Chapter 5 [Kai]

,,Fede, ich will dir echt nicht zu nah treten, aber du solltest es aufgeben" vermerkte Nathan, Kylians langjähriger Freund. Zustimmend nickte ich und beobachtete meinen besten Freund kritisch dabei, wie er versuchte Pfannkuchen zu machen. Allerdings ließ er einen nach dem anderen anbrennen, weshalb Kylian, Nathan und ich ihm wahrscheinlich noch Jahre beim Braten zusehen durften, bevor wir einen essen konnten.

,,Entschuldigung, haben wir etwa aufgegeben, als wir 2022 gegen Manchester City im Champions League Finale standen und 30 Minuten lang in Unterzahl spielen mussten? Ich denke nicht" brummte Fede und wendete den Pfannkuchen, den er zurzeit in der Pfanne hatte. Ausnahmsweise sah er von der obliegenden Seite nun goldbraun aus und nicht schwarz, wie die Exemplare davor.

,,Aber auch nur, weil Kylian und ich zwei Traumtore geschossen haben" grinste ich bei den Erinnerungen an das Spiel und hielt dem Franzosen meine Hand hin, in die er einschlug.

,,Hallo? Ich habe dir die Vorlage gegeben, Kai" merkte Fede anerkennend an und richtete sich zu uns.

,,Dafür war mein Tor ein Solo, was damals sogar zum Tor der Champions League Saison ausgezeichnet wurde" verkündete Kylian stolz.

Leicht boxte ich ihm in die Schulter und verdrehte die Augen:,,Bleib schön auf dem Boden, Golden Boy. Fußball ist ein Teamsport. Ohne unsere Vorarbeit hättest das auch nicht hinbekommen."

,,Fact" stimmte mein Mitbewohner lachend zu, ehe er sich wieder zur Pfanne drehte, die leicht qualmte, ,,f*ck! Ich habe doch nur eine Sekunde nicht hingesehen."

Der Uruguayer nahm schnell den Pfannenwender in die Hand, um den Pfannkuchen noch zu retten, aber es brachte nichts. Als er ihn wieder auf die andere Seite drehte, war die Seite, die nun oben lag, wieder schwarz.

,,Okay, das reicht. Dieses Drama kann man sich nicht länger ansehen. Ich mache das" beschloss Nate und lief um die Theke herum, auf der wir uns gestützt hatten, um Fede am Herd abzulösen.

,,Aber ich habe mir so viel Mühe... ich wollte doch nur..." schmollend übergab mein Mitbewohner ihm den Pfannenwender und gesellte sich zu Kylian und mir.

Während Nate so intelligent war und als erstes die Temperatur des Herds runterstellte, ehe er neuen Teig in die Pfanne machte, legte ich Fede aufmunternd eine Hand auf die Schulter:,,Du hast es versucht, Bro. Das wissen wir alle."

,,Beim nächsten Mal klappt es bestimmt" schmunzelte auch Kylian, was Fede mit einem unverständlichen Murren quittierte.

Auf einmal klingelte es an der Tür. Da Nathan und Kylian Gäste waren und Fede nicht den Eindruck machte, als hätte auch nur ansatzweise Lust auf weiteren Besuch, war ich derjenige, der zur Tür lief. Schwungvoll öffnete ich die Tür und blickte zu meiner Verwunderung in Julians wunderschöne blaue Augen:,,Oh hey, waren wir verabredet?"

,,Nein, aber ich wollte mit dir reden. Ist es gerade unpassend?" erkundigte sich Julian und kratzte sich verlegen am Hinterkopf.

Weil meine besten Freunde in der Küche standen, denen ich jedes einzelne Detail von unserer Vergangen Beziehung und unseren Treffen erzählt hatte? Ja! So wie ich sie kannten, würden sie Julian ausquetschen, sobald sie ihn gesehen hatten, und irgendwelche Dinge ausplaudern, die mich in Verlegenheit bringen würden.

,,Nein, nein, alles in Ordnung" lächelte ich und suchte schnell nach einer Ausrede, um ein Zusammentreffen mit meinen Freunden zu vermeiden. Dafür war es definitiv noch zu früh. ,,Ich wollte nur gerade etwas spazieren gehen. Hast du Lust mitzukommen? Die Gegend ist wirklich schön und wir könnten nebenbei reden."

