32 | Boden der Tatsachen
Ich weiß, das letzte Kapitel war ein richtiger Absturz. Aber ja, wie dieses Kapitel schon sagt... Heute gehts weiter, diesmal vielleicht mit geöffneten Augen. Ich wünsche euch viel Spaß.
„Wie meinst du das, er hat dich die ganze Zeit betrogen?"
Maxwell schaute Nika überrascht an. Sie saß in einem der Friseurstühle in seinem Barber Shop, etwas abseits der anderen, und wischte sich eine Träne von der Wange. Es tat gut, endlich über ihre Gefühle zu sprechen, denn statt gestern nach der Eskalation zwischen Marten und ihr mit ihrer besten Freundin zu reden, hatte sie sich nach außen tough gegeben und sich erst abends verletzt und enttäuscht in den Schlaf geweint.
Bevor Maxwell sie zu ihrer Verabredung abgeholt hatte, hatte sie sich gemüht, mit möglichst viel Make-Up ihre geschwollenen Augen und ihren eigentlichen Gemütszustand bestmöglich zu überschminken, doch es hatte nicht ausgereicht.
„Marten hat es mir gesagt. Eiskalt", beantwortete sie Maxwells Frage und strich sich frustriert ihre blonden Haare nach hinten. Ihr Freund saß ihr in einen schwarzen Jogginganzug gegenüber, hatte seine Hände auf seinen Oberschenkeln abgelegt und musterte sie ernst.
„Was genau hat er gesagt?"
„Dass ich einfach nur eine von vielen für ihn bin", versuchte sie, Martens verletzenden und beleidigenden Wortlaut zu beschönigen. Sie schüttelte über sich selbst den Kopf. „Wie konnte ich nur so naiv sein? Du hast mich noch gewarnt, aber ich wollte einfach nicht sehen, wie er wirklich ist", setzte sie hinzu, bevor sie ihren Blick aus den großen Fenstern des Barber Shops gleiten ließ, der Maxwell seit Kurzem gehörte. Draußen regnete es noch immer; es hatte praktisch nicht aufgehört, seit sie Marten hatte stehenlassen.
„Das... Das tut mir leid", sagte Maxwell hilflos und Nika drehte sich in ihrem Friseurstuhl wieder zu ihm um. „Ich hätte einfach auch dich hören sollen; von Anfang an", räumte sie ein und griff nach der bereits geöffneten Fanta-Dose.
„Auch, wenn es schwer ist, aber du musst ihn vergessen", sagte Maxwell ernst, während sie einen Schluck trank. Als sie die Dose absetzte, warf sie ihm einen mürrischen Blick zu.
„Glaubst du echt, ich habe vor, ihm auch noch hinterherzulaufen?", platzte es aus ihr heraus.
„Weiß nicht, du hast ja schon Gefühle für ihn und-"
„Hatte!", korrigierte sie ihn, „Ich hatte Gefühle für ihn, aber die sind in dem Moment gestorben, als ich erkannt habe, dass er nur mit mir gespielt hat. Er verdient sie gar nicht, ebenso wenig wie er mich verdient."
„Wow", sagte er verblüfft.
„Was?"
„Ich hätte nicht gedacht, dass ausgerechnet du Gefühle einfach so ein- und ausschalten kannst", sagte er.
„Tja, ich habe mich eben verändert in den letzten Jahren", sagte sie leichthin, trank einen weiteren Schluck und warf die leere Dose in einen Papierkorb.
„Weißt du, Maxwell, vielleicht liegt es auch an mir. Irgendeinen Grund muss es ja haben, dass die Männer denken, sie könnten das mit mir machen. Ich meine, auch Nick ist mir fremdgegangen, und mit ihm habe ich im Gegensatz zu Marten eine richtige Beziehung geführt. Wir haben sogar zusammengewohnt, aber selbst das hat ihn nicht davon abgehalten, mich zu betrügen. Ich bin vielleicht einfach zu nett oder so was", versuchte sie, sich das Verhalten ihrer letzten Partner zu erklären.
„So ein Unsinn. Du bist cool, so, wie du bist. Du suchst dir nur die falschen Männer aus."
„Ich sollte mir vielleicht erstmal überhaupt keinen mehr aussuchen", schlussfolgerte sie frustriert.
