36 | Blaulicht
Ich weiss noch nicht, ob das Kapitel es besser oder schlechter macht. Lest selbst.
„Herr von Frieling...", seufzte der blonde Polizeibeamte um die Dreißig, als Marten die Tür öffnete. Er schien ihn bereits zu kennen, denn Marten lächelte süffisant, bevor drei weitere Polizisten an seiner Türschwelle auftauchten.
„Ihr kommt jetzt nicht ernsthaft zu viert, um mich abzuholen", grinste er frech.
„Sie sind vorläufig festgenommen. Sie haben das Recht-"
„Ich kenne meine Rechte", unterbrach Marten den Beamten, doch der ließ sich nicht beirren, sondern beendete seinen angefangenen Satz: „...zu schweigen. Alles, was Sie sagen, kann und wird vor Gericht gegen Sie verwendet werden. Sie haben das Recht, zu jeder Vernehmung einen Verteidiger hinzuzuziehen. Wenn Sie sich keinen Verteidiger leisten können, wird Ihnen einer gestellt. Ziehen Sie sich bitte ein Paar Schuhe an."
Seine Stimme klang bei der Belehrung so monoton, dass Nika eingeschlafen wäre, wäre sie nicht so aufgeregt.
„Aber nur, weil du mich diesmal so nett darum gebeten hast", antwortete Marten großzügig.
„Können Sie bitte aufhören, den Kollegen zu duzen?", mischte sich nun der größere, kräftigere Kollege ein. Nika beobachtete die Szene mit einem mulmigen Bauchgefühl.
„Aber wieso?", lächelte Marten, „Wir kennen uns doch schon so gut."
„Außerdem würden wir gern auch mit Frau Reichmann sprechen. Können Sie uns sagen, in welcher Wohnung wir sie finden, oder sind Sie das?", überging der Beamte Martens Einwand und schaute ihr prüfend ins Gesicht. Sofort wurde ihr gleichzeitig heiß und kalt.
„Meine Verlobte hat damit nichts zu tun", sagte Marten scheinheilig, bevor sie antworten konnte. Hatte er sie gerade tatsächlich als seine Verlobte bezeichnet?
„Herr von Frieling, überlassen Sie das doch bitte uns."
Nika seufzte schwer, dann drückte sie sich an Marten vorbei.
„Das bin ich", sagte sie, als der Beamte sie neugierig musterte.
„Auch an Sie haben wir ein paar Fragen, Frau Reichmann."
„Sie sagt nichts, bevor sie nicht mit ihrem Anwalt gesprochen hat. Außerdem schicken Sie ihr erstmal den Anhörungsbogen zu, damit sie weiß, wozu sie sich äußern soll. Dann kommt sie sicher gern auf dem Revier vorbei, um ihre Aussage zu machen. Ist doch so, Baby?"
Sie nickte schnell.
„Ja, klar."
Sie atmete erleichtert auf, auch, wenn sie keinen wirklichen Grund dazu hatte. Immerhin wurde Marten gerade festgenommen und sie würde so wie es aussah auch bald eine Aussage machen müssen. Er war inzwischen in seine Sneakers geschlüpft und zog sie zu sich heran. „Ruf John an. Er regelt das alles", versicherte er ihr, dann drückte er ihr wie selbstverständlich einen Kuss auf die Lippen. Sie brannten wie Feuer. „Kümmer dich um Choppper", sagte er, dann folgte er den Beamten nach draußen.
Als die Tür hinter den Beamten ins Schloss fiel, seufzte Nika schwer. So hatte sie sich ihr Gespräch mit Marten ganz sicher nicht vorgestellt. Sie strich durch ihre Haare, dann kramte sie in ihrer Tasche nach dem Handy. Mittlerweile hatte sie auch Johns Nummer eingespeichert, auch, wenn sie diese bisher kaum gebraucht hatte. Doch die Dinge hatten sich gerade geändert. Es dauerte eine ganze Weile, bis Martens Cousin sich meldete.
„Hallo?"
„John? Ich bin's. Nika."
„Hey, alles cool?"
Er klang tatsächlich erfreut über ihren Anruf, doch sie hatte das Gefühl, dass sich das gleich ändern würde.
„Die Polizei war gerade hier. Sie haben Marten mitgenommen. Er sagte, ich soll dich anrufen. Kannst du vorbeikommen?"
„Gib mir eine Stunde."
