Kapitel 21: "Pass auf sie auf, ja?"
Lexa
„Lass mich los", befehle ich mit Tränen unterlaufenden Augen und stolpere hinter dem breiten Jungen die Treppen hoch. Nur verschwommen bekomme ich mit wo wir hin gehen. Ob es an den Tränen oder an dem Alkohol liegt, weiß ich nicht. Alles verschwimmt. Und alles dreht sich.
Wir steigen immer weiter die Treppe rauf. Unendlich viele Stufen. Hilfesuchend blicke ich die Treppe runter, in der Hoffnung, dass mir irgendwer hilft. Aber stattdessen werde ich nur komisch angestarrt.
„James, was soll das?" Weiter versuche ich mich loszureißen, aber stattdessen wird sein Griff nur stärker und es kommt mir so vor, als würden wir schon fast die Treppen hoch rennen.
Bilder von meinem Vater kommen mir vors Auge. Fängt das ganze jetzt schon wieder an? Mein Handgelenk fängt an zu schmerzen und kurz bilde ich mir ein, dass meine gesamte Hand in Flammen steht, was meinen Puls nur noch mehr antreibt.
Ich sollte nach Hilfe schreien. Mich so gut wie ich kann wehren. Aber ich kann nicht. Ich bin zu schwach. Bin hilflos. Ich bin ein kleines Kind.
Irgendwann wird er langsamer. Um uns herum ist kein einzige Menschenseele und bei genauerem Hinsehen, sind wir in irgendeinem weißen Flur. Die Musik kann man kaum noch hören, aber der Alkoholgeruch liegt noch in der Luft. „Lass mich los", versuche ich es erneut und versuche das Zittern in meiner Stimme zu verhindern. Aber die Tränen auf meiner Wange verraten mich. Der Junge dreht sich um und sieht mir in die Augen, scheint zu realisieren was er da getan hat und lässt erschrocken meine Hand los.
Benommen taumle ich einen Schritt zurück und muss mich an einem kleinen Schrank festhalten, um nicht umzufallen. So schnell die Erkenntnis gekommen ist, so schnell verfliegt sie auch wieder.
Wütend drückt er mir die Wasserflasche in die Hand. „Sag mal James. Bist du verrückt geworden?", schreit nun eine weitere Stimme über den Flur. Plötzlich steht Noah neben mir. Wie ist er dort hingekommen? Mit einem Ruck schupst er James nach hinten, den das aber nicht zu interessieren scheint. Wie ist er so schnell nach hier gekommen? Benommen kneife ich meine Augen zusammen und öffne sie wieder. Irgendwie muss ich mich konzentrieren.
Stattdessen sieht er nur mich an. „Was fällt dir eigentlich ein?" Dann dreht sich Noah zu mir um. „Geht es dir gut?", fragt er nun vorsichtiger und mustert mich von oben bis unten. Schwer nicke ich. Was hat James auf einmal? Sonst ist er auch nicht so. Er schiebt Noah zur Seite und kommt mir damit wieder gefährlich nah. „Trink jetzt", weist er an und guckt zwischen der Flasche und mir hin und her. Grade als er noch etwas hinzufügen will, reißt Noah ihn wieder an der Schulter zurück. Deutlich sieht man, dass Noah viel kleiner ist als James und auch so niemals eine Chance gehen ihn hätte.
Nach mehreren Anläufen bekomme ich es hin und trinke ein paar Schlucke von dem lauwarmen Getränk.
„Es geht dich nichts an. Also halt dich da raus, Walker", befiehlt James und wartet darauf, dass ich weiter trinke. Was ich auch tue. Ich will nicht wissen, wozu James sonst noch im Stande ist. Was er als nächstes tut.
„Es geht mich nichts an?" Wütend stellt er sich wieder zwischen James und mich. „Es geht mich sehr wohl was an, wenn du sie einfach nach hier oben verschleppst, obwohl sie das nicht möchte." „Ich sag' nicht noch einmal Noah. Halt dich da raus. Was zwischen uns abgeht, geht dich nichts an." Ich bin unfähig dazu mich zu bewegen. Versuche stattdessen die braunen Augen von James zu fixieren, wodurch mir nur noch schwindeliger wird. Ich will eingreifen, die beiden auseinanderzerren und nur noch verschwinden. Aber meine Beine fühlen sich wie Wackelpudding an und ich traue mich kaum einen Schritt zu machen.
