31 | Auf frischer Tat
Es ist eins der längsten und eins der dramatischsten Kapitel bis hierher. Mehr verrate ich nicht, alles andere müsst ihr schon selbst lesen :p Also, viel Spaß mit diesem XXL-Kapitel.
„Kannst du mir Cassies Nummer geben?"
Nika starrte wie gebannt auf das Display ihres iPhones, als die beiden grauen Haken sich blau färbten und hoffte, dass Maxwell sich nicht querstellte. Er tippte eine Antwort.
„Warum?"
Sie seufzte.
„Ich fand sie wirklich nett und dachte, vielleicht könnten wir ja mal was unternehmen", log sie schamlos und ließ ihren unruhigen Blick durch die Parklandschaft schweifen. Sie hatte sich entschieden, joggen zu gehen, um den Kopf freizubekommen, doch das war ihr nicht gelungen.
Ihre Gedanken kehrten immer wieder zu Marten, seine unheimlichen nächtlichen Besucher und das geheimnisvolle Mädchen zurück, auch, wenn diese Nacht und die darauffolgende Auseinandersetzung mit Marten bereits einige Tage zurücklag. Marten hatte sich seit ihrer Auseinandersetzung in der Nacht nicht mehr bei ihr gemeldet. Nika verletzte das sehr. Immerhin hatte er sie weggeschickt, also lag es ihrer Meinung nach an ihm, den ersten Schritt zu machen und auf sie zuzugehen.
Noch immer ließ sie die Frage nicht los, was Marten mit diesem Joker zu tun hatte, weshalb er auf der Suche nach ihm gewesen war und was die ominöse Samira mit der ganzen Sache zu tun hatte. Da Marten ihr aus dem Weg ging, war es offensichtlich für sie, dass irgendetwas nicht stimmte. Sie war mittlerweile so verzweifelt, dass sie entschieden hatte, sich Cassies Nummer zu besorgen und sie nach diesem Mädchen zu fragen. Sie wollte einfach wissen, woran sie war; ganz egal, wie weh das tat.
Mit Maxwell wollte sie nicht darüber sprechen, denn es bestand das Risiko, dass er anschließend die Auseinandersetzung mit Marten suchte. Bei Cassie hatte sie das Gefühl gehabt, dass sie beim Konzert aus Solidarität unter Frauen auf ihrer Seite gestanden hatte und ihr vielleicht sogar etwas über Samira verraten würde, sollte sie etwas wissen.
„Ich frage Johnny. Er ist da irgendwie paranoid, keine Ahnung, warum. Okay?"
Sie starrte kurz resigniert auf Maxwells Antwort, bevor sie eine eigene tippte.
„Klar."
Eine Weile passierte nichts mehr, also entschied sie sich dazu, nach Hause zu laufen und duschen zu gehen, bevor sie sich für ihre Verabredung mit Janet fertigmachen musste. Als sie schließlich in die Straße einbog, in der sie wohnte, fiel ihr Blick automatisch auf die Stelle, an der sonst Martens Wagen stand. Er war wieder einmal nicht zuhause. Sie senkte traurig ihren Kopf, bevor sie den Schlüsselbund aus der Tasche zog und im Hausflur verschwand. Auf dem Weg nach oben überprüfte sie noch einmal ihre Nachrichten. Maxwell hatte zwischenzeitlich wieder geantwortet.
„Nicht weitergeben. Nicht unbekannt anrufen. Vorher schreiben, damit sie weiß, wer du bist."
Darunter hatte er ihr den Kontakt von Cassie weitergeleitet. Sie schloss die Wohnungstür auf und speicherte die Nummer ab. Dann zog sie die Sneakers aus, schnappte sich eine Flasche Wasser und trank einen großen Schluck, um die Trockenheit in ihrem Mund loszuwerden. Anschließend fiel sie mit der Flasche in der Hand auf die Couch im Wohnzimmer. Dort tippte sie eine kurze Nachricht an Cassie.
„Hey Cassie. Hast du kurz Zeit zu telefonieren? Nika."
Es dauerte einen Moment, doch dann färbten sich die grauen Haken tatsächlich blau. Sie tippte direkt eine Antwort.
