Chapter 4
für AlysiaEagle
,,Das wird super, Jule! Du wirst es hier lieben" ertönte Sonnys aufgeregte und überglückliche Stimme aus dem Hörer, ,,das Team ist aufgeschlossen und die Jungs werden dich mit offenen Armen empfangen. Sie werden dich sicherlich schnell ins Herz schließen."
Mit einem Lächeln schloss ich die Haustür meines alten Wohnhauses hinter mir und machte mich auf den Weg zu meinem Auto. In ein paar Stunden würde mein Flug nach London gehen und ich würde einen Fünfjahresvertrag bei den Tottenham Hotspurs unterschreiben. Meiner Meinung nach war die Premier League die beste und spannendste Liga der Welt, weshalb ich einen Wechsel auf die Insel nicht ausschlagen konnte. Es hatte neben Tottenham noch weitere Interessenten gegeben, die mich hätten verpflichten wollen, doch mit den anderen Vereinen konnte Pini sich nicht einigen oder sie waren nicht bereit die vorgegebene Summe von Bayer zu bezahlen. Zumal spielte Sonny in London, mit dem ich schon in Leverkusen eng befreundet war, weshalb ich dort direkt einen Ansprechpartner hatte sowie jemanden, der mich unterstütze und dem ich vertraute. ,,Du kannst schon mal ein paar gute Worte für mich einlegen" gab ich grinsend zurück und setzte mich auf den Fahrersitz meines Autos.
,,Denkst du, dass ich das nicht schon getan habe? Die Jungs sind schon so genervt, dass sie mir vermutlich gar nicht mehr zuhören und auf Durchzug stellen, sobald ich etwas sage. Seit der Bekanntgabe rede ich kaum von etwas anderem" lachte er leicht. Da ich den Medizincheck vor einigen Tagen schon erfolgreich bestanden hatte und nur noch den Vertrag unterschreiben musste, hatte der Verein meinen Wechsel nach Absprache mit mir und Bayer Leverkusen schon veröffentlicht.
,,Das sind schon mal gute Voraussetzungen... ich fahre jetzt nochmal zu meinem alten Vereinsgelände und verabschiede mich von den Kollegen. Kev meinte, dass alle im Kraftraum sind. Ich schreibe dir, wenn ich am Flughafen bin oder im Flieger sitze" erklärte ich und klemmte mir kurzzeitig mein Handy zwischen das Ohr und meine Schulter, damit ich meinen Wagen starten und mich anschnallen konnte.
,,Ich freue mich" entgegnete der Südkoreaner, ,,grüß die anderen von mir. Hoffentlich haben sie mich nicht schon vergessen."
,,Glaub, mir ein Heung-min Son vergisst man nicht so schnell" grinste ich, bevor ich auflegte und mein Handy in meiner Jackentasche verstaute. Somit lenkte ich mein Auto auf die Straße und fuhr ein letztes Mal zum Trainingsgelände des Vereins, bei dem ich meinen Karrieredurchbruch hatte. Auch wenn meine Zeit hier auf eine schmerzhafte Art enden musste, war ich dem Verein unendlich dankbar für das Vertrauen und die Wertschätzung, die ich von ihnen bekommen hatte. Ich hatte hier eine wundervolle Zeit und Freunde fürs Leben gefunden. Trotz allem liebte ich diesen Verein und würde ein Teil von ihm immer in meinem Herzen tragen.
Ein letztes Mal parkte ich mein Auto auf meinen persönlichen Parkplatz in der Tiefgarage. Ein letztes Mal stieg ich aus und lief den vertrauten Weg zu dem Kraftraum. Es fühlte sich komisch an keine Trainingsklamotten dabei oder an zuhaben. Immerhin bin ich die letzten fünf Jahre diesen Weg entlang gegangen, immer mit einem Lächeln im Gesicht. Vor dem Kraftraum atmete ich noch einmal tief durch, bevor ich die Klinke schließlich herunterdrückte. Ich betrat mit einem lauten ,,Hey Leute" den Raum und hatte sofort die ersten Blicke auf mir. Das Team war an verschiedenen Geräten und Stationen aufgeteilt, wie es unser Trainer gerne getan hat. Kaum haben mich Kevin und Jo entdeckt, hörten sie mit ihrer Übung auf und kamen als erstes zu mir. ,,Jule, wieso tust du mir das nur an?" jammerte Jonathan gequält und zog mich in eine feste Umarmung, ,,erst geht Benny letztes Jahr und jetzt verlieren wir auch noch dich. Du kannst mich doch hier nicht alleine lassen."