Nika fiel nervös auf die Couch in Martens Wohnung und wartete. Chopper rutschte dicht an sie heran und sie streichelte seinen Kopf. Noch vor einem Jahr hätte sie sich das niemals getraut. Sie lächelte. Sie verlor sich in Gedanken rund um Marten, Paul und Lino. Sie fühlte sich überfordert, wollte jedoch nicht auch noch Maxwell auf den Plan rufen. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis es erneut klingelte und sie gemeinsam mit Chopper von der Couch sprang. Als John wenig später Martens Wohnung betrat, atmete sie erleichtert auf.
„Erzähl", forderte er noch im Flur und folgte ihr ins Wohnzimmer zurück. Dort fielen sie gemeinsam auf die Couch. Chopper suchte Johns Nähe und er streichelte ihn, während Nika zu berichten begann. Sie erzählte ihm alles; von ihrer Trennung über den gestrigen Abend bis hin zu Martens Festnahme. Er hörte ihr einfach nur zu, dann zog er sein Handy aus der Tasche.
„Er ist einfach ein Psychopath", stellte sie zusammenfassend fest.
John warf ihr einen vernichtenden Blick zu.
„Du hast keine Ahnung, was für ein Mensch er ist."
„Er hat sich in so viele Lügen verstrickt, nur, um mich zu schützen, dass ich gar nicht mehr weiß, wer er eigentlich ist, John", seufzte sie ratlos. „Und als Krönung hat er mich den Polizisten dann als seine Verlobte präsentiert, so, als sei alles in Ordnung zwischen uns. Dabei ist unsere Beziehung ein einziger Scherbenhaufen."
John schüttelte verächtlich lächelnd den Kopf.
„Er hat sich wie ein Idiot verhalten, aber er hat das für dich getan. Er wollte nicht, dass du hier draußen auf ihn warten und ihn vermissen musst, während er im Knast sitzt. Du solltest ihn dafür nicht verurteilen; er hat dabei nur an dich und deine Gefühle gedacht", sagte er leise.
„Ist klar, dass du ihn jetzt in Schutz nimmst."
„Er ist ein guter Mensch, weißt du. Er wollte einfach nur nicht, dass du leidest", stellte er klar.
„Ich leide natürlich wesentlich weniger, wenn ich glaube, er würde mir fremdgehen", erwiderte sie beißend.
„War ne Scheißidee. Hab ich ihm gleich gesagt", sagte er.
„Traurig, dass er mit mir nicht so offen über alles gesprochen hat", gab sie überfordert zurück. Noch immer versuchte sie, all diese neuen Informationen aus ihrer vorangegangenen Auseinandersetzung mit Marten zu verarbeiten, doch es war nach wie vor zu viel. Doch eine Frage brannte ihr besonders unter den Nägeln.
„Und wer ist diese Samira? Arbeitet sie auch in Jokers Club?"
John schüttelte seufzend den Kopf.
„Nein."
„Und wieso redet Joker dann von ihr?"
„Weil er Streit säen wollte, vielleicht?", fragte er genervt, so, als läge die Antwort auf der Hand. „Glaub mir, wenn ich dir sage, dass er sie ein paar Jahre nicht mehr gesehen hat. Aber das soll er dir selbst erzählen. Das ist nicht mein Ding."
Sie biss sich nervös auf die Unterlippe.
„Und was passiert jetzt mit ihm?"
John zuckte mit den Schultern.
„U-Haft erstmal. Vermutlich bis zur Verhandlung."
„Und wenn er den Prozess verliert?", fragte sie.
„Dann muss er länger rein."
„Marten meint, sie werden mich auch befragen", seufzte sie.
„Na und?"
„Marten sagt, ich bin eine schlechte Lügnerin."
„Du musst nicht lügen. Falls sie dich wirklich vorladen, kannst du als seine Verlobte die Aussage verweigern."
Nika schaute aus großen Augen in Johns Gesicht, als sie verstand. Marten hatte bereits vorgesorgt. Er hatte ihr die Möglichkeit verschafft, nicht aussagen zu müssen, und wenn sie gar nicht erst in den Zeugenstand gebeten wurde, kam das auch ihm selbst zugute, denn außer Nika gab es keine weiteren Zeugen. Johns Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln.
„Jetzt hast auch du es endlich gecheckt."
Nun ja, es ist so halb gut, halb schlecht, oder? Er versucht jedenfalls irgendwie, sie rauszuhalten und ihr die Situation zu erleichtern. Also mag er sie vermutlich doch, oder? An der stelle möchte ich übrigens danke sagen an jede einzelne von euch, die diese Geschichte liest und sie mit ihren Kommentaren und Votes zu dem macht, was sie für mich ist. Ich habe schon so viele Geschichten geschrieben, aber diese hier ist mein absolutes Baby, und eure Resonanz darauf flasht mich jedes mal. Also danke. Liebe euch.
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