Bewertungsbeispiel und Anmerkung

1. Die Anmeldephase wird verlängert auf Ende März. Wir sind leider noch ein bisschen kurz an Büchern. (Ich glaube, die meisten werden von dem Bewertungssystem abgeschreckt...deshalb ein Beispiel an meinem eigenen Buch: Misogamist)

2. Bewertungsbeispiel (es wird nicht ganz so ausführlich sein, wenn ich eure Bewertungen und meine Begründungen hochlade.)

Misogamist
1. Runde:
Titel: Misogamist ist ein Begriff mit dem nicht jeder etwas anzufangen hat. Manche Leser werden das als "Menschen, die nicht heiraten wollen" übersetzen können, ich befürchte jedoch 98 Prozent der Leser auf Wattpad können das nicht. Da dies ein unbekannter Begriff ist, könnte es manche Leser davon abhalten überhaut einen Blick in das Buch zu werfen. Dennoch kann das Unwissen gewisse Spannung erzeugen, weshalb ich auf diesen Titel nur einen Punkt gebe, da nicht einmal im Klappentext der Leser aufgeklärt wird, was Misogamist bedeuten soll.

Das Cover ist schlicht, man könnte sogar sagen: billig gemacht, aber hebt sich von der grundsätzlichen Stimmung der Jugendbüchercover auf Wattpad ab. Defintiv eine gute Idee, leider sagt das Cover so rein gar nichts aus, weshalb ich hier vielleicht zwei Punkte gebe.

Kommen wir zu dem Klappentext: Wie schon gesagt, der Titel wird nicht erklärt und erklärt sich auch nicht von selbst, die Textprobe ist nicht aussagekräftig genug, um wirklich eine Kostprobe in das Buch geben zu können, mit der Information über die Protagonisten und dem Anfang der Handlung kann man nachvollziehen worum es gehen soll.
Dem potenziellen Leser werden somit durch Cover und Klappentext vermittelt welche Leserschaft angesprochen werden soll und in welches Genre dieses Buch einzusortieren ist.
Ich denke, dass man für den Moment genug neue Informationen an den Kopf geballert bekommen hat, wenn nicht der Klappentext sogar ein bisschen zu viel vor weg nimmt, für meinen Geschmack-deshalb zwei Punkte.

Insgesamt würden wir nach meinem Bewertungssystem bei Misogamist mit fünf Punkten haarscharf an der Grenze vorbeischlittern.
An diesem Beispiel kann man erkennen, dass ich keine feste Maximumpunkte für Cover, Klappentext oder Titel festgelegt habe - wieso? Weil in der ersten Runde der erste Eindruck bewertet werden soll quasi wie auf einer Skala von eins bis zehn.

2. Runde:
(Widmungskapitel und co. fallen weg, genauso wie der "Prolog" von Misogamist, es geht also um den ersten richtigen Satz des Buches.)

"Bist du schwul?"

Nein, das ist nicht der perfekte Satz um ein Buch zu beginnen, das bin ich mir selbst bewusst.
Dennoch fragt sich der mögliche Leser sicherlich: Wer fragt das? An wen geht das? Und was wird die Antwort sein?
Genügend Fragen, um den Leser zu dem nächsten Satz mitzuziehen. Darum soll es ja auch in dem ersten Satz gehen. Er muss Lust machen oder wenigstens den Leser dazu drängen den darauffolgenden Satz zu lesen und die Stimmung der Geschichte vermitteln.
Der erste Satz verdient keinen Preis ist aber eine stabile Lösung und würde mit sechs Punkten belohnt werden. Er ist nicht brilliant, aber ein interessanter Einstieg.

3. Runde:

Der erste Absatz ist bei Misogamist eigentlich die wörtliche Rede. In solchen Fällen würde der nächste Absatz mit dazu gehören.

Es wurde mucksmäuschenstill in der Umkleide und Leon hätte sich beinahe, während des Ausziehen seines Sporttrikots verheddert. Diese Frage hatte er schon öfters gehört. Lange Haare galten in diesem Jahrhundert anscheinend, als Zeichen der Schwulen. 

Der Leser erfährt an wen diese Frage ging: an Leonard, anscheinend Protagonist und Erzähler von Misogamist. Wir erfahren das anscheinend seine langen Haare zu dieser Frage und Situation geführt haben und dank der eingestreuten Informationen, kann der Leser sich versichern, dass es sich um dieses Jahrhundert handelt und in einer Umkleide nach einer Sport-oder Trainingsstunde spielt. Genügend Informationen, die sich auch ergeben, wenn man den Klappentext gelesen hat, aber auch genügend für die Leser, die den Klappentext nicht gelesen haben. Durch das offensichtlich vorurteilbehaftete Verhalten von einen seiner Teamkollegen wird der Leser sofort abgestoßen und er stellt sich auf Leonards Seite, selbst wenn Leon ihm noch nicht sympathisch ist- denn Leon steht auf der moralisch 'richtigen' Seite, die Frage ist, wie wird er reagieren?
Da dem Leser klar wird in welchem Konflikt sich Leon befindet, wird Spannung erzeugt. Wie wird er antworten?
Meiner Meinung nicht zu viel Information, auch nicht zu wenig. Die Sätze wirken etwas holprig und ich glaube ein Komma zu viel. Dementsprechend nur sechs Punkte.