Ich will hier weg. Nicht in einen Kampf geraten. Weg von James, der in diesem Moment unberechenbar ist. Weg von Noah, der ebenfalls unberechenbar ist. Unauffällig blicke ich mich um. Alle Türen sind zu und ich kann es nicht riskieren, die Treppe runterzulaufen. Ich würde nur hinfallen. Mir bleiben also nur zwei Möglichkeiten. Entweder ist die Tür neben mir offen und ich habe Glück, dass ich sie abschließen kann, oder ich kann mich leise davonschleichen. Aber das zweitere ist nicht möglich, so wie James Augen auf mich gerichtet sind. Konzentrier dich. Du hast nur einen Versuch.
Grade als James seinen Blick wieder zu Noah richtet, ergreife ich meine Chance. Schwankend bekomme ich den Türgriff zu fassen, der sich mit einer Leichtigkeit runterdrücken lässt. So schnell ich kann öffne ich die Tür und drehe mit zitternden Händen den Schlüssel um. Grade rechtzeitig, denn irgendeine Person schmeißt sich gegen die Tür, welche aber standhält.
Die Wasserflasche rutscht mir aus den Händen. Immer noch zitternd rutsche ich die Tür herunter, um den Widerstand zu erhöhen. Immer wieder spüre ich die Tritte in meinem Rücken, als würde er direkt hinter mir stehen. „Lexa mach die Tür auf!", schreit James von der anderen Seite. Ich halte mir die Ohren zu. Du bist schwach. Ein Monster. Keiner will dich. Du bist schwach.
„James lass es sein! Siehst du nicht, wie du ihr Angst machst?! Sie kommt schon raus, wenn sie so weit ist." Man hört nur noch ein genervtes Seufzen, bis es dann still ist. Von unten dring nur noch die Musik durch die Wände und lässt die Stille angenehmer sein.
Weiterhin starre ich auf meine zitternden Hände. Du darfst keine Schwäche zeigen. Aber ich bin schwach. Schwach wie ein Rehkitz. Die Zeit verstreicht wie in Zeitlumpe und irgendwann kann ich nicht mehr sagen, ob ich nun fünf Minuten hier sitze oder eine Stunde schon, ehe ich das erste Mal aufsehe und in das Zimmer gucke. Durch das Fenster kann man gut den Mond am Himmel sehen, der das Zimmer bestahlt. Es ist komplett weiß. Mit einem einfachen Bett und einem einfachen weißen Schrank mit Spiegel an der Wand. Es sieht aus wie ein Gästezimmer in einem Hotel. Nichts Persönliches oder Besonderes.
Ehe ich aufstehe, nehme ich noch einen Schluck von der Wasserflasche. Wasser hat noch nie geschadet. Und wenn sie weiterhin hinter der Tür sitzen bleiben, dann klettere ich durch das Fenster und gehe wieder zu den Walkers. Meine Hand ist immer noch rot von James Griff und eine Gänsehaut überzieht mich. Mit weichen Knien gehe ich zu dem Spiegel, starre jedoch auf das Bett. Wie gern würde ich mich jetzt da reinlegen und einfach nur schlafen. Schlafen und den heutigen Abend vergessen, der so schön angefangen hat.
Mein Mund verliert einen kleinen Schrei und genommen stolpere ich ein paar Schritte zurück. Schaudert fahre ich mit einer Hand über mein Auge und gehe wieder an den Spiegel. Kann das nicht sein. Es starren mich zwei stechend gelbe Augen an. Was passiert hier. Mein Atem wird schwerer. Alles in mir zieht sich zusammen, als würde man einen Schwamm ausdrücken.
. „Lexa? Alles gut?", bekomme ich Noahs Stimme weit entfernt war, aber ich kann nur in die Augen des Monsters vor mir gucken. Ich will das nicht. Verzweifelt reibe ich meine Augen, in der Hoffnung, dass das irgendwie weg geht, aber vergeblich.
Eine Träne löst sich aus meinem Augenwinkel. Alle werden es erfahren. Was ist, wenn das für immer so bleibt? So kann ich auf keinen Fall rausgehen. Alle werden mich für ein Monster halten. Sie werden es erfahren. Mich einsperren. Weiter reibe ich meine Augen. Vielleicht ist das alles auch nur ein blöder Albtraum. Aber statt das sie weggehe, werden meine Augenränder nur rot. Was soll ich denn jetzt machen?
„Lexa antworte bitte", höre ich wieder ein bekannte Stimme. „Jetzt halt dich daraus Walker", bekommt die Stimme von James als Antwort zu hören. James. Das ist die Lösung. Er weiß bestimmt was zu tun ist. Aber was wird James nach der Aktion eben mit mir machen? Aber irgendwas muss ich machen.