„Gerade schlecht. Kann ich dich anrufen?"
Nika seufzte.
„Klar. Bin wohl um 14:00 Uhr verabredet", tippte sie ungeduldig zurück, bevor sie einen weiteren Schluck Wasser trank und duschen ging. Anschließend trocknete sie ihre Haare, zog sich eine Jeans und einen Pullover an und schminkte sich. Erst, als sie gerade in ihre Sneakers geschlüpft war, klingelte ihr Handy. Hektisch kramte sie es noch einmal aus der Jackentasche und warf einen nervösen Blick auf das Display. Es war tatsächlich Cassie. Was für ein blödes Timing. Doch sie musste einfach wissen, was los war, also nahm sie den Anruf entgegen und schnappte sich ihren Schlüsselbund.
„Hey...", begrüßte sie Cassie und zog die Wohnungstür hinter sich zu.
Wie auch schon in den zwei Tagen zuvor blieb sie automatisch stehen, hielt inne und horchte in die Stille des Treppenhauses hinein, in der Hoffnung, Marten wäre vielleicht zuhause, würde zufällig hören, dass sie ihre Wohnung verließ und das Gespräch mit ihr suchen. Doch nichts passierte.
„Hey...", flötete Cassie zurück, „Tut mir leid, hat etwas länger gedauert. Aber ich war in einem Termin."
„Nicht schlimm", antwortete Nika, während sie die Treppenstufen herunterlief. „Wie geht's dir?"
Sie wollte schließlich nicht direkt mit der Tür ins Haus fallen.
„Ganz gut, nur etwas im Stress in den letzten Tagen. Und dir?"
Nika wusste, dass es unhöflich war, doch ihr war nicht nach Smalltalk.
„Ganz okay", log sie trotzdem.
„Also, weshalb wolltest du mit mir reden?", fragte Cassie, als Nika ins Freie trat.
„Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll", antwortete Nika ehrlich. Sie fühlte sich wirklich hilflos.
„Es ist wegen Marten", stellte Cassie treffsicher fest.
„Ja", sagte Nika, während sie auf ihr Auto zulief und auf den kleinen Knopf an ihrem Autoschlüssel drückte. Sofort entriegelte die Zentralverriegelung.
„Was ist los?", fragte Cassie.
Nika schaute sich unruhig zu allen Seiten um, bevor sie in ihren Wagen stieg; so, als würde sie sichergehen wollen, dass Marten sie weder beobachten noch belauschen konnte. Kurz dachte sie darüber nach, Cassie die gesamte Geschichte zu erzählen, entschied sich jedoch dagegen. Vermutlich wusste sie noch weniger über Martens Probleme als sie selbst.
„Kennst du eine Samira?", fragte sie, als sie die Fahrertür hinter sich zugeschlagen hatte, stellte den Lautsprecher an und suchte nach dem Anschnallgurt. Als sie ihn gefunden hatte, schnallte sie sich an und startete den Wagen. Cassie war seltsam ruhig geworden.
„Nein, keine Ahnung", sagte sie schließlich vorsichtig. Sofort beschlich Nika ein ungutes Gefühl, während sie sich in den laufenden Verkehr einfädelte. „Warum fragst du?"
„Ich möchte einfach wissen, wer sie ist. Er hat im Schlaf mal von ihr gesprochen", log Nika.
Cassie seufzte schwer.
„Versteh mich nicht falsch, aber wieso fragst du ihn nicht selbst?"
„Das habe ich schon, aber er ist meiner Frage ausgewichen", erzählte Nika.
„Was hat er denn gesagt?", wollte Cassie wissen.
„Er sagte, sie ist ein Mädchen, das er mal kannte und dass der Rest mich nichts angeht", sagte Nika, strich sich durch die blonden Haare und ließ sich frustriert in den Fahrersitz sinken, als sie an der nächsten roten Ampel den Wagen zum Stehen brachte. „Ich weiß nicht, ob du mich verstehen kannst, Cassie. Aber ich habe das Gefühl, dass er eine andere hat. Ich weiß einfach nicht, was ich machen soll."