4. Runde:

"Was?", blaffte er nur. Schwul? War das ein Witz?

"Ob du schwul bist" Simon aus dem Jahr unter ihm, sah ihn über seine Schulter hin weg an. Alle Augen waren auf ihn gerichtet und er spürte den wachsamen Blick seines besten Freundes, aber auch den hämischen Blick seines Feindes auf sich ruhen. 

"Nein!?" Wesentlich heftiger als beabsichtigt fuhr er den Jüngeren an und schmiss das Trikot in seine Tasche. Er war nicht schwul, soweit er bis jetzt das fest machen konnte und vermutlich sollte man als 18-Jähriger ungefähr wissen welche sexuelle Ausrichtung man hatte, und bis jetzt war er sich sicher, dass er heterosexuell war.

Es war nicht, dass Leonard etwas dagegen hätte, aber das ist wohl etwas, worüber niemand entscheiden konnte. 
Er mochte Mädchen, egal wie suspekt oder albern sie ihm auch schienen. Er mochte Mädchen auf dieser Art und Weise, die man heterosexuell nannte. 

Mit dem ersten Absatz sind das jetzt die ersten vier Absätze des ersten Kapitels, beim Drüberlesen der ersten Absätze fiel mir auf: stockender Schreibstil und es kommt noch kein wirklicher Schreibrhythmus zu stande, das störte mich ganz schön und kann manch einen sensiblen Leser abspringen lassen.

Hier fällt auch auf das der Anfang ganz schön auf den Gedanken und der Erzählung durch Leonard dominiert wird, es passiert wenig, aber Leonards Gedanken lassen vor unserem inneren Auge heraus kristallisieren, wer der Erzähler ist.
Ich muss sagen: die dritte Runde hätte Misogamist fast gar nicht überlebt mit den wirklich, wirklich, wirklich knappen fünf Punkten.

5. Runde:
Das erste Kapitel...was soll ich nur sagen: Es ist der erste Entwurf, gut, es ist eine Ausrede, die jeder anbringen wird, aber selbst nach mehrmaligen Durchlesen und Korrigieren fällt mir jedes Mal auf das Neue etwas auf: Mal fehlt ein Satzzeichen, mal ist irgendetwas holprig und ungeschickt formuliert und manchmal fehlt einfach ein Brocken Information, um Leonard verstehen zu können.
Dennoch im großen und ganzen erfährt der Leser die Grundsituation, wer der Prota ist und wie er gewöhnlich tickt und was vermutlich mögliche Konflikte wären (die Wette mit Shawn, Hae, das Schwul-Tag).
Mir fiel auf dass es eine ganze Menge Beschreibungen waren, eine wirklich ganze Menge und es nähert sich einem Infodump ganz schön an, das ist defintiv zu viel (aber ich weiß nicht, wo die Informationen sonst hin sollen...^^)
Im großen und ganzen: Manchmal schwierig zu lesen und nachzuvollziehen, aber Fragen die Spannung aufwerfen können und ein guter Anfang. 6 Punkte.

6. Runde:

Wenn ich ein Leser gewesen wäre von Misogamist, hätte ich das Buch womöglich im fünften Kapitel beiseite gelegt. Ich als Autor empfand es wichtig es bei dem Aufbauen ihrer Beziehung langsam ranzugehen, als Leser ist die Zusammenstellung an Shipsituationen ungeschickt zusammen gestellt, zum Beispiel das Planungstreffen zu der Party, Haes Verhalten bei dem Treffen könnte man als aufsässig, wenn nicht kindisch bezeichnen und war leider nicht besonders gut umgesetzt oder spannungsreich. Hier kann man definitiv mehr rausholen. Die Szene bei der Halloweenparty dagegen war besser und auch das Maximumpotenzial an Spannung und was-alles-schief-gehen-kann-geht-auch-schief, ist eingetreten. Leider werden Leser nicht zu der Partyszene kommen, wenn sie das Buch zuvor beiseite gelegt hatten...
Da die Spannung also schon in der Mitte der ersten zehn Kapitel, die gerade mal einviertel des Buches darstellen, in den Keller fällt, würde Misogamist in dieser Runde sterben aufgrund: wenig sympathischen Hae und dem Spannungsbogen, der kein Spannungsbogen ist.
Dudum...

Gut, das war die Beispielbewertung und der Verriss meines Babys Misogamist!
Ich hoffe, dass mit dem Beispiel für die vielen, die wegen der radikalen Fassade des Awards, sich gegen eine Teilnahme entschieden haben, vielleicht sich noch einmal umentscheiden.

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