,,Hört sich toll an" stimmte Julian zu. Damit trat ich aus dem Haus und zog die Tür hinter mir zu. Ein Glück hatte ich wenigstens mein Handy in der Hosentasche, sodass ich Fede bei der nächstbesten Gelegenheit schreiben konnte, wo ich war und nicht einfach abgehauen bin.

In Madrid war es Herbst. Die Temperaturen waren angenehm, sodass man problemlos ohne Jacke rausgehen konnte, ohne dass einem zu warm oder zu kalt wurde. Fede und ich lebten in einem ruhigen Viertel, in dem viele Erwachsene, deren Kinder bereits erwachsen waren, oder Senioren lebten. Die Häuser waren alle vergleichsweise groß gebaut und von vielen Bäumen und anderen Pflanzen umgeben. Es war einer der schönsten Gegenden, in denen ich bisher gelebt hatte, und ich fühlte mich absolut wohl. Julian und ich gingen eine Weile schweigend nebeneinander her, bis ich die Stille unterbrach:,,Worüber wolltest du reden?"

,,Ich habe die Hindernisse aus dem Weg geräumt" erklärte er und warf mir einen seitlichen Blick zu.

,,Ehrlich?" hakte ich überwältigt nach und blieb stehen. Das Gespräch, was Julian und ich im Auto geführt hatten, war etwas mehr als eine Woche her. Ich hätte gedacht, dass Julian etwas mehr Zeit brauchte, um darüber nachzudenken, was er wollte.

,,Ja, ehrlich" entgegnete er sanft und tat es mir gleich, ,,ich habe mit Madison, meiner Frau, geredet und ihr alles über uns erzählt. Auch das, was damals in Leverkusen passiert war. Sie hat verständnisvoll reagiert und meinte, dass sie auch gemerkt hat, dass ihre Gefühle nicht mehr so stark sind, wie sie einmal waren. Wir werden uns scheiden lassen."

,,Oh, tut mir leid" murmelte ich ohne wirklich zu wissen, was ich eigentlich tat. Was sagte man schon in so einem Moment?

,,Es tut dir leid?" wiederholte Julian meine Worte irritiert. Damit war es wohl offiziell: das war nicht das, was man in so einem Moment sagte.

,,Ähm, ja" seufzte ich und versuchte zum zweiten Mal an diesem Tag die Situation zu retten, ,,ich meinte, dass es mir für eure Kinder leidtut. Wie kommen die damit klar?"

,,Wir haben es ihnen noch nicht erklärt, aber das werden wir definitiv in nächster Zeit tun" versicherte Jule.

,,Und wie geht es zwischen dir und Madison weiter? Wohnt ihr noch zusammen?" stellte ich einige, der vielen Fragen, die mir nun im Kopf herumschwirrten.

,,Das Sorgerecht für die Kinder teilen wir uns. Wir sind nicht im schlechten, sondern im guten auseinander gegangen und wollen Freunde bleiben. Ich werde mir eine neue große Wohnung suchen, in der die Kinder ihr eigenes Zimmer haben und jederzeit übernachten können" erzählte Julian. Dabei bildete sich wieder das Lächeln auf seinen Lippen, was ich so sehr liebte. Er schien diese Vorstellung wirklich umsetzen zu wollen und glücklich damit zu sein.

,,Das klingt nach einem guten Plan." Auf meinen Lippen spiegelte sich ebenfalls ein leichtes Lächeln, was noch breiter wurde, als er behutsam nach meiner Hand griff und sie mit meiner verschränkte:,,Wenn du willst, kannst eines Tages auch dazukommen."

Innerlich schrie ich vor Glück. Nie hätte ich gedacht, dass mich jemand mit seinen Worten einmal so glücklich machen konnten, vor allem nicht Julian, nach alle dem, was wir zusammen erlebt hatte. Zaghaft nickte ich glücklich und schaute auf unsere verschränkten Hände:,,Ich denke, dass wir auf dem richtigen Weg sind, sodass ich nichts lieber als das tun würde."

,,Du glaubst gar nicht, wie froh ich bin, dich endlich bei mir zuhaben" hauchte Julian und schien von seinen Gefühlen genauso überwältigt zu sein wie ich.

,,Ich kann es mir vorstellen" entgegnete ich leicht schmunzelnd, bevor ich wieder ernster wurde. Es gab noch eines, was mir auf dem Herzen lag und ausgesprochen werden musste:,,Ich habe übrigens gelogen."

,,Was?" fragte Julian irritiert.