„Ich kann dir dazu nichts sagen; außer, dass du wirklich am besten mit ihm selbst darüber redest. Sag ihm, dass es dich sehr wohl etwas angeht, weil du seine Freundin bist", gab Cassie entschieden zurück. Nika erkannte, dass, wenn Cassie etwas wusste, sie es ihr nicht sagen würde.
„Ich glaube nicht, dass er sich darauf einlassen wird", seufzte sie hilflos.
„Und ich glaube nicht, dass er eine andere hat", erwiderte Cassie.
„Was macht dich da so sicher?"
„Die Frage, weshalb er sich sonst überhaupt auf eine Beziehung mit dir eingelassen haben sollte. Er ist nicht der Typ dafür. Er könnte auch einfach offen sagen, dass er nichts Festes will. Er müsste dich nicht vollspinnen und so viel Zeit mit dir verbringen", erzählte Cassie.
„Vermutlich hast du Recht", sagte sie, als sie realisierte, dass das Gespräch mit Cassie eine Sackgasse war. „Danke."
Sie atmete tief durch, als sie das Telefonat mit Cassie beendet hatte und ihr iPhone achtlos in die Ablage der Mittelkonsole gelegt hatte. Vermutlich würde sie nicht an einem klärenden Gespräch mit Marten vorbeikommen, doch so lang er ihr aus dem Weg ging, musste sie versuchen, sich so gut es ging abzulenken; zum Beispiel bei ihrem anstehenden Treffen mit Janet.
Als Nika ein paar Stunden später gemeinsam mit ihrer besten Freundin durch die belebten Einkaufsstraßen schlenderte, hatte sich das trist-graue Wetter ihrer Stimmung angepasst. Dicke, graue Wolken hingen am Himmel und hin und wieder fiel etwas Regen, doch alles in allem war es glücklicherweise trocken geblieben.
„Sollen wir noch eine Kleinigkeit essen gehen?"
Janets Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Ihre Freundin musterte sie lächelnd von der Seite. Erst jetzt bemerkte Nika, dass es leicht zu regnen begonnen hatte.
„An was hast du gedacht?", fragte sie.
„Hier um die Ecke ist doch dieser kleine Italiener. Lass uns schauen, ob wir dort einen Tisch kriegen", schlug Janet vor.
„Klingt super", erwiderte Nika, dann setzten sie sich in Bewegung.
„Also redest du heute Abend mit ihm?", griff Janet ihr vorangegangenes Gespräch wieder auf.
„Sobald er mal wieder zuhause ist. Ich möchte nicht, dass was-auch-immer-wir-haben auf Geheimnissen basiert. Ich will wissen, was er mir verschweigt und wer diese Samira ist."
„Aber glaubst du, er wird es dir erzählen?", hakte Janet nach.
„Das hoffe ich sehr. Denn sonst weiß ich nicht, wie das mit uns weitergehen soll. Ich muss wissen, woran ich bin", erklärte Nika.
„Das verstehe ich. Aber mir kommt es so vor, als würde er dich absichtlich im Ungewissen lassen und ich denke nicht, dass er vorhat, das zu ändern", erwiderte Janet.
Nika seufzte.
„Und was würdest du an meiner Stelle tun?", fragte sie und schaute Janet hilflos in die Augen.
„Ich weiß es nicht", sagte diese aufrichtig. „Ich hätte mich vermutlich gar nicht erst auf ihn eingelassen, ganz egal, wie heiß er ist."
„Ich weiß, du wärst lieber mit Paul essen gegangen", grinste Nika wissend.
„Bei allem Verständnis dafür, dass du nichts mit deinem Chef anfangen würdest, aber ich bleibe dabei: Er ist wirklich ein Sahneschnittchen, auch, wenn er ein Arschloch ist", stellte Janet fest.
„Ein ziemlich anstrengendes Sahneschnittchen. Mich nervt es, dass er immer noch regelmäßig versucht, mit mir zu flirten, und wenn ich abblocke, macht er mir das Leben schwer", sagte Nika gereizt.
„Ich sage ja: Lino muss jetzt mit ihm reden. Wenn das nicht hilft, muss ich Marten zustimmen – dann solltest du kündigen. Auf Dauer kann das jedenfalls nicht gutgehen", kommentierte Janet mitfühlend.