„James?", murmle ich leise und tapse zu der Tür. „Lexa, mach die Türe auf." Seine Stimme ist sanfter als noch vor ein paar Minuten, was mein Herz jedoch nicht unbedingt beruhigt. Viel mehr will es rausspringen. Und der Alkohol trägt nicht grade zur Beruhigung bei.
Ehe ich mich versehe, drehe ich den Schlüssel im Schloss um und springe nach hinten. Plötzlich steht James vor der Tür und schließt sie wieder ab, ehe Noah es auch nur versuchen kann, den Raum zu betreten. Verängstigt weiche ich zurück, als er sich zu mir umdreht. Als ich gegen den Schrank knalle, bleibe ich stehen. „Es tut mir leid, dass ich dir Angst gemacht habe", gesteht er ein. „Aber ich musste dich da wegbekommen. Ich denke mal, dass du auch verstehst, warum." Ohne sich viel zu bewegen kommt er näher und ich bleibe in schockstarre. Versuche mich näher an den Schrank zu drücken. Er soll nicht näherkommen. Bilder springen wir vors Auge. Bilder von meinem Vater. Von den kalten Augen. Was wird er mit mir machen. Was hat er vor. Mein Atem stockt und es kommt mir vor, als würde der Raum immer kleiner werden.
Plötzlich spüre ich eine Hand auf meiner Schulter und merklich zucke ich zusammen. Mich und James trennen nicht einmal 30 Centimeter. Wieso muss er mir so nah kommen. „Ich wollte dich nicht erschrecken", gibt er weiter zu. Ich höre seine Worte, kann sie aber nicht verstehen. Alles woran ich denken kann, sind die kalten Augen.
Ich will einfach nur, dass er weggeht. „James! Lass sie in Ruhe", nehme ich dumpf eine Stimme wahr. Genervt stößt mein Nebenmann die Luft aus, aber ich bleibe stehen. Niemand wird mir zur Rettung kommen. Niemand wird mir helfen. Ich bin schwach. Ich kann mir nicht einmal selber helfen. Wieso muss ich auch so schwach sein?
Meine Wange wird von etwas nassem berührt. Eine Träne, die sich ihren Weg gesucht hat. Die Hand löst sich von meiner Schulter und der Platz zwischen uns wird wieder größer. Kann ich mich bitte einfach in Luft auflösen? Verschwinden. Aus dem Fenster springen? „Ich wollte dir wirklich keine Angst machen", gibt er weiter zu und es fühlt sich so an, als wäre er am anderen Ende des Raumes. Dabei steht er nur an der Wand Links von mir angelehnt.
Tief atme ich ein und höre erneut ein Hämmern an der Tür. James soll bloß dableiben, wo er ist. Eine halbe Ewigkeit später, stehen wir immer noch da. Meine Stimme hat sich noch immer in Luft aufgelöst, aber so langsam beruhigt sich mein Herz wieder. Die immer wieder aufkommenden Bilder, die ich nicht richtig definieren kann, verschwinden und als ich meinen Kopf zum Spiegel drehe, sehe ich, warum ich überhaupt hier bin.
Noch immer gucke ich in die knallig gelb-orange farbenden Augen, die mir so fremd und doch auch so vertraut vorkommen.
Und noch immer sieht es so surreal aus. Aber ich habe nicht das Gefühl, als müsste ich mich verwandeln. Weder kribbeln meine Nägel noch meine Ohren. „Was ist das?", hauche ich in die Stille. „James!", schreit wieder jemand vor der Tür. Oder ist das der Alkohol? Nein. Man sieht ganz klar, wie die weiße Tür unter den Schlägen nachgibt. „Hat dir das keiner Beigebracht?" Er starrt mich durch den Spiegel hinweg an. Beigebracht? Wer soll mir denn irgendwas Beibringen?
„Wieso kann der Junge nicht einfach mal seine Klappe halten." Es ist mehr an sich selber gerichtet als an mich. „Also hat dir niemand irgendwas Beigebracht?" „Wer denn?", murmle ich verloren und drehe mich um. „Deine Mutter? Dein Vater? Selbst wenn du ausgestoßen bist, irgendwer muss was gesagt haben." „Meine Mutter ist Tod." Unbeeindruckt gucke ich ihn an. „Lass ihn schon rein", weise ich ihn an. Ich kann mir diese lauten Geräusche nicht mehr antun. Und früher oder später muss James diese Tür aufmachen. Früher oder später muss er dieses Zimmer verlassen.
