Busan


*Yoongis Sicht*

Ich rappte mir den Part immer und immer wieder vor. Trotzdem fand ich, dass irgendetwas fehlte. Es war nicht so ganz stimmig an den Übergängen und irgendwie traf ich die Message nicht ganz auf den Punkt. Frustriert strich ich den Mittelpart mit einem Kugelschreiber durch und seufzte. Okay, den muss ich noch einmal schreiben. Ich drehte den Stuhl, auf dem ich saß, dem Keyboard zu und spielte mir die Melodie noch einmal vor. Immer wieder die gleiche Stelle, bis ich frustriert und viel stärker als nötig auf die weißen Tasten schlug und mich von dem Tisch wegdrückte. So wurde das nichts. Wieso konnte ich mich heute nicht konzentrieren? Was war nur los mit meinem Kopf, dass ich einfach nicht abschalten konnte? Dabei wusste ich nicht einmal, was das Problem war. Seit heute Morgen fühlte ich diese innere Unruhe. Sie machte mich wahnsinnig und wenn ich nicht bald diesen beschissenen Rapppart für den neuen Song schreiben kann, würde sie noch wachsen, weil ich mit meinem Zeitplan in Verzug geriet.

„Argh!", brummte ich und rieb mir mit beiden Händen über die Augen. Dann griff ich nach meinem Handy. Seit ich Steffi nach Hause gefahren hatte, waren einige Tage vergangen. Wir haben in der Zeit kaum geschrieben. Hauptsächlich deshalb, weil ich mit dem Song zu tun hatte. Aber sie schrieb mir auch nicht und das war ungewöhnlich. Normalerweise spammte sie mich mit ihren Gedanken zu und sei es nur, dass sie über sich selbst lachte, weil sie eine Dose mit Erbsen nicht aufbekam. Es fehlte mir ein wenig. Dieser Einblick in ihren Kopf rettete meistens meinen Tag und lenkte mich von dem unbefriedigenden Arbeitseifer ab. Für mich hatte der Tag einfach nie genug Stunden.

Also griff ich nach meinen Handy, um mich kurz bei ihr zu melden. Es war zwar fünf Uhr morgens, doch ich wusste, dass sie immer sofort auf ihr Handy schaute, wenn sie aufwachte. Aber noch bevor ich Kakao öffnen kann, blitzte ein Artikel bei meinem Newsupdates auf, der mein Herz aussetzen ließ. Mir wich jegliches Blut aus dem Gesicht, noch bevor ich drauf geklickt hatte. Schon die Überschrift verhieß nichts Gutes.

„Park Jimin und seine Exfreundin sind wieder zusammen."

Darunter waren Bilder von Steffi und Jimin abgebildet, die zusammen am Hangang entlang liefen und auch zwei weitere Bilder, in der Steffi unser Wohnhaus betrat. Oh, das war gar nicht gut. Die Gerüchte fingen wieder an, sobald sie nur für eine Sekunde die Deckung runter gelassen hatte. Das war eine Katastrophe! Sie wird fix und fertig sein, wenn sie das liest. Ob sie es schon wusste? Schnell schaute ich auf die Uhrzeit, wann der Artikel gepostet wurde. Es war gerade mal zwei Minuten her. Das war gut, vielleicht schlief sie noch.

Ich dachte nicht lange nach, als ich bereits handelte und mich am Steuer meines Autos wiederfand. Geld und Handy hatte ich beides dabei, den Rest hatte ich im Dorm gelassen. Ich hatte den Jungs nicht einmal eine Nachricht hinterlassen. Dafür war mein Aufbruch zu stürmisch. Schnell ließ ich den Motor an, drückte auf das Gaspedal und preschte aus der Tiefgarage heraus.

Vor der WG von Gina und Steffi kam ich zum Stehen, parkte das Auto mehr flüchtig, als gut ein und ignorierte einen Mann, der sich darüber beschwerte, dass ich zwei Parkplätze blockierte. Innerhalb von Sekunden hatte ich die Stockwerke überwunden und stand vor der Wohnungstür, an der ich Sturm klingelte.

Ich konnte mich kaum dabei zurückhalten, als Gina mir verschlafen die Tür öffnete.

„Yoongi?", murmelte sie und rieb sich über die Augen. „Was tust du hier?"