„Vielleicht", stimmte er ihr zu.
Sie seufzte schwer.
„Tut mir leid, dass ich dich damit so vollquatsche", sagte sie. Er lächelte.
„Schon gut. Mit mir kannst du immer über alles reden", antwortete er.
„Ja, aber du hast deine eigenen Probleme", erinnerte sie ihn an den Termindruck wegen des neuen Albums.
„Ach, das kriegen wir schon hin."
„Wann ist die Abgabe?", hakte sie nach.
„In drei Wochen", sagte er, „Wir haben also noch genug Zeit."
„Wenn ich euch irgendwie helfen kann, sag Bescheid, ja?"
Er nickte.
„Klar, danke."
Sie versuchte zu lächeln, dann warf sie einen Blick auf die Uhr.
„Fuck. Ich muss zur Arbeit", sagte sie und stand auf.
Maxwell folgte ihr nach draußen. Als er gesehen hatte, wie schlecht es ihr ging, hatte er ihr angeboten, sie heute zu fahren und wieder abzuholen, damit sie auch sicher ankam. Sie hatte das Angebot dankend angenommen. Die Fahrt verlief größtenteils schweigend. Als er sie vor dem Studio im Gewerbegebiet absetzte, zog er sie in eine Umarmung.
„Wenn du nochmal reden musst, ruf mich an", sagte er.
„Das ist lieb, aber ich denke, ich sollte wirklich versuchen, mit der Sache abzuschließen; auch, wenn es mir schwerfällt", räumte sie ein, drückte ihn fest an sich und sog seinen Duft ein, schloss für einen Moment die Augen und genoss seine Nähe. Es tat gut, ihn wieder in ihrem Leben zu haben, auch, wenn sie ihre Freundschaft in den vergangenen Wochen Marten zuliebe vernachlässigt und sich weniger mit ihm getroffen hatte. Zum Glück schien Maxwell ihr das nicht übel zu nehmen.
„Ich will dich da nicht beeinflussen, aber ich glaube, ihn zu vergessen, ist wirklich die beste Entscheidung", erwiderte er, als sie sich von ihm löste. Sie lächelte traurig.
„Ich weiß", seufzte sie. „Danke für alles."
Er erwiderte ihr Lächeln, dann stieg sie aus dem Auto und warf die Tür hinter sich zu. Es war wirklich schön, einen Freund wie Maxwell zu haben. Sie warf ihm einen letzten Blick zu, bevor er Gas gab und davonbrauste. Sie schob die Gedanken rund um Marten zur Seite, lief über den kleinen, gepflasterten Parkplatz auf das Gebäude zu und warf einen flüchtigen Blick auf die parkenden Autos. Sie stutzte, als sie das von Lino am Eingang stehen sah. Hatte er nicht erst morgen wieder eine Schicht? Ihre Hoffnung, Paul könnte sich krankgemeldet haben und er würde lediglich für ihn einspringen, wurde zerstört, als sie an seinem Auto vorbeilief, das er – wie immer – direkt vor der Tür geparkt hatte. Als sie das Studio betrat, begrüßte sie eine niedergeschlagene Lotti an der Theke.
„Hey", lächelte Nika, doch Lotti war offenbar nicht zum Lachen zumute. „Was ist denn mit dir passiert?"
Lotti seufzte.
„War ein turbulenter Vormittag."
Sie runzelte die Stirn.
„Was war los?"
„Lino und Paul führen Mitarbeitergespräche. Christian und ich waren schon dran. Mit Marina wollen sie morgen sprechen", antwortete Lotti betreten.
„Warum das denn?", fragte Nika irritiert. Schließlich betraf ihr eigenes Anliegen nur Paul und sie selbst. Wieso also fühlten sich die beiden Chefs des Studios dazu berufen, sich mit allen Mitarbeitern des Studios zusammenzusetzen?
„Sie wollen herausfinden, was im Team schiefläuft und woran es liegt", antwortete Lotti.
„Aber hier läuft doch gar nichts schief. Ihr macht alle einen guten Job", versicherte Nika ihrer Auszubildenden.