„Ich weiß, aber ich habe jetzt endlich meine Gehaltserhöhung durchgeboxt. In einem anderen Studio fange ich wieder von vorne an, und ich brauche das Geld gerade wirklich. Ich hoffe, dass Lino mich ernstnimmt und wirklich mit ihm spricht – und dass Paul sich von da an endlich normal verhält, statt irgendwelche Lügen in die Welt zu setzen", seufzte Nika frustriert.
„Er muss dich ernstnehmen. Das ist sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz", sagte Janet ernst. „Das kann er nicht einfach so auf die leichte Schulter nehmen. Und wer weiß, vielleicht verhält Paul sich ja auch bei anderen Kolleginnen so und du hast es bisher nur noch nicht mitbekommen. Ich finde immer noch, dass du da einfach mal unauffällig in Gesprächen nachhaken solltest."
„Lotti habe ich schon auf den Zahn gefühlt. Sie mag zwar seinen Humor nicht sonderlich und ist genervt von seinen dämlichen Witzen, aber sie hat bisher nicht erwähnt, dass er anzügliche Kommentare machen oder sie unfair behandeln würde. Und Marina brauche ich gar nicht fragen; die steht total auf ihn und ihre Augen fangen schon an zu glänzen, wenn er sie nur bittet, neue Milch im Supermarkt zu besorgen. Mit den Mädels aus dem anderen Studio habe ich kaum Kontakt, aber Lotti hat angedeutet, dass er auch probiert hat, bei der Neuen zu landen. Mit der kann ich noch nicht darüber sprechen, die muss ja erstmal wirklich bei uns anfangen. Aber vielleicht findet er die auch interessanter als mich und der Fokus verlagert sich. Dann habe ich vielleicht eine Chance, Gleichgesinnte zu finden", berichtete Nika.
„Verstehe. Und was ist mit Mitgliedern? Du hast mir selbst mal erzählt, dass er auch da nichts anbrennen lässt", warf Janet ein.
„Ja, aber ich kann nicht unsere Mitglieder fragen, ob sie sich vom Betreiber des Ladens sexuell belästigt fühlen", erwiderte Nika. „Mit ein paar hat er auch geschlafen. Das weiß ich sicher. Aber selbst die himmeln ihn noch immer an, wenn sie zeitgleich mit ihm in einem Raum sind. Ich verstehe einfach nicht, wie er das macht."
„Echt eine blöde Situation. Aber vielleicht reicht Lino ja auch deine eigene Erfahrung aus", räumte Janet ein, als sie das Restaurant erreichten. „Aber wenn du eine andere finden könntest, die dieselben Erfahrungen mit ihm gemacht hat, hätte das natürlich mehr Gewicht."
Ihre beste Freundin zog gerade die Tür auf, als ein Pärchen auf der gegenüberliegenden Straßenseite Nikas Aufmerksamkeit erregte. Ein heißkalter Schauer lief ihr über den Rücken und ihr Hals wurde trocken.
„Das glaub ich jetzt nicht", sagte sie tonlos und starrte mit offenem Mund zu den beiden herüber.
„Was meinst du?", fragte Janet, doch Nika deutete nur schweigend mit einem Kopfnicken über die Straße.
Ein hübsches, dunkelhaariges Mädchen mit orientalischem Teint schlenderte mit einem großgewachsenen Mann die Straße entlang. Sie war etwa so klein wie Cassie und versteckte unter ihrem langen Mantel eindeutig mindestens genauso rassige Kurven. Jedenfalls schienen ihre Brüste ziemlich groß, ihre Taille ziemlich schmal und ihre Hüften ziemlich breit. Kurzum: Unter diesem Mantel verbarg sie eine Wahnsinns-Figur, die selbst Nika vor Neid erblassen ließ. Dazu trug sie eine enge Röhrenjeans und mörderisch hohe Stiefeletten. Das Mädchen war eindeutig das, was Nika als Sexbombe beschrieben hätte. Sie selbst fühlte sich plötzlich neben ihr wie eine graue Maus, auch, wenn sie ebenfalls eine sportliche Figur zu bieten hatte.