Zur Antwort hielt ich ihr mein Handy mit dem geöffneten Artikel hin. Gina nahm ihn verwirrt entgegen, doch kurz darauf verstand sie meinen frühen Besuch und sah mich mit großen Augen an.

„Scheiße", fluchte sie und trat beiseite, damit ich hineinkommen konnte. Ich zog meine Schuhe aus und nahm ihr das Handy wieder aus der Hand.

„Kein Wort zu Steffi", verlangte ich und schloss gleichzeitig die Tür hinter mir. „Ich bringe sie für heute raus aus Seoul."

„Was würde das bringen? Damit würden die Artikel auch nicht verschwinden."

„Nein, aber sie kann noch ein paar Stunden das Leben genießen, bevor sie sich in ihrem Zimmer verkriechen wird."

„Kannst du das denn einfach so tun?", fragte sie besorgt. „Hast du nicht eigentlich Termine?"

„Die sind gerade unwichtig." Mit diesen Worten ging ich den Flur entlang, direkt auf Steffis Zimmertür zu und klopfte vorsichtig gegen das weiße Holz. Kurz darauf trat ich ein, ohne ihre Antwort abzuwarten.

Steffi schlief mit dem Gesicht halb im Kissen vergraben und umklammerte dabei das Ende ihrer Decke fest. Bei diesen Anblick konnte ich nicht anders, als zu lächeln. Wie konnte man nur so wunderschön sein, selbst wenn die Haare dabei zerzaust über ihrem Gesicht hingen? Meine Hand machte sich automatisch selbstständig und strichen sie beiseite, als ich mich vor ihrem Bett hinhockte und es nicht über das Herz brachte, sie zu wecken. Aber das musste ich, auch wenn die Idee mich mit ihr zusammen in ihrem Zimmer zu verkriechen sehr verlockend klang.

Eine der Haarsträhnen hatte sich in ihren Wimpern verfangen und weckten sie, als ich sie sanft beiseite strich. Mein Herz setzte aus, als ihre Augenlider zu flackern begannen und mich kurz darauf ein paar dunkelgrüner Augen verschlafen musterten.

„Wie spät ist es?", fragte sie mich und kramte eine Hand unter ihrer Decke hervor, um nach ihrem Handy zu greifen, das neben ihrem Kopfkissen lag. Doch ich war schneller und ließ es aus ihrer Reichweite verschwinden.

„Sechs Uhr. Steht auf", sagte ich sanft. „Wir beide machen einen Ausflug."

„Wohin?", nuschelte sie, ohne mich zu fragen, was ich um diese unchristliche Uhrzeit hier tat und wieso ich sie an einem Samstag weckte.

„Nach Busan." Ich stand auf und griff nach ihrem Arm, um sie in eine aufrechte Position zu ziehen. „Die Fahrt dauert ein paar Stunden, also beeil dich, damit mir loskönnen." Ich belächelte ihr missbilliges Stöhnen und fügte grinsend hinzu: „Beeil dich. Du hast zehn Minuten, um dich fertig zu machen."

Während sie sich umzog und im Badezimmer verschwand, erklärte ich Gina knapp die groben Informationen, ehe ich ihr Steffis Handy in die Hand drückte.

„Gib es ihr heute Abend wieder, wenn wir zurück sind. Ich versuche sie heute von allen Nachrichten fernzuhalten."

Gina nickte und ließ es in ihrer hinteren Hosentasche verschwinden.

„Fahrt vorsichtig und bring sie heile zurück."

„Ich passe auf sie auf."

Die Autofahrt verlief ruhig. Steffi schlief die meiste Zeit über, um die restlichen Stunden nachzuholen, die ich ihr geraubt hatte. Doch nach der Hälfte wurde sie wach und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Wortlos reichte ich ihr eine heiße Schokolade, die ich vorhin an einer Tankstelle gekauft hatte. Sie nahm sie dankend entgegen und nippte an der Plastiköffnung.

„Was ist passiert?", fragte sie nach einer Weile und stellte den Becher wieder beiseite. „Wieso der plötzliche Aufbruch?"