,,Ich bin nicht aus der Welt. Wir werden schreiben und telefonieren. Falls du dachtest, dass du mich mit dem Wechsel los wirst, vergiss es!" garantierte ich meinem besten Freund und erwiderte die Umarmung. Dadurch, dass wir im selben Alter waren, hatten wir größtenteils dieselben Interessen und dummen Ideen. Er war für jeden Spaß zuhaben und hatte immer einen guten Spruch auf Langer, was mir definitiv fehlen wird.
,,Danke, Jo. Ich nehme das mal nicht persönlich" kommentierte Kev neben uns. Schmunzelnd löste ich mich von Jonathan, der den anderen nur schulterzuckend an sah:,,Du weißt, wie ich das meine und das ich dich lieb habe, Kevilinchen."
,,Ich denke, dass ich jetzt eher derjenige bin, der sagen darf: Jule, lass mich mit diesen verrückten Menschen nicht alleine" gab Kevin zurück und warf mir einen flehenden Blick zu. Und wie ich diese Chaoten vermissen werde...
,,Glaub mir, du passt perfekt zu ihnen" grinste ich und umarmte den Ex-Hoffenheimer. Zwar kam er erst ein paar Jahre später als ich nach Leverkusen, doch wir haben uns auf Anhieb gut verstanden und sind in dieser Zeit eng zusammen gewachsen. Er war, trotz seines alters, einer der Erfahrensten aus dem Team und konnte immer gute Ratschläge geben. Wenn mich etwas belastete oder nicht wusste, wie ich mit den Medien umgehen sollte, hatte er immer ein offenes Ohr für mich.
,,Pass auf dich auf und misch die Superstars auf der Insel mal etwas auf" lächelte er liebevoll, als wir uns wieder lösten. Ich wusste, dass der Wechsel für sie überraschend und schnell kam, doch ich war ihnen mehr als dankbar, dass sie mich unterstützten und die Situation akzeptierten. Nach und nach kamen auch noch vereinzelt weitere meiner ehemaligen Teamkollegen und verabschiedeten sich. Jeden von ihnen wünschte ich weiterhin viel Erfolg und nur das Beste für die Zukunft. Dieses Team hatte noch so viel Potenzial, sodass sie zusammen noch stärker werden und vielleicht sogar Titel gewinnen konnten. Jo und Kev hatten mir auf jeden Fall versprochen, dass sie mich immer auf den laufenden halten würden. Ich ließ mir viel Zeit und genoss die letzten Minuten mit ihnen in Leverkusen. Wer wusste schon, wann wir uns mal wieder sehen würden. Selbstverständlich erfüllte ich auch Sonnys Wunsch und richtete allen liebe Grüße von ihm aus, die damals mit ihm zusammen gespielt hatten.
Bevor ich ging, blickte ich mich noch einmal im Kraftraum um, um sicher zugehen, dass ich mich auch wirklich von allen verabschiedet hatte. Der einzige, mit dem ich nicht geredet hatte, war Kai. Dieser stand ganz hinten in der Ecke und konzentrierte sich auf die Gewichte, die er stemmen musste. Vielleicht war es besser, dass wir nicht mehr miteinander redeten. Um ehrlich zu sein, wusste ich auch nicht, was ihm sagen oder wie ich es sagen sollte. Zwar mussten wir den Vertrag durch meinen Wechsel nicht mehr unterschreiben, doch alle beteiligten hatten uns deutlich gemacht, dass es für uns trotzdem keine Zukunft mehr gab. Bei den Worten, die ich Kai an den Kopf geworfen hatte, würde er mir sowieso nicht mehr verzeihen wollen. Zu sehr hatte ich ihn damit getroffen und verletzt. ,,Geh zu ihm" riss mich Jonathans Stimme aus den Gedanken und ich spürte wie er mir eine Hand auf die Schulter legte.
,,Geh zu ihm" - als wäre es das einfachste auf der Welt, als wäre nichts zwischen uns passiert und als hätten die letzten zwei Wochen nicht stattgefunden. Zugern wäre ich zu ihm gegangen, doch manche Dinge sind nun mal nicht so einfach, wie sie scheinen. Mein bester Freund wusste nichts von all den Geschehnissen, geschweige denn, dass wir uns gestritten hatten. Er dachte, dass alles normal und entspannt zwischen uns wäre, dass wir Freunde waren. Es war gut, dass er das dachte und sollte auch so bleiben. Würde er die Wahrheit kennen, würde er sich selbst und uns nur unnötig in Gefahr bringen. ,,Wir haben uns schon verabschiedet" wich ich aus und warf einen kurzen Blick zu Jo, der das mit einem Nicken quittierte. Irgendwie war das letzte Gespräch mit Kai auf einer gewissen Weise schon eine Verabschiedung gewesen, auf seine eigene spezielle Weise eben.
