Not Today

  Hektisch schnappte ich nach Luft. Es war still in dem Gebäude. Zumindest jetzt noch. An meinem Handgelenk konnte ich meine Uhr sehen und die Mitteilungen, die ich in den letzten Minuten bekommen hab. Ich würde nicht antworten. Ich würde sie nicht mal lesen.
  Wenn ich sie lesen würde, dann war es sicher, dass ich sofort kehrt machen würde. Aber das konnte ich nicht.

  Ich hatte mich auf ein gefährliches Spiel eingelassen, und ich musste jetzt dafür gerade stehen, auch wenn ich am Ende dem Tod in die Augen sehen müsste.
  Es spielte also keine Rolle mehr, wer mir was schrieb. Egal, ob es mein Bruder Jimin war, oder mein bester Freund Namjoon, oder auch mein Yoongs.
  Ich schluckte bei den Gedanken an ihn. Wie würde er reagieren, wenn man mich eine Woche später leblos hier in dieser Fabrik finden würde?
  Würde er weinen?
  Yoongi war nie derjenige der Gefühle zeigte. Mir gegenüber ja. Ich wusste er liebt mich, ich wusste er sorgt sich um mich. Er war meine Welt.
  Eine Welt, die ich kaputt machte, weil ich meine Finger nicht vom Spielen lassen konnte.

  Ich war 15 gewesen, als ich anfing mich auf der Straße herum zu treiben. Jimin war damals von Zuhause ausgezogen und hatte seinen eigenen Weg gefunden. Er setzte seinen Traum in Wirklichkeit um und wurde Idol. Ich hatte Zuhause nichts mehr, außer meine Eltern, die nur von Jimin reden konnten. Ich war nur noch Luft, weil sie zu stolz auf ihren einzigen Sohn waren, dass sie nicht bemerkten wie ihre einzige Tochter daran zerbrach.
  Dabei liebte ich meinen Bruder über alles. Selbst, als unsere Eltern nur noch von ihm reden konnten und mich links haben liegen lassen. Dennoch hatte ich es Zuhause nicht länger ausgehalten. Ich hatte mich befreien müssen. Ich wollte nicht nur Luft sein.
  Die Straße war mein Zufluchtsort, von dem keiner wusste.
  ...Und jetzt war sie mein Todesurteil.

  Viel wusste ich nicht von der Gruppe mit der ich mich angelegt hatte. Meine Sucht für das Spiel hatte mich blind gemacht für die Gegner die ich beim pokern über den Tisch gezogen hatte. Vielleicht war es auch das Doppelleben, dass ich führte, schuld daran. Tagsüber Studentin an der Universität, treue Schwester, halbe Choreographin, nachts Miss Dark, die an illegalen Spielen teilnimmt, oft mit dem Leben spielt, mit Waffen umgehen kann, und dazu noch ein Genie was das Hintergehen von Leuten anging. So ein Leben konnte einen nur irgendwann blind machen, egal wie vorsichtig wir waren.

  Jetzt hatte ich den Ärger am Hals, denn ich war am dritten Tag, zusammen mit Taeyong -dem einzigen Freund, den ich auf der Straße gehabt hatte- aufgeflogen. Es war ein Zwinkern zu viel und ein Blickkontakt, der alles verraten hatte.
  Taeyong und ich wurden direkt verschleppt und dem Anführer Na Minseok vorgeführt. Durch unseren dauernden Erfolg waren sie auf uns aufmerksam geworden, und hatten uns gerissen überlistet.

  Mir lief es jetzt noch kalt den Rücken herunter, als ich an den ekelhaften Typen dachte. Wie er mich angegrinst hatte... Wie er meine Waffe unter der Jacke hervorgeholt hatte, und mir dabei direkt in die Augen gesehen hatte. Ganz zu schweigen davon wie er mich angefasst hatte, als wäre ich Beute für ihn, die er langsam und qualvoll verschlingen wollte.
  Dann gab es da noch diesen lauten Knall und Taeyong lag neben mir auf dem Boden. Alles war so schnell gegangen, ich konnte nicht mal mehr schreien.

  Und dann kam die Bedingung, unter der ich weiterleben konnte.
  Ich hatte die Wahl: Entweder ich spielte für ihn, und würde mich seiner Gruppe anschließen, oder ich besorgte ihm das Geld, dass Taeyong und ich gewonnen hatten.
  Mein Teil war nicht das Problem. Das Geld war sicher unter der Matratze in meinem Zimmer. Keiner außer mir konnte dort rein. Das Problem war eher, dass ich Taeyong's Teil nicht hatte.

  ...Nie hatten Taeyong und ich nur ein Wort über unsere Verstecke verloren. Wir waren beide immer auf irgendeinen Zwischenfall gefasst. Und Taeyong wollte mich sowieso immer von den ganz üblen Nummern raus lassen. Er brach diese Regel nur einmal.
  Ich erinnerte mich auch noch daran wie er mich gefunden hatte. Damals war ich noch unschuldig, und hatte keine mordlustigen Pläne. Aber damals hatten wir es auch nie mit solchen Typen zu tun gehabt. Es war alles leichter gewesen, und unsere Beziehung war zunächst auch rein sexuell gewesen, bis wir eben den Nutzen aus uns gegenseitig ziehen konnten. Und wir waren beide verdammt gute Lügner, und mit der Zeit verdammt gute Freunde, ohne die anfänglichen Körperkontakte -ich hätte es auch nie mehr fertig gebracht mit ihm zu schlafen, vor allem als Yoongi in mein Leben getreten war. Alles war einfach nur gut. Bis dann eben diese Gruppe kam... Diese Bedingungen... Dieses Ende unserer Freundschaft...

Und im Prinzip war es auch egal für welche Bedingung ich mich entschied, Na Minseok würde mich so oder so nicht gehen lassen. Ich kannte einige Anführer von Gruppen, und ohne den Schutz, den ich in gewisser Weise von Taeyong bekommen hatte, war ich machtlos im ersten Moment. Des weiteren kam dazu, dass ich mich nicht einfach an den Spieltisch setzten konnte. Die Chancen zu gewinnen in meiner Verfassung waren gering... Und ohne Taeyong hatte ich auch kein Ass im Ärmel.
  Und ich hatte nur eine Woche Zeit bekommen, die genau heute ablief...

  Wieder schloss ich meine Augen und holte tief Luft. Ich wusste, dass ich jetzt keine andere Wahl hatte, als hier zu sein und zu versuchen die obersten Idioten so zu verängstigen, dass sie es nicht mehr wagten mich anzurühren. Ich hatte nur ein Problem. Ich war alleine.

  Früher war ich auch schon auf solchen Trips -mit weniger gewaltvollen Zielen- gewesen, aber immer mit Back-Up. Ich hatte heute keines. Es war ein Alleingang.
  Kurz huschte mir ein leichtes Lächeln über die Lippen, was würde Jimin nur sagen, wenn er von meinem zweiten Leben wüsste? Oder Joonie? Oder Yoongi?
  Ich schüttelte meinen Kopf. Nein, es war nicht mal annähernd zum lachen. Ich hatte mir geschworen, als ich Yoongi vor drei Jahren kennengelernt hatte, dass ich aufhörte, aber nach einem halben Jahr war ich wieder schwach geworden.

  Schwach. Schwach was die Sucht betraf, aber heute musste ich wieder meine Stärke spielen lassen, die mit ihr kamen. Ich musste das Miststück sein, dass sich von den Karten verführen lässt und alles dafür gibt, damit diese Sucht kein Ende nimmt. Ich kannte mich. Dieser Teil konnte jetzt auch da hoch gehen und den verdammten Arschlöchern eine Kugel in den Kopf jagen.

  Ja, so kalt konnte ich sein. Nicht, dass ich es für gut hielt, aber das hatte mich die Straße eben gelehrt. Taeyong hatte mich gelehrt, und es würde jetzt für immer ein Part von mir sein.

