Kapitel 1
~ B R A N D O N ~
Verschlafen öffnete ich langsam meine Augen. Gähnend drehte ich meinen Kopf nach rechts, wo mein Wecker lag. Ich hatte eigentlich noch zehn Minuten, bis mein Wecker klingelte, dennoch schaltete ich ihn schon mal aus. Seufzend sah ich zur Decke. Ich hatte keine Lust zur Schule zu gehen.
Genervt stöhnte ich auf, stieg langsam aus meinem Bett und ging ins Bad. Dort duschte ich erstmal und nachdem ich fertig damit war, ging ich wieder in mein Zimmer, um mich anzuziehen.
Doch ich zog nicht irgendwelche normale Kleidung an, wie es meine Mitschüler taten und andere Leute in meinem Alter. Nein, ich zog die Kleidung an, die mir meine Schwiegermutter aufgezwungen hatte. Diese bestanden aus einer beige farbenen Hose und einem Karrierten Hemd. Dazu sollte ich auch dummerweise eine Brille tragen und da ich sowieso etwas Kurzsichtig war, war das mit der Brille kein Probelm. Dennoch musste es nicht sein. Was mir keineswegs gefiel, war diese Kleidung.
Wieso ich die anziehen musste?
Weil meine Stiefmutter das wollte und wenn ich es nicht machen würde, würde ich wieder von Jack aufs übelste verprügelt werden. Jack war mein Stiefbruder und ich hasste ihn, doch genauso hatte ich auch Angst vor ihm, er konnte wirklich gut zuschlagen.
Schnell nahm ich mir meine Tasche und lief zur Schule.
Ich hatte einen Führerschein, doch durfte ich kein Auto fahren, wegen meiner Schwiegermutter, sie bestand felsenfest darauf, dass ich jeden Morgen zu Fuß zur Schule ging
An der Schule angekommen senkte ich den Kopf und ging so unauffällig wie möglich ins Schulgebäude und hoffte, dass mich keiner sehen würde, denn ich hatte keine Lust auf jemanden zu treffen. Doch dies wurde mir nicht erfüllt, denn in 10 Minuten würde der erste Unterricht anfangen, somit waren die Flure noch mit einigen Schülern gefüllt.
,,Da ist die Schwuchtel!", rief plötzlich jemand und mit noch gesenkterem Kopf und hängenden Schultern lief ich einfach weiter und ignorierte diesen Ruf. Ich lief zum Zimmer, in welchem ich als nächstes Unterricht hatte, öffnete die Tür und setzte mich in der letzten Reihe auf meinen Platz.
Ich hatte mich extra in die letzte Reihe gesetzt, weil man mich, als ich vorne saß, immer mit Papierkügelchen abwarf.
Der Lehrer kam und wir fingen mit dem Unterricht an. Doch die zwei Stunden gingen meiner Meinung nach, viel zu schnell um. Als nächstes hatten wir Pause, worauf ich überhaupt keine Lust hatte.
Ich lief aus dem Zimmer und sah auch schon direkt Mira, welche mal wieder nach dem Unterricht auf mich wartete, damit wir gemeinsam die Pause verbringen konnten und ich nicht ganz so allein war.
Ich wollte gerade zu ihr gehen, als mich jemand von hinten schubste und ich so nach vorne fiel. ,,Na, wen haben wir denn da?", spottete die Stimme, die ich über alles hasste, abgesehen die von meiner Stiefmutter und meinen zwei Stiefgeschwistern.
Logan.
Er packte mich unsanft am Arm und zog mich hoch. Ich presste meine Lippen aufeinander, damit mit mir kein Wimmern entkam, denn es tat schon ein wenig weh. Er hatte einen verdammt festen Griff. ,,Logan, bitte, lass ihn doch in Ruhe, er hat euch nie etwas getan! Hör auf!", bat Mira verzweifelt, als sie die wenigen Schritte überwand und zu uns stieß.
,,Sei leise!", zischte er.
,,Na, du kleine Schwuchtel? Lust auf ein Paar Schläge?", fragte er und sah mich mit einem bösen Funkeln in den Augen an. Ein fieses und zugleich belustigtes Grinsen zierten seine Lippen, welches ihn bedrohlich wirken lies.