,,Ich habe die letzten Jahre immer wieder Artikel über dich gelesen und ich wusste, dass du geheiratet und Kinder bekommen hast. Es hat mir das Herz gebrochen, sowas zu lesen und zu wissen, dass du dir ein perfektes Leben ohne mich aufgebaut hast. Während ich überhaupt nicht mit unserer Trennung klarkam, hatte ich das Gefühl, dass du mich schnell vergessen konntest. Das einzige, was mir damals geholfen hat, waren der Fußball und meine Freunde, Fede, Kylian, Marco... die haben mir mein Leben gerettet."

,,Kai, ich konnte dich nie vergessen. Ich würde mit dir nicht hier stehen, wenn ich dich vergessen hätte" verbesserte er mich und legte seine Hand an meine Wange, um mein Kinn sanft hochzuheben, ,,London war eine gute Ablenkung und für mich ein Neuanfang, auf den ich mich eingelassen habe. Wenn du denkst, dass ich nie an dich gedacht und mich nach unserer Trennung in die nächstbeste Beziehung gestürzt hätte, dann liegst du falsch. Du warst sportlich so erfolgreich, dass du überall in den Zeitungen standest und im Fernsehen zu sehen warst. Natürlich habe auch immer nachgesehen, was du machst und dich auf allen Sozialen Media Seiten gestalkt, auch wenn ich dadurch immer wieder daran denken musste, wie sehr ich dich vermisste. Zwar habe ich meine Gefühle für dich unterdrückt, damit ich noch einmal bei 0 starten konnte, und hatte Glück Madison getroffen zu haben, die mir dabei unwissend geholfen hat, doch ich habe dich nie vergessen Kai. Das könnte ich niemals."

Nach seinen Worten fühlte ich mich besser und nickte leicht. Ich konnte es nicht mehr unterdrücken und fiel Julian um den Hals. Wie sehr hatte ich seine Nähe doch vermisst... Jule erwiderte die Umarmung und drückte mich fest an sich, als hätte er Angst, dass ich jede Sekunde gehen könnte. Das würde und wollte ich nicht. Nach 18 Jahren hatte endlich wieder das Gefühl vollständig und angekommen zu sein. Wir verblieben einen Moment so und genossen das, auf das wir die letzten Jahre verzichten mussten.

Als ich mich vorsichtig nach einiger Zeit von Julian löste, lagen meine Arme immer noch um seinen Hals und sanft lächelte ich:,,Jule, du... du warst, bist und wirst immer meine erste und einzige große Liebe bleiben. Ich war noch die glücklicher als jetzt."

,,Du bist auch die Liebe meines Lebens, Kai, und im Gegensatz zu früher müssen wir das nun nicht mehr verheimlichen" wisperte Julian, ehe er nach der langen Zeit wieder seine Lippen auf meine legte und mich in einen gefühlvollen Kuss zog, den ich nur allzu gern erwiderte.

Er hatte recht. Mittlerweile gab es viele ehemalige Fußballer, die sich geoutet hatten, wie Julians frühere Mannschaftskollegen Dele Alli und Eric Dier, Julian Draxler, mit dem ich mich in der Nationalmannschaft gut angefreundet hatte, und Presnel Kimpembe oder eben Kylian und Nathan, deren Beziehung sogar schon bekannt wurde, als Kylian noch Fußballer war, womit er der erste Fußballer war, der sich mehr oder weniger freiwillig geoutet hatte. Auch gab es heutzutage zwei, drei aktive Spieler, die sich vor einiger Zeit geoutet hatten. Alle von ihnen mussten mit Hassnachrichten oder Pfiffen im Stadion, die später versucht wurden von den Fußballverbänden bestraft zu werden, leben, doch ihre Vereine bekannten sich zu ihnen und unterstützen sie.

Die Menschheit, und vor allem die breite Fußballwelt, war ein Stück weit toleranter und offener geworden. Seit Jahren musste sich keiner mehr für das schämen, was er war, und konnte denjenigen offen lieben, den er nun einmal liebte. Keiner müsste jemals wieder einen Vertrag unterschreiben, der seine Liebe verbat und unterdrückte. Auch wenn es immer Menschen geben würde, die das anders sahen. 

•••

Das ist quasi das letzte Kapitel. Es wird noch einen Epilog geben, der die Story hoffentlich ganz gut abrunden wird. :3

Lasst gerne Feedback da.💖

Ich wünsche euch noch eine schöne restliche Woche.👀

Lg. T.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top