„Sag mal bist du jetzt komplett bescheuert geworden? Erst Alkohol und jetzt willst du dich so einem Menschen zeigen?" Abfällig mustert er mich, als wäre ich irgendein Wesen eines anderen Planeten. Was fällt diesem Typen eigentlich ein. „Du hast mir nichts zu sagen", pampe ich ihn an. So gut wie es mein Körper zulässt trete ich auf die Tür zu, wobei meine Sicht immer wieder vor meinen Augen verschwimmt und ich nicht weiß, wie grade ich überhaupt noch gehen kann. „Ich werde ganz bestimmt nicht zulassen, dass du dein und mein Leben ruinierest, nur weil dein Alkoholkopf der Meinung ist, es ist die richtige Entscheidung, diese Tür zu öffnen." Er stellt sich vor die Tür, sodass ich keine Möglichkeit habe, die Tür auch nur irgendwie zu öffnen. „Geh mir aus dem Weg", knirsche ich und verlagere mein Gewicht, was keine Idee ist, den kurz verliere ich meinen Gleichgewichtssinn.
Er ist stärker als ich. Wir wissen das beide. Und das grade in meinem Zustand. Aber bloß nicht nachgeben. Sonst hat er gewonnen. „James, lass sie in Ruhe." „Jetzt geh auf Seite", befehle ich erneut und bin kurz davor, ihn mit meinem ganzen Körpergewicht auf die Seite zu schupsen, aber dabei würde ich mich nur jämmerlich Blamieren.
„Ich versuche ich doch nur irgendwie zu beschützen", versucht er mich zu beschwichtigen. „Mich? Beschützen? Wieso? Du lässt Noah nicht rein, aber hilfst einer Ausgestoßenen? Dem Rat ist es egal, welches Verbrechen du gegangen hast." Müde reibe ich meine Augen und wage einen Blick über meine Schulter. Aber die grusligen Augen sind noch immer da. „Du hast jetzt also die Möglichkeit zu verschwinden oder mir zu vertrauen."
Grob sah ich sein Gesichtsmuskeln arbeiten, als würden sie nach einer besseren Lösung suchen. Aber es gibt keinen anderen Ausweg aus dieser Situation. „Du weißt gar nicht, in welchen Schlamassel du uns hier bringst", bringt er an und tritt widerspenstig einen Schritt zur Seite, sodass ich perfekt an den Schlüssel für die Tür rankomme.
Wie in Zeitlumpe bewegt sich der Schlüssel durch meine Hilfe um sich selbst und gehe ich mich versehe stolpere ich auch schon zurück. Vielleicht habe ich auch nur den Schlüssel in Zeitlumpe umgedreht. Alles spielt sich wie in einem schlechten Film ab und ich kann nur zusehen. Noah hat mir nicht einen Blick gewidmet, sondern hat sich direkt James zugewendet und verpasst ihm einen rechten Hacken. Zitternd gleite ich die Bettkante hinunter. Mein Kopf ist schwer, alles ist verschwommen. Grade als Noah noch einmal zuschlagen will, nimmt James ihn bei den Händen und dreht ihn komisch, sodass er sich nicht mehr wehren kann. Mit dem Geruch von Alkohol vermischt sich der Geruch von Blut und bei genauerem Hinsehen sehe ich, wie Blut aus James Nase läuft.
„Beruhig dich Noah." Er klingt eher genervt als wütend. Als würde er so eine Situation täglich erleben. Zitternd umfasse ich die Wasserflasche, die neben mir liegt, und versuche irgendwie an ihr halt zu finden. Ich bin überfordert mit der Situation. Mein Körper ist überfordert. Erst der Alkohol, dann die Augen und jetzt die beiden.
Aber statt aufzuhören will sich der deutlich kleine Junge nur aus dem Griff des Größeren winden. „Ihr geht's gut", versucht es der Junge jetzt wieder, hält jedoch die Arme noch fest in seinem Griff. Alles verschwimmt und kurz schließe ich die Augen. Als ich sie das nächste Mal öffne, steht Noah mit dem Rücken zu mir. „Dann erklär mir mal, was die Scheiße soll." Zweifeln sieht James zu mir rüber. „Ich kann es dir nicht erklären."
„Ist schon gut", murmle ich und erfasse die Flasche nur noch fester. Von draußen ist noch die Musik zu höre und ich frage mich, wie lange wir schon weg sind. Ein verächtliches Schnaufen kommt von James und ich kann mir denken, dass er die Augen verdreht. Er hält mich für verrückt. Verrückt, dass ich Noah reingelassen habe. Verrückt, dass ich Alkohol getrunken habe. Verrückt, dass ich eine Ausgestoßene bin.