Ohne auf meine Antwort abzuwarten, lies er meinen Arm los und da kam auch schon der erste Schlag in meine Magengrube. Und ein weiterer. Und noch einer. Ein schmerzvolles Stöhnen entwich meinem Mund und ich legte die Arme schützend um meinen Bauch.
,,Hör auf, Logan!", hörte ich Mira rufen. Doch brachte es nichts. Logan war heute anscheinend besonders schlecht gelaunt, denn normalerweise verpasste er mir nur drei bis vier Schläge und ging dann mit einem verächtlichen schnauben weg. Heute waren es deutlich mehr Schläge. Sehr viel mehr.
Mira's schluchzen war zu hören und ich sah in ihre Richtung. Nick, ihr Freund, stand neben ihr und hielt sie fest und beobachtete alles, da Mira ihm gedroht hatte Schluss zu machen, wenn er mir etwas antat.
Ja, die Zwei waren zusammen und liebten sich wie verrückt, aber dennoch war er Jack's bester Freund, dagegen konnte Mira nichts machen.
Mittlerweile konnte ich sie nur noch verschwommen sehen und sank auf die Knie.
,,Logan, bitte!", hörte ich Mira rufen, doch dieser hörte nicht.
Heute war etwas anders. Logan war nie so dermaßen brutal. Doch darüber konnte ich nicht länger nach denken, denn der Schmerz gewann immer mehr die Oberhand.
Wieso ließ ich mir das eigentlich gefallen? War ich so ein schlimmer Mensch, dass mir sowas wiederfahren musste?
Ich hätte niemals gedacht, dass mein Leben mal so ablaufen würde. Von der Steifmutter und den Stiefgeschwistern so sehr gehasst, in der Schule dermaßen fertig gemacht werden und nur Verachtunng zu spüren zu bekommen.
War das ein lebenswertes Leben? Was würde mein Vater sagen, wenn er endlich die Wahrheit zu Gesicht bekommen würde?
Und plötzlich legte sich ein Schalter in mir um. Denn trotz der ganzen Schmerzen, die ich nun dank Logan hatte, hielt ich seine Faust, die wieder mein Gesicht getroffen hätte, auf und sah ihm ins Gesicht. Mittlerweile lag ich auf dem Boden und er saß auf mir. Ich versuchte ihn von mir runter zu bekommen, was zu Anfang schwer war, doch nach dem dritten Versuch bekam ich ihn von mir runter und stand mit schmerzenden Gliedern auf.
,,Na, will sich die kleine Schwuchtel jetzt wehren?", spottete er.
Wut überkam mich und setzte sich in alle Glieder meines Körpers fest, sie verlieh mir in diesem Moment Kraft. Ich holte aus und traf ihm mit einer enormen Kraft ins Gesicht, so dass er nach hinten stolperte. Es war echt befreiend ihm eine zu verpassen.
Schnell fand er jedoch sein Gleichgewicht wieder und sah mich dann mit einem finsteren Blick an.
Das war das erste Mal, dass ich mich gewehrt hatte. Und dies sollte ich auch sogleich bereuen.
Denn im nächsten Augenblick standen John und Cole, Logan's Hunde, neben mir und hielten mich an meinen Armen fest. ,,Das hättest du nicht machen sollen", presste Logan zwischen zusammen gebissenen Zähnen. Und da waren sie wieder, diese verfluchten Schmerzen, die mit jedem Mal mehr wurden.
,,Brandon, du schaffst das, gib bitte nicht auf!", rief Mira und ermutigte mich somit. Ich entriss mich aus den griffen von Cole und John.
Verwundert sahen sie mich an. Mit solch einer Kaft hatten sie wahrscheinlich nicht gerechnet. Wieso denn auch? Sie dachten alle, ich sei ein Lauch und könnte nicht mal einer Fliege was zu Leide.