„Ich musste raus aus Seoul", log ich, ohne mit der Wimper zu zucken. Während sie schlief, hatte ich genug Zeit gehabt mir eine Ausrede zurechtzulegen. „Die ganze Arbeit stieg mir zu Kopf, deshalb brauchte ich eine Pause."

Sie nickte verstehend und nahm es mir offensichtlich ab. Nach dem Arbeitswahn, den ich tagtäglich zeigte, war es gar nicht so unwahrscheinlich, dass auch mir mal alles zu Kopf stieg.

„Das hört sich gut an", sagte sie und lehnte den Kopf gegen die Fensterscheibe. „Ich hatte gehofft, noch einmal Zeit mit dir zu verbringen, bevor ihr zur Tour aufbrecht. Aber du hattest so viel zu tun."

Ich hätte auch heute eigentlich keine Zeit, dachte ich mir so im Stillen. Eigentlich waren für heute zwei Interviews und ein Fotoshooting angesetzt. Bevor wir losgefahren sind, hatte ich Namjoon eine SMS geschrieben und es ihm kurz erklärt, aber ich war mir sicher, dass ich gewaltigen Ärger bekam, wenn wir heute Abend zurück waren.

Es war halb zwölf, als wir Busan erreichten. Aufgrund der Verkehrslage brauchten wir viereinhalb Stunden, bis wir das Ortseingangsschild überquerten.

Busan war wirklich das Dubai von Korea mit seinem wunderschönen Strand und den meterhohen Gebäuden, die fast die Wolken erreichten. Aber deshalb waren wir nicht hier. Ich wollte ihr eine Ecke zeigen, die nicht jeder kannte und die auch nicht so menschenüberfüllt war. Deshalb entführte ich sie zu den Klippen Taejongdae.

Ich parkte das Auto auf einem Parkplatz, nicht weit davon entfernt und sah die Verwunderung in ihren Augen, als ich den Motor ausschaltete und aus dem Auto stieg.

„Wo hast du mich hingebracht?", fragte sie und schloss die Autotür. Gleichzeitig wanderte ihr Blick zu einer riesigen Tafel, auf der die Fläche, einschließlich der Wanderwege aufgezeichnet war.

„Komm einfach mit und lass dich überraschen", grinste ich und schob sie den Weg voraus. „Es ist eines meiner liebsten Orte in Korea und ich bin sicher, dass er dir gefallen wird."

Wir liefen die schmalen Wege entlang und stiegen die Treppen hinab, bis an einer Aussichtsplattform ankamen und sich vor uns eine gewaltige Aussicht über das Meer bot. Steffi umgriff die Stäbe des Geländers und neigte sich etwas herüber. Mit großen Augen betrachtete sie diese unendliche Weite. Das Wetter meinte es heute besonders gut mit uns. Die Sonne schien auf uns herab und ließ das Meer in einem wunderschönen klaren Blau erscheinen. Ich gesellte mich zu ihr an das Geländer und betrachtete die Klippe, auf der wir standen, während der Wind mir sanft um die Nase wehte. Wann immer ich hier oben stand, verlieh es mir so etwas Machtvolles. Als sei alles möglich. Hier bekam ich die besten Ideen für meine Songs und hier kam ich auch her, bevor ich sie veröffentlichte, um mir den Mut und das Selbstbewusstsein zu holen.

„Es ist wunderschön hier!", strahlte sie und sah sich ehrfürchtig um.

„Ich wusste, es würde dir gefallen."