Als ich mich wieder zu Kai drehte, sah er ebenfalls zu mir. Es war das erste Mal seit unserer Trennung, dass ich wieder in seine glänzenden braunen Augen sehen konnte. Noch immer lag in ihnen der ganze Frust, die Wut und Enttäuschung. In meinen ganzen Körper bereitete sich wieder der Schmerz der letzten Tage aus, was mir nochmal bewies, wie richtig mein Wechsel war. Wir würden mit der Trennung nicht klarkommen, wenn wir uns jeden Tag sehen würden. Zum Abschied hob ich leicht meine Hand. Er tat es mir gleich, bevor er sich blinzelt wegdrehte. Vermutlich stand er, wie ich in diesem Moment, den Tränen nah. Ich wandte mich ebenfalls ab und verabschiedete mich nochmal von Kev und Jo. Dann drehte ich schweren Herzens dem Team den Rücken zu und verließ den Kraftraum.
Damit machte ich mich zurück auf den Weg zu meinem Auto und lief diese Gänge endgültig ein letztes Mal entlang. Gerade wollte ich die Glastür öffnen, die zur Tiefgarage und den Autos führte, als ich ein zartes ,,Julian, warte!" hinter mir hörte. Ich drehte mich um und sah zu Kai. Die Wut und der Frust in seinen Augen war verschwunden, nur noch Sehnsucht und Zuneigung war da. Keiner von uns beiden sagte irgendwas. Kein Wort der Welt wäre in diesem Moment passend gewesen. Kai lief nur wie gesteuert auf mich zu und fiel um den Hals. Ich schlang meine Arme um seine Hüfte und zog ihn fest zu mir, als hätte ich Angst, dass er weggehen würde. Genau genommen hatte ich das auch. In diesem Moment wollte ich ihn nicht loslassen und ich merkte, dass er mich auch nicht gehenlassen wollte. Wir standen einfach nur da, Arm in Arm und gaben uns Kraft. Kraft für die Zeit ohne des anderen und für die nächsten Aufgaben, die jeder von uns hatte. Für diesen Zeitpunkt waren die ganzen vergangen Worte, Taten und Wochen vergessen. Es zählten nur unsere Gefühle füreinander. Am liebsten hatte ich die Zeit angehalten und mich niemals aus der Umarmung gelöst, doch würde ich heute meinen Flieger verpassen, war es fraglich ob ich noch einen bekommen würde und da morgen der 01. September war, wäre es zu spät und das Transferfenster geschlossen.
,,Ich liebe dich, Engel. Das habe ich immer getan und es wird sich nie ändern. Ich habe dich nie angelogen, versprochen" murmelte ich in sein Ohr. Das war das, was er definitiv wissen und nie vergessen sollte. Meine Gefühle für ihn waren echt gewesen. Schon immer hatte ich nur unendliche Liebe für ihn empfunden.
,,Ich weiß" hauchte Kai und löste sich vorsichtig von mir, ,,ich liebe dich auch, Jule, so sehr. Ich wünsche dir alles erdenklich gute in London und viel Erfolg bei Tottenham. Du verdienst die Welt und noch viel mehr."
,,Dafür musst du hier die Stellung halten. Du bist ein klasse Spieler und Bayer kann froh sein, jemanden wie dich im Team zuhaben" erwiderte ich sanft. Ich drückte Kai noch einen kurzen Kuss auf die Wange, bevor ich wiederwillig umdrehte und die Tür öffnete. Das Kapitel Leverkusen war nun geschlossen und mit der Fahrt zum Flughafen, den Flug nach London und dem neuen Vertrag begann ein neues. Es war ein neues Abenteuer, für das ich Leverkusen mit einem lachenden und einem weinenden Auge hinter mir ließ.
please don't kill me 2.0🙊💘
Das wäre bzw. ist das Ende der Kurzgeschichte. Ich hoffe, dass sie euch gefallen hat und möchte mich für die vielen Reads, Votes und Kommentare bedanken.
Als ich das Kapitel überarbeitet habe, taten die beiden mir selbst leid und ich wollte ihnen unbedingt ein Happyend geben. So ganz weiß ich noch nicht wie, aber ich probiere einiges aus und bin am Planen.
Wenn ihr Ideen oder Wünsche habt, lasse ich mich gerne inspirieren und bin für alles offen❤
Ansonsten bedanke ich mich noch einmal für's Lesen und wünsche euch einen schönen Tag🙏🏻
Lg T.
Kommentar von KleinesEinhorn17:
[warum tut es so weh das zu lesen? ich wusste doch ganz genau auf was das hinaus läuft, trotzdem tut es einfach nur weh :C Das Kapitel ist trotzdem gut geschrieben und das Kai ihm dann doch noch hinterher gekommen ist, hat dem ganzen einfach den Rest gegeben. Wie gesagt, es ist trotzdem schön geworden, aber traurig..]
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top