John wollte mir gerade seine Faust ins Gesicht schlagen, aber ich wich aus. Im Gegenzug schlug ich ihm ins Gesicht, in seinen Bauch und entzog ihm, mit meinem Fuß, seine Beine. Er fiel hin und stöhnte vor Schmerz auf. Ich trat ihm noch einmal zwischen die Beine und wendete mich dann von ihm ab.
,,Du mieser Wichser! Das hättest du nicht machen sollen!", zischte Cole. ,,Uhh, ich hab ja solche Angst", grinste ich, obwohl ich schon ein wenig Angst hatte, aber das musste er ja nicht wissen. Er holte aus und wollte mir auch ins Gesicht schlagen, aber aus einem plötzlichen Reflex konnte ich seine Faust noch festhalten. Ich drehte seinen Arm, sodass es an seinem Rücken gepresst war. Ich trat ihm in die Kniekehle, sodass er nach vorne fiel und trat ihm noch einmal in die Magengrube.
,,Zwei erledigt, bleibt noch einer", grinste ich Logan unschuldig an.
Oh ja, ich genoss es mal nicht der Schwache zu sein.
Er sah mich wütend an und schlug mir ins Gesicht. Kurz stockte ich, auf Grund des Schmerzes, doch dann fasste ich mich wieder und schlug ihn in seinen Bauch. Er verkraftete meinen Schlag aber ganz schnell und stürzte sich auf mich, sodass ich auf den Boden fiel. Mein Kopf schlug mit voller Wucht auf den harten Boden auf und für einen kurzen Moment sah ich alles Schwarz. Logan schlug mir immer und immer wieder in mein Gesicht und für den ersten Moment fehlte mir die Kraft mich zu wehren, doch dann drehte ich den Spieß um, sodass er jetzt unter mir lag. Ich schlug ihm ins Gesicht, wobei ich fühlte, dass mir eine warme Flüssigkeit mein Kopf runter zu meinem Hals und immer tiefer lief. Aber dies war nur Nebensache.
Als ich ihm noch zwei Schläge verpasste, hörte ich auf.
,,Was?! Willst du nicht weiter machen oder bist du zu schwach?", grinste er spöttisch, drehte seinen Kopf zur Seite und spuckte etwas Blut. ,,Nein, ich bin nur zum Glück kein so widerlicher Mensch wie du und schlage andere Leute krankenhausreif!", giftete ich und sah ihn hasserfüllt an. Ich sah wie er erblasste.
Dann stand ich auf und sah in die geschockten Gesichter der Anderen, die nach einer Zeit, in der wir uns geprügelt hatten, kamen. ,,Was?!", schrie ich sie an.
Mira kam auf mich zu und umarmte mich fest. ,,Du siehst gerade so scheiße aus", flüsterte sie an meiner Brust. Ich kicherte leicht. ,,Danke!", sagte ich und meine Stimme triefte nur so vor Sarkasmus. ,,Wollen wir zum Unterricht?", fragte ich und sie fing an zu lachen.
Wie sehr ich sie doch liebte. Sie ist für mich wie die Schwester, die ich nie hatte.
Sie nickte und ging schnell zu Nick, nahm ihre Tasche und warf ihm noch einen bösen Blick zu. Oh oh, da gibt es Ärger im Paradies.
Als sie wieder zu mir kam, hakte sie sich unter mein Arm ein und so liefen wir zum Klassenzimmer, dabei versuchte ich meine Schmerzen weitestgehend zu ignorieren. Als wir ankamen, klingelte es auch schon.
Nach einer Weile kam der Lehrer und schloss uns die Tür auf, wobei er mir einen komischen Blick zuwarf. Mira und ich gingen nach hinten und setzten uns hin.
Doch mir wurde plötzlich schwindelig und ich hörte die Stimme des Lehrers nur noch gedämpft. Er sprach über irgendeinen Ball, der nächste Woche stattfinden sollte. Ich sah überall nur noch schwarze Punkte.
Mein letzter Gedanke war 'Ich würde eh nicht auf diesen scheiß Ball gehen! Was würde es mir bringen?' und dann wurde alles schwarz um mich herum.
Doch da wusste ich noch nicht, dass dieser Ball vielleicht mein Leben veränderte. Und das vielleicht sogar im positiven Sinne.
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