  Ich sah erneut auf das Display meiner Uhr. Weitere Nachrichten. Jimin, Jungkook, J-Hope, Namjoon, Jin... Ein kunterbuntes Durcheinander.
  Ich presste meine Lippen zusammen und zog schließlich mein Handy aus der Jackentasche heraus. Bevor es nicht ganz dunkel war würde ich so oder so hier unten in meinem Versteck bleiben.
  Als ich die Nachrichten las konnte ich nur traurig lächeln. Sie philosophierten gerade darüber wo Yoongi und ich steckten. Wahrscheinlich auf einem Date, oder zusammen im Studio... Was weiß ich was ich alles noch las.
  Und innerlich wünschte ich mir gerade auch nichts mehr als bei ihm zu sein. Egal wo. Zusammen mit ihm war meine Welt einfach immer in Ordnung.
  Da Yoongi selber nicht geschrieben hatte bis jetzt war ich mir sicher, dass er im Studio war. Es konnte auch nicht anders sein.
  Verlegen kaute ich auf meiner Lippe herum. Durch die Löcher in der Wand konnte ich erkennen, dass es nur noch wenige Minuten waren bis die Dunkelheit komplett über Seoul lag.
  Wieder holte ich tief Luft, dann griff ich nach einer meiner Waffen. Über die Jahre hatten Taeyong und ich viel angesammelt und ich musste mir dass jetzt zu Nutzen machen.
  Vorher war etwas allerdings wichtiger.

  "Yoongi... Ich weiß, du bist wahrscheinlich beim schreiben, und hörst dir das wahrscheinlich später erst an. Wunder dich bitte nicht, wenn ich heute Abend nicht mehr kommen werde, ich weiß es ist Freitag, aber da du sowieso noch im Studio bist werde ich meinen Vortrag fertig machen...", ich hielt inne. Ich hasste es Yoongi anzulügen. Im Normalfall tat ich das nicht. Klar, er wusste nicht was ich Abends größtenteils trieb, wenn ich nicht gerade bei ihm war. Er fragte auch nicht; das hatte er noch nie. Ich stellte auch keine Fragen. Kurz fragte ich mich, ob es überhaupt eine gesunde Beziehung war... Natürlich. Es funktionierte. Seit guten zwei Jahren. "Yoongi... I-ich liebe dich. Egal was passiert, okay? Versprich mir, dass du das nicht vergisst. Bis dann."
  Ich legte auf und packte mein Smartphone wieder weg. Mit einer gewissen Spannung in mir stand ich schließlich auf. Ich hatte keine Wahl. Heute Abend musste ich mich rächen und wehren. Entweder das, oder ich würde kampflos sterben, und das kam nicht in Frage. Ich gab niemals auf. Ich konnte nicht.
  Langsam zog ich eine zweite Waffe unter meiner Jacke hervor. Es würde kein schöner Anblick werden. Das stand jetzt schon fest.

  Geschickt stieg ich aus meinem Versteck -ein halb eingestürztes Büro, oder was das mal war- in die große, leere Halle. Hier war ich kaum geschützt. Alle paar Meter war ein Pfeiler. Eilig huschte ich zum ersten und blieb dahinter stehen. Normalerweise war hier niemand. Was daran lag, dass die oberen Stockwerke, über der Halle, über ein extra Treppenhaus auf der anderen Seite betreten wurden. Das Treppenhaus auf dieser Seite befand sich am Ende der Halle und war baufällig. Ich vermutete, dass deshalb niemand Wache stand. Was ganz schön dumm war. Auf der anderen Seite sah es anders aus, das wusste ich noch von meinem ersten Besuch hier.
  Kurz hielt ich meinen Atem an und lauschte. Nichts.
  Meine Füße trugen mich automatisch, und lautlos zum nächsten Pfeiler. Auch wenn ich die ganze letzte Woche hier niemanden gesehen hatte ging ich auf Nummer sicher.
  Wieder lauschte ich.
  Gerade als ich weiter wollte hörte ich allerdings Stimmen. Automatisch presste ich mich näher an den kalten Betonpfeiler und hielt meine Waffen einsatzbereit.

    "Was glaubst du treibt sie hier? Ich verstehe das nicht...!"
  "Ich kann dir das auch nicht sagen. Auf einem Date ist sie also definitiv nicht", sprach eine weitere Stimme.
  Ich riss die Augen auf. Panik stieg in mir hoch. Laut den Schritten, die ich hörte, waren es drei Personen.
    "Hyungs? Ich finde wir sollten sie anrufen... Oder vielleicht hat ja auch jemand ihr Handy gestohlen...? Oder vielleicht..."
  "Sch! Ganz ruhig, okay? Sie hat den Anrufbeantworter an geschaltet, außerdem hast du doch die Nachricht auf Yoongi's Handy gehört. Egal wo die beiden sind, Minhee ist nicht bei ihm und da sie die Nachricht geschickt hat, kann sie nicht überfallen worden sein."
  Nein!
  Nein, nein, nein! Was hatten sie hier verloren?
  Denk nach!
  Ohne zu zögern zog ich meine schwarze Facemask in mein Gesicht und trat hinter meinem Pfeiler vor. Die Waffen immer noch in meinen Händen, aber auf niemanden gerichtet.
  "Verschwindet. Alle drei!", fauchte ich und versuchte meine Stimme zu verstellen und dabei auch noch leise zu sein.
  Jin, Namjoon und Jungkook versteinerten und sahen mich mit großen Augen an. Ich konnte vor allem bei Kookie die Angst von den Augen ablesen.
    "Ich sagte, ihr sollt verschwinden!"
  Keiner rührte sich. Ich wollte schon meine Waffen hochhalten, aber mein Verstand hielt mich davon ab. Vor mir stand meine Familie.
    "Minhee?", Namjoon trat einen Schritt vor.
  Ohne zu denken hob ich eine Waffe.
    "Geht."
  "Minhee, was tust du hier? Was soll das? Wo ist Yoongi?"
  Ich kniff meine Augen zusammen. Mein Herz raste. Mein bester Freund stand vor mir und um ihn zu beschützen, musste ich ihm drohen. Wieder ließ mir mein Leben keine andere Wahl. Mein Sucht. Mein zweites ich.
    "Geht. Sofort, oder ich schwöre, ich..."
  "Du wirst mich nicht erschießen." Namjoon kam auf mich zu, bis er direkt vor mir stand. Die beiden anderen schreckten nur zurück, während Kookie sich an Jin klammerte und umgekehrt. "Minhee, ich weiß Bescheid. Ich weiß, dass du spielst. Ich weiß, dass du Abends in den dunkelsten Ecken von Seoul bist. Ich weiß von Taeyong."
  Ich hielt inne. Taeyong war das Stichwort gewesen.
    "Wie habt ihr mich gefunden?"
  "Dein Handy... Du warst eingeloggt am Laptop..."
  "Ihr solltet nicht hier sein. Verschwindet. Wenn du von Taeyong weißt, dann erst recht nicht." Ich schob ihn weg. "Geht einfach."
  "Du solltest mitkommen."
  "Ich kann nicht."
  "Ich werde dir helfen. Wir werden dir helfen."
  "Joon. Hierbei kann mir niemand helfen", zischte ich leise. "Entweder ich gehe jetzt da hoch und räche mich, oder ich geh drauf. Entweder oder!"
  "Warum sollst du drauf gehen?"
  "Namjoon. Ich spiele nicht nur mit Karten, ich spiele mit Leben. Taeyong ist Tod!", sauer schob ich ihn weiter weg und sah mich wieder um. "Verschwindet jetzt. Sofort! Und vor allem schaff Kookie hier raus. Ich könnte mir es nicht verzeihen, wenn er soetwas mitbekommt!" Ich sah besorgt zu dem jüngsten.
  Er war nicht nur der Jüngste der Gruppe, er war auch Jimin's bester Freund, und mein Kleiner. Wenn er mich jetzt so sieht, dann werde ich ihn verlieren. Ich wollte meinen kleinen Kookie nicht verlieren.
   "Geht!" Wieder schob ich Namjoon weg.
  "Minhee, noch eins: Yoongi ist weg."
  "Studio." Antwortete ich knapp.
  "Joon? Was ist hier los? Könnt ihr mich aufklären." Jin hatte Kookie halb losgelassen und beruhigte ihn trotzdem noch.
  Ich zog meine Facemask runter und sah zu Jin. Der Schock stand beiden ins Gesicht geschrieben. Keiner rührte sich mehr.
    "Ja, Jin. Ich bin es wirklich. Ja, ich bin bewaffnet, und ihr verschwindet jetzt! Ich hab Ärger. Und wenn wir jetzt nicht verschwindet, dann werde ich dafür sorgen!" Ich sprach leise, aber ernst. "Diese Geschichte betrifft euch auch nicht."
  Namjoon schob jetzt mich leicht zurück.
    "Wir gehen. Ich kann dich nicht zwingen, aber du solltest mitkommen...", Namjoon hielt mir noch seine Hand hin, aber ich schüttelte meinen Kopf. "Bitte!"
  Er war der einzige, der keine Angst in den Augen hatte.
    "Uns beiden ist klar, dass es jetzt kein Zurück mehr für mich gibt. Sag Yoongi ich liebe ihn!"