Ihr Begleiter mit den bunten Tattoos an Hals und Händen trug einen schwarzen Trainingsanzug, darüber eine offene dunkle Jacke. Er war es tatsächlich. Marten.
Die Dunkelhaarige schmiegte sich dicht an ihn und er ließ es einfach geschehen. Zu sehen, wie vertraut sie miteinander umgingen, versetzte ihrem Herzen einen Stich. Samira. Das konnte einfach nicht wahr sein.
Ihre Finger begannen nervös zu kribbeln. Wie groß konnte der Zufall schon sein, dass sie ihm und einer anderen Frau ausgerechnet hier in die Arme lief?
Er schien sie hingegen gar nicht zu bemerken. Trieb er sich wirklich mit Samira herum, seit er ihr aus dem Weg ging? Nika stieß einen verächtlichen Laut aus, während ihr Herz in tausend Teile zerbrach. „Scheiße."
Auch Janet hatte die beiden mittlerweile bemerkt. Nika kämpfte währenddessen mit ihrer Selbstbeherrschung. Sie konnte sich das unmöglich kommentarlos gefallen lassen. Das Blut begann in ihren Adern zu pulsieren und ihr wurde gleichzeitig heiß und kalt, während ihre Gedanken sich überschlugen. Ohne weiter darüber nachzudenken, trugen ihre Füße sie auf die andere Seite der Straße, geradewegs auf Marten und seine weibliche Begleitung zu.
„Schämst du dich eigentlich gar nicht?"
Erst jetzt, als er ihre schneidende Stimme hörte, fuhr er zu ihr herum. Als sein Blick in ihr Gesicht fiel, veränderte sich der Ausdruck in seinen Augen und er brachte etwas Abstand zwischen sich und seine Begleiterin.
„Ich habe gerade keine Zeit", erwiderte er knapp. Sie konnte nicht glauben, dass er sie in Anwesenheit dieses Mädchens derart gleichgültig behandelte. Wieso tat er das? Sie musterte ihn wütend, als er seine Begleiterin kommentarlos an ihr vorbei schob.
„Ist das dein Ernst? Du lässt mich einfach so stehen?"
Er fuhr noch einmal zu ihr herum. Sein Blick blieb undurchdringlich und seine blauen Augen wirkten düster. Sie verschränkte demonstrativ die Arme vor ihrer Brust. Er warf der Schönheit an seiner Seite einen Seitenblick zu. „Geh schonmal zum Auto", befahl er ihr und Nika beobachtete fassungslos, wie die Dunkelhaarige seine Anweisung widerstandslos befolgte und sich entfernte. Sie wollte nicht einmal wissen, wer Nika war oder weshalb sie sich derart aufregte.
„Habe ich mich missverständlich ausgedrückt?", knurrte er und machte einen Schritt auf Nika zu. Sie reckte ihm trotzig ihr Kinn entgegen.
„Wieso weiß ich nicht, dass du dich mit irgendeinem Mädchen herumtreibst?", wollte sie wissen.
„Weil es dich nichts angeht. Heb dir die Szene für zuhause auf", sagte er kühl.
Sie stieß einen verächtlichen Laut aus.
„Weil es mich nichts angeht, ja?", wiederholte sie enttäuscht.
„Ich habe jetzt keine Zeit für diesen Scheiß", brummte er gereizt.
„Warst du die letzten Tage, in denen du dich vor mir versteckt hast, auf dem Kiez und hast die Bar renoviert, oder hast du dich da auch mit Samira getroffen?", fragte sie herausfordernd.
Er hob eine Augenbraue und musterte sie durchdringend. Es war offensichtlich, dass ihm ihr anklagender Tonfall nicht gefiel.
„Und wenn?", gab er provokant zurück.
„Ist das Ganze ein Spaß für dich? Irgendwelche dubiosen Typen haben mich in deiner Wohnung unterschwellig bedroht – und statt mit mir darüber zu sprechen, gehst du mir aus dem Weg und triffst dich mit der Frau, die du angeblich mal kanntest. Ich hatte verdammt noch mal Angst, Marten! Und ich frage mich die ganze Zeit, ob ich mir auch Sorgen um dich machen muss – und du hintergehst mich! Wie kannst du nur?", platzte es aufgebracht aus ihr heraus.