„Die beiden sehen das scheinbar anders. Wir haben zu wenig Neuanmeldungen und zu viele Kündigungen, einige Kunden haben sich offenbar bei Paul beschwert und er glaubt, es liegt daran, wie wir im Studio zusammenarbeiten. Er ist der Meinung, wir wären nicht gut genug organisiert, würden den Schwerpunkt auf die falschen Dinge legen und die Kunden aus den Augen verlieren."
Nika hob eine Augenbraue, als sie den Braten witterte. Dieses miese Arschloch! Jetzt versuchte er also, es so aussehen zu lassen, als hätte sie den Laden nicht im Griff und würde ihren Job nicht gut machen. Es ergab alles einen Sinn – er probierte, die Aufmerksamkeit von sich selbst weg und auf Nika zu lenken. Sie fuhr sich wütend durch die Haare. Das würde sie sich ganz sicher nicht auch noch gefallen lassen; nicht, nachdem sie sich in den vergangenen Monaten wirklich für ihren Job aufgeopfert hatte.
„Sind die beiden im Büro?"
Lotti nickte betreten.
„Ja, und ich soll dich hinschicken, sobald du kommst."
Nika war das nur Recht. Eigentlich hatte sie eine Eskalation dieser Art vermeiden wollen, doch gerade in diesem Moment, in dem Paul ihre Fachkompetenz in Frage stellen und sie dadurch treffen wollte, war sie gern bereit, auf Konfrontationskurs zu gehen.
„Alles klar", sagte sie, bevor sie Lotti stehenließ. Als sie kurz darauf das Büro betrat, saßen Lino und Paul nebeneinander am Schreibtisch. Sie schienen in ein Gespräch vertieft. Als sie hereinkam, wandten sie ihr die Köpfe zu. Paul strahlte eine unglaubliche Souveränität aus. Seine Augen strahlten regelrecht und er lächelte überlegen. Nika war sofort klar, dass er sich auf dieses Aufeinandertreffen vorbereitet hatte. Lino hingegen wirkte angespannt, gereizt und unzufrieden.
„Hey...", begrüßte sie die beiden dennoch mit einem Lächeln. „Ich habe gehört, ihr wolltet mich sprechen."
Wenn Paul glaubte, sie würde sich von seiner selbstbewussten Art einschüchtern lassen, täuschte er sich.
„Ja. Setz dich bitte", forderte Lino und deutete auf den Stuhl gegenüber von ihm.
Sie folgte seiner Bitte und nahm eine offene Körperhaltung ein, schlug die Beine übereinander und schaute den beiden aufmerksam ins Gesicht. Ein wenig fühlte sie sich wie vor einem Verhör.
„Um was geht's?", tat sie ahnungslos, so, als habe das Gespräch mit Lotti nicht stattgefunden.
„Du hast mich angerufen und mich gebeten, mit Paul zu sprechen", begann Lino die Unterhaltung.
„Richtig", bestätigte sie selbstbewusst. Paul durchbohrte sie mit seinem Blick, probierte dabei jedoch, gelassen zu wirken. Doch die Fußspitze, die er aggressiv in den Boden bohrte, verriet ihn.
„Kannst du dein Anliegen nochmal wiederholen?", bat Lino und musterte sie aufmerksam.
„Natürlich. Ich finde es nicht gut, wie Paul sich mir gegenüber verhält. Er scheint derzeit nicht um ein professionelles Arbeitsverhältnis bemüht und mir ist es unangenehm, so zu arbeiten", gab sie zurück.
„Du hast behauptet, ich würde dich belästigen", korrigierte Paul energisch.
„Du machst mir ständig Komplimente, gibst anzügliche Kommentare ab und versuchst, mit mir auszugehen. Ich finde, das hat in einem professionellen Arbeitsumfeld nichts zu suchen", konterte sie.
„Das ist meine Art von Humor", versuchte Paul, sich herauszureden.
„Du weißt genauso gut wie ich, dass das nicht nur dein Humor ist. Sonst würdest du deine Machtposition nicht so ausnutzen, seit ich dir gesagt habe, dass ich das nicht mehr möchte", stellte sie klar.
„Was heißt denn, er nutzt seine Machtposition aus?", hakte Lino ein und musterte sie neugierig.