Aber Noah scheint James für einen Augenblick zu vergessen, denn sorgsam kommt er auf mich zu. Mein Blick ist stur auf den Boden gerichtet. Was wird er denken, wenn er mir in die Augen sieht? Hält er mich dann auch für ein Monster. „Geht's dir gut?" Fürsorglich legt er eine Hand auf mein Knie, woraufhin ich jedoch sofort zusammenzucke. Ein Reflex, den ich einfach nicht kontrollieren kann, so gerne ich es auch möchte. Augenblicklich sieht er seine Hand zurück. Ich muss immer alles kaputt machen. Alles ruinieren. „Mir geht's gut", murmle ich, wie von Müdigkeit erschlagen. „Aber ich glaube, wir haben ein Problem", ergänze ich.
„Welches Problem?" Deutlich kann ich den Geruch von Bier aus seinem Mund riechen, welches nur Übelkeit in mir hervorruft. Ich schlucke sie herunter und meine Augen treffen Noahs. Kaum merklich weiten sich seine Brauen Augen. Aber statt zurückzuschrecken, abzuhauen oder mich anschreien, bleibt er ruhig vor mir knien. Wieso? Wieso nimmt er das so gefasst auf? Müsste er nicht eigentlich total ausflippen.
„Was ist das?", stellt er nun endlich die entscheidende Frage. „Ich weiß es nicht", flüstere ich den Tränen nah und kann das Zittern in meiner Stimme nicht verstecken. „Ich hab dir doch eben erklärt, dass das durch den Alkohol kommt", meldet sich nun auch wieder James zu Wort, den Noah anscheinend schon wieder komplett vergessen hat. Hat er mir das erklärt? Ich kann keinen klaren Gedanken fassen. Alles was die letzte Stunde passiert ist, ist verschwommen.
Er hat sich das Blut von seinem Gesicht gewischt und immer noch mustert er Noah. „Du wusstest davon?" Entrüstet steht Noah auf und macht eine Handbewegung in meine Richtung. So gerne ich ebenfalls aufstehen möchte, ich kann es nicht. Das traue ich meinen Beinen nicht zu.
„Geht das wieder weg?", funke ich dazwischen. „Ja, sobald der Alkohol aus deinem Blut ist." „Woher weißt du das?" „Noah, denk doch einmal nach. Wieso trinke ich wohl keinen Alkohol? Wieso habe ich Lexa mit nach oben geschleift, als ich erfahren habe, dass sie getrunken hat?"
Man kann förmlich den Groschen fallen hören. „Du bist auch ein Anomolis", erklärt er nun das offensichtliche. „Und das bringt mich zu der Frage, woher du diesen Begriff kennst", gibt er nur als Antwort.
„Können wir das bitte irgendwann später klären?" Ich habe nicht das Gefühl, dass ich meine Augen weiter offenhalten kann, weshalb ich sie nur schließe. „Okay", gibt jemand nach. Schritte näher sich mir, packen mich am Rücken und unter den Beiden. Automatisch will ich weg. Fliehen. Nach der Person schlagen, aber meine Glieder gehorchen mir nicht. Ich bin wehrlos ausgeliefert.
Ich werde auf irgendwas Weiches gelegt und zugedeckt. Mit meiner Hand umklammere ich noch immer meine Wasserflasche, die mir behutsam aus der Hand genommen wird. Und obwohl ich hundemüde bin, kann ich nicht einschlafen. Noch kann ich mich irgendwie bewegen. Ich bin wie paralysiert. Gefangen in meinem eigenen Körper.
„Pass auf sie auf, ja? Ich denk mir irgendeine Ausrede für euch beide aus", erklärt nun James, aber es kommt so rüber als wäre er Meilen weg. Ich höre, wie sich die Tür öffnet, wodurch warme, alkoholreiche Luft in das Zimmer kommt. „Noah?" „Ja?" Noah scheint ebenfalls Meilen von mir entfernt zu sein? „Ich hoffe du weißt, was Lexa dir da anvertraut hat. Sie steckt dadurch ziemlich in der Scheiße."
Der Angesprochene erwidert nichts, stattdessen wird nur die Tür geschlossen. Aber irgendwas stört mich. „Noah?" Verschlafen löst sich das Wort aus meinem Mund. „Wieso hattest du keine Angst?" „Wovor?" „Vor mir. Meinen Augen." Kurz ist es still und wodurch ich vermute, dass er darauf nicht mehr antworten wird, aber er belehrt mich eines Besseres. „Weil ich weiß, dass du mir nichts tun würdest. Weil ich weiß, dass ich dir vertrauen kann."
°Feedback? Was haltet ihr von James jetzt?°
Wörter: 3210
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top