Nicht weit von uns entfernt befand sich der Leuchtturm, mitten auf einer der Klippen, weitab von Busans Zentrum, obwohl er zu der Stadt dazugehörte. So hatte ich mich immer gefühlt. Obwohl ich ein Teil von BTS war, hatte ich trotzdem manchmal das Gefühl, als gäbe es nur mich. Als spielte sich mein Leben auf dieser Klippe ab. Ich sah das Meer unter mir und spürte den Wind, sah das Geländer und hörte hinter mir das Lachen und die Stimmen meiner Bandmember. Aber trotzdem befanden sie sich dort und ich hier. Ich liebte sie, BTS waren meine Brüder, aber sie verstanden mich nicht so, wie sie es tat. Nicht so wie Steffi. Augenblicklich wandte ich den Kopf in ihre Richtung und schmunzelte bei der Begeisterung, mit der sie die Aussicht genoss. Ich hatte mir in den letzten Tagen wirklich zu wenig Zeit für sie genommen. In diesem Moment spürte ich ganz besonders, wie sehr sie mir gefehlt hatte. Aber nach meinem kleinen Ausrutscher im Buchladen hatte ich ein wenig den Eindruck, dass ihr meine Gesellschaft unangenehm war. Ich dachte, ich hätte es versaut und es beruhigte mich zu wissen, dass sie mich offensichtlich noch genauso behandelte wie vorher. Hatte sie den Wink damals verstanden? Das würde es mir leichter machen, es nicht noch einmal offiziell aussprechen zu müssen. Auch, wenn ich es gerade am Liebsten herausbrüllen wollte. Sie war einfach so wunderschön, auch wenn es ihr überhaupt nicht bewusst war. Jedes Mal, wenn sie mich anschaute oder zufällig berührte, kribbelte es auf meiner Haut. Dieses Gefühl war nicht neu, ich war in meinem Leben schon verliebt gewesen. Aber meine Gefühle für sie waren intensiver, als ich sie je zuvor je gespürt hatte. Und während ich sie so betrachtete und ihr den Weg entlang folgte, bis zur zu dem Leuchtturm, spürte ich, wie meine Gedanken frei wurden und sich endlich meine Schreibblockade löste. Sofort riss ich meinen Rucksack vom Rücken und kramte nach einem Zettel und einem Stift. Steffi blieb stehen und drehte sich zu mir herum.

„Kreative Idee?", fragte sie mich und zog mich dichter an sich heran, damit ich das Pärchen nicht anrempelte, dass mir entgegenkam. Ich war so in die Zeilen meiner Lyrics vertieft, dass ich sie nicht bemerkt hatte. Doch bei ihrer schnellen Reaktion hob ich überrascht den Blick von meinem Schreibblock und schaute Steffi mit großen Augen an, deren Gesicht gar nicht so weit von meinem entfernt war.

„Pass auf wo du hintrittst", lächelte sie und entwich zur Seite. Ich holte Luft und schloss kurz die Augen. Das war knapp. Das Herz in meiner Brust schlug verräterisch schnell.

Krieg dich wieder ein, zischte ich mir selbst zu. So konnte es nicht weitergehen.

Ich sah ihr nach, wie sie den Weg weiter entlang lief und schließlich an der nächsten Aussichtsplattform zum Halten kam. Schnell schrieb ich noch die letzten Zeilen in mein Notizblock und ließ ihn schnell zurück in meinem Rucksack verschwinden. Heute war nicht der Tag, um zu arbeiten. Eigentlich wollte ich heute ganz für sie da sein.

Also folgte ich ihr zu der Plattform und lehnte mich neben sie mit dem Rücken an das Geländer.

„Es ist schön hier zu sein", sagte sie und genoss mit geschlossenen Augen den Wind, der durch ihre Haare wehte. „Das lenkt mich von den ganzen Problemen ab, die der Artikeln auf mich einstürzen lässt."

„Du wusstest es", stellte ich wenig überrascht fest. „Woher?"

„Ich bin mitten in der Nacht kurz wach geworden." Sie wandte ihren Kopf in meine Richtung und griff nach meinem Arm. Sofort stieg die Hitze in mir auf, gemischt mit etwas wehmut, weil ich sie nicht davor beschützen konnte.

„Danke, dass du mich hier her gebracht hast. Du weißt einfach immer, wann ich dich brauche."

Ich legte meine Hand auf ihre und zog sie in eine intensive Umarmung.

„Ich bin immer für dich da, das weißt du doch."

„Wie schlimm ist es?" Sie erwiderte es, in dem sie die Arme um mich schlang und den Kopf auf meiner Schulter ablegte. Kleine Schmetterlinge tanzten durch meinen Bauch. Für mich könnte dieser Moment auf ewig anhalten. Nur sie und ich.

„Es hält sich in Grenzen", antworte ich ehrlich. „Noch kann man es als alte Freunde abwenden, die sich nach langer Zeit wieder gesehen haben. Im Grunde beweist das Bild nur, dass ihr euch wieder getroffen habt. Aber mehr nicht. Noch ist es nicht zu spät." Sie löste sich aus unserer Umarmung und ich ließ es widerwillig geschehen.

„Also", fragte ich. „Was wirst du tun?" Ich bereitete mich darauf vor, dass sie mir sagen würde, dass sie wieder mit Jimin zusammen sein wollte. Um ehrlich zu sein wusste ich es schon lange. Es war unmöglich zu übersehen, dass sie noch Gefühle für einander hatten. Trotzdem tat es weh, daran zu denke, dass ich nie auch nur eine Chance hatte.

„Ich weiß es nicht, ehrlich gesagt. Vermutlich sollte wir es wirklich bei einer Freundschaft belassen. Ich bin kaputt yoongi. Wer will schon jemandsn mit einer zerstörten Familie und jemand der lieber davon läuft anstatt sich Problemen zu stellen? Schau mich an. Wer würde sich das freiwillig antun?"

Zuerst zögerte ich. Es war nicht der passende Moment, aber wenn ich ehrlich war, dann gab es ihn für mich auch nicht. Sie würde mich immer zurückweisen, egal wann ich es ihr sagte.

„Ich würde es tun", sagte ich mit fester Stimme. Mein Herz schlug mir bis zum Hals, als ich die Worte aussprach, aber sie mussten einfach raus. Sie war so wunderschön, wie sie von der Sonne angestrahlt wurde und mit dem weiten blauen Meer im Hintergrund. Ich konnte es einfach nicht länger zurückhalten. „Und ich liebe dich mit all deinen Ecken und Kanten. Wenn du kaputt bist, dann bin ich es auch." Auch wenn ich für sie nur ein Freund war, konnte ich damit leben. Es war wirklich okay für mich, solange sie mich nicht aus ihrem Leben warf. Irgendwann würde ich darüber hinweg kommen. Sie war nun einmal nicht für mich bestimmt, sondern für ihn.

Ich wandte mich ihr zu und hielt dem Blick stand, mit dem sie mich musterte. Alles in mir schrie, dass ich es nicht tun sollte. Aber ich habe ihr bereits meine Liebe gestanden und damit meine Loyalität zu Jimin verraten. Aber wäre es nicht eigentlich fair? Ich hatte immerhin zwei Jahre drauf gewartet, dass sie ihn vergessen würde. Doch so wie es aussah, hatte sie das nie. Vielleicht lag es daran, dass ich feige war und sie nie wusste, dass sie eine Wahl hatte. Wäre es anders gekommen, wenn ich es ihr früher gesagt hätte? Hätte sie sich dann für mich entschieden und nicht für ihn? Obwohl ich meine Antwort bereits kannte, musste ich diesen Schritt jetzt auch noch wagen. Ich musste es einfach tun.

Also umgriff ich ihre Hüfte und zog sie dicht an mich heran. Ihre Augen öffneten sich erschrocken und ich sah, wie sie den Atem anhielt, so wie damals in der Buchhandlung. Sie stieß mich nicht weg, also legte ich eine Hand an ihre Wange und neigte schließlich meinen Kopf zu ihr herunter, um meine Lippen sanft auf ihre zu legen. Sobald wir uns berührten, hörte mein Herz auf zu schlagen. Unser Kuss war unschuldig, doch mir bedeutete er die Welt. Genauso schnell, wie ich gehandelt hatte, löste ich mich auch schon wieder von ihr und nahm den Arm von ihrer Hüfte, damit sie zurückweichen konnte. Doch gegen meiner Erwartungen senkte sie den Blick und griff mit beiden Händen nach meiner Hand.

„Yoongi", sagte sie sanft und drückte meine Hand fester. In dem Moment wusste ich es, ohne dass sie weiter sprach. Ihre Liebe zu mir war Freundschaft. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Sie hatte ihre Entscheidung bereits getroffen und es war Jimin, so wie er es immer war.

„Ich weiß", sagte ich verstehend. „Aber ich wollte es wenigstens einmal getan haben, um es nicht zu bereuen."

„Wieso hast du es mir nie gesagt?"

„Ich hatte Angst", sagte ich und schaute auf das weiter Meer hinaus, „dass ich dich dann verlieren würde."

„Du wirst mich niemals verlieren."

„Auch nicht, weil ich diese Gefühle für dich habe?"

„Nie", sagte sie ehrlich. „Du bist meine Familie."

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top