  Mit diesen Worten kehrte ich den drei Jungs den Rücken zu und hoffte inständig, dass niemand uns gehört hatte. Eilig ließ ich mich wieder von der Dunkelheit der Pfeiler verschlucken. Ich konnte nicht mal mehr einen Blick zurück werfen. Ich war aufgeflogen. Jetzt gab es so oder so nur noch diesen einen Weg.

  Als ich das Treppenhaus erreichte, stoppte ich. Sekunden wurden zu Minuten. Als ich schließlich ganz sicher war, dass sich niemand hier befand, entsicherte ich meine Waffen und lief Stufe für Stufe die Treppe hoch. Schnell konnte ich nicht laufen, dafür war schon viel zu viel von dem Beton abgebröselt. Jedes Knistern unter meinen Füßen erinnerte mich daran, dass ich mich zu 100% konzentrieren musste. Ich musste Taeyong rächen, ich musste mein Ansehen wieder aufbauen, ich musste mir Respekt verschaffen...
  ...auch wenn alles mit dem Tod enden konnte, und würde. Egal, wer es am Ende schließlich war.

  Ich wusste, je höher ich kam, desto näher kam ich der lebensmüden Mission. Innerlich stellte ich mir tausende Fragen, machte mir Millionen Sorgen, aber vor allem dachte ich an Yoongi. Selbst wenn ich es jetzt hier heil raus kommen sollte, dann hatte ich ihn dennoch verloren.
  Jin und Kookie's Augen hatten Bände gesprochen.
  Und mein Bruder? Meine Familie?
  Seit über fünf Jahren hatten sie nie etwas mitbekommen von meiner Spielsucht, und jetzt würden sie es so oder so erfahren.

  Warum war ich nur so?

  Nach einer halben Ewigkeit erreichte ich schließlich den dritten Stock. Langsam öffnete ich die Tür einen Spalt und warf einen Blick in einen langen Flur. Die Fenster an der linken Seite waren zugenagelt, wie im ganzen Gebäude, und auf dem Gang standen mehrere Männer -wie ich es erkennen konnte waren es drei. Sie schienen sich über irgendetwas lustiges zu unterhalten, da einer in schallendes Gelächter ausbrach und die anderen mitriss.
  Idioten... Sie machten mir den ersten Schritt schon zu leicht. Langsam schlüpfte ich in den Gang und drückte mich dicht an die Wand. Meine Waffen steckte ich zurück unter die Jacke.
  Als ich schließlich den Punkt erreicht hatte, den ich gesucht hatte handelte ich schnell. Ich schlüpfte mit einer Hand in den Verteilerkasten und legte alle Schalter auf einmal um. Sofort war es stockdunkel.
    "Nicht schon wieder! Diese verdammte Scheiße!", fluchte einer der Männer los.
    Ich hörte seine schweren Schritte auf mich zukommen. Sofort griff ich nach meinem besten Messer an meiner Gürtelschnalle und drückte mich an die Wand. Diese Männer musste ich ohne Lärm aus dem Weg räumen.
  Ich spürte wie mein Adrenalinspiegel stieg. Wie automatisch biss ich mir auf die Unterlippe und kniff die Augen zusammen, bis ich schließlich etwas erkannte. Zwei Sekunden später sprang ich den Mann von der Seite an. Bevor er aufschreien konnte, hatte ich ihm schon meine Hand auf den Mund gelegt und ihm das Messer in sein Herz gerammt. Das einzige was zu hören war der dumpfe Aufprall seines Körpers auf dem Boden. Ich rappelte mich schnell wieder auf. Und stellte mich dicht an die Wand. Da waren es nur noch zwei!
  "Hey, Dan? Was zur Hölle treibst du da, Alter?", rief einer der Männer lauthals.
  Ich verdrehte nur die Augen und huschte weiter.
  "Gib mir mal dein Handy. Ich brauche Licht", wies er den anderen schroff an.
  Jetzt musste ich schnell handeln. Was mir half, war dass das Handy die beiden undeutlich anleuchtete.
  "Ich schwöre dir Taeyong, dieses Mal werde ich die Ziele treffen! Nicht wie beim letzten Mal, die Wand", zischte ich leise und griff nach einem weiterem Messer an meinem Gürtel. "Eins. Zwei. Drei."
  Ohne groß zu überlegen warf ich das erste Messer, direkt darauf das zweite. Ich hörte ein gluggerndes Krächzen, das Telefon fiel auf den Boden, das Licht verschwand unter einem Körper und schimmerte nur noch dämmrig. Dennoch konnte ich ganz deutlich den Glanz des roten Blutes sehen. Wie ein funkelnder See breitete es sich auf dem Boden aus.

  Dies waren nicht die ersten Leute die durch mich starben. Jetzt waren es fünf auf meiner Liste. Fünf.
  Und das alles nur wegen einer Sucht. Einer Spielsucht. Ich riskierte mein ganzes Leben. Meine heile Welt, die ich Tagsüber hatte; alles würde ich verlieren. Alles hatte ich schon verloren.
  "Viel Glück noch da unten", raunte ich zynisch, als ich über die leblosen Körper stieg.
  Es war erschreckend wie kalt ich mittlerweile war. Ich hatte nicht mal damit gerechnet. Das letzte Mal hatte Taeyong mir zwei Tage lang nur die Hände gehalten und mich bei sich versteckt. Damals war ich gerade mal 16 Jahre alt gewesen. Nur durch Taeyong konnte ich vergessen damals. Ich hatte auch oft genug Albträume sobald ich alleine war.
  Das war eine weitere Strafe für das was ich tat.