„Neulich habe ich ihn gebeten, eine Sonntags-Schicht für mich zu übernehmen, da ich an dem Tag selbst etwas erledigen musste. Erst hat er zugesagt, zu tauschen, aber dann, als ich ihn gebeten habe, zu akzeptieren, dass ich in einer Beziehung bin, hat er im Nachhinein entschieden, die Schicht doch nicht zu übernehmen und mich auch mit niemand anderem tauschen lassen", erzählte Nika.
„Er hat dich also gebeten, deinen Job zu machen", stellte Lino trocken fest.
Sie seufzte lautlos.
„Der Punkt ist, dass er vorher zugesagt und es sich dann doch anders überlegt hat. Das war einfach offensichtlich. Es ging ihm in dem Moment darum, Macht zu demonstrieren und seine Position auszunutzen", gab sie zurück.
„Ich verstehe, dass dich das geärgert hat, aber im Grunde genommen ist es reine Nettigkeit von ihm, dir das überhaupt erst anzubieten. Eigentlich erwarten wir von dir, dass du deine privaten Termine außerhalb der Arbeitszeit regelst", erwiderte Lino entschieden.
„Verständlich. Normalerweise mache ich das auch. Aber ich erwarte, dass ich meinen Job machen kann, ohne mich unwohl zu fühlen."
„Wir haben uns im Vorfeld bereits unterhalten und Paul hat mir versichert, in Zukunft darauf zu achten, verantwortungsvoller mit dir und den anderen Mädchen umzugehen. Im Gegenzug wünsche ich mir, dass du dein Privatleben in deiner Freizeit regelst und deine Arbeit nicht weiter darunter leidet", sagte Lino entschieden.
„Klar", sagte sie. „Kein Problem."
„Das schließt auch mit ein, dass dein Freund nicht mehr während deiner Arbeitszeit hier herumhängt", warf Paul genüsslich ein. Dass er Marten nach wie vor als ihren Freund bezeichnete, versetzte ihrem Herzen einen Stich, doch sie korrigierte ihn nicht. Es ging ihn schließlich nichts an, dass sie sich von ihm getrennt hatte.
„Das stimmt doch so überhaupt nicht!", platzte es aus ihr heraus. „Er hat mich nicht von der Arbeit abgehalten, so, wie Paul das darstellt, sondern mich abgeholt. Er kann ihn einfach nicht leiden. Deshalb veranstaltet er den ganzen Zirkus hier überhaupt!", sagte sie energisch.
„Den ganzen Zirkus veranstalte ich nur, weil ich dich wirklich mag, Nika. Du bist mir seit deiner Ausbildung sehr ans Herz gewachsen, und zu sehen, dass deine Leistungen sich deutlich verschlechtern, seit du mit diesem Typen zusammen bist, gefällt mir einfach nicht", sagte Paul betont einfühlsam.
„Meine Leistungen verschlechtern sich überhaupt nicht", protestierte sie. „Und wenn, dann hat das ganz sicher nichts mit ihm zu tun, sondern damit, dass ich mich auf der Arbeit nicht mehr wohlfühle. Ich habe echt gedacht, du würdest mich unterstützen, Lino."
„Paul hat mir versichert, dass er sich zukünftig bemüht, dir kein falsches Gefühl mehr zu vermitteln. Alles andere, was du als unfair wahrnimmst, ist allerdings nur dein persönliches Empfinden. Als dein Chef hat Paul das Recht, dir zu sagen, wenn du deinen Job nicht gut macht und darf dich auf Fehler hinweisen; so, wie du als Leitung die anderen auf ihre Fehler hinweisen sollst, und auch ich sehe, dass hier im Studio einiges schiefläuft", machte Lino seinen Standpunkt deutlich.
Nika stieß einen verächtlichen Laut aus.
„Und was?"
„In der letzten Zeit haben wir kaum Neuanmeldungen, aber viele Kündigungen. Die Mitglieder fühlen sich laut Eigenaussage nicht gut genug betreut, und das führe ich auf die Studioleitung zurück", sagte Lino. Nika warf Paul einen finsteren Blick zu. Es war offensichtlich, dass er diese Entwicklung vorausgeplant hatte. Doch er hatte seine Rechnung ohne sie gemacht. Das würde sie sicher so nicht auf sich sitzen lassen.
„Es kommen weniger Neuanmeldungen, weil du deinen Mitgliedern im Vergleich zur Konkurrenz für das Gleiche Geld nicht dasselbe bietest. Und die Kunden gehen, weil sie mit dem Leistungsangebot unzufrieden sind. Wenn du die Kalkulation, die ich ausgearbeitet habe, anständig nutzen würdest, um Potentiale zu erkennen, ein paar Dinge rauszuwirfst, die unnötig Geld kosten, und das Geld in andere Dinge steckst, die das Studio attraktiver machen, könntest du daran etwas ändern. Außerdem haben wir bisher nicht in Social Media investiert und schalten immer noch keine Werbung. Du denkst einfach noch in alten Strukturen, aber die Welt entwickelt sich ständig weiter; gerade in unserer Branche. Wenn wir uns nicht anpassen und unser Angebot stetig verändern, ziehen die anderen Studios nun mal an uns vorbei. Und mein Team könnte die Mitglieder wesentlich besser betreuen, wenn du bereit wärst, noch eine Vollzeitkraft für dieses Studio anzustellen, damit wir Schichten anders verteilen und damit die Präsenz der Trainer vor Ort erhöhen könnten. So lang du nicht bereit bist, mehr Geld für qualifizierte Leute auszugeben, wird es schwer, dem Kunden eine individuelle Betreuung zu bieten. Und auch, wenn das allein unsere Probleme nicht lösen wird, führe ich gern einmal in der Woche Teamsitzungen durch, um mit den Kollegen Optimierungspotential zu besprechen. Aber das mache ich nur, wenn Paul sich bemüht, mir wieder aufgeschlossen entgegenzutreten, und nicht ständig Fehler sucht", konterte sie und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Das ist der erste gute Ansatz, den ich heute von dir höre", sagte Lino. „Ich erwarte, dass ihr euch beide zusammenreißt und eure Differenzen beilegt, damit ihr zusammen daran arbeiten könnt."
„Also an mir soll es nicht liegen", sagte Paul betont großzügig. Nika wäre ihm am liebsten ins Gesicht gesprungen. Sie seufzte lautlos. Eigentlich wollte sie sich gar nicht zusammenreißen; viel lieber wollte die auf der Stelle kündigen, denn sie fühlte sich von Lino unverstanden und hatte keine Lust, Pauls Machtdemonstration weiterhin ausgesetzt zu sein. Doch sie konnte sich keine unüberlegte Kurzschlussreaktion leisten. Also lenkte sie erst einmal ein.
„Ich denke, das kriegen wir hin. Schließlich sind wir ja erwachsen."
Den restlichen Tag ging sie Paul so gut es ging aus dem Weg. Als Lino gegangen war, verbarrikadierte sie sich unter einem Vorwand im Büro und tat, als hätte sie sich in die Erarbeitung von Promotion-Maßnahmen vertieft, doch eigentlich drehten sich ihre Gedanken rund um ihre berufliche Situation, schweiften jedoch immer wieder zu Marten ab.
Egal, was sie machte und wie sie ihr Leben gestaltete – es war einfach nicht genug; nicht für eine Partnerschaft, nicht für einen Job und nicht für ihren Vater. Die Enttäuschung darüber und der damit verbundene Schmerz saßen tief; so tief, dass sie sich irgendwann dabei erwischte, wie sie mit tränennassen Wangen am Fenster stand und in die Dunkelheit hinausschaute, die sich mittlerweile über die Stadt gelegt hatte. Plötzlich erregte ein leises Rascheln ihre Aufmerksamkeit. Aufgelöst fuhr sie zur Geräuschquelle herum und schaute geradewegs in Pauls Gesicht. Er stand im Türrahmen und musterte sie abfällig.
„Hast du echt gedacht, dass du damit durchkommst?"
Ja, ich weiß, der Cut ist wieder super mies. Jetzt kommt es ja scheinbar von allen Seiten richtig mies für Nika, oder wie seht ihr das? Was würdet ihr an ihrer Stelle tun? Also ich glaube, ich hätte fristlos gekündigt, statt mir diesen Stress überhaupt noch anzutun.
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