„Ich habe dir gesagt, dass du dir keine Gedanken machen sollst", sagte er ernst.
„Aber das tue ich, weil du mir wichtig bist", erwiderte sie aufgebracht.
„Du mir aber nicht."
Sie glaubte, sich verhört zu haben, und starrte ihn aus großen Augen verletzt an. Sie wollte etwas sagen, doch ihr Hals fühlte sich an wie zugeschnürt und sie bekam keinen Ton heraus. Marten hingegen musterte sie fest entschlossen, als er weitersprach.
„Ich habe nachgedacht. Ich kann dich nicht mehr treffen."
Es dauerte einen Moment, bis sie seine Worte verstanden hatte, doch dann trafen sie sie hart und unvermittelt direkt ins Herz.
„Meinst du das ernst?"
„Ja."
Sie schüttelte verächtlich den Kopf.
„Ist es wegen ihr?", wollte sie wissen.
„Ja."
„Du bist so ein riesengroßes Arschloch", stieß sie enttäuscht aus.
„Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass ich etwas Unkompliziertes will. Ich wollte nie, dass sich das zwischen uns so entwickelt", sagte er entschieden. „Mach jetzt bitte kein Drama draus, okay? Du bist ein nettes Mädchen. Ich will einfach nur nicht mehr mit dir ficken. Das ist alles. Wir können ja trotzdem normal miteinander-"
Wie konnte er es wagen, so respektlos mit ihr zu sprechen, so, als wäre sie nur irgendeine von vielen?
Bevor er den Satz beenden konnte, verlor sie die Kontrolle und verpasste ihm eine Ohrfeige.
„Ich bin keine von deinen Schlampen, Marten!"
Als sie realisierte, dass sie ihn tatsächlich geschlagen hatte, erschrak sie, denn seine Gesichtszüge verhärteten sich und seine Augen durchbohrten sie gefährlich. Ihr Herz schlug ihr augenblicklich bis zum Hals, als sie erkannte, dass sie gerade eine Grenze überschritten hatte. Er legte bedrohlich den Kopf schief.
„Genau das bist du für mich. Eine von diesen ganzen Schlampen, die ich regelmäßig ficke. Was glaubst du, wo ich mich die ganzen Nächte rumgetrieben habe, in denen ich nicht mit dir zusammen war? Meinst du wirklich, ich hätte keine mehr von ihnen gesehen, nur, weil ich es dir regelmäßig besorgt habe? Sogar in der Nacht, in der sie dich bedroht haben, habe ich sie gebumst."
Seine Worte verletzten sie und schnitten tief in ihr Herz. Sich vorzustellen, dass er mit diesem Mädchen geschlafen hatte, trieb ihr heiße Tränen der Enttäuschung in die Augen. Er hatte sie tatsächlich die ganze Zeit belogen und hintergangen, dabei hatte sie wirklich geglaubt, dass es ihm ernst mit ihr war.
„Aber um auf Chopper aufzupassen, damit du in Ruhe diese ganzen Flittchen bumsen konntest, dafür war ich gut genug, ja?", platzte es wütend aus ihr heraus.
„Hast dich doch selbst angeboten, und für ihn ist es auch besser, wenn er nicht allein ist", erwiderte er leichthin.
„Du widerst mich an!", fauchte sie, bevor sie sich von ihm abwandte und ihn stehenließ.
Ich weiß, ich weiß. Ich (und auch er) habe(n) euer Herz gebrochen. Erst versucht sie in ihrer Verzweiflung, Infos aus Cassie herauszukriegen, und dann läuft sie Marten geradewegs in die Arme, nur, um von ihm wieder mal die Dreck behandelt zu werden. Schließlich hat er sich hinter ihrem Rücken mit einer anderen getroffen, sie belogen, hintergangen und öffentlich gedemütigt. Ich an ihrer Stelle wäre verletzt und würde nie wieder mit ihm sprechen. Wie geht es euch damit? Wie findet ihr es, dass er sie praktisch vor anderen verleugnet, sich heimlich mit ihnen trifft und sie so hintergeht?
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