  Mit gezogenen Waffen maschierte ich schließlich weiter. Nur einmal um die Ecke, dann zwei Meter.
  Mit einer enormen Kraft trat ich die Tür auf. Rauch stieg mir in die Nase, aber ich war es gewohnt von den illegalen Spielen, die auch hier stattfanden.
  Sofort war lauter Aufruhr da und ich schoß auf alles was sich bewegte.
  Sechs.
  Sieben.
  Acht.
  Neun.
  Zehn.
  Elf.
    "Wo bist du Na Minseok, du dreckiger Bastard!", brüllte ich laut, und schoß weiter.
  Zwölf.
  Dreizehn.
  Vierzehn.
  Neues Magazin.
  So schnell wie ich wechselte hatte niemand eine Chance. Es gab aber auch keine Bewegung mehr.
  Im Raum herrschte pures Chaos. Tische und Stühle waren umgeworfen und tausende Karten waren auf dem Boden verteilt. Einige hatten noch ihre Waffen ziehen wollen, aber es war zu spät gewesen. Ich war um einiges schneller gewesen. Blut soweit das Auge reichte.
  Ich war ein Monster... Und darin war ich verdammt gut.
    "Du suchst mich? Hier bin ich, Kleine!", rief eine laute Stimme.
  Mit beiden Waffen direkt vor mich gerichtet, drehte ich mich um 90°. Na Minseok stand mit einem dreckigen Lachen vor seinen hinteren Räumlichkeiten. Um ihn herum drei Männer.
  Das war allerdings nicht der Grund warum mein Herz auf einmal stehen blieb.
    "Sieh sich jetzt einer ihren Blick an. Na komm schon. Runter mit der Maske. Zeig meinen Gästen wer du wirklich bist, mein Schatz!"
  Ich war wie versteinert.
  Nein.
    "Jetzt haben wir sie zum schweigen gebracht. Seht euch das an", Minseok lachte dreckig, dann strich er sich durch sein pechschwarzes Haar. "Weißt du. Da gibt es ein Problem, kleine Lady Dark:" Er blieb vor einem seiner Gefolgsleute stehen. Meine Knie begannen zu zittern. "Ich will, dass du mit mir sprichst, du dreckiges Miststück!"
  Er packte den Blonden in den Haaren und drückte ihn auf den Boden.
    "Yoongi! NEIN!", ich kreischte los und hob wieder meine Waffen hoch.
  "Ah, endlich. Deine wundervolle Stimme existiert noch. Gut, dann können wir ja endlich reden."
  "Ich werde keinen Ton mit dir reden, Arschloch", knurrte ich sauer, meine Waffen fest umklammert.
  "Dir bleibt aber nichts anderes übrig. Oder deinem Freund hier wird es gleich noch viel schlechter gehen... Oder ist es doch der hier", er winkte einem seiner Männer zu.
    Die Wut kochte in mir, als Tae neben Yoongi auf den Boden gedrückt wurde. Beide jetzt schon gezeichnet. Eine heiße Träne rollte mir über meine Wange.
    "Wo ist mein Geld, Lady Dark?" Minseok griff Yoongi in die Haare und zwang ihn mich anzusehen.
  "Lass ihn sofort gehen. Er hat nichts mit der Sache zu tun", fauchte ich.
  "Ahhh, weißt du, dass sehe ich anders. Er ist doch dein Freund, oder? Also hat er mit dir zu tun, und du schuldest mir Geld. Viel Geld. Und jetzt hast du auch noch den größeren Teil meiner Gruppe ermordet. Sieh dich um, Mylady. Alles rot. Und da ich aber schon mit soetwas gerechnet hab -zwar nicht in diesen ausmaßen; Respekt nebenbei bemerkt- habe ich mir jetzt eben kleine Versicherungen besorgt. Ich denke, der Rest wird aber auch noch eintreffen." Amüsiert strich er jetzt auch noch Tae durch die Haare.
  Der wimmerte sofort los bei der Berührung, und ich wusste, dass mein wertvolles Alien gebrochen war.
  "Also... Wir könnten es aber auch so machen. Wir vergnügen uns solange einfach mit diesen beiden hier. Außer du gibst mir das Geld. Dann töte ich nur einen von deinen Sieben Zwergen. Wobei ich mir das noch genauer überlegen werde. Einer ist unfair. Du hast da viel mehr angerichtet. So ein böses Mädchen! Schlimm, schlimm."
  "Das war für Taeyong, du Arsch", zischte ich sauer, meine Waffe immer noch auf ihn gerichtet.
  "Sprache, Liebes. Spricht sie mit euch etwa auch so?"
  Keiner der beiden Jungs sagte etwas. Wie sollten sie mich auch erkennen? Ich hatte mein Gesicht abgedeckt, war bewaffnet, und womöglich noch mit Blut bespritzt.
    "Ich rede mit euch", säuselte Minseok und zwang beide mich wieder anzusehen.
  Meine Hände begannen zu zittern. Das war falsch. Tae kämpfte mit Tränen und Yoongi tropfte Blut von den Lippen.
  Was hatte ich getan?
    "Ich kenne diese Person nicht", keuchte Yoongi.
  "Ich glaube schon. Liebes, bitte. Deine Facemask, und lass die Waffen endlich unten. Das bringt alles nichts. Oder soll ich...?"
  Sofort riss ich meine Facemask runter. Für Sekunden war Stille. Sowohl Yoongi als auch Taehyung sahen mich an.
  Im nächsten Moment brach Tae in Tränen aus, er heulte wie ein Kind. Mein Herz brach in tausend Teile. Er war endgültig gebrochen. Nie wieder würde er mich so lieben können wie er es einmal getan hatte. Nie wieder konnte ich mit ihm allen möglichen Quatsch anstellen. Nie wieder konnte ich ihn in die Arme nehmen. Nie wieder würden wir zusammen meinen Freund auf die Palme bringen...
    "Ich schätze mal das klärt die Sache endlich auf, wer vor euch steht."
  Ich presste meine Lippen zusammen. Es war von Anfang an Minseok's Plan gewesen. Mein Leben zu ruinieren auf jede erdenkliche Weise. Er nahm dabei das Wichtigste in meinem Leben als Druckmittel. Meine Liebe zu den Menschen. Meine Schwachstellen, die ich mit Stolz hatte.
  Im Gegensatz zu Tae sah mich Yoongi allerdings immer noch an. Ich wusste nicht wie ich das deuten konnte. War es schlecht? War es gut?
    "Um das jetzt mal genauer zu klären, wer genau ist den jetzt eigentlich dein Freund hier?", Minseok lief hin und her.
  Ich hielt meine Waffen nur noch fester.
    "Ich tippe ja auf ihn hier. Richtig?", er deutete auf meinen Yoongs, der mich immer noch nicht aus den Augen gelassen hatte.
  Ich schwieg.
    "Ich habe dich etwas gefragt!", Minseok griff wieder in Yoongi's Haare und hielt ihm ein Messer an den Hals.
  "Lass die beiden einfach in Ruhe. Du willst einem neuen Deal, dann mache wir einen neuen Deal. Wie wäre es hiermit: du lässt sie gehen und ich verschone dafür deinen Arsch?", zischte ich.
  "Ich glaube nicht, dass du aktuell in der Lage bist mir zu drohen. Schau dich an. Wir haben deine Freunde. Erschießt du auch nur einen weiteren von uns, dann sind beide Tod."
  Ich kniff meine Augen zusammen. Dieser Mistkerl! Mein Blick wanderte schließlich wieder zu Yoongi. Immer noch lagen seine Augen auf mir, und unser Blick traf sich.
    "Ich liebe dich."
  Mein Atem blieb für mehrere Sekunden stehen, als ich ihm die Worte von den Lippen abgelesen hatten. Tränen bildeten sich in meinen Augen.
    "Oh, der Rest ist endlich im Haus. Endlich endlich!", Minseok ließ auf einmal von Yoongi ab. "Es wird langsam Zeit, dass du deine Waffen ablegst, Mylady?!?"
  Ich hörte Schritte. Viele Schritte. Sekunden später kam jemand hinter mir zur Tür rein. Was ich sah glaubte ich kaum.
  Namjoon, Jin, Hobi, und Jimin wurden von drei Kerlen in den Raum geführt. Meine Mut sackte wieder ab. Zwei hätte ich vielleicht noch retten können, aber sechs? Und was war mit meinem kleinen Kookie?
    "Sieh an, sieh an. Jetzt ist auch sie ganz blass", Minseok lachte los.
  "Was ist hier los? Was soll das? Was machen sie mit meiner Schwester? Was machen sie mit uns?", Jimin versuchte sich zu wehren, als er an mir vorbei geführt wurde.

  Am liebsten hätte ich jetzt auf der Stelle schreien wollen. Alle erschießen wollen. Aber es ging nicht.
  "Deine Schwester also. Aha, dann musst du Jimin sein, wenigstens einen können wir jetzt zuordnen. Klebt ihm den Mund zu, er redet zu viel", Minseok sah Jimin genervt an.
  "Nein, bitte! Lasst sie gehen...!", rief Jimin noch, dann war nicht mehr viel zu hören.
  "Er will, dass ich dich gehen lasse. Wie süß. Aber wir beide wissen ja, dass es nicht so einfach ist, nicht wahr?", Minseok zog sich einen Stuhl heran und setzte sich.
  "Also, fangen wir von vorne an. Du bist stur, du wirst deine Waffen nicht ablegen, und du wirst nicht aufgeben. Ich hatte zwar damit gerechnet, dass du hier aufkreuzen wirst, aber niemals mit soeinem Massaker. Du bist gut. Richtig gut. Besser als die meisten meiner Leute, das muss ich dir lassen..."
  "Komm auf den Punkt!", keiffte ich.
  "Bisschen mehr Respekt bitte!", Minseok lachte. "Ich bin immer noch vier Jahre älter als du."
  Ich kniff nur wieder meine Augen zusammen. Er wusste schon zu viel von mir.
    "Also. Ich will dich haben. Du arbeitest für mich, zahlst deine Schulden ab und ich verschone drei deiner kleinen Zwerge. Oder, ganz einfach du stirbst und ich muss deine Kleinen etwas ausbeuten. Ich verspreche dir aber, dass du dann eines Qualvollen Tod sterben wirst und jeder hier im Raum ist mein Zuschauer."
  Stille. Meine Hände begannen zu zittern.
    "Ich warte, kleine Lady. Und bitte entscheide dich richtig. Ich meine es wäre pure Verschwendung von Talent."

  Ich wollte eigentlich nicht sterben. Ich hatte es nicht vor gehabt, auch wenn ich damit gerechnet hatte.
  Hinter mir hörte ich ein leises Knirschen.
  Es war wie es war. Ich war dem Tode verurteilt. Mein Blick ließ ich nochmal über meine Jungs schweifen.
  "Ein Angriff von hinten um mich zu entwaffnen? Albern", zischte ich.
  Bevor ich mich aber zur Seite umdrehen konnte ertönte ein lauter Knall und der Typ hinter mir flog der Länge nach um. Aus dem Augenwinkel sah ich einen leichenblassen Kookie in der Tür stehen. Ich formte ein "Lauf!" mit meinem Mund und er tat es
    "Was zur Hölle?", die Männer schauten sich verängstigt um.
  Chaos war unter ihnen ausgebrochen.

  Das war meine Chance.
  Heute nicht. Heute würde ich überleben. Ich würde alle hier raus bringen. Sie würden alle weiterleben.
  Ich schoss die Lampen aus.
  "Lauft!", schrie ich laut und rannte in der Dunkelheit auf alle zu.
  Der Mond, der durch die Bretter drängte war mein einziges Licht. Es reichte. Ich hörte wie ein paar Schläge verteilt wurden. Ich sah wie Namjoon Jin und Jimin am Pullover packte und zum Ausgang schob bevor er sich umdrehte zu den beiden Kerlen vor ihnen.
  Ich schoß.
    "Fünfzehn! Sechzehn!", keuchte ich, bevor ich mich um den Kerl kümmerte, der Hobi als Schutzschild nahm.
  Geschickt​ lief ich seitlich von ihm und trat ihn ins Schienbein. Der Typ musste blind wie ein Maulwurf sein, dass er mich nicht erkennen konnte in der Dunkelheit. Obwohl ich direkt neben ihm war. Hoseok nutzte seine Chance und entfloh dem Typen. Bevor er weg rannte sah er mich allerdings an.
    "Danke", sagte er schlicht.
  "Geh." Ich sah weg, und schoss dem Typen in den Kopf, der mittlerweile auf dem Boden gelangt war. "Siebzehn."
  "Komm heil hier wieder raus." Mit diesen Worten rannte Hoseok los.
  "Holt sie euch. Schnappt sie! Was soll das hier alles, steht nicht so verängstigt herum", Minseok bewegte sich irgendwo in der Mitte des Raumes und fuchtelte wild hin und her. Ich lauschte genau. Irgendwo in einer Ecke des Raumes waren noch Yoongi und Tae. Ich hörte das leise Wimmern. Und die Typen waren irgendwo im Raum verteilt und suchten im Dunkeln.
  Eilig steckte ich eine Waffe weg und griff nach meinem guten Messer. Ich musste sie beschützen, und wenn es das letzte war was ich tat.
  Ich rannte auf die erste Person zu und schoß ihm direkt von hinten durch das Herz.
    "Achtzehn", hauchte ich vor mich hin.
  Ich war wie in Trance. Ich hatte ein Ziel und egal was es kostete, ich war bereit alles dafür zu tun. Alles.
    "Da ist sie, los! Schnappt sie euch!" brüllte Minseok los.
  Ich war schneller. Ich hechtete dem größeren entgegen und duckte mich rechtzeitig vor seinen Armen, nur um ihm mein Messer in die Seite zu rammen. Er schrie laut auf. Ich wusste, die Verletzung würde ihn nicht sofort umbringen, aber es würde ihn außer Gefecht setzten. Und dann würde er sterben...
  Neunzehn.
  Ich war wirklich kalt. Zu kalt... Und erschreckend gut. Ich sollte soetwas nicht können.
  Mit einer geschickten Drehung sprang ich über den Körper und wich dem anderen Kerl aus. Zwei Sekunden später traf mich ein Schlag am Arm. Meine Waffe fiel auf den Boden, ich spürte einen Schmerz, aber ich reagierte trotzdem schneller. Sofort rammte ich mein Messer in seinen ausgestreckten Arm. Mit dem Fuß trat ich ihm in den Bauch und er fiel rückwärts auf den Boden. Ich war viel zu sehr auf Hochtouren um mich runter bringen zu lassen.
    "Verschwindet. Jetzt. Sofort!", zischte ich laut.
  "Komm schon Tae... Wir gehen!", Yoongi zog den jüngeren mit sich.
  Ich konnte gerade noch ihre Umrisse erkennen. Kurz duckte ich mich und nahm meine Waffe wieder in die Hand. Ich richtete mich auf und starrte auf den Verletzten vor mir. Ohne zu zögern drückte ich ab.
  Zwanzig.
  Ich hasste diesen Teil von mir. Ich war kalt. Herzlos. Brutal. Getrieben von einer Sucht, einer Krankheit. Dieser Teil von mir spielte nur mit Geld, Leben und Karten. Ich war eine Gefahr für jeden. Mittlerweile auch für die, die ich am meisten liebte.

  Stille.

  Langsam bewegte ich mich schließlich wieder. Lautlos und still. Irgendwo musste dieser Dreckskerl sein. Und heute setzte ich allem ein Ende.
    "Komm raus und lass es uns zu Ende bringen!", rief ich laut.
  Stille.
  Mir war bewusst, dass Minseok so reagieren würde. Er war ein feiger Hund ohne seine Leute. Er war ein nichts.
    "Ich werde dich finden, das weißt du. Warum bringst du es jetzt nicht zu eine Ende. Du wolltest mich haben, bitte. Hier bin ich!"
  Ich lief in die Mitte des Raumes. Zur Not würde ich dort auch die ganze Nacht verbringen. Es würde enden. Heute! Einer von uns musste sterben. Und da ich nicht vorhatte heute diese Welt zu verlassen blieb nur noch er übrig.
    "Du traust dich etwas Mädchen", Minseok sprach leise.
  "Und du bist feige. Schau an was aus deiner Lebensversicherung geworden ist. Alle weg. Alle sieben." Ich sah mich um und versuchte herauszufinden wo er war. Es war allerdings schwer. Vor allem da er auch ziemlich leise sprach.
  "Du bist noch hier."
  "Du auch."
  "Ich werde dich umbringen, das ist dir doch hoffentlich bewusst. Und ich habe noch Leute genug. Denk also nicht, dass du fliehen könntest."
  "Ich bin nicht so feige wie du", spottete ich lauthals. "Die Sache wird hier enden. Hier und jetzt."
  "Pass auf was du sagst, du kleines Miststück."
  "Oder was? Du kannst mir nicht mehr drohen. Jetzt nicht mehr."
  Stille. Ich kniff meine Augen leicht zusammen und sah mich um. Sobald ich seine Umrisse entdeckte zielte ich. Er hatte mich noch nicht entdeckt. Dies war meine Chance. Womöglich auch meine einzige Chance.
    "Ein paar letzte Worte?", ich hielt zwei Sekunden die Luft an. "Spar es dir. Die hast du nicht verdient."
  Mit diesen Worten drückte ich ab. Mein Adrenalinspiegel war wieder zu hoch. Alles in mir rauschte nur noch. Ein Gefühl, als wäre ich high machte sich in mir breit, als der Körper in der Dunkelheit zusammenbrach. Ich war wie in einem Rausch.
    "Du... Wi-wirst mit m-ir unter-ge-gehen. Du w-irst st-er-be-ben, kl-kleine Lady...", krächzte Minseok noch, dann brach er ab und es herrschte absolute Stille.
  "Einundzwanzig, Bitch! Einen Scheiß werde ich!", ich grinste los.
  Mein Puls stieg in die Höhe und ich konnte nicht aufhören. Ich war gefangen in meinem Rausch. Gefangen wie in der Sucht. Das bekannte Gribbeln des Sieges machte sich in meinem Körper breit. Das Blut pochte in meinen Ohren, meine Knie zitterten für einen Moment und ich konnte für einige Sekunden nur noch grinsen.

  Ich steckte mein Messer zurück in meinen Gürtel und meine Waffe wieder unter die Jacke. Jetzt wollte ich nur eines. Die Leute sehen, die ich am meisten liebte. Ich wollte ihnen sagen, dass sie sicher waren. Ich konnte sie retten, ich hatte sie hier rausgeholt. Sie waren wieder sicher, und ich schwor mir, dass sie das auch bleiben würden.
  Eilig huschte ich durch die Dunkelheit und fand meinen Weg schnell. Dieses Mal nahm ich den Hauptweg. Ich musste jetzt kein Verstecken mehr spielen. Es war vorbei.

  Das Spiel war vorbei.

  Ich hatte gewonnen!

  Ich! Nicht diese dreckigen Mistkerle, die sich an den unschuldigen vergriffen. Ich hatte dem ein Ende gesetzt. Egal, wie schlecht ich eigentlich selbst war, wie gefährlich, das war etwas positives. Nie wieder würden sie meine Sieben anrühren. Nie wieder würden sie irgendetwas schlimmes tun können!

  Als ich unten ankam musste ich durch eine andere Halle, die an einer Seite komplett offen war. Dort waren die Lichter der Stadt zu sehen. Ein sanftes Lächeln machte sich auf meinen Lippen breit. Langsam lief ich an den Rand und sah nach draußen.
  Sie waren so schön.
  Ich blieb stehen und sah nach draußen. Eine der Uhren, die an den Hochhäusern befestigt waren, verriet mir, dass wir kurz vor Mitternacht hatten. Aber Zeit spielte im Moment keine Rolle. Es gab nichts schöneres im Moment, außer...

    "Minhee?"
  Ich drehte mich langsam um. Er stand einfach da. Einen Meter vor mir. Seine blonden Haare komplett durcheinander und seine Miene unergründlich im ersten Moment. Hinter ihm die anderen, aber die zählten in diesem Moment nicht.
  Sekunden später fand ich mich in seinen Armen wieder.
    "Ich liebe dich, Minhee. Ich liebe dich!", Yoongi hielt mich so fest wie er es selten tat.
  Tränen bildeten sich in meinen Augen. Das Blut rauschte immer noch in meinen Ohren.
    "Es tut mir so leid. So, so leid...", brachte ich hervor und krallte mich mit meinen Fingern an seinem Pulli fest. Alles wollte raus in diesem Moment, auch wenn ich mit mir kämpfte.
  "Du lebst. Das ist wichtig. Mir ist egal was das war, du lebst und das zählt", Yoongi sah mich an.
  Ich nickte nur. Ich konnte nur nicken. Zu mehr war ich nicht im Stande. Sein Blick machte mich schwach. Für ihn hatte ich gekämpft. Für meine Freiheit, und dafür, dass meine Familie sicher war.
    "Ich werde aufhören. Ich schwör es. Ich gebe es auf, Yoongi!", ich legte meine Hände auf seine Wangen.
  Die Schnittwunde die er am Hals hatte zeigten was mir meine Sucht gebracht hatte. Seine aufgeplatzten Lippen, und sein angstvoller Blick.
    "Ich werde dir helfen!", er strich mir über die Wange.

  Sekunden vergingen. Ich hätte ewig so stehen bleiben können. Yoongi war es der sich rührte und einen sanften Kuss auf meine Lippen drückte. Für einen Moment hielt die ganze Welt an. Er war mein Ein und Alles. Mein Leben. Ich liebte ihn.
  Dann sah er mich wieder mit einem schwachen Lächeln an. Alles andere um uns zählte in diesem Moment nicht. Nicht eine Sekunde.

    "Du bist meine Schwester. Egal was das gerade war, ich werde dir helfen. Ich kann doch nicht zulassen, dass meine Schwester sojemand ist. Ich kann das nicht...", Jimin war zu uns getreten und sah mich unter Tränen an. Er konnte sie noch nie gut zurück halten. "Ich liebe dich doch auch!" Er hielt mir seine Hand hin, aber ich konnte nicht.
  "Jimin, ich bin schlimmer als ihr denkt...", ich schnappte nach Luft und stützte mich an Yoongi ab, der mich immer noch festhielt.
  Langsam legte sich das Hochgefühl.
    "Du hast nur versucht jemanden zu re..."
  "Jimin. Ich wusste weder von Yoongi, noch von Tae. Ich bin aus anderen Gründen da hin..."
  "Hör auf zu reden. Hör auf. Ich will es nicht hören", Yoongi schüttelte seinen Kopf. "Wir biegen das wieder hin. Egal wie schlimm es ist. Es zählt einfach nicht. Alles wird wieder gut werden. Alles."
  Mein Freund strich mir durch die Haare. Er war entschlossen. Er war bereit, das alles zu vergessen. Ich sah ihm an, dass er nur froh war, dass wir überlebt hatten.
    "Ich will das nur vergessen. Ich will das nicht gesehen haben. Ich will das nicht durchgemacht haben." Ich konnte aus dem Augenwinkel erkennen, wie Tae direkt vor uns zusammenbrach.
  Jin war sofort neben ihm und zog ihn in eine Umarmung. Schließlich nahm ich auch endlich die anderen war. Kookie war wie eine Statue, Joonie kniete sich neben Jin und Tae, und J-Hope stand mit einem abwesenden Blick abseits.
    "Sch, Tae. Alles wird gut." Jin sprach leise, aber deutlich.
  "Sie ist nicht unsere Minhee. Ich will unsere Minhee zurück..."
  Jin strich über seine Haare.
    "Tae, Minhee ist krank. Sehr krank. Ihr wird es aber wieder besser gehen, wenn sie sich endlich helfen lässt!", Jin sah mich dabei an.
  Ich nickte nur leicht. Ich war krank. Ich war es wirklich.
  Yoongi nahm die Worte zwar auch zur Kenntnis, aber es hielt ihn nicht davon ab mich immer noch mit einem besorgten Blick festzuhalten. Ich wusste was er mir damit sagte. Wir stehen das gemeinsam durch.
    "Warte, heißt das du wusstest etwas?", Jimin, neben uns brauste auf.
  "Jimin, ist dir nie aufgefallen, wie oft sie abends weg ist, einfach verschwindet?", Namjoon sagte zum ersten Mal etwas. Langsam stand er wieder auf und sah mich direkt an. "Ich dachte es wäre nur das Kartenspiel... Ich dachte nie, dass so viel dahinter steckt... Ich hatte keine Ahnung... Ich wusste es nicht..."
  "Joon...", krächzte ich los. "Du hättest auch nichts ändern können."
  "Das hätte keiner. Sie ist nicht mal mehr bei Verstand gewesen. Ich kann deinen verdammten Blick nicht vergessen. Wie von einem Dämon besessen...", J-Hope sah mich jetzt direkt an. Sofort hatte er die Aufmerksamkeit von uns allen. "Helft ihr, oder lasst es bleiben. Ich kann es im Moment nicht. Was ich gesehen hab... Minhee... Was ist mit dir passiert? Was für ein Mensch ist aus dir geworden...? Ich will dir helfen, aber ich kann nicht. Ich kann es einfach nicht. Es tut mir leid." Er schüttelte seinen Kopf nur langsam, dann sah er mich nochmal kurz an, und lief schließlich davon.
  "Hope? Nein", ich wollte mich von Yoongi losmachen und ihm hinterher.
  Allerdings hielt mich Yoongi fest.
    "Ich brauche Zeit. Gib mir Zeit, Minhee", kurz hatte Hoseok nochmal angehalten, ein leichtes Lächeln, dann war er weg.
  Tränen rollten über meine Wange. Er reagierte als einziger richtig. Wobei Tae auch Angst hatte, aber er war trotzdem noch hier. Warum waren sie noch hier? Ich war ein Monster.
  Einundzwanzig Menschen.
    "Kein Wort mehr jetzt, verstanden? Wir sind kaputt genug. Alle", Yoongi sah alle kurz an, dann drückte er mich an sich und und küsste meine Schläfe.
  Für einen Moment schloss ich meine Augen, dann blinzelte ich die Tränen weg. Jimin nahm immer wieder meine freie Hand in seine und hielt mich einfach fest. Ich hielt mich sowohl an ihm, als auch an Yoongi fest. Diese Menschen waren der Grund dafür, dass ich versuchen musste eine bessere Person zu werden. Für alle. Vor allem aber auch für die, die gerade daran zerbrachen... Tae. J-Hope.
  "Noona?", Kookie's schwache Stimme meldete sich zu Wort.
  Ich sah zu ihm. Er stand als einziger immer noch weiter weg und hatte sich bis jetzt keinen Millimeter gerührt. Sein Gesicht hatte die Farbe weiß angenommen. In seinen Augen konnte ich die panische Angst erkennen.
    "Es wird vorbei gehen, oder? Es hört auf. Ich hab doch das richtige getan? Ich konnte doch nicht zulassen, dass er dich umbringt, oder? Ich musste es tun!" Die Worte platzten nur aus ihm heraus.
  Er war so panisch, dass er nach Luft schnappte und ganz offensichtlich mit den Tränen kämpfte. Sein ganzer Körper war am zittern.
  Kurz warf ich Yoongi einen Blick zu. Er verstand.
  "Kookie-ah. Komm her", ich lief auf ihn zu und zog ihn in eine Umarmung.
  Sofort schlang er seine Arme um mich und brach entgültig in Tränen aus. Es tat so weh ihn so zu sehen, und ich wusste genau wie er sich in diesem Moment fühlte.
  Verzweifelt versuchte ich meinen Kleinen irgendwie zu beruhigen. Er sollte nicht leiden. Keiner von ihnen.
  Mein Blick flog auf Tae, der immer noch ein Häufchen Elend auf dem Boden war.
  Wie lange würde es brauchen bis er mir wieder vertraute?
  "Ich bringe Tae hier weg. Wir sollten am besten alle von hier verschwinden", Jin stand auf. "Kommt nach, und damit meine ich alle von euch. Auch dich Minhee. Du musst nach Hause kommen. Bitte."
  Ich nickte nur und hielt meinen Kookie weiterhin fest, der sich bis jetzt noch nicht beruhigt hatte. Jin und Namjoon zogen Tae mit sich, der mich verletzt und verängstigt ansah. Es brach mir erneut das Herz. Genauso wie Kookie's Schluchzen.
  Ich ertrug es nicht ihn so leiden zu sehen.
    "Kookie, hör auf zu weinen. Du bist nicht schuld, okay?", ich schob ihn leicht von mir, um ihn ansehen zu können. "Du hast ihn nicht richtig erwischt, Kookie. Ich hab dem ein Ende gemacht. Nicht du. Du hast mir nur die Möglichkeit gegeben zu handeln. Du hast niemanden umgebracht." Ich hielt sein Gesicht so vor mir, dass er mich ansehen musste. "Du bist nicht schuld. Ich bin es gewesen."
  Kookie rollten weitere Tränen über die Wangen, aber ich sah, dass er meinen Worten glaubte, und das war auch gut so. Kurz gab ich ihm einen Kuss auf die Stirn und sah ihn mit einem schwachen Lächeln an.
  Im nächsten Moment überfiel mich allerdings ein Hustenanfall. Ich hielt mir den Arm vor den Mund und konnte kaum aufhören. Kookie hielt mich fest, sodass ich nicht zusammenbrach.
    "Noona? Ist das...?", Kookie's Finger krallten sich auf einmal an meiner Jacke fest.
  Ich nahm meinen Arm von meinem Mund weg und sah eine glänzende Flüssigkeit auf dem schwarzen Leder. Blut. Was um alles in der Welt...? Meine Knie zitterten erneut in der nächsten Sekunde setzte der Schmerz ein. Ein Schmerz, den ich niemals im Leben erwartete hätte. Ein Schmerz, der mich in die Knie zwang.
    "Minhee!" Yoongi fing mich in letzter Sekunde auf bevor ich hart auf dem Boden zusammenbrach.
  Kookie stand wie gelähmt vor uns. Meine Hand fand automatisch die blutdurchtränkte Stelle an meinem Bauch. Ich hatte es nicht bemerkt. Ich war zu sehr abgehoben. Ich hatte mich zu sehr diesem Rausch hingegeben.
    "Nein! Minhee, nein!", Yoongi sah mich an.
  "Was soll das? Was ist los? Was...?", Jimin ließ sich neben uns auf den Boden fallen.
  Ich hob meine Hand und hielt sie vor mein Gesicht.
    "Sauber", krächzte ich. "Der Mistkerl hat doch noch abgedrückt."
  "Jimin. Krankenwagen. Krankenhaus. Irgendwas. Tu was!", schrie Yoongi los.

  Ich wusste es besser.

  Ich wusste was hier niemand wissen wollte. Bei so einer Verletzung würde es nicht lange dauern. Ich würde verbluten.

    "Jimin jetzt!"
  Mein Bruder tastete panisch seine Hosentaschen ab, dann sprang er auf und griff in Kookie's Hosentasche. Der jüngste hatte einen Schock. So viel erkannte ich auch noch. Auch wenn ich nur noch das Blut an meiner Hand sah.
    "Leg auf", hauchte ich schließlich, als Jimin wieder neben mir saß.
  Yoongi, der ein Teil seines T-Shirts zerrissen hatte, und auf die Verletzung drückte, sah mich entgeistert an.
    "Jimin. Leg. Jetzt. Auf", ich starrte meinen Bruder an.
  "Ich... Nein."
  "Jimin...", ich hustete erneut. "Du weißt warum."
  Jimin legte das Telefon weg. Mein Bruder kannte mich doch noch zu gut, auch wenn er lange nichts von meinem Doppelleben gewusst hatte.
    "Seid ihr verrückt? Beide? Ich lass dich hier nicht sterben, bist du bescheuert?", Yoongi wollte nach dem Handy greiffen, aber ich hielt seine Hand fest.
    Diese Bewegung brachte ein unangenehmes Schwindelgefühl mit sich und jagte mir höllische Schmerzen durch meinen Körper. Schmerzen, die mich fast aufschreien ließen. Ich kniff die Augen zusammen, dann zwang ich mich Yoongi anzusehen.
    "Sie würden mich einsperren, Yoongs. Ich will nicht eingesperrt sein. Ich kann das nicht."
  "Und ich werde einen Teufel tun und dich hier sterben lassen. Vergiss es!", er schrie mich fast an. Seine Stimme zitterte.
  "Bringen wir sie selber hin. Lass uns eine Geschichte ausdenken. Noona, du kannst jetzt nicht sterben...", Kookie war aus seiner Trance und schob Jimin weg, der dennoch den Kontakt zu mir suchte.

  Ich schüttelte meinen Kopf. Als er versuchte mir auf zu helfen schrie ich unter Schmerzen auf.
  Mir war schon lang bewusst, was diese Drei nicht wahr haben wollten.

    "Minhee. Bitte!", Jimin krallte sich an meinem Arm fest.
  Ich sah nur Yoongi flehend an. Er erwiderte meinen Blick, ohne auch nur einen Moment wegzusehen. Mit jeder Sekunde, die verstrich, wurde der Schmerz schlimmer. Mit jeder Sekunde, die verging, verschwomm meine Sicht noch mehr. Mit jeder Sekunde, und jeder weiteren, erkannte ich wie Yoongi verstand, dass alles schon zu spät war.
  Er wusste genau was ich wusste. Er zerbrach vor meinen Augen.
  Ich hatte nur noch Minuten, wenn ich mich bewegte, dann wären es weniger. Zu lange hatte ich den Schmerz unter meinem Adrenalin nicht bemerkt. Zu lange hatte ich diesen Rausch gehabt. Das Schicksal hatte mich gerecht bestraft.
    "Kookie. Tu jetzt einmal genau das was ich dir sage", brachte Yoongi hervor.
  "Was Hyung?", Panik beherrschte Kookie's Stimme, und immer noch klammerte er sich an meine Hand.
  "Nimm Jimin, und geh. Sofort. Geh nach Hause und kommt nicht zurück."
  "NEIN!", Jimin schrie los und klammerte sich an mich.
  Ich spürte seinen Atem an meinem Hals, eine Finger die sich an meiner Jacke fest krallten...
    "Minhee, bitte nicht. Bitte!", Jimin's Tränen fielen unaufhörlich.
  "Kookie! JETZT!", fauchte Yoongi.
  Und mein Kookie tat was er sagte.
    "Ich hab dich lieb, Chim Chim!", Ich drückte noch kurz seine Hand, dann ließ ich sie auf den Boden fallen.
Jimin wurde von mir gerissen und weg gezerrt. Ich sah es nicht mehr. Alles was ich jetzt noch wahrnahm war Yoongi.

  Seine Berührungen. Seine Augen. Seine Tränen.

    "Ich liebe dich", ich hob meine Hand erneut und legte sie an seine Wange.
  "Ich dich auch", er lehnte sich noch weiter nach unten. "Du kannst jetzt nicht gehen. Du kannst mich nicht verlassen."
  "Nicht heute, aber Morgen, Yoongs", flüsterte ich leise. "Und ich weiß, dass du mich liebst, Pabo."
  "Sag soetwas nicht. Was soll ich ohne dich machen?"
  "Weiterleben. Für uns beide." Ich strich durch seine blonden Haare.
  "Ich will nicht. Und ich weiß, dass es jetzt zu spät ist. Ich weiß es. Ich kann nichts mehr ändern. Ich hätte dich nie aus den Augen lassen sollen. Ich hätte dich beschützen sollen. Ich hätte dich mit da raus holen sollen..."
  "Yoongs?"
  "Sag nichts."
  "Ich liebe dich."
  Ich spürte wie eine Träne auf meine Wange fiel. Ich spürte seinen Atmen auf meiner Haut. Spürte wie seine Lippen meine streiften.

  Ich hatte mich gefragt, ob ich jemals irgendetwas mehr vermissen konnte, wie das verdammte Spiel; nach einem halben Jahr ohne.

  Ja, ich konnte.

  Yoongi war noch hier, aber ich spürte jetzt schon den Schmerz ihn alleine zu lassen. Er war präsenter als mein körperlicher Schmerz. Es war so real wie nichts zuvor.

  Und ich wurde immer noch schwächer.

  Meine Liebe zu ihm war so real wie nichts anderes in meinem Leben.

  Und das war alles was ich im Moment noch hatte und noch haben würde.

  "Ich liebe dich auch."

  Yoongi drückte seine Lippen auf meine und küsste mich. Ich erwiderte den Kuss während weitere Tränen über meine Wange rollten. Er war schon fast drängend, aber immer noch sanft.

  "Kannst du mir noch einen allerletzten Gefallen tun?", hauchte ich.
  "Egal was."
  "Bleib am Leben, und vergiss mich nicht", ich lächelte schwach.
  "Ich liebe dich."

  Er lenkte ab. Wie ich.

  "Ich liebe dich auch."

  Meine Tränen rollten weiter. Mittlerweile sah ich schwarze Punkte. Das Leben verließ buchstäblich meinen Körper. Langsam und qualvoll. Der pochende Schmerz wurde noch aufdringlicher, und das Gefühl des Verlustes nahm mir die Luft zum atmen.
  Yoongi hielt mich immer noch fest, das war dennoch alles was zählte.
    "Sieh mich an, okay?", wisperte er. "Ich liebe dich. Egal, was war, was ist, was noch kommen hätte können. Das ist alles was du wissen musst. Ich liebe dich, Minhee. Ich liebe dich!"

  Ich verzog meine Lippen zu einem Lächeln. Atmen war kaum noch möglich. Meine Sicht wurde unklarer, ich war zu schwach meine Hand länger zu heben, aber ich sah immer noch ihn vor mir. Mein Leben. Meine Welt.
  Sein Lächeln.
  Seine Augen.

  Sein Grinsen.

  Seine Lippen.

  Seine Art.

  Seine Liebe.


  Mein Ein...

  ...und Alles.

 
 
 
  Und ich hatte zu hoch gespielt. Zu viel gesetzt... Mitternacht... Yoongi hörte nicht auf mir Worte zu zuflüstern... Mich immer wieder zu küssen... Er war alles was ich noch wahrnahm...

  Dann war da nur noch die Dunkelheit.

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8380 Wörter

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Hallo meine liebsten Kekse 💕
Ich denke zu diesem One Shot muss ich ein paar Dinge dazu sagen.
Das Video von "Not Today" hat mich auf eine schräge Weise inspiriert. Ich konnte die Worte nicht mal mehr zurückhalten. 😅 Ich muss auch ganz klar sagen, dass ich so etwas bis jetzt nur für mich oder Freunde geschrieben hab, und dann auch nicht als FanFiction, aber ich will euch diesen OS einfach nicht vorenthalten.
Zugegeben, ich hab mit diesem OS auch einige Emotionen verarbeitet, mit den ich in letzter Zeit etwas konfrontiert wurde. Das Lied hat mir auch sogesehen einfach nur geholfen alles zu verarbeiten. (Deshalb ist Musik mein Leben, genau wie das Schreiben. 😊💕).
Ich bin auf jeden Fall dankbar, dass ihr ihn bis zum Schluss gelesen habt. Vielen Dank einfach für's lesen und voten.
Lasst mich bitte wissen, ob ich solche One Shots öfter hochladen soll, wenn ich mal in der Stimmung bin so etwas zu schreiben. Ich bin dankbar für jedes Kommentar. 😊💕
Vielen Dank für einfach alles! 💕
Hab euch lieb!

xoxo eure Luna 💕

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