt.
Und obwohl mir damals alles so klein in dieser Stadt vorkam, fühlte ich mich jetzt, als hätte ich meine Ruhe gefunden, sobald mein Fuß den Bordstein berührte.
Die Sonne schien an diesem 28. Mai warm zu mir herab und küsste mit ihren Strahlen meine gebräunte Haut. Ich lächelte und schaute hinauf in den Himmel. Als hätte sie auf meine Ankunft gewartet. Sobald der Bus abfuhr, ließ ich meinen Blick schweifen. In den letzten Jahren hatte sich die Stadt etwas verändert. Sie war nicht mehr so kantig und grau, wie ich sie auf meiner Kindheit kannte. Es war viel sauberer und grüner geworden. Auch die Blumen am Straßenrand waren seit meinem letzten Besuch dazugekommen. Das Gefühl in meiner Brust breitete sich warm über meinen gesamten Körper aus. Jetzt hier hin zurück zu kehren, und sei es nur zu Besuch, weckte nostalgische Erinnerungen in mir.
Ich war müde, so unendlich erschöpft und ausgelaugt. Ich könnte alles besitzen. Ein großes Haus, ein Auto, einen Pool, selbst eine Fußballmannschaft, wenn ich wollte. Aber obwohl ich so viel Geld hatte fehlte mir etwas. Das Problem war einfach nur, ich wusste nicht was? Dieses Gefühl der Leere wurde unerträglich für mich. Deshalb war ich hier in meiner Heimatstadt. Das Interessante an Gefühlen war, dass sie einen leiteten, selbst wenn der Kopf nicht wusste, was gerade passierte. Und so kam es, dass ich mich nicht auf den Weg zu meinen Eltern machte, sondern eine Straße früher in die Seitengasse bog. Direkt an der Ecke des kleinen Kiosk blieb ich stehen, als hätte ich mein Ziel erreicht. Zuerst verstand ich nicht, wieso ich hier war. Was wollte mir mein Innerstes damit sagen? Doch dann wanderte mein Blick die Straße entlang zu dem Restaurant, in dem sie arbeitete. Schlagartig begann mein Herz zu rasen und ein Lächeln umspielte meine Lippen. Jetzt verstand ich, wieso ich hier war. Meine Beine setzten sich sofort wieder in Bewegung und ich ging die Straße weiter entlang, bis ich direkt vor dem Restaurant stehen blieb und da sah ich sie. Ihre schwarzen Haare waren zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden und schauten aus dem Loch des Basecaps heraus. Sie lächelte dem Kunden zu und schrieb seine Bestellung auf einen Block in ihren kleinen Händen. Mein Herz hämmerte kraftvoll gegen meine Brust. Sie war noch immer wunderschön und sie löste auch nach so langer Zeit noch immer die gleichen Gefühle in mir aus wie damals. Wenigstens das hatte sich seit meinem letzten Besuch nicht verändert. Sie war noch immer hier und sie war noch immer wunderschön. Eunmin, meine erste Liebe.
Wir kannten uns aus der Mittelschule. Sie war zwar nicht in meiner Klasse, aber das hielt mich nicht davon ab mich in sie zu verlieben. Da wir den gleichen Freundeskreis hatten, waren wir irgendwie immer zusammen. Sie kannte mich, vor meiner Zeit als Idol und wusste damit auch viel mehr über mich, als ich in den letzten Jahren öffentlich Preis gab, mal davon abgesehen dass die Interviews meistens gescriptet waren.
Unsere Beziehung war nicht sehr lange, gerade mal drei Monate, bevor ich die Zusage als Trainee bekam. Der Abschied von ihr viel mir schwerer, als meine Familie zu verlassen. Aber sie sagte mir, dass egal wie viel Zeit verging, sie auf mich warten würde. Und eines Tages, wenn ich soweit war, sollte ich zu ihr zurück kommen, weil sie auf mich wartete. Es waren zwar Worte eines verliebten Teenagers aber ich hatte mir sehr oft die Frage gestellt, ob sie wirklich auf mich gewartet hatte, so wie ich auf sie. All die Jahre.
Sie hob den Kopf und schaute aus dem Fenster. Ihr Blick fiel direkt auf mich. Mein Herz setzte aus, als sie erschrocken zurück stolperte, ehe sie ihrer Kollegin den Block in ihre Hand drückte und die Tür zum Restaurant aufriss.
„Seokjin." Ich hörte es nicht, wie sie es aussprach aber ich sah es an ihrem erstaunten Gesicht und der Mundbewegung, die meinen Namen sagte. Wie angewurzelt stand sie in der offenen Tür, nicht wissend, wie sie weiter vorgehen sollte. Also handelte ich, setzte mich in Bewegung und überquerte die kleine Straße, bis ich vor ihr stand.
„Hallo Eunmin."
Sie legte sich eine Hand auf den Mund und ließ die Tür los, die laut hinter ihr in das Schloss krachte.
„Du bist hier", nuschelte sie fassungslos. „Nach so langer Zeit."
Ich konnte es spüren bei ihren Worten und der Art, wie sie mich ansah. Der Ausdruck in ihrem Gesicht hatte sich nicht verändert. All die Jahre war sie hier und wartete, dass ich zurückkam. Und hier war ich. Das Gefühl, dass sich so lange leer und einsam anfühlte, wandelte sich in Harmonie und Liebe. Ich war endlich angekommen, bei meinem wahren Zuhause. Bei ihr.
„Ich weiß, es ist lange her", begann ich. „Komme ich zu spät?"
Sie schüttelte den Kopf, ging langsam auf mich zu und streckte eine Hand nach mir aus, die ich mit einem breiten Lächeln ergriff.
„Nein, du kommst genau richtig. Komm rein. Ich möchte wissen, wie es dir die letzten Jahre ergangen ist. Und zwar richtig und nicht das, was dein Idolimage zeigt."
Also blieb ich bei ihr, bis ihre Schicht endetet und dann redeten wir die ganze Nacht, bis am nächsten Morgen die Sonne aufging. Alles fühlte sich an wie damals. Sobald sie meine Hand nahm, fühlte ich diese tiefe Ruhe in mir aufsteigen, als wäre ich jahrelang gerannt und nun endlich stehen geblieben. Ich vermisste ihre Liebe, die ich so sehr wollte. Aber jetzt hatte ich sie endlich wieder.
Mein Zuhause.
*Taehyung – Sweet Night*
On my pillow
Can't get me tired
Sharing my fragile truth
That I still hope the door is open
Cuz the window
Opened one time with you and me
Now my forever's falling down
Wondering if you'd want me now...
Der Film war fast zu Ende, aber ich war überhaupt nicht müde. Obwohl die große Uhr über dem Fernseher bereits ein Uhr nachts anzeigte, war ich hellwach. Es wäre so einfach jetzt ihre Hand zu nehmen und sie einfach nur zu halten. Gina würde es nicht einmal bemerken, wenn ich für einen kurzen Moment meinem Verlangen nachgab und sie kurz berührte. Aber dann ballte ich meine Hand zu einer Faust und schaute in die andere Richtung des Zimmers. Nein, es war falsch.
Sie bewegte sich und grummelte ein wenig, ehe sie sich noch fester an mein T-Shirt kuschelte. Bereits nach der Hälfte des Filmes war Gina seelenruhig auf meiner Schulter eingeschlafen. Ihre Atmung war wie Musik in meinen Ohren. Sie atmete tief ein und aus – ruhig und gleichmäßig. Die Hand lang neben meinem Bein auf dem weichen Polster. Ich würde sie doch nicht wecken, wenn ich sie nehmen würde, oder? Nur ganz kurz. Lass mich nur ganz kurz meinen Widerstand aufgeben und das tun, was ich schon lange möchte.
Ich schaute zu ihrem mittlerweile hellbraunen Haarschopf herunter, den sie sich vor kurzem gefärbt hatte. Sie hatte mir völlig stolz erklärt, dass es ihre Naturhaarfarbe war und sie die Nase voll von der alten Haarfarbe hatte. Obwohl ich das Weißblond mochte, schlug mein Herz viel schneller, als ich sie mit den hellbraunen Haaren sah. Wann immer ich dachte, dass sie mich nicht mehr überraschen konnte, bewies sie mir doch, wie sehr sie meine Gefühle im Griff hatte. Nur, dass es ihr überhaupt nicht klar war. Auch nach diesem einem Jahr hatte ich es einfach nicht geschafft ihr meine Liebe zu gestehen. Ich weiß - ich bin feige. Aber ich schwöre, dass ich mehrmals kurz davor war. Doch jemanden seine wahren Gefühle zu offenbaren hatte ich mir viel einfacher vorgestellt, als es war. Aus Tage wurden Wochen, dann Monate. Ich erinnerte mich noch genau an den Tag, an dem Gina mir verkündete, dass sie ein Jobangebot von SM Entertainment bekam. Dort sollte sie für die Boygroup NCT als Bodyguard arbeiten und in diesem Moment wusste ich bereits, dass ich verloren hatte. Mein Gefühl hatte es mir gesagt, bevor sie es mir selbst einige Wochen später offenbarte. Es war im Juni. Der Tag war so grau und kalt, wie mein Herz, als sie sagte, dass sie eine geheime Beziehung mit Taeyong, dem Leader der Band, führte. In mich brach alles zusammen. Ich hatte einfach viel zu lange gewartet und sie schließlich verloren. Ich Vollidiot hatte mich selbst gefriendzoned, weil ich es einfach nicht auf die Reihe bekam ihr zu sagen, dass sie für mich mehr war, als nur meine beste Freundin.
Auf dem Wohnzimmertisch blinkte ihr Handy auf. Augenrollend rutschte ich in dem Polster etwas tiefer, damit Ginas Kopf noch weiter auf meiner Schulter lag.
Wenn man von ihm sprach, als würde er wissen, dass sie hier bei mir war. Vorsichtig hob ich meinen Fuß an und stieß ihr Handy mit einer schnellen Bewegung von dem Tisch, wo es sanft auf dem Teppich ankam. Für einen kurzen Moment hielt ich den Atem an und wartete darauf, dass sie ihren Kopf hob und mich fragte, was ich da tat. Aber sie schlief weiter, also entspannte ich mich wieder. Ein weiterer Anstoß mit dem großen Zeh und ihr Handy rutschte unter das neue weiße Sofa, dass wir uns kaufen mussten, weil Jimin unser altes mitgenommen hatte.
Heute Nacht gehörte sie mir und ich würde sie nicht teilen. Um meinen Anspruch deutlicher zu machen riskierte ich es schließlich doch meine Hand sanft auf ihre zu legen. Mit ihrem kleinen Finger berührte sie sowieso schon den Stoff meiner schwarzen Jeans. Es war zwar nur ganz leicht, aber die Auswirkung auf mich war berauschend. Wie ein kleines Kribbeln auf meiner Haut. Als Gina sich nicht rührte, verstärkte ich den Griff an ihrer Hand und schlang meine Finger um ihre Handfläche.
Mein Herz schlug schneller. Wie lange würde ich ihr noch widerstehen können? Wie lange konnte ich noch so tun, als freute ich mich für ihre Beziehung? Wie lange würde es dauern, bis sie mich damit in Stücke zerriss? Wie lange dauerte es, bis ich sie verlor?
Eine Zukunft ohne sie war für mich unvorstellbar geworden. Es wäre eine Welt ohne Farben – alles wäre nur schwarzweiß und kalt. So unendlich kalt. Schlug nur mein Herz so schnell? Was spürte sie, wenn sie mich ansah? Waren da wirklich gar keine romantischen Gefühle dabei? Ich fragte mich immer, warum Yoongi es so lange für sich behalten hatte. Jetzt verstand ich es. Um jemanden nicht komplett zu verlieren, akzeptierte man eine Freundschaft, auch wenn es nicht das war, was ich wollte. Ich weiß nicht seit wann ich diese Gefühle für sie habe. Es war nicht von Anfang an so. Aber eines Morgens bin ich aufgewacht und da waren sie. Plötzlich schlug mein Herz schneller, sobald ich an sie dachte, und ohne Vorwarnung hatte ich mich in sie verliebt.
War es falsch zu hoffen, dass die Tür noch offen war und ich eine Chance hatte? War es falsch, dass ich sie Taeyong wegnehmen wollte, damit sie mir gehörte? War es falsch, dass ich einfach nicht loslassen konnte? Ich meine, sie war doch glücklich mit ihm. Warum zur Hölle reichte mir das nicht?
Das Ticken der Uhr über dem Fernseher war deutlicher lauter zu hören, als zuvor. Fast schon vorwurfsvoll zeigte sie mir, dass es mittlerweile halb 2 war. Auch der Fernseher hatte sich ausgeschaltet, nachdem der Film beendet war und ich den Bewegungssensor nicht aktiviert hatte. Doch anstatt mich zu bewegen saß ich auf dem Sofa und genoss ihre Nähe. Aber die zerbrechliche Wahrheit, die ich einfach nicht einsehen wollte war, dass ich meinen Absprung verpasst hatte. Vielleicht würde ich eines Tages aufwachen und nichts mehr für sie fühlen, genauso wie es auch begann.
Vielleicht.
Okay, das reichte. Ich musste aus dieser Situation heraus, bevor ich meine Beherrschung verlor. Vorsichtig rutschte ich ein Stück von ihr weg und legte einen Arm um ihre Schultern, um sie sanft auf den Kissen abzulegen. Gina wachte nicht auf, umgriff stattdessen im Schlaf das Kissen fester und kuschelte sich hinein. Lächelnd beobachtete ich sie dabei und griff dann nach der Decke über der Sofalehne, um sie damit zu zudecken. Es war schon zu spät für sie, um nach Hause zu gehen. Jungkook und Hoseok hatten bestimmt nichts dagegen, wenn sie auf unserem Sofa die Nacht verbrachte. Ich war zwar kurz versucht sie in mein Bett zu tragen und selbst auf dem Sofa zu schlafen, aber ich hatte Angst, dass sie aufwachte und dann gehen würde. Und ich wollte nicht, dass sie ging. Wenn es nach mir ginge, wäre sie immer in meiner Nähe.
„Schlaf gut", flüsterte ich lächelnd und wollte gehen, als sie plötzlich eine Hand nach mir ausstreckte und den Zipfel meines T-Shirts erwischte.
„Tae", murmelte sie im Halbschlaf. „Geht nicht weg." Sie zog mich neben sich auf das Sofa, was ich zuließ, ohne mich zu wehren. Wie könnte ich auch? Allerdings überraschte es mich etwas, dass sie die Decke anhob und über mich legte. Ich rutschte dichter an sie heran und ignorierte meine Stimme der Moral. Damals, nachdem Steffi und Jimin offiziell zusammen waren und bevor Gina Taeyong kennen lernte, hatten wir es öfter gemacht. Wir lagen einfach zusammen auf dem Bett oder dem Sofa, aneinander gekuschelt und erzählten über Gott und die Welt. Es war wie ein Ritual, der mit Taeyong endete. Deshalb überraschte es mich etwas, als sie sich an mich heranrückte und das Gesicht in meinem Shirt vergrub. Oh, das war gar nicht gut für meine Selbstbeherrschung.
Nur Freunde, sagte ich mir wie ein Mantra. Wir sind nur Freunde.
Ich senkte meinen Kopf und roch das Shampoo ihrer Haare. Süßlich und ein wenig nach Kokos. Meine Lippen berührten ganz sanft ihre Stirn. Alleine das reichte schon aus, um mein Herz zum Aussetzen zu bringen. Ich konnte nicht anders. Ich musste es einfach tun. Also umgriff ich ihre Taille und zog sie dichter an mich heran. Sie war zu schön, um wahr zu sein. Der ganze Moment einfach unwirklich und fühlte sich an wie ein Traum. Ich fragte mich, ob es in Ordnung wäre sie noch dichter an mich heran zu ziehen. Nur noch ein wenig. Oder ob ich damit die Grenze überschritt? Aber war ich nicht eigentlich längst zu weit gegangen? Als ihr bester Freund sollte ich nicht so dicht neben ihr liegen und sie in meinem Arm halten als gehöre sie mir und nicht Taeyong. Sie gehörte mir nicht. Sie gehörte ihm. Ich sollte es lassen. Gute Männer tun so etwas nicht. Ich mochte ihn und ihm in den Rücken zu fallen war nicht meine Art. Also beschloss ich, den Rückzug anzutreten, doch Gina öffnete in diesem Moment die Augen, und schaute mich mit einer Mischung aus Verwirrung und Überraschung an. Unsere Gesichter waren nur wenige Zentimeter von einander entfernt und bei dem Versuch mich loszureißen war ich nur noch dichter an sie heran gerückt.
„Was ist los?", murmelte sie verschlafen. In diesem Moment konnte ich mich nicht mehr zurückhalten. Sobald sie den Mund öffnete, sah ich nur noch ihre vollen Lippen und handelte, ohne nachzudenken. Ich zog sie fest an mich heran und küsste sie. Und zu meiner Überraschung erwiderte sie es, ohne lange darüber nachzudenken. Doch dann schien sie zu verstehen, was hier vor sich ging. Ruckartig löste sie sich von mir, richtete sich auf und stieß mich damit automatisch von dem Sofa herunter. Dumpf kam ich auf dem Teppich auf und schaute sie verwirrt an. Ehrlich gesagt konnte ich mir selbst nicht erklären, was hier gerade passiert war.
Ihre Augen waren schreckensweit geöffnet, als sich ihre Finger langsam zu ihren Lippen bewegten und sie berührten. Dann fiel ihr Blick auf mich und sie schaute mich fassungslos an.
„Was hast du getan?"
„Wonach sah es denn aus?", murmelte ich verletzt, dass sie es wirklich fragte. Langsam erhob ich mich von dem Boden und setzte mich an das andere Ende des Sofas, weit weg von ihr.
„Aber wieso?", hackte sie nach.
„Warum küsst man wohl jemanden? Ich mag dich, Gina. Mehr, als ich vermutlich sollte."
„Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Es war so viel Zeit vergangen ... Ich dachte, du siehst mich nur als eine Freundin."
„Ich weiß auch nicht seit wann", gestand ich und rieb mir über die Augen. „Aber ich weiß, dass es so ist." Ich schaute sie an und fügte mich fester Stimme hinzu: „Ich mag dich wirklich sehr. Wie konnte dir das nie aufgefallen sein?"
„Aber ich habe jetzt Taeyong."
„Und das macht mich wahnsinnig." Ich brummte die Worte heraus und bückte mich, um das Handy unter dem Sofa hervor zu ziehen. Als ich es ihr reichte, sah sie nur noch verwirrter aus.
„Was soll ich denn jetzt tun?", fragte sie. Der Vorwurf in ihrer Stimme war kaum zu überhören. „Wie stellst du dir das vor? Ich mag ihn wirklich. Du kannst nicht ewig warten und mich dann einfach küssen, wenn ich in einer Beziehung bin."
Sie hatte Recht und das wussten wir beide. Trotzdem wurde mir etwas klar, von dem ich vorher nicht erwartet hätte, dass es möglich war.
„Aber mich magst du auch. Sonst hättest du den kuss nicht erwidert", antwortete ich gepackt von neuem Mut. Einem Mut, den ich vorher nicht für möglich gehalten hatte, denn endlich hatte ich die Antwort, nach der ich so verzweifelt gesucht hatte. Gina hatte auch Gefühle für mich, die über Freundschaft hinausgingen. Mein Timing war nur nicht wirklich gut.
Gina sah mich eine Weile an, als wüsste sie nicht was sie sagen sollte. Doch dann erhob sie sich von dem Sofa und schüttelte den Kopf.
„Ich sollte gehen", sagte sie.
„Was?", entfuhr es mir entsetzt. „Aber es ist mitten in der Nacht. Dich könnte jemand überfallen." Ich sprang auf die Beine und folgte ihr in den Flur. Mit verschränkten Armen lehnte ich mich gegen die Wand, während sie sich ihre Schuhe anzog.
„Ich werde ein Taxi rufen."
„Lass mich dich wenigstens fahren. Wer weiß, welche gefährliche Person in diesem Taxi sitzt."
„Dann rufe ich eben Taeyong an." Sie richtete sie auf und fuhr sich erschöpft durch die Haare. „Er ist mein Freund, deshalb wird er mich auch abholen kommen."
Autsch. Treffer versenkt.
„Du musst es nicht betonen", brummte ich genervt. „Ich weiß, dass du ihn hast."
„Ich dachte, ich müsste dich noch einmal daran erinnern."
„Du kannst sagen was du willst", sagte ich und stieß mich von der Wand ab. Langsam trat ich auf sie zu, während sie meinen Blick erwiderte, ohne zurück zu weichen. „Aber mich liebst du auch und ich ertrage es nicht länger dich mit ihm zu sehen." Ich behielt einen gewissen Abstand, als ich vor ihr stehen blieb, und doch war ich dicht genug, um meinen Standpunkt des Besitzanspruches klar zu machen. „Und jetzt, wo ich es weiß, werde ich mich nicht mehr zurückhalten."
„Gott, du machst mich wahnsinnig", fluchte sie, drehte sich um und verschwand aus der Wohnung. Es verging eine Weile, in der ich die geschlossene Tür anstarrte und mir wünschte, dass sie klopfe und zurück in meine Arme kam. Aber die Tür blieb zu und Gina war verschwunden.
Ich bereute es, dass ich uns in diese Situation gebracht hatte. Mein Widerstand hätte stärker sein müssen. Aber jetzt, da es zu spät war, war da diese kleine Stimme in meinem Kopf, die mich daran erinnerte, dass sie den Kuss erwidert hatte.
Ich schaute auf die geschlossene Tür und lächelte in einem Moment Hoffnungslosigkeit. Vielleicht war doch noch nicht alles verloren. So wie es aussah, hatte ich noch eine Chance, denn anders als bei Yoongi, hatte Gina anscheinend doch Gefühle für mich. Und weißt du was Taeyong? Sie wird mit gehören. Dafür